Lagotto Romagnolo – Der Wasserhund, der Trüffeln sucht

Von Dr. Hans Mosser

 

Eine Rasse, deren Name einen in die Irre führt: Der Lagotto Romagnolo, der Wasserhund der Romagna, hat heute eine ganz andere Aufgabe als es sein Name vermuten lässt. Statt Wassergeflügel sucht er heute Trüffeln …

Die Romagna, eine historische Region, entspricht heute dem südöstlichen, an die Adria angrenzenden Teil der italienischen Provinz Emilia-Romagna. Es ist aber für uns an dieser Stelle weniger die wechselvolle und spannende historische Entwicklung dieser Region von Interesse als vielmehr der folgende Umstand: In der Romagna entwickelte sich nämlich eine Hunderasse, spe­zialisert auf das Apportieren von Wassergeflügel in den damals vorhanden gewesenen Sümpfen der Region und in den Lagunen von Ravenna, also ein Wasser-Apportierhund. Daher auch sein Name Lagotto Romagnolo (Wasserhund der Romagna). Bilder und Zeichnungen von Lagotto-ähnlichen Hunden finden sich bis zurück ins 15. Jahrhundert. Als die Sümpfe zwischen 1840 und 1890 trockengelegt wurden, verlor der Lagotto auch seine alte Aufgabe – und fand eine neue, auf die er immer stärker spezialisiert wurde, die Trüffelsuche. Voraussetzung für diese Aufgabe war aber natürlich ein fehlender Jagdinstinkt, der den Hund andernfalls von der Trüffelsuche wohl abgehalten hätte.

In der Entwicklung der Rasse ging es anfänglich nicht um eine genetisch geplante Zucht, wie wir sie heute verstehen. Damals ging es ausschließlich um eine gute Leistung des Hundes, also um das ausgeprägte Vermögen, Trüffeln zu finden. Daher kamen auch immer nur die besten Lagotti zum Einsatz in der Zucht und man kreuzte verschiedene Rassen ein, wie Pointer, Pudel, Setter und andere, um die Leistung des Trüffelsuchhundes zu verbessern.

Eine planmäßige Zucht nach heutigen Kriterien begann erst in den 1980er Jahren, insofern kann der Lagotto trotz seiner vorhin beschriebenen Historie als recht „junge“ Rasse angesehen werden. 1988 wurde in Imola (Emilia-Romagna) der „Club Italiano Lagotto“ gegründet, 1993 wurde die Rasse vom italienischen Hundezuchtverband (ENCI, Ente Nazionale della Cinofilia Italiana), 1995 vorläufig und 2005 endgültig von der FCI anerkannt.

Lockiges Haar
Die deutsche Bezeichnung des ­Lagotto lautet gemäß FCI „Wasserhund der Romagna“, wobei allerdings der Ausdruck „Trüffelsuchhund“ hierzulande sehr viel häufiger ist. Laut Rassestandard ist der Lagotto ein „kleiner bis mittelgroßer, kräftig gebauter Hund von rustikalem Aussehen mit dichtem, gelocktem Haar von wollener Struktur.“ Die Größe beträgt für Rüden um 46 cm bei einem Gewicht von rund 15 kg, für Hündinnen um 43 cm bei ca. 13 kg. Die genauen Angaben des FCI-Rassestandards inklusive der Farben sind ergänzend auf der FCI-Website angegeben (www.fci.be/uploaded_files/298g08-de.doc).

Dass der Lagotto nicht haart, weil er keinen Fellwechsel hat, sondern seine Wolle immer weiterwächst, wird von manchen Hundehaltern als Vorteil empfunden und ist – ähnlich wie beim Pudel – manchmal auch ein wichtiger Grund für die Rasseentscheidung. Allerdings will die Wolle mindestens zweimal jährlich geschoren werden.

Gesundheit
Wie bei den meisten Hunderassen ­treten auch beim Lagotto erblich bedingte Erkrankungen häufiger auf als bei anderen Rassen. Dazu gehören v.a. die Hüftgelenksdysplasie, die ­seltene Kleinhirnatrophie und die juvenile Epilepsie (dafür gibt es seit einigen Jahren sogar einen Gentest). Verantwortungsvolle Züchter berücksichtigen dies in ihrer Zucht und setzen nur gesunde Hunde ein. Es wäre schade, wenn beim Lagotto, so wie dies bei vielen anderen Rassen schon der Fall ist, in der Zucht das äußere Aussehen auf Kosten der Leistungs­fähigkeit der Rasse dominieren würde. Dort, wo vornehmlich auf „Schönheit“ gezüchtet wird, treten Erbkrankheiten jedenfalls häufiger auf als in Leistungs­zuchten, sagen Experten.

Charakter und Wesen
Nach eingehender Recherche scheint der Lagotto ein recht unkomplizierter Hund zu sein. Seiner ausgeprägten Neigung zum Suchen sollte man entsprechende Aufgaben geben und sich dabei auch professionelle Hilfe bei guten Hundetrainern holen. Es gibt tatsächlich auch Trüffelsuchkurse, bei denen man seinen Lagotto rasse­spezifisch einsetzen kann. Dass es auch viele andere Möglichkeiten gibt, die gute Nase seines Lagottos einzusetzen und den Hund damit auszu­lasten, ist einsichtig.

Einen recht guten und realistischen Überblick über das Wesen des Lagotto zeigt der kurze Bericht eines Kremser Arztes, dessen Familie sich für einen Lagotto als Ersthund entschieden hat (siehe unten).

