Oft passiert es beim entspannten Kuscheln auf der Couch. Ein unglaublicher Geruch steigt auf: Der Hund hat gepupst oder gerülpst. Dem kann man vorbeugen.
Rülpser und Blähungen stellen die traute Zweisamkeit von Hund und Halter oftmals auf eine harte Probe. Auch wenn die entweichenden Winde für die menschliche Nase häufig nur schwer zu ertragen sind, Grund zur Sorge sind sie nicht zwangsläufig. Sie könnten sogar fast Anlass zur Freude sein, sind die Luftentweichungen doch ein Zeichen dafür, dass das Verdauungssystem einwandfrei funktioniert. »Eine gewisse Gasbildung im Magen-Darm-Trakt ist vollkommen normal«, kann Dr. Stefanie Handl besorgte Halter beruhigen. Die Fachtierärztin für Ernährung und Diätetik kennt das Problem aus ihrer Tätigkeit als Belegstierärztin in verschiedenen Tierarztpraxen in und um Wien. Bei der entweichenden Luft handelt sich um einen Gärungsprozess während der Verdauung, erklärt sie. »Durch die bakterielle Gärung während der Verarbeitung der vom Hund nicht verdauten Nahrung durch die Darmflora entstehen Gase.« Abhängig von der Nahrung und der Gewöhnung variiert die Menge der Fürze, in der Fachsprache »Flatulenzen« genannt, später entsprechend. Auch auf anderem Wege kommt es zu Luftansammlung. Insbesondere »Nimmersatt«-Rassen wie Labrador oder Beagle und Hunde mit besonders kurzer Schnauze wie beispielsweise Bulldogge, Mops oder Boxer schlucken beim Fressen viel Luft. Der Körper kann mit ihr nichts anfangen und die im Magen angesammelte Luft wird geräuschvoll oder leise durch Rülpsen wieder entfernt. Medizinisch nennt man diesen Vorgang »Ruktus«.
Zwar sind die entweichenden Lüfte zumeist relativ geruchsfrei. Manchmal jedoch kann so eine Duftnote auch unerträglich »intensiv« sein. Die »dicke Luft« hängt laut Handl mit dem Inhalt des Magens respektive Darms zusammen. Je nachdem, was der Hund gefressen hat, kann selbst ein Rülpser beim Hundehalter also schon mal Grund für lautstarke Kommentare und Naserümpfen sein. »Rülpsen ist eine normale Körperfunktion. Besonders nach der Futteraufnahme müssen viele Hunde ein Bäuerchen machen, um die überschüssige Luft abzulassen. Bei manchen, insbesondere gierigen Fressern, kann dabei auch ein Bröckchen Futter mit hochkommen«, erläutert die Tierernährungsspezialistin. An den stinkenden Blähungen hingegen sind zahlreiche wichtige Bakterien im Darm Schuld. Während des Verarbeitungsprozesses der Nahrung produzieren diese unter anderem Schwefel-Wasserstoff, der für die stark riechenden Pupse verantwortlich ist. Je nach Futter kann das aus dem Hundepopo entweichende Luftergebnis also stark unterschiedlich sein. »Das Futter bestimmt ja das Milieu im Darm, und besonders schwer Verdauliches kann die Vermehrung bestimmter Bakterien fördern«, so Handl. Gerade die beliebten Kausnacks wie Ohren, Lunge, Strossen, Haut und Ochsenziemer sind laut der Expertin sehr schwer verdaulich und führen oft zu Blähungen.
Er ist, was er isst
Geht es plötzlich in puncto Winde heftiger zu als zuvor, liegt dies meist an einer Nahrungsumstellung. In der Regel legt sich dies nach einigen Tagen. Anders jedoch bei Futter, welches der Hund schlecht oder gar nicht gut verträgt: Ganz nach dem Motto »Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen« führen auch beim Hund nicht nur Erbsen und Bohnen zu vermehrter Gasbildung. