So versteht Sie Ihr Hund
Sitz!, Platz! Und Bleib! Klar, das versteht der Hund. Aber seine bevorzugte Kommunikation ist das nicht. Hunde haben viel schönere Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren. Wir Hundehalter sollten einiges darüber wissen, wie die Vierbeiner untereinander und mit uns sprechen, um sie noch besser zu verstehen.
Wir Menschen kommunizieren hauptsächlich über Lautäußerungen. Silben, Worte, Sätze – gesprochene und geschriebene Sprache ist unser Weg, uns zu verständigen. Dieses nennt man digitale Kommunikation. Gesten sind zwar ebenfalls wichtige Hilfsmittel, ebenso die Körperhaltung und die gesamte Ausstrahlung einer Person. Doch an erster Stelle steht bei uns das Wort.
Bei Hunden ist es umgekehrt. Zwar gehören auch bei Ihnen Lautäußerungen – Knurren, Bellen, Winseln, Japsen – zum Repertoire und sind je nach Kontext sehr bedeutsam (zum Beispiel das warnende Knurren), jedoch hat die Körpersprache einen weitaus wichtigeren Anteil an der Kommunikation untereinander und letztlich auch mit uns Menschen. Die Kommunikationsformen des Hundes nennt man analoge Kommunikation.
Subtile Körpersprache
Hunde sehen in der Regel sofort, was das vierbeinige Gegenüber mitteilen möchte. Rassebedingte Besonderheiten wie zum Beispiel sehr flache Schnauzen, Hängeohren, eine geringelte Rute oder bestimmte Verhaltensweisen (beispielsweise das Starren des Border Collies) erschweren zwar in einigen Fällen die Kommunikation – da es von der „Norm“ abweicht und, wenn es nicht erlernt wurde, zu Problemen führen kann – , jedoch haben alle Hunde ein Ausdrucksverhalten, das genetisch festgelegt ist und dieses etwa ab der 3. Lebenswoche (= sozial-sensible Phase) mit den Wurfgeschwistern geübt, trainiert und immer weiter entwickelt wird. Der Hund lernt seinen Körper so einzusetzen, dass er das Beste in der Situation davon hat und am besten noch Energie spart, indem er sich auf das Wesentliche konzentriert.
Olfaktorische und taktile Kommunikation
Ein weiterer wichtiger Kommunikationskanal ist der Geruchssinn. Hunde nehmen Gerüche sehr bewusst wahr und setzen sie zur Kommunikation ein. Wir Menschen tun dies auch, jedoch nur noch sehr unterbewusst und auch nicht in dem Maße wie unsere Hunde, da unsere Nasen gar nicht zu so feinen, vielschichtigen Leistungen fähig sind. Auf jedem Spaziergang sagen dem Hund die verschiedenen Düfte, wer dort wann ebenfalls gelaufen ist, ob Rüde oder Hündin, ob selbstbewusst oder ängstlich, ob schwach oder gesund. Olfaktorisch kann so zum Beispiel mitgeteilt werden: „Das ist mein Revier.“ Hunde, heißt es so schön, „riechen“ auch, wenn wir Angst haben. Und das tun sie tatsächlich. Insofern können wir echte Furcht vor unseren Hunden nur bedingt mit einer pseudo-selbstbewussten Körperhaltung verbergen.
Auch sogenannte taktile oder haptische Kommunikation gehört zum Gesamtbild der Hundesprache. Das bedeutet nichts anderes als kommunizieren durch Berührungen. Auch wir Menschen tun dies mit einem beruhigenden Streicheln oder einem gereizten Wegschubsen. Ganz unbewusst – und manchmal leider auch unbeabsichtigt bzw. ungewollt – können wir auch unsere Hunde durch bestimmte Berührungen in die Entspannung bringen oder umgekehrt in Anspannung versetzen. Hunde wiederum stupsen, rempeln oder knabbern auch untereinander. Und sie manipulieren uns Menschen ganz geschickt durch ein unwiderstehlich putziges „Pfoteln“. Sicher kennen Sie das, wenn Sie konzentriert am Computer sitzen und Ihr Hund Sie zufällig und leicht berührt. Intuitiv greifen wir mit der Hand und streicheln ihn. Glauben Sie nicht, dass diese Aktion von ihm zufällig war …
Die Hund-und-Mensch-Kommunikation
Jetzt wird es spannend. Wie nun können wir, wo wir so gerne mit Worten sprechen, mit unseren Hunden so kommunizieren, dass sie uns auch verstehen? Und wie können wir sie, die sich so subtil mitteilen, verstehen lernen? Zum Einen: Genau hinsehen und ihre Sprache lernen. Zum Anderen: Unsere Hunde machen es uns leicht. Denn durch die lange Geschichte als Begleiter des Menschen können Sie einige unserer Gesten inzwischen unmittelbar verstehen. Das berühmteste Beispiel ist das menschliche Zeigen mit dem Finger, das nahezu ausschließlich Hunde verstehen. Nicht einmal Schimpansen sind dazu in der Lage. Unser Hund hat aber gelernt, Ihrem Finger zu folgen und Zeigegesten zu erkennen. Übrigens: Interessanterweise sind einige Verhaltensmerkmale, die zur Beschwichtigung oder Deeskalation dienen, bei Säuge-/Wirbeltieren artenübergreifend und werden auch verstanden. Das ist von großem Vorteil und dient natürlich auch der Verständigung von Hund und Mensch.
