Matthias Reim – „Im siebten Leben auf den Hund gekommen“

Von Volker Grohskopf

Am Anfang stand „Verdammt, ich lieb’ Dich“. Ein Lied, das Millionen Käufer haben wollten. Ein Lied, das bis heute zu den erfolgreichsten Songs im deutschsprachigen Raum zählt. Ein Lied, mit dem ­Matthias Reim in Wahrheit ausgesorgt hätte. Doch sein Leichtsinn ließ ihn böse erwachen. Vier Jahre lang war er finanziell sozusagen entmündigt. In dieser Zeit begann er sich für in Not geratene Hunde zu engagieren.

Die vergangenen Jahre war es relativ ruhig um Matthias Reim, der lediglich aufgrund seiner Gutgläubigkeit in die Insolvenz ge­raten war. Sein ehemaliger Manager hatte mit Hilfe der ihm gegebenen Generalvollmacht auf Kredit Immobilien gekauft, die sich später als ziemlich wertlos herausstellten. Plötzlich musste Reim erfahren, dass er nicht nur sein ganzes bisher verdientes Geld verloren hatte, sondern auch noch mit Schulden in Millionenhöhe belastet war. Seit Sommer 2010 ist ­Matthias Reim wieder schuldenfrei – und begann auf Mallorca ein neues Leben.

Verdammt, ich lieb’ Dich
Seine musikalische Karriere begann Matthias Reim im Alter von zehn Jahren, als er seine erste eigene Schülerband gründete. Nach dem Abitur 1976 begann er auf Wunsch seines Vaters in Göttingen Germanistik und Anglistik zu studieren. Doch Matthias konnte die Finger von der Musik nicht lassen, wodurch er die Uni immer mehr vernachlässigte. Auf musikalischer Seite verzeichnete er aber währenddessen bereits erste Erfolge. Denn schon 1980 komponierte er für Künstler wie Roy Black und Jürgen Drews, war aber weit davon entfernt, von diesen musikalischen Leistungen leben zu können.

1989 schrieb „der große Blonde“ mit der damals kinnlangen Achtziger-Jahre-Welle einen Song, an dessen Hitpotenzial er ganz fest ­glaubte. Damit stand er jedoch alleine da. ­Niemand wollte seinen Song mit dem Titel „Verdammt, ich lieb’ Dich” singen. Reim erinnert sich lachend: „Allein diese Wort-Kombination von ,Verdammt‘ mit ,Ich lieb’ Dich‘ erschien allen völlig abwegig. ,Mein Schatz, ich lieb’ Dich‘ wäre okay gewesen, oder ,Liebling, ich lieb’ Dich‘. Aber ,Verdammt‘? Es blieb mir daher nichts anderes übrig, als den Song selber zu singen“.

So erschien 1990 eine der erfolgreichsten deutschen Single-Veröffentlichungen aller Zeiten: „Verdammt, ich lieb’ Dich“ hielt sich 16 Wochen auf Platz eins in den deutschen und österreichischen Charts. Mehr als 2,5 Millionen Mal verkaufte sich der Song nicht nur im deutschsprachigen Raum. Auch seine Nachfolge-Single „Ich hab’ geträumt von Dir“ ging über eine halbe Million Mal über den Ladentisch. Über Nacht wurde der erfolglose Student zum gefeierten Schlagerkönig. Sein Konterfei zierte damals sämtliche Zeitschriften und alle Teenager-Zimmerwände. „Von so einem großen Hit kann man sorgenfrei leben“, heißt es. Doch 1999 stand der Barde plötzlich vor einem riesigen Schuldenberg.

Verdammt, ich hab’ nichts
 „Nicht, dass ich ein zu aufwändiges Leben geführt, wilde Feste gefeiert oder mein Geld in vollen Zügen zum Fenster rausgeschmissen hätte. Nein: Ich hatte vor Jahren in blindem Vertrauen dummerweise meinem damaligen Manager eine Generalvollmacht unterschrieben, ohne richtig darüber nachzudenken. Jetzt werden Sie sagen: Wie kann ein Mensch nur so blöde sein. Naja, ich war es leider. Um es kurz zu machen: Mein Manager hatte mit Hilfe dieser Vollmacht halb Ostdeutschland aufgekauft und sich darauf verlassen, dass sich das alles selber finanzieren wird.“

Reim besaß plötzlich unzählige Immobilien, von denen er nichts wusste, in Orten, die er nicht kannte. Ein Besitz, der nie bezahlt war, weil sich leider gar nichts von selbst finanzierte.
Daher standen plötzlich die Banken vor der Tür und forderten von Reim rund 14 Millionen Euro.

