Lob, Futter oder Streicheleinheiten? – Was Hunde wirklich wollen

Von Karin Joachim MA

Wir loben unsere Hunde, rufen Ihnen ein „Prima!“ oder „Fein!“ zu, wenn sie etwas gut gemacht haben. Und nun haben amerikanische Forscher herausgefunden, dass unser Loben mit Worten gar nicht so gut bei unseren Hunden ankommt: Sie werden lieber geknuddelt. In einer anderen, kurz vorher erschienenen Studie jedoch stand die Futterbelohnung noch höher im Kurs.

Streicheln als Belohnung
Aufsehen erregte gerade die amerikanische Studie mit dem Titel: „Shut up and pet me!“ (Übersetzung: „Sei still und knuddel mich!“). Ziel dieser Studie von Erica Feuerbacher und Clive Wynne war es, herauszufinden, was Hunde bevorzugen würden: Verbales Lob oder Streicheleinheiten. An dieser Studie nahmen Hunde mit ihren Haltern sowie Hunde aus dem Tierschutz, also ohne feste Bezugsperson teil, um zu testen, welchen Einfluss die Vertrautheit mit dem Menschen haben würde. Es gab mehrere Testdurch­gänge mit zunächst 42, dann mit 72 Hunden. Beim ersten Durchgang hatten die Hunde – Familien- und Tierheimhunde – die Wahl, sich bei zwei verschiedenen Menschen aufzuhalten: Einem, der nur lobte („good boy“, „good girl“) und einem, der sie herzhaft knuddelte. Ergebnis: Die Zeit, die die Hunde beim streichelnden Menschen verbrachten, war viel länger.

Im zweiten Durchgang wurden ­folgende Kombinationen mit nur einer Person getestet (dem Halter bzw. einem Fremden): Lob und Streicheln, nur Lob, nur Streicheln oder gar keine Interaktion. Das Ergebnis war offensichtlich: Wenn sie die Wahl hatten, ließen sich die Vierbeiner viel lieber streicheln. Das war bei allen Hunden gleich und sie blieben zudem noch länger beim Menschen, wenn er sie streichelte. Dagegen suchten die Tiere genauso selten die Nähe des Menschen auf, wenn er nur verbal lobte und wenn er gar nicht mit ihnen interagierte, sie also weder ansprach noch anderweitig Kontakt mit ihnen aufnahm. Das Streicheln dagegen blieb immer interessant, egal, wie oft sie schon diese körperlichen Zuwendungen erhalten hatten. Die Vierbeiner konnten also gar nicht genug vom Knuddeln bekommen.

Gründe dafür gibt es einige: Vor allem tragen körperliche Berührungen zum allgemeinen Wohlbefinden bei und können nachgewiesenermaßen Stress reduzieren. Verschiedene körpereigene Hormone werden ausgeschüttet, die Herzschlagrate reduziert sich etc. Am liebsten hatten die Vier­beiner übrigens das Streicheln, bei dem der Mensch ruhig war, also gar nicht redete.

Noch höher im Kurs: Futter
Trotzdem scheint das Streicheln auf der Hitliste der Hunde nicht an allererster Stelle zu stehen. Da stehen – Sie ahnen es – Futterbelohnungen. Dieses Ergebnis formulierten die­selben Forscher nur kurze Zeit vor der erstgenannten Studie: Die Forscher testeten in jeweils fünfminütigen Durchgängen, worauf die Hunde mehr reagierten, auf Futter oder Streicheleinheiten. Zunächst stand das Futter immer zur Verfügung, dann wurden die Intervalle, in denen die Bröckchen ausgegeben wurden, immer länger. Dann kehrte man zum Ausgangs­schema der Futterbelohnungen zurück. Die Vierbeiner befanden sich während der Testungen entweder zuhause oder in der Forschungseinrichtung, entweder mit ihrer Bezugsperson oder einem Fremden. Obwohl es einige Unterschiede im Verhalten der Hunde gab, war auch hier ganz offensichtlich: Futter ging den Tieren tatsächlich über die liebevollen Berührungen. Doch ihr Verhalten war von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, so von der jeweiligen Situation oder der Vertrautheit zum Menschen.

