Klassische und instrumentelle Konditionierung

Von Kristina Ziemer-Falke

Hunde haben die Fähigkeit, auf verschiedene Art und ­Weise zu lernen. Wie wir Menschen lernt auch der Hund 24 Stunden am Tag – bewusst, wie auch unbewusst. Der Organismus ist somit bestmöglich befähigt, sich ­situativ an die jeweiligen Umweltreize anzupassen. In diesem ­Artikel beschäftigen wir uns mit dem assoziativen Lernen, also dem Lernen durch Verknüpfung. Das machen wir uns im Training häufig zunutze.

Sicher haben Sie Ihren Hundetrainer häufig sagen hören, dass das Timing im Hundetraining sehr wichtig ist, wenn Sie Ihrem Hund etwas beibringen oder auch abgewöhnen möchten. Viele Sachen zeigt er von ­alleine oder lernt es wie von Zauberhand – bei manchen Sachen klappt es jedoch noch nicht so, wie Sie es sich vorstellen. Damit Sie in Zukunft noch besser einschätzen können, ob Ihr Training erfolgreich ist oder nicht, schauen wir uns lerntheoretische Grundlagen an. Ihr Hund lernt durch „Verknüpfungen“. Diese werden auch Assoziationen genannt. Sind diese besonders fest, spricht man von einer Konditionierung.

Im Hundetraining haben wir es hauptsächlich mit zwei Konditionierungen zu tun. Diese trennen wir im Folgenden, um die Unterschiede besser herauszustellen, jedoch kommen sie in unserem Alltag oft gemeinsam vor, so dass eine praktische Trennung nahezu unmöglich ist. Auch spielen nicht-assoziative Lernformen eine große Rolle, die ebenso ihre Berechtigung haben und zeitgleich ablaufen wie zum Beispiel „Lernen durch Nachahmung“. Aber auch diese lassen wir zur Vereinfachung außen vor.

Die klassische Konditionierung
Haben Sie sich einmal Gedanken ­darüber gemacht, warum Ihr Hund so aufgeregt ist, wenn Sie die Hundeleine in die Hand nehmen? Oder warum Ihr Hund anfängt, Speichel abzusondern, sobald Sie den Clicker in die Hand nehmen? ­Holen Sie aber hingegen einen Hammer aus dem Werkzeugkasten, bleibt Ihr Hund reaktionslos an der ­Stelle liegen, an der er verweilt.

Der (Hunde-)Organismus ist in der Lage, eine Assoziation zwischen zwei Reizen herzustellen. Bei den oben aufgeführten Beispielen hat es bereits funktioniert. Ihr Hund hat gelernt, dass die Leine ein gutes Gefühl bei ihm auslöst, da er unmittelbar danach mit Ihnen spazieren geht und etwas Tolles erlebt. Wenn Sie Ihren Hund mit dem Clicker trainieren, werden Sie ihm den Clicker so schmackhaft gemacht haben, dass er immer und unmittelbar nach einem Click ein Leckerchen bekam. Hier hat der Hund noch keine Übung oder ein von Ihnen gewünschtes Verhalten gelernt, sondern nur, dass der Clicker ein gutes Gefühl auslöst. Er weiß, dass daraufhin etwas Gutes passieren wird, ein Versprechen auf etwas, das ihm Spaß macht.

Wenn Sie in Ihrem Hund also ein gutes Gefühl auslösen möchten, können Sie das mithilfe der klassischen Konditionierung machen. Lerntheoretisch müssten folgende Punkte beachtet werden:

Sie verknüpfen zwei Reize ­miteinander. Wir erklären es hier anhand des Trainings mit dem Clicker. Der zuvor ­neutrale Reiz (Clicker) wird unmittelbar vor dem bekannten Reiz (Leckerchen) gegeben. Praktisch bedeutet es: Sie clicken und geben Ihrem Hund unmittelbar danach ein Leckerchen.

Die Zeitspanne, in der beide Reize aufeinandertreffen, ist ein ausschlaggebender Faktor dafür, dass Ihre Konditionierung funktioniert. Zeitnah sollte der bekannte Reiz dem unbekannten Reiz folgen. Zeitlich sind Sie sehr gut, wenn das Leckerchen 0,5 Sekunden nach dem Click folgt. Es gab viele Versuche zur klassischen Konditionierung, bei denen festgestellt wurde, dass die verzögerte Konditionierung – also erst Click, dann Leckerchen – die beste Möglichkeit zur Verknüpfung ist. Probiert wurde u. a. auch die Gabe des Leckerchens vor dem Click (Rückwärtskonditionierung) oder die gleichzeitige Gabe (Simultane Konditionierung). Beides bringt aber nicht den gewünschten Erfolg mit sich.