Der riesige Schuldenberg war für den Musiker nicht abzubauen. Er meldete notgedrungen Insolvenz an, jeder verdiente Cent wurde für die Gläubiger einkassiert und er musste mit dem Notwendigsten auskommen. Nach vier Jahren kam es im Sommer vergangenen Jahres zu einem Vergleich. „Mein Bruder hatte sich bereit erklärt, viele Hunderttausende auf den Tisch zu legen und hat mich dadurch gewissermaßen freigekauft“, so Reim. Am 26. Juni 2010 bekam der 53-Jährige die Bestätigung, wieder schuldenfrei zu sein.

Verdammt, ich leb’ noch
Mittlerweile startete Matthias Reim wieder voll durch. Ende 2010 veröffentlichte er nach über vier Jahren Pause sein neues Album “SIEBEN LEBEN“. Es katapultierte sich auf Anhieb in die Top Ten der Charts und Matthias Reim ist plötzlich wieder einer der meistgefragten Sänger in den Medien.

Damit aber nicht genug: Am 24. Januar 2011 erscheint sein autobiografisches Buch „Verdammt, ich leb’ noch“. Es ist die Story eines Mannes, der alle Höhen und Tiefen eines Künstlerlebens durchgemacht hat. „Eine Katze hat sieben Leben, so sagt man. Ich offenbar auch. Denn ich bin wieder auferstanden und mir geht es rundum gut. Mittlerweile habe ich meine Freundin Sarah geheiratet, inzwischen sind wir nach Mallorca umgezogen, haben zwei Kinder, und endlich, nach so vielen Wanderjahren, habe ich das Gefühl, ein richtiges Zuhause gefunden zu haben“, schwärmt Reim heute sichtlich entspannt.

Verdammt, sie brauchen mich
 „Meine Frau Sarah engagiert sich bereits seit 2004 gemeinsam mit der örtlichen Auffang- und Pflegestation FAAM (First Aid Animales Mallorca) für in Not geratene ­Hunde im Südosten der Insel. Durch sie wurde ich schnell auf den Ernst der Lage aufmerksam und beschloss, die Organisation tatkräftig zu unterstützen. Sie müssen wissen, vielen Hunde geht es dort einfach miserabel. Sie werden misshandelt, ausgesetzt, an Ketten gehalten – ohne Wasser und ohne Schutz vor der Sonne; sie werden geschlagen und zu Tode gequält“, beschreibt der mitfühlende Musiker die erschreckende Situation auf der beliebten Urlaubsinsel.

In Zusammenarbeit mit der Gemeinde Felanitx ist es gelungen, die Situation in der städtischen Perrera erheblich zu verbessern. Der größte Erfolg ist es aber bisher, dass keine Hunde mehr nach einer Frist von 15 Tagen eingeschläfert werden, wie es auf Mallorca eigentlich üblich ist. „Wir können alle Hunde ohne amtlichen Zeitdruck gesund pflegen und anschließend an gute Plätze vermitteln“, freut sich Reim. Und so ist es auch nicht ­weiter verwunderlich, dass derzeit elf Fellnasen zu Hause bei den Reims ihr Gnadenbrot erhalten: „Die ­Hunde, die einfach chancenlos sind, ein ­neues Zuhause zu finden, nehmen wir manchmal bei uns auf. Wir haben genug Platz und einen großen Garten. Und da ist es ein Vergnügen zuzu­sehen, wie sie ihren Lebensabend bei uns genießen. Meist haben wir zwar den Vorsatz, den Neuankömmling doch noch früher oder später an einen geeigneten Platz weiterzuvermitteln. Aber wenn ich dann in die treu­her­zigen Augen des Vierbeiners schau, muss ich mir leider zu oft eingestehen:
„Verdammt, ich lieb’ Dich …“

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