Auf unsere Körpersprache achten
Wir Menschen sind uns der Wirkung unserer Körpersprache oft nicht richtig bewusst. Das sollten wir aber im Umgang mit dem Hund. Sowohl, um Missverständnisse zu vermeiden, als auch um sie uns für eine funktionierende Kommunikation zunutze zu machen. Wildes Fuchteln mit den Armen oder sich von oben über den Hund Beugen sollten unterbleiben. Beides wirkt auf den Hund bedrohlich. Ein Beispiel: Knien wir uns zu einem ängstlichen Hund in einigem Abstand auf den Boden und blicken zur Seite, so sagen wir ihm: „Hey, ich tu Dir nichts. Wenn Du möchtest, dann komm ruhig her!“ Würden wir ihn hingegen anstarren und uns über ihn beugen, würden wir ihn bedrohen. Die Folge könnte Flucht oder auch ein Angriff sein. Wir müssen also lernen, welche unserer Gesten wie auf den Hund wirken, um mit ihm kommunizieren zu können, dass er sie versteht.
Auf die Mimik des Hundes schauen
Die meisten Unfälle – oder sagen wir besser Zwischenfälle – mit Hunden passieren, weil wir Menschen nicht sehen, dass der Hund uns „warnt“. Ein feines Kräuseln der Lefzen nehmen wir beispielsweise oft gar nicht wahr. Der Hund sagt damit aber klar und deutlich: „Lass das bitte. Ich mag das nicht!“ Das kann eine Berührung sein, die er nicht mag, oder das Unterschreiten seiner Individualdistanz oder aber das vermeintliche Gefährden einer Ressource. Nähern wir uns zum Beispiel weiter seinem Schlafplatz, weil wir des Lefzen-Hochziehen nicht bemerkt, ja nicht einmal das leise Knurren gehört haben, so muss der Hund seine Strategie ändern und deutlicher werden. Nun wird er vielleicht etwas „lauter“ werden und von seinem Schlafplatz hochschießen, den Menschen anrempeln, der da so unverschämt seine höfliche Bitte nach Ruhe ignoriert usw.. Oft bemerkt der Hundehalter erst jetzt, dass der Hund Stress hat.
Stressanzeichen erkennen und reagieren
Unsere Aufgabe ist es, unseren Hund im Alltag zu schützen und ihm Sicherheit zu vermitteln. Das bedeutet jedoch auch: Achtsam sein und stets den Hund im Blick haben. Wenn er sich nicht wohl fühlt, ist es unsere Aufgabe als Hundehalter, die Situation zu beenden – bevor der Hund es selbst tun muss und unter weiteren Stress geraten würde. Typische Stressanzeichen können sein: die Schnauze lecken, kratzen oder auch gähnen. Das hat jeder schon einmal bei seinem Hund beobachtet und sich nichts dabei gedacht. Sehen Sie diese Verhaltensweisen jetzt mit anderen Augen und achten Sie zum Einen auf den Kontext (wo und mit wem passiert das?) und zum Anderen darauf, ob der Hund insgesamt unruhig ist. Hechelt er stark oder schwach? Zeigt er viele weitere Stressanzeichen dazu, wie Aufreiten, Spontanschuppung und/oder lässt er die Rute hängen bzw. klemmt sie zwischen die Hinterbeine, dann sagt er deutlich: „Hey, ich fühle mich hier gar nicht wohl. Hilf mir!“. Handeln Sie und überlegen Sie, was ihn beunruhigen könnte (fremde Menschen, ungewohnte Geräusche, Gerüche, etc.) und nehmen Sie ihn aus der Situation heraus. Weitere Anzeichen von starkem Stress sind erweiterte Pupillen, Vokalisieren oder eine eingeknickte Hinterhand.