Damit dieses gute Gefühl beim Clickern aber von dauerhafter Beständigkeit ist, sollte dem Clicker immer (konsequent) ein Reiz zugefügt werden, der ein gutes Gefühl auslöst. Auch sollte das Leckerchen attraktiv genug sein. Ihr Hund sollte Spaß daran haben. Mag Ihr Hund keine Leckerchen, so wäre ein Ballspiel oder eine Streicheleinheit besser für ihn. Je nachdem, was Ihr Hund attraktiv findet, sollten Sie nutzen.

Bei der klassischen Konditionierung verändern wir das Gefühl zu einer Sache, einem Gegenstand oder einem Lebewesen. Wir sprechen das Limbische System im Gehirn an, das für die Gefühle zuständig ist. Dazu gehören Freude, Angst usw. Das erklärt auch, warum wir schnell entscheiden, ob wir etwas mögen oder nicht. Dies ist ein Schutzmechanismus, denn es wäre fatal für den Hund, wenn er viele Wieder­holungen bräuchte, um zu verstehen, dass ein großer Trecker eine Gefahr für ihn darstellen könnte.

Bei uns Menschen laufen diese Prozesse auch ab. Wir haben schnell entschieden, dass wir eine Person nicht mögen, obwohl wir vielleicht noch nie mit der Person gesprochen haben. Merkwürdig? Oder etwa eine klassische Konditionierung?!

Würde man den Click in Zukunft nicht mehr mit einem Leckerchen koppeln, würde auch das gute Gefühl weniger, da das Versprechen gebrochen wurde. Dies nennt man „Löschung“. Wenn Sie also ein Gefühl bei Ihrem Hund erhalten wollen, dann bestätigen Sie es weiter. Ein Beispiel dafür ist der 100%-ige Rückruf, den sich eigentlich jeder Hundehalter wünscht. Funktioniert er nicht richtig, dann können Sie den Abruf mit einem neuen Wort neu antrainieren. Bringen Sie ihm aber nicht nur die Handlung dazu bei (instrumentelle Konditionierung, s. weiter unten), sondern machen Sie das Wort „Hier“ auch emotional attraktiv und nutzen Sie die klassische Konditionierung dazu:

Legen Sie sich 5 – 10 kleine, schnell schluckbare Leckerchen zurecht, setzen Sie sich in einer reizarmen Umgebung in die Nähe des Hundes und halten einen Moment inne. Der Hund soll auf das Wort „Hier“ ein gutes Gefühl bekommen, daher sollte er die Chance haben, diese Verknüpfung korrekt herstellen zu können. Daher ist wichtig, dass keine Handbewegungen, Vorbereitungen o. ä. in das eigentliche Training eingebaut werden. Daher verweilen Sie ohne Bewegung kurz in Ruhe. Dann sagen Sie das Wort „Hier“ und geben Ihrem Hund unmittelbar danach ein Leckerchen. Wiederholen Sie diese Übung mehrfach und pausieren danach. Bei Ihrem Hund löst das Wort „Hier“ nach nur einigen Wiederholungen ein gutes Gefühl aus. Übrigens, überprüfen Sie bei sich auch einmal, was für ein Gefühl bei Ihnen ausgelöst wird, wenn Sie das Wort ­Schokolade, Pizza oder Eis hören?!

Natürlich funktioniert eine klassische Konditionierung auch in die ­emotional andere Richtung. Würde der Hund unmittelbar nach dem Click einen schmerzhaften Reiz zugeführt bekommen, würde er ein ungutes Gefühl entwickeln.

Die instrumentelle Konditionierung
Anders als bei der klassischen Konditionierung arbeiten wir bei der instrumentellen Konditionierung bei unserem Hund an einem Verhalten. Ganz simpel formuliert: Wir sagen „Sitz“, der Hund setzt seinen Po auf den Boden und dafür geben wir ihm ein Leckerchen. Dabei ist es für die eigentliche Übung nicht wichtig, was der Hund dabei denkt oder welches Gefühl er hat, sondern nur, dass er das Verhalten zeigt und hinterher eine Belohnung bekommt.