Alles in allem scheint der ­Lagotto Eigenschaften zu haben, die ihn trotz seiner Spezialisierung auf Nasenarbeit auch als „Allrounder“ für eine Familie geeignet machen: als robusten Spielgefährten für den jungen Sohn, als ­Schmusehund für die Tochter, als Sportkamerad für den Vater und als freundliches Familienmitglied für die Mutter, an der zumeist die tägliche Arbeit mit dem Hund hängen bleibt …

HINTERGRUND

 

Unser erster Hund!
Warum gerade ein Lagotto?

 

von Dr. Michael Ecker

Fanni ist die Lagotto Romagnolo-Hündin einer Familie in Krems a.d. Donau, im Juli wird sie 10 Monate alt. Warum der erste Hund der Familie gerade ein Lagotto sein sollte, erzählt Herrchen selbst.

Wir, eine Familie mit zwei Kindern im Alter von neun und vierzehn Jahren, trugen uns schon einige Zeit lang mit dem Gedanken, uns (wenn die Kinder größer sind) „irgendwann einmal“ einen Hund anzuschaffen. Als dieses „irgendwann“ dann konkreter wurde, stellte sich die Frage: Und welcher Hund soll es denn nun werden?

Anfängerhund zum Schmusen und als wilder Spielgefährte
Unsere pubertierende Tochter wollte, ganz klar, einen „Schmusehund“ zum Kuscheln – am besten einen Golden Retriever. Unser Sohn hatte einen großen Hund zum wilden Spielen und Raufen, aber auch zum „Tricks-beibringen“ im Sinn, am liebsten einen Rottweiler oder einen Border-Collie oder einen Schäferhund oder, egal. Hauptsache, ein Hund zum Spielen und zum Raufen … Meine Frau wollte eigentlich am wenigsten einen Hund. Schließlich bestand die nicht unberechtigte Gefahr, dass alle Arbeit, die sich durch einen Hund nun einmal ergibt, an ihr hängenbleiben würde. Aber wenn schon, dann sollte es ein robuster, gesunder „Anfängerhund“ sein, der ruhig viel Auslauf brauchen darf (Den brauche laut meiner Frau – und meiner Waage – nämlich auch ich). Und: er sollte nicht haaren.

Gesucht – gefunden
Nach dieser heterogenen Analyse stießen wir durch Internetrecherche und Zufall auf den Lagotto Romagnolo. Diese Rasse schien alle unsere Erwartungen wenigstens weitgehend zu erfüllen. Auf der Suche nach Lagotti-Züchtern fanden wir schließlich in Südbayern eine reizende Züchterin, die sich zuallererst ganz genau nach unserem Zuhause, den Kindern, unserer täg­lichen berufsbedingten Abwesenheit u.v.m. erkundigte. Denn sie ­vergebe ihre Welpen nach Sympathie und Gefühl, nicht nach einer starren Liste, sagte sie. Und bald war es dann wirklich so weit. Wir bekamen unsere Fanni „zugeteilt“. Und das war gut so, denn Fanni war die größte und robusteste, gleichzeitig ge­lassenste Hündin des Wurfes.

Wir haben dann einige – manche würden auch sagen unnötig viele – Welpenratgeber studiert. Und wir haben eingekauft! Die freundlichen Mitarbeiter der verschiedenen Zoofachgeschäfte haben uns dabei immer mit Rat und Tat unterstützt. Als Fanni mit neun Wochen zu uns nach Hause kam, konnten wir trotzdem viel Neues lernen. Ein Beispiel: In jedem Welpenratgeber steht zum Thema „Stubenreinheit“, „Wenn Ihr Welpe beginnt herumzuschnüffeln, heißt es schnell sein …“ Ein guter Rat! Nur – unsere Fanni ist ein Lagotto. Und die schnüffeln den halben Tag am Boden herum. Also verbrachten wir viel Zeit im Garten, weil wir sämtliche „sicheren Zeichen“ fehldeuteten. Aber jedenfalls waren wir schnell. So standen wir häufig in Gartenschlapfen ohne Anorak mitten in der Nacht mitten im Garten. Aber das alles ist mittlerweile längst Geschichte. Wo stehen wir heute nach bald 10 Monaten?

Erfüllte Erwartungen?
Unsere Entscheidung für einen ­Lagotto Romagnolo haben wir bisher nicht bereut. Unsere Erwartungen haben sich erfüllt: Fanni ist wunschgemäß der Schmusehund für unsere Tochter geworden und sie ist der beste Spielkamerad für unseren Sohn Paul. Auch anderen Kindern begegnet sie freundlich. Unser Sohn hat ihr auch schon den ersten Trick beigebracht: Fanni kann Pfote geben. Sie haart tatsächlich nicht. Sie schnüffelt – rassetypisch – noch immer den halben Tag herum und ist dabei voll konzentriert und kaum abzulenken. Daher haben wir im Herbst auch einen „Trüffelsuch-Kurs“ in der Schweiz gebucht. Jede Art von Hundespielzeug wird von Fanni „zerstörend qualitätsgeprüft“, dafür sind aber unsere Möbel noch ganz geblieben.

Auch mein persönlicher „Auslauf“ hat zugenommen, Fanni ist für mich eine Art „personal fitness coach“ geworden. Damit sie ausreichend Beschäftigung und Bewegung bekommt, muss ich meine Kalorien verbrennen.

Und: die meiste Arbeit ist tatsächlich bei meiner Ehefrau hängen ­geblieben. Aber auch Sie möchte unseren ­Lagotto als „freundlichen Familienhund für Anfänger“ – und jüngstes Mitglied unserer Familie – nicht mehr missen.

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