Beschwichtigungsgesten lernen
Auch im täglichen Umgang mit fremden Hunden kann es nötig sein, Klartext zu sprechen. Kommt Ihnen und Ihrem Hund beispielsweise auf einem schmalen Weg ein Hund entgegen, dessen angespannte Körpersprache nichts Gutes verheißt, so gehen Sie einen Bogen, um den potenziellen Kontrahenten vorbei zu lassen. Dieser Umweg wirkt deeskalierend und heißt: Ich will nichts von Dir, also lass mich bitte auch in Ruhe. Wichtig dabei ist, dass Sie den Bogen ruhig und entspannt gehen, um so auch Ihrem Hund zu sagen: „Ich hab‘ alles im Griff. Komm, wir lassen den anderen Hund einfach vorbei.“ Eine weitere Möglichkeit, deeskalierend zu agieren und Konfrontationen zu vermeiden, ist das Wegblicken. Denn „In die Augen sehen“ wirkt provokant auf einen fremden Hund.
Klar kommunizieren
Wenn man mit Hunden spricht, ist es außerdem wichtig, konkret zu sein. Also keine indirekten „Vielleichts“ oder „Wenn Du möchtest“, sondern klare Ansagen. Wenn Sie beispielsweise ein „Sitz!“ einfordern möchten, dann sollte es auch befolgt werden. Konsequent. Es reicht, wenn Sie in Ihrer ganzen Haltung und Ausstrahlung zusätzlich zum gesprochenen Wort eindeutig signalisieren, dass Sie selbst aufmerksam und konzentriert bei der Übung sind. Ihr Hund wird es so schneller umsetzen.
WUFF-INFORMATION
Noch ein paar allgemeine Regeln zur Kommunikation mit dem Hund
Gut gelaunt …
… klappt es besser. Denn Hunden fällt der Klang unserer Stimme sofort auf und ist fast noch wichtiger als das Wort, das ausgesprochen wird, da sie unsere momentane Stimmung widerspiegelt. Deshalb ist es wichtig, ein Signal möglichst immer gleich auszusprechen. Am besten freundlich. Wenn Sie einmal schlechte Laune haben, wird Ihr Hund es sofort merken. Das Beste ist es deshalb, nur dann mit dem Hund zu trainieren und zu kommunizieren, wenn Sie in der guten Stimmung sind.
Signale gut voneinander abgrenzen
Wenn Sie dem Hund im Laufe der Zeit mehrere verschiedene Signale beibringen, achten Sie immer darauf, dass diese lautlich sehr unterschiedlich sind. Ein Beispiel: Die beiden Wörter „Lauf!“ und „Rauf!“ klingen für den Vierbeiner vollkommen gleich, denn ein Hund nimmt hauptsächlich die Vokale wahr. Besser wäre es, wenn Sie „Renn!“ und „Rauf!“ verwenden oder auch einen kurzen Satz wie zum Beispiel „Spring rauf!“.
Ein Signal – Eine Handlung
Hunde können durch Verknüpfung eine Handlung, wie etwa Po auf den Boden, mit einem Signal wie „Sitz“ verknüpfen. Wenn Sie nun die Position auch noch genau definieren, kann es kaum besser laufen. Schwieriger ist es allerdings, wenn der Hund zum Thema „Sitz“ mehrere Worte kennt, aber keine genaue Aufgabe hat. Das merken Sie meist daran, dass er mal auf „Mach mal Sitz“, „Hey, Siiiitz“, „Und, Sitz“ reagiert und in einem andern Kontext nicht. Machen Sie es ihm leichter: Ein Signal für eine Handlung.
Fehlverknüpfungen vermeiden
Stellen Sie beim Training sicher, dass Ihr Hund das gegebene Signal wirklich versteht. Oft kommt es vor, dass ein Hund mehr auf das Handzeichen als auf das gesprochene Wort reagiert. Möchten Sie aber, dass er nur auf das Hörzeichen reagiert, ist hier jedoch eine Fehlverknüpfung entstanden bzw. eine Überschattung (ein Signal überlagert das andere). Wenn Sie dann die dazugehörige Geste weglassen, weiß er nicht, was Sie von ihm wollen. Er benötigt die Reizkombination aus beidem. Daher ist es wichtig, im Training zu testen, ob der Hund auf beides auch unabhängig voneinander reagiert und auch klar im Vorfeld zu definieren, auf was der Hund reagieren soll: Nur Hörzeichen, nur Sichtzeichen oder eine Kombination aus beidem …
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