Die instrumentelle Konditionierung besteht aus einem Auslöser (gehobener Zeigefinger), einer Handlung (Po auf den Boden setzen) und einer Konsequenz (Der Hund bekommt ein Leckerchen zur Belohnung). Ihr gehobener Zeigefinger veranlasst also Ihren Hund, sich in jedem Kontext zu setzen, sobald sein Handlungsauslöser für ihn zu erkennen ist. Die spannende Frage ist nun aber, was den Hund veranlasst, es gezielt und öfter zu tun. Das Geheimnis liegt im Verstärker, den Sie ihm zum Beispiel in Form eines Leckerchens geben, NACHDEM der Hund Ihr gewünschtes Verhalten richtig umgesetzt hat.

Geben wir einem Hund also nach der richtigen Durchführung einer Handlung binnen einer Sekunde eine Belohnung, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er das Verhalten öfter zeigen wird. Das ist für unser Training natürlich Gold wert, denn so können wir willentlich eine mehrfache Wiederholung bewusst trainieren und unser Hund lernt dadurch bewusst und nicht zufällig, was wir von ihm wollen. Der Verstärker sollte im richtigen Augenblick kommen, denn wir bekommen das, was wir belohnen – nicht unbedingt das, was wir wollen. Beispiel: Eine Kundin von mir wünschte sich, ihrem Hund beizubringen, dass er entspannt sitzen bleibt, wenn sie das sagt. Belohnt hat sie aber immer durch eine sofortige Gabe des Leckerchens den Moment, in dem ihr Hund aus der Sitzposition aufstand, um dem ­Leckerchen schneller näher zu sein. Er wurde somit für das Aufstehen bestätigt. Wie sollte er nun von alleine auf die Idee kommen, dass er das nicht tun sollte und Sitzen-bleiben doch das Eigentliche war, das sich die Kundin wünschte? Sie merken, dass auch hier Ihr Trainer Recht hat, wenn er sagt, dass das Timing eine große Rolle spielt. Um ein Verhalten öfter bei Ihrem Hund auszulösen, bedarf es Verstärker. Sie bekommen auch am Ende des Monats ein Gehalt nach getaner Arbeit. Würden Sie ohne Gehalt arbeiten gehen und dieselbe Leistung erbringen? Wohl eher nicht… Verstärker sind überall präsent und richtig angewandt unterstützen Sie Ihr Training, da Sie gezielt eine Übung aufbauen und wiederholen können.

Umgekehrt gilt es entsprechend bei Strafen. Möchten Sie Ihrem Hund ein Verhalten abgewöhnen, wie zum Beispiel das Umbuddeln Ihres Blumenbeetes, sollte der Handlung unmittelbar nach Beginn ein „Nein“ folgen. Ihr Hund lernt daraufhin, dass dieses Verhalten nicht gewünscht ist. Das kann er meist an der Intensität festmachen, da sich die Stimmung bei einem Lob anders im Tonfall widerspiegelt als bei einem Nein. Arbeiten Sie mit einer Strafe, sollte umgehend eine Alternative angeboten werden und der Hund gelobt werden, sobald er mit dem unerwünschten Verhalten aufgehört hat. Ansonsten fehlt ihm die Alternative und er weiß nicht, welches Verhalten von ihm gefordert wird. Das löst eine Unsicherheit aus. Dies gilt es zu vermeiden, da Angst oder Unsicherheit Lernen und Entspannung schwerer für Ihren Hund macht.

Ihr Hund lernt bei der instrumentellen Konditionierung durch Konsequenzen, die seinem Verhalten folgen. Macht das Verhalten Sinn für den Hund, wird er es wiederholen. Ist es für ihn sinnlos, wird er das Verhalten einstellen.

Schauen Sie ruhig noch genauer hin. Ihr Hund weiß, dass Sie „Nein“ sagen, wenn er das Blumenbeet durchforstet. Folglich wird er sein Verhalten einstellen, aber nur, wenn Sie dabei sind. Ihr Hund weiß nämlich um die Konsequenzen – nämlich, dass Sie schlechte Laune bekommen und meckern – deshalb hört er damit auf. Dennoch ist der Reiz des Buddelns an sich noch attraktiv, daran ändert die instrumentelle Konditionierung nichts. Sie bezieht sich nur auf sein Verhalten. Daraus ergibt sich für Ihren Hund aber auch die Konsequenz, dass er buddeln kann, wenn Sie gerade nicht dabei sind…

Sie können sich die Verstärker im Training zunutze machen, wenn Sie diese gezielt einsetzen. Weiter oben haben Sie das Wort „Hier“ bereits als erste Übung klassisch konditioniert. Der Hund kennt aber noch keine Handlung dazu. Das können Sie mithilfe der instrumentellen Konditionierung nun nachholen.

Trainieren Sie die Handlung des Herankommens ein. Eine einfache Möglichkeit dafür stellt das Locken dar, durch einladende Körpersprache oder Lockwörter. Dabei sollten Sie einen genauen Plan davon haben, welches Verhalten Ihres Hundes im Training verstärkt werden soll. Wünschen Sie sich, dass Ihr Hund nach dem Herankommen vor Ihnen sitzen soll, kann das direkt eingeübt werden und den Verstärker geben Sie, wenn Ihr Liebling vor Ihnen sitzt. Dann erst bekommt er das Leckerchen. Bestätigen Sie nicht ein Vorstehen oder neben Ihnen Stehen, sondern achten Sie darauf, dass Ihr Belohnungskriterium eingehalten wird, also Ihr Hund nur für das gewünschte Verhalten bestätigt wird und nicht für etwas anderes, denn woher soll Ihr Hund wissen, dass dies eigentlich nicht erwünschtes Verhalten ist? Das macht aus Sicht Ihres Hundes keinen Sinn. Daher überlegen Sie gut, wann Sie einen Verstärker einsetzen.

Erst wenn die eigentliche Handlung funktioniert und Ihr Hund weiß, was Sie wollen, können Sie das Signal „hier“ einführen. Dies setzen Sie 0,5 Sekunden vor den Handlungsauslöser, das könnte der Reiz des Lockens sein. So weiß Ihr Hund nun genau, was zu tun ist. Er soll ein Verhalten zuverlässig zeigen, nämlich rankommen, und durch das erste Training hat er sogar noch bessere Laune, denn es werden auch verschiedene Hirnareale angesprochen.

Kleiner Tipp: Filmen Sie sich beim Training und schauen Sie, wie Ihr Timing ist und ob Sie konsequent das richtige Verhalten verstärken. Kleine, aber dafür genaue Trainingsschritte unterstützen Sie bei Ihren Konditionierungsübungen.

Trotz allem Training und vielen Be­mühungen reagiert Ihr Hund unter starker Ablenkung nicht auf Ihren ­Abruf? Fragen Sie sich, welcher ablenkende Reiz in Konkurrenz zu Ihrem Training steht. Denn ein ablenkender Reiz ist nichts anderes als ein ­konkurrierender Verstärker, der jedoch zu diesem ­Zeitpunkt noch nicht in Ihrer „Macht“ steht. Überlegen Sie, wie Sie diesen Verstärker nutzen und Ihrem Hund zur Verfügung stellen können, als Konsequenz auf ein erfolgreiches Training mit Ihnen.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Trainieren!

WUFF-Information

Auslösen eines emotional positiven Reizes nach einem neutralen Auslöser = bedingte Appetenz.
Auslösen eines emotional negativen Reizes nach einem neutralen Auslöser = bedingte Aversion.
Das Wort „bedingt“ wird in der Wissenschaft oft benutzt und kann als Synonym für „erlernt“ angesehen werden.

WUFF-Information

Unkonditionierter Reiz: Der Reiz ist attraktiv für den Hund, ohne konditioniert zu werden. Dazu zählen oft Leckerchen. Sie müssen Ihrem Hund nicht beibringen, dass Leckerchen etwas Tolles sind, das sind sie auch schon von sich aus.
Konditionierter Reiz: Dies ist der zuvor neutrale Reiz, den Sie emotional durch eine klassische Konditionierung positiv belegen möchten. Beispiel: Ein Hundenapf ist, wenn Sie ihn in einem Geschäft gekauft haben, für den Hund so lange uninteressant und neutral, bis Sie ihn mit Futter gefüllt haben und er ihn postwendend bekommt.

WUFF-Information

Geben Sie bei der instrumentellen Konditionierung einen Verstärker, so nennt man dies „Bedingte Aktion“. Ihr Hund wird das Verhalten / die Aktion öfter zeigen.
Geben Sie bei der instrumentellen Konditionierung eine Strafe, so nennt man dies „Bedingte Hemmung“. Der Hund wird das unerwünschte Ver­halten nicht mehr zeigen.

Pdf zu diesem Artikel: konditionierung

 

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