Kennen Sie den? – Der Podenco Ibicenco

Von Sabina Pilguj

So besonders Podencos sind, so gut muss ihre Anschaffung überlegt sein. Sie sind nicht gerade ideal für Hundeneulinge, und ihre ­Besonderheiten machen das Zusammenleben mit Hunden dieser spanischen Rasse in ­Mitteleuropa nicht immer leicht. Doch wer vom „Podencofieber" befallen wird, ist von dieser Rasse begeistert, sagt Sabine Pilguj.

Eine sportliche, anmutige Erscheinung, große Ohren und ein verzaubernder Blick – und eben anders und ganz besonders in ihrem Aussehen, trotzdem will die Anschaffung gut überlegt sein. Podenco Ibicencos, besonders wenn sie beinahe reinrassig sind, sind nicht unbedingt Anfängerhunde. Durch Ihre speziellen Eigenschaften machen sie uns das Zusammenleben in Mitteleuropa manchmal nicht einfach, aber wer dem „Podencofieber" verfallen ist, wird von dieser Rasse begeistert sein.

Ich bin ein sehr großer Fan der Hunderasse Podenco Ibicenco. Vor mehr als 25 Jahren verliebte ich mich in diese Hunde, als mir zufällig ein Podenco­rudel in der Natur auf Ibiza ­begegnete. Diesem Hundetyp war ich zuvor noch nie persönlich begegnet, und die Großohrenhunde haben mich sofort „verzaubert" – das Interesse für diese Rasse war geweckt.

Katze im Hundepelz …
Podencos sind sehr ­ursprüngliche Hunde, sie wurden primär auf Leistung und nur sekundär auf ihr Erscheinungs­bild gezüchtet. Sie haben sich so ein großes Stück Selbständig­keit und Freiheit in ihren Genen bewahren können. So ­werden sie in Fachkreisen auch „Hunde ohne Führer­einfluss" genannt, weil sie eigenständig jagen. Ibicencos sind sehr arbeitsfreudig, sie jagen un­ermüdlich mit allen Sinnen (Augen, Nase und Ohren). Sie wirken manchmal sehr sensibel und zart, beinah zerbrechlich. Besonders dann, wenn das Sonnenlicht durch die Sehnen ihrer Hinterbeine durchscheint. Es sind dennoch sehr anpassungsfähige und robuste Hunde, mit einer ­extremen Ausdauer. Sie wirken manchmal grenzen­los und scheinen Angst nicht zu kennen: Sie überwinden im Gelände jedes Hindernis. Die schnellen Jäger sind keine Energieverschwender, im Haus sind sie daher eher ruhig und entspannt und wirken manchmal wie eine Katze im Hundepelz. Sie lieben es sehr zu schmusen. Diese Hunde drücken auf ihre Art eine Gelassenheit aus, besonders wenn sie wie eine Sphinx liegend vor sich hindösen, aber sie sind jederzeit bereit, auf dem Sprung zu sein.

Meine Faszination dieser Hunderasse hat mich in Kontakt mit einem ­spanischen Podenquero gebracht, der inzwischen ein guter Freund geworden ist. Seit Jahren darf ich ihn auf den „Paseo" (Spaziergang) begleiten, wenn er mit seinem Rudel durchs Gelände streift. Die Liebe zu seinen Hunden sowie das „magische Band" zwischen dem Rudel und dem Podenquero zu beobachten, ist etwas ganz Besonderes.

Großer Freiheitsdrang
Wenn man diese Hunde einmal in ihrem Element in Spanien erleben kann, dann kann man ihr vielfältiges Potenzial bewundern sowie ihren großen Drang nach Freiheit und Lebensfreude. Sie wirken anmutig und majestätisch, wenn sie pfeilschnell durch das Gelände sausen. Es scheint so, als würden sie schwerelos durch die Landschaft schweben. Manchmal überwinden sie ohne sichtbare Anstrengung und voller Eleganz wie ein Springpferd gut zwei Meter Höhe und sind am Scheitelpunkt des ­Sprunges in der Lage, sich geschmeidig gazellenartig zu drehen, um dann wie ein Adler auf die Beute zu ­springen. Sie sind sehr ausdauernd und scheinen unermüdlich zu sein.

Mit Kreativität erziehen
Ein Podenco lässt sich mit etwas ­Kreativität, viel Geduld und Verständnis für seine rassespezifischen Eigenschaften erziehen. Für eine Belohnung ist auch ein Podenco ­gerne bereit, ­Kommandos auszuführen, manchmal auch auf seine Art. Wird aber Druck ausgeübt und mit extre­mer Strenge gearbeitet, zerbricht rasch das sensible Band der Bindung zwischen Mensch und Podenco. Ich habe mit meinem Amigo als Mensch-Podenco-Team sogar die VDH-Gehorsamsprüfung in allen Disziplinen mit Note „sehr gut" bestanden, mit großem Abstand zu Border, Retriever, Mops & Co. Doch trotz jahrelanger Hundeerfahrung kapitulieren dennoch einige Neu-Podencobesitzer. Denn ein Podenco wird niemals bedingungslos parieren und ausschließlich seinen Besitzer anhimmeln oder zig-mal einen Ball apportieren. Sie scheinen dann manchmal stur wie ein Esel und fordern Verständnis. Diese Hunde sind extrem intelligent, haben eine sehr rasche Auffassungsgabe und lernen sehr schnell, jedoch ­monotones Wieder­holen oder „unnützes Tun" langweilt sie rasch.

Freilauf nur im gesicherten Auslauf!
Jeder Hund ist natürlich einzigartig, und mit viel Arbeit und Mühe kann man die Jäger auch in Einzelfällen (!) frei laufen lassen. Mein Ibicenco genießt es sehr häufig bei Spaziergängen frei zu laufen, aber ich bin mir dessen bewusst, dass es bei dieser Rasse keine 100%-ige Garantie für einen zuverlässigen Rückruf gibt. Ich habe insofern einen Vorteil verzeichnen können, da ich mit meinem Hund schon als Welpe trainieren konnte. Wer dagegen einen erwachsenen Podenco übernimmt, sollte ihm den Freilauf in einem gesicherten Auslauf gewähren, wo er nach Herzenslust toben und rennen kann. ­Podencos ­lieben es bei Wind und Wetter ­draußen zu toben, allerdings brauchen die Hunde im Winter an eisigen, kalten Tagen einen Hundemantel. Die Hunde haben keine Unterwolle, und da sie fast nur aus Muskeln und Knochen bestehen, auch keinen großartigen eigenen Kälteschutz.

Neben dem Freilauf gibt es viele Möglichkeiten einen Podenco auszulasten und körperlich und geistig zu fördern, ansonsten wird er eben „sein Ding" machen und seinen Menschen ignorieren. Manche Podencohalter sind manchmal irritiert: Im Hause zeigt ihr Hund eine intensive Bindung und sucht die Nähe zum Menschen, aber in der Natur wirkt er manchmal wie ein „Autist", der in seiner Schnüffelwelt unabhängig von seinem Besitzer durch die Gegend wandelt. Das ist eine wichtige Eigenschaft dieser ­Rasse, denn eine große Abhängigkeit vom Jäger wäre ein Nachteil. Podencos arbeiten und agieren immer ­selbständig! Als spanische Jagdhunde mit allen Sinnen jagend sind sie gute Fährtengänger, lieben Such- und Jagdspiele und Laufen und Springen macht ihnen große Freude. Und entgegen der Skepsis anderer ist mein Ibicenco ein wunderbarer Kuschel­therapeut in der ­tiergestützten Kinder­therapie und begeistert die Kinder mit seinen erlernten Tricks. Zu meiner Freude wurde 2010 auf Ibiza zu Ehren der Balearenhunde ein ­wunderschönes Monument mit 7 großen Podencos errichtet. Es wurde auch ein Pilotprojekt vom Verein „Cans Eivissencs Solidaris" in Kooperation mit dem Ibiza-Podencoclub, gestartet. Podencos werden dort auch als Therapie- und Besuchshunde in Kinder- und Seniorenheimen eingesetzt. In meinen Augen ein besonders wichtiges Projekt. Die Kinder aus dem Heim lernen die spanischen Hunde kennen und lieben, was man einmal lieben gelernt hat, kann man auch wertschätzen. Seit letztem Sommer gibt es auf Ibiza „Poddy", es ist das neue Maskottchen der Insel. Poddy, als Vertreter des ibizenkischen Kultur­gutes, will den Menschen zeigen, dass Ibiza nicht nur eine Partyinsel ist ­sondern noch sehr viel mehr Kostbarkeiten zu bieten hat.

INFORMATION

Von Podencos lernen

Der Podenco Ibicenco fasziniert mich, denn es ist ein sehr spezieller Hund, aber auch mit ganz besonderen Eigenschaften. Von Hunden bzw. deren Verhalten können auch wir Menschen einiges lernen. Podencos sind für mich ein gutes Beispiel für ein faires Miteinander. Sie haben ein sehr ausgeprägtes Sozialverhalten, die Hunde dieser Rasse werden auf den Balearen oftmals problemlos in Gruppen gehalten.

Podencos sind so einzigartig, weil sie als Jagdhunde in Spanien gemeinsam als Gruppe oder als „Trupp" (so wird es in Fachkreisen genannt) auf die Jagd gehen. Jeder Hund kann sein eigenes Potenzial entfalten und sein besonderes Können, seine Stärke, seine Strategie und seine Cleverness zeigen, aber der Focus liegt immer darauf: Gemeinsam ein Ziel zu erreichen! Eine Besonderheit, die wohl eher selten bei anderen Jagdhunderassen zu finden ist. Podencos sind eben Teamplayer, alle sind integriert und keiner muss sich besonders beweisen. Für sie gilt nicht: „Survival of the fittest" – nur der Stärkere gewinnt, sondern das Miteinander ist wichtiger. Von diesem Gemeinschaftsverhalten können wir Menschen lernen! Wir können jederzeit entscheiden, ob wir uns als Einzelkämpfer „durchbeißen" wollen oder uns in eine Gemeinschaft einbinden und trotzdem unsere Individualität behalten wollen.

„Hunde sind großartige Lehrmeister und soziale Lebewesen, denn eine Gesellschaft, die auf egoistischen Motiven beruht, kann vielleicht Reichtum kreieren, aber nicht die Einheit und das Vertrauen, die das Leben lebenswert macht". Frans de Waal, Autor des Buches „Empathie-Prinzip" und Verhaltensforscher.

Hunde-Weisheiten, bzw. „Wertschätzung teilen – Empathie verbindet" so lautet das Mitmach-Projekt für alle Hundefreunde:

www.hunde-weisheiten.de

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