Kind & Hund – Sicheren Umgang kann man trainieren

Von Yvonne Adler

Die Kolumne zum Thema ­„Alltagsprobleme mit dem Hund“.  WUFF-­Autorin ­Yvonne ­Adler, Tierpsychologin, akademisch geprüfte Kynologin und  Hunde­trainerin, beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltagsproblem mit Ihrem Hund , kurz formuliert und mit 1 bis 2 Bildern. In ­dieser Ausgabe geht es um das Thema Kind und Hund.

Liebe Frau Adler!
Wir haben einen 8-jährigen Mini-­Chihuahua-Rüden namens Egon und seit 18 Monaten eine kleine Tochter. Leider ist es mittlerweile so, dass Egon bereits auf die Annäherung unserer Tochter zu knurren und die Zähne zu fletschen beginnt, da er den körperlichen Kontakt zu unserer ­Tochter doch eher schlecht kennen­gelernt hat. Unsere Tochter sieht Egon, läuft auf ihn zu und will nur mehr hinhauen oder an ihm herumreißen. Dies ist für die ganze Familie doch sehr anstrengend und ich habe Sorge, dass Egon bald beißen wird. Ich hoffe, Sie können uns helfen, da ich Egon nicht abgeben möchte.
Liebe Grüße, Eva Pflamml


Antwort von Yvonne Adler:

Liebe Frau Pflamml!
Kind und Hund stellen viele Elternteile manchmal vor große Herausforderungen. Tiere können für Kinder eine große Bereicherung darstellen, wenn die Erwachsenen einige Grundregeln aufstellen, die jederzeit auch eingehalten werden müssen. Denn sie dienen nicht nur der Gefahrenprävention, sondern auch der Etablierung eines harmonischen und vertrauensvollen Familienlebens. Konkret bedeutet das − Kind und Hund müssen erzogen werden. Unbedingt sollte der gute gemeinsame Umgang, auch von den Erwachsenen, richtig vorgelebt werden.
Die ALLERWICHTIGSTE Regel zur Gefahrenprävention ist − NIEMALS Kind und Hund allein lassen! Nicht mal für eine einzige Minute. Dies bedeutet in Ihrem konkreten Fall, dass es für Ihre Tochter gar nicht möglich sein sollte, einfach so auf Egon zuzulaufen und ihn zu schlagen oder an ihm herumzureißen. Dafür kann es notwendig sein, dass Sie Kind und Hund räumlich trennen, beispielsweise durch ein Kindergitter im Türrahmen. Nur mit Ihnen und unter Anleitung sollte der Umgang zwischen Ihrem Hund und Ihrer Tochter möglich sein.

Aus Hundesicht ist es für Egon ­natürlich sehr stressig immer auf der Hut sein zu müssen, um nicht geschlagen zu werden. Das natürliche Aggressions­verhalten (egal, ob defensiv, offensiv oder ambivalent) dient immer der Distanzvergrößerung zum auslösenden Reiz, in Ihrem Fall das Kind. Doch leider verstehen Kleinkinder ohne Anleitung diese Hundesprache nicht, und daher ist Ihre Befürchtung schon angebracht, dass Egon beißen könnte. Zusätzlich ist die Konstellation mit einem Kleinkind und einem Mini-Chihuahua natürlich dahingehend schwierig, da Kleinkinder noch nicht gut genug in ihrer Motorik entwickelt sind und daher eine sanfte Berührung ohne elterliche Anleitung noch gar nicht beherrschen. Für Egons „Mini-Größe“ tun jedoch schon Kleinkinder-Schläge oder starke unkontrollierte Berührungen weh, und daher ist seine Reaktion aus Hunde­sicht vollkommen verständlich.

Ich darf Ihnen daher ein paar Grund­regeln für Kind und Hund ans Herz legen. Hunde-Regeln und Präventiv­maßnahmen:
Hat Ihr Egon jemals gelernt, wie er sich Kindern gegenüber verhalten soll?
–  Kinder sind kein Spielzeug und dürfen weder belästigt, gehütet, angesprungen oder gejagt werden.
–  Kinderspielzeug gehört dem Kind.
–  Auch in erhöhter Aufregung kann der Hund sich auf seinen Platz, in seine Ruhezone zurückziehen. Hier wird er keinesfalls belästigt – dafür aber gelobt!
–  Jedes Deeskalationsverhalten des Hundes mit Distanzvergrößerung, beispielsweise das Abwenden oder Weggehen vom Kind, wird bestärkt.
–  Der Hund sollte gelernt haben, dass Berührungen ausschließlich positiv sind und diese kein Problem für ihn darstellen.
–  Der gemeinsame Umgang zwischen Kind und Hund wird vom Erwachsenen angeleitet und positiv für alle Beteiligten gestaltet.

Kinder-Regeln und Präventivmaß­nahmen:
–  Hunde sind kein Spielzeug.
–  Nachkrabbeln, Nachlaufen und ins Körbchen Klettern müssen vom Kind ebenso unterlassen werden, ebenso wie das Nachjagen oder dass der Hund in eine Ecke gedrängt wird. Ebenso darf das Kind nicht vor dem Hund weg­laufen, ihn anquietschen oder er­schrecken.
–  Futter, Wasser und Kaugegenstände sowie Spielzeug des Hundes sind für das Kind tabu.
–  Der Kontakt mit dem Hund darf nur unter Anleitung und im Beisein eines fachkundigen Erwachsenen vor sich gehen.
–  Der gemeinsame nette und respektvolle Umgang muss vorgelebt werden.
–  Das Kind sollte im Umgang mit dem Hund und den „hundlichen Signalen“ richtig geschult werden.

In Ihrem Fall könnten Sie nun folgendermaßen weiter vorgehen:
Sie setzen sich mit Ihrer Tochter auf den Boden und nehmen sie auf den Schoß. Nun sollten Sie Ihrer Tochter ein Buch zeigen oder etwas Ruhiges in dieser Haltung mit ihr spielen. Gleichzeitig laden Sie Egon ein, dass er Kontakt haben darf, und bestätigen jede Annäherung zu Ihnen. Wenn sich Egon zu Ihnen legen mag, dann sehr, sehr gerne. Sie müssen als Elternteil jedoch sicherstellen, dass Ihre Tochter den Hund zwar wahrnimmt, aber mit Ihnen beschäftigt ist und keinesfalls nach dem Hund schlägt oder greift. So lernt Egon, dass Sie die Situation für alle Beteiligten optimal im Griff haben und er ruhig Nähe zu Ihnen und Ihrer Tochter haben kann, ohne dass für ihn etwas Schlimmes passiert.

Kind und Hund lassen sich sehr von der Stimmungsübertragung und von Emotionen beeinflussen, hier liegt es an Ihnen, sie darin zu schulen. Seien Sie ganz entspannt und leben Sie in dieser gemeinsamen Situation beiden Ruhe und Gelassenheit vor. Alle Tipps sind im Umgang zwischen Kind und Hund hilfreich − wichtig ist vor allem auch, dass ausreichend Zeit für die Bedürfnisse jedes einzelnen, Mensch und Hund, gefunden wird. Denn nur so kann ein harmonisches Familienleben entstehen. Dies wünsche ich Ihnen von Herzen!
Ihre Yvonne Adler

Pdf zu diesem Artikel: ratgeber_erziehung_0217

 

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