Hunde und Futter: Ungerechtig­keiten beim Belohnen
Futter spielt ja tatsächlich im Zusammenleben der meisten Mensch-Hund-Teams eine große Rolle. Die Wahrnehmung von Futter als Belohnung wird schon früh im Leben eines jeden Hundes gefestigt. Um dem Thema Futter und Belohnung näher auf den Grund zu gehen, wurde vor einiger Zeit eine Studie von ­Friederike Range und ihren Kollegen erstellt, bei der Hunde fürs Pfötchengeben mit einem Futterbröckchen belohnt wurden. Der Clou dabei war: ein anderer Hund saß daneben und der wurde ebenfalls belohnt. Bekam der andere ein Leckerchen für dieselbe Leistung, der erste Hund schaute aber in die Röhre, ging also leer aus, dann verweigerte der erste schließlich seine Mitarbeit: Warum sollte er sein ­Pfötchen auf Kommando heben, wenn er gar nichts dafür bekam? Hunde nehmen also Futter als Belohnung wahr und erkennen eine ungerechte Behandlung. Das schloss man aus den ­Stresssymptomen, die sie zeigten, während sie leer ausgingen. Aufschlussreich war aber auch das: Sobald der Mensch ihm ein Leckerchen gab, das sogar kleiner oder minderwertiger war als das für den zweiten Hund vorgesehene, klappte es wieder mit dem Pfötchengeben. Ging es also gar nicht so sehr um das Leckerchen an sich, sondern vielmehr um die Zuwendung des Menschen? Diese Studie ­könnte demnach auch ein anderes Licht auf die Studie von Feuerbacher und ­Wynne werfen.

Praxisbezug
Wie sieht es aber in der Praxis aus? Welche Erfahrungen machen wir Hunde­halter im Alltag? Dass Streichel­einheiten prinzipiell gut bei unseren Hunden ankommen, liegt auf der Hand: Körperkontakt ist etwas sehr Ursprüngliches und berührt das Individuum ganz tief. Körpereigene Glückshormone werden freigesetzt. Soziale Unterstützung („social ­support“) ist etwas, was im Leben unserer Vierbeiner eine sehr ­große Rolle spielt, schließlich stammen sie vom Wolf ab und dieser lebt in einer sozialen Gemeinschaft. Welpen suchen gerne die körperliche Nähe des Menschen, die ihnen Sicherheit bietet. Berührungen stellen ein Zusammenge­hörigkeitsgefühl her oder festigen es. Dennoch gibt es Hunde, das kennen wir aus unserem täglichen ­Erleben, die Streicheleinheiten manchmal nur schlecht aushalten können. Abgesehen von fehlenden oder schlechten Vorerfahrungen, so sind Streicheleinheiten oftmals einfach deplatziert. Schnelles, hektisches Streicheln kann einen ohnehin in Rage geratenen Hund noch mehr aufpushen. Oder Hunde einfach nervös machen. Gut zu ­wissen ist es, an welcher Körperstelle ­Streicheln Wohlbefinden auslöst und an ­welcher Körperstelle nicht. ­Außerdem gibt es Rassen, die andere Verstärker benötigen, zum Beispiel Spiel oder Action. Für den einen Hund stellt das Ansprechen eine große Belohnung dar, für einen anderen ist es das Sozialspiel mit dem Menschen oder Futter. Bei Futterbelohnungen ist im Alltag jedoch einiges zu beachten, z.B. das richtige Timing. Beim Loben mit Worten kommt es zudem auch sehr auf die Gestimmtheit des Menschen an. Ein mechanisch emotionslos gesprochenes „Gut“ oder „Fein“ kann weniger bewirken als wenn es gefühlvoll und voller Begeisterung gerufen wird. Wird es inflationär verwendet oder in ganz speziellen ­Situationen? Hunde ver­stehen bis zu einem ge­wissen Grad das, was wir sagen. Worte sind außerdem gut dazu geeignet, einen Vierbeiner anzufeuern oder zu motivieren. Letztendlich ist es wohl auch eine Frage der Hunde­persönlichkeit, was bei Ihrem Vierbeiner am ­besten ankommt.

Ihre Erfahrungen bitte!
Liebe Wuff-Leserinnen und Leser. ­Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Schildern Sie uns, wie Ihre Hunde auf die verschiedenen Möglich­keiten des Lobens reagieren. Was mögen Ihre Hunde besonders gerne, worauf stehen sie überhaupt nicht? Wir freuen uns über Ihre Erfahrungs­berichte, die Sie uns per Brief, Mail oder über unsere Facebookseite ­schicken können.

LITERATUR

■  Feuerbacher, Erica N., and Clive DL Wynne. „Most domestic dogs (Canis lupus familiaris) prefer food to petting: population, context, and schedule effects in concurrent choice.“ Journal of the experimental analysis of behavior 101.3 (2014): 385-405.
■  Feuerbacher, Erica N.; Wynne, Clive DL. Shut up and pet me! Domestic dogs (Canis lupus familiaris) prefer petting to vocal praise in concurrent and single-alternative choice procedures. Behavioural processes, 2014.
■  Friederike Range, Lisa Horn, Zsófia Viranyi, and Ludwig Huber, „The absence of reward induces inequity aversion in dogs“, PNAS January 6, 2009, vol. 106 no. 1 340-345.

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