Lea ist unser neues Klassenmitglied. Sie sieht aus wie ein kleiner Plüschhund. Keiner weiß genau, wie groß sie wird oder wie sie ausgewachsen aussehen wird. Wenn ich gefragt werde, welche Rasse sie ist, sage ich „Chowrepu“. Leas Mutter ist eine Chow-Chow/Golden Retriever Mischlingshündin, ihr Vater ein schwarzer Königspudel. Obwohl Lea erst 11 Wochen alt ist, hat sie sich schnell an den Schulalltag und an ihr „Zigeunerleben“ gewöhnt.
So begann´s
Alles hat vor zweieinhalb Monaten angefangen. Es war eine Überlegung, die rasch zur Realität wurde – dank vieler zu Hunden positiv eingestellter Menschen. Wer kennt das nicht: den Wurf „nur“ einmal anschauen … Und schon wusste ich: Ich will einen Hund haben. Aber wäre das überhaupt möglich? Ich bin Lehrerin im ersten Dienstjahr und hatte das Glück, eine Anstellung zu bekommen. Allerdings nicht in meinem Heimatort, sondern 100 km entfernt. Wenn ich einen Hund halte, müsste der arme Kleine am Vormittag alleine bleiben. Außer der Hund dürfte mit in die Schule.
Ich unterrichte in einer Sonderschule. 7 Kinder, zwei Kolleginnen und ich bilden zusammen die Wahrnehmungsklasse der „Friedrich Sacher“ Schule in Lassee im Weinviertel (Niederösterreich). Wahrnehmungsklasse deshalb, weil die SchülerInnen sensorische Störungen, d. h. vor allem Störungen im Sinnesbereich haben und manchmal im Verhalten schwierig sind. Die Idee mit dem Klassenhund ließ mich nicht los. Und je mehr ich darüber nachdachte, umso besser gefiel sie mir.
Überzeugungsarbeit bei Schuldirektorin und Bürgermeister
Hunde können eine Menge bewirken – besonders bei Kindern mit Problemen. Ich versuchte, meine Idee in kleinen Schritten zu verwirklichen. Alles musste vor den Kindern noch geheim bleiben. Ich wollte ihnen keine großen Hoffnungen machen, bevor ich nicht sicher war, dass mein Vorhaben Realität wird. Meine Kolleginnen, die selber Hundebesitzer sind, legten mir keine Steine in den Weg. Schon gar nicht, als sie Lea sahen. Bei unserer nächsten Teambesprechung stellte ich Frau Direktor Bernkopf die hypothetische Frage, ob es möglich wäre, einen Hund in die Klasse mitzunehmen. Ihre Antwort brachte mich wieder einen Schritt zur Verwirklichung näher.
Da die Gemeinde unser Schulerhalter ist, war mein nächster Schritt ein Brief an den Bürgermeister mit der Bitte, einen Hund in der Klasse halten zu dürfen, sowie einigen Argumenten, warum sich ein Hund positiv auf das Verhalten von Kindern auswirken kann. Es stellte sich heraus, dass auch unser Bürgermeister ein Herz für Tiere (und Kinder) hat. Alles lief so, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Aufgeregte Vorfreude
Jetzt musste ich noch hoffen, dass kein Elternteil etwas gegen mein Vorhaben hatte. Ich schrieb auch ihnen einen Brief – und alle Briefe kamen mit positiver Antwort wieder zurück. An dem Tag, an dem ich den Kindern den Elternbrief mit nach Hause gab, verriet ich auch endlich ihnen das große Geheimnis. Mit großer Begeisterung wurde sofort an der Tafel festgehalten, was alles zu tun und zu erledigen ist, wenn man einen Hund hat. Dann wurden die Wochen gezählt. Es war eine Stimmung, wie in der Vorweihnachtszeit: „Frau Lehrerin, wie oft muss ich noch schlafen, bis die Lea zu uns kommt?“ Und schließlich war auch der Bezirksschulrat von der Idee eines Schulhundes begeistert.
Voller Erfolg!
Als Lea ein Welpe von 6 Wochen war, verbrachte sie erstmals eine Schulstunde bei uns in der Klasse. Ich wollte sehen, wie sie sich verhält – und wie sich die Kinder verhalten, wenn sie sich mit Lea beschäftigen. Bereits nach dieser einen Stunde bemerkte ich, dass sogar die aggressiveren Kinder sehr liebevoll und sensibel wurden.
Nach 8 Wochen nahm ich Lea endgültig zu mir. Sie musste sich an drei „Wohnorte“ gewöhnen: Schule, Wohnort während der Woche, Wohnort am Wochenende. Ich befürchtete, dass das ein Problem werden könnte. Aber sie fühlte sich von Anfang an überall wohl.
Von Kindern ist sie schlichtweg fasziniert. Es reicht eine Kinderstimme – und schon zieht es sie in diese Richtung.
Nächste Pläne
Mittlerweile ist Lea schon 3 Wochen in unserer Klasse. Sie ist sehr brav – natürlich ist sie ab und zu übermütig und sehr verspielt, aber sie folgt. Im ganzen Schulgebäude ist sie gern gesehen und überall sehr beliebt. Noch ist Lea ein „Schulhund“. Ich möchte sie aber noch sinnvoller einsetzen und sie später einmal zum „Therapiehund“ ausbilden lassen. Einige Kinder haben in ihrem Leben schon schlechte Erlebnisse mit Hunden gemacht. Eine Mutter hat mir gesagt, dass Lea das Beste ist, was ihrem Sohn jetzt passieren konnte. Er baut langsam eine Beziehung zum Hund auf und traut sich von Tag zu Tag mehr, auf den Hund zuzugehen. Auch wenn das eigentlich nicht die Therapie ist, die ich beabsichtigt hatte, so hat Lea doch schon einen Teil ihrer „Aufgabe“ erfüllt.
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