Pfötchengeben oder Stöckchenholen sind Tricks, die viele Hunde gut lernen. Auch ob sie ihren Ball oder den Spielknochen holen sollen, begreifen manche rasch. Es gibt aber auch wahre Superhunde, was die Merkfähigkeit angeht: Sie lernen binnen kurzer Zeit viele neue Wörter und können sie sich mindestens zwei Monate lang merken, wie Verhaltensbiologen der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest im Fachmagazin „Royal Society Open Science“ berichten.
Für ihre Studie suchten die Forschenden über zwei Jahre weltweit nach talentierten Hunden, von denen bekannt war, dass sie sich die Namen vieler Spielzeuge merken können – und fanden sechs außergewöhnliche Border Collies. „Diese begabten Hunde können neue Namen von Spielzeugen in einer bemerkenswerten Geschwindigkeit lernen“, sagte Claudia Fugazza, Leiterin des Forschungsteams. „In unserer früheren Studie fanden wir heraus, dass sie einen neuen Spielzeugnamen bereits nach viermaligem Hören lernen konnten. Aber bei einer so kurzen Exposition haben sie kein Langzeitgedächtnis dafür gebildet.“
Für die neue Studie sollten die Halter daher mehr Zeit damit verbringen, ihren Vierbeinern die Namen neuer Spielzeuge beizubringen. In einem YouTube-Video der Forscher ist exemplarisch zu sehen, wie Isabella, die Besitzerin von Gaia – einem Hund, der schon die Namen von über 100 Spielzeugen kennt – dabei vorgeht:
Spielerisch wirft sie in dem Clip eine „Raffi“ getaufte Plüschgiraffe immer wieder in die Luft und lässt sie von der jungen Border-Collie-Hündin apportieren, während sie den Namen des Kuscheltiers mehrfach wiederholt.
Der zugrunde liegende Lernprozess ähnele dem beim Erlernen von Kommandos, erklärte Mitautor und Verhaltensbiologe Ádám Miklósi. Die Hunde begännen, bestimmte Wörter mit einer Handlung zu verbinden – hier eben das Bringen eines bestimmten Spielzeuges. Während die durch „Sitz“ oder „Platz“ angezeigten Verhaltensweisen für die Tiere allerdings eher unlogisch wären, so dass deren Erlernen oft durch den Einsatz von Leckerlies unterstützt werden müsse, sei das Lernen von Objektnamen in einen spielerischen Kontext eingebunden. Die soziale Interaktion könne die Hunde zum Worterwerb motivieren, so Miklósi. Ähnliche Mechanismen seien beim Spracherwerb von Kindern zu beobachten.
Innerhalb einer Woche wurden Gaia und den anderen fünf Border Collies auf diese Weise zunächst die Namen von sechs und dann von zwölf neuen Spielzeugen beigebracht. „Es stellte sich heraus, dass dies für diese begabten Hunde keine große Herausforderung darstellte. Sie lernten mühelos zwischen elf und zwölf Spielzeuge“, erklärte Koautorin Shany Dror. Die Forscher testeten die Hunde darüber hinaus noch einen und zwei Monate, nachdem sie die Namen der neuen Spielzeuge gelernt hatten – und stellten fest, dass sie die Begriffe immer noch richtig zuordneten, obwohl sie die Spielzeuge zwischendurch nicht gesehen hatten.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die hier getesteten wortbegabten Hunde nicht nur in der Lage waren, bis zu zwölf neue Objektnamen in einer Woche zu lernen – eine Lernrate, die mit dem frühen Worterwerb bei Kleinkindern zu Beginn des sprunghaften Vokabular-Anstiegs vergleichbar ist -, sondern dass die meisten von ihnen die Objektnamen auch für mindestens zwei Monate im Langzeitgedächtnis behielten“, fassen die Autoren zusammen. „Damit ebnet diese Studie den Weg für vergleichende Untersuchungen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Verständnis von Objektnamen bei Kleinkindern und wortbegabten Hunden beleuchten.“
Die Versuchsgruppe sei mit sechs Hunden sehr klein gewesen, geben die Forschenden auch zu bedenken – obwohl im Rahmen der von den Forschern ausgerufenen „Genius Dog Challenge“ versucht wurde, über mehrere Kanäle weitere Tiere zu finden. „Dies stützt unsere früheren Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass die Fähigkeit, Objektnamen zu erlernen, selten und nur bei wenigen begabten Individuen vorhanden ist, von denen die meisten – aber nicht alle – Border Collies zu sein scheinen.“ Tatsächlich seien solche bemerkenswerten Fähigkeiten zuvor lediglich bei einem Deutschen Schäferhund, einem Pekinesen, einem Mini Australian Shepherd, einigen Yorkshire Terriern sowie einigen Hunde gemischter Rassen bekanntgeworden.
„Hunde sind gute Modelle, um menschliches Verhalten zu studieren, da sie sich in der menschlichen Umgebung entwickelt haben und entwickeln“, resümiert Miklósi. „Mit diesen talentierten Hunden haben wir die einmalige Gelegenheit zu untersuchen, wie eine andere Spezies die menschliche Sprache versteht und wie das Erlernen von Wörtern die Art und Weise beeinflusst, wie wir über die Welt denken.“ Außerdem seien begabte Hunde auch deswegen interessant, weil sie zeigten, dass es auch unter anderen Spezies Individuen gebe, die einzigartig talentiert seien: „Mit Hilfe dieser Hunde hoffen wir, die Faktoren, die zur Entwicklung von Talent beitragen, besser zu verstehen.“ (Quelle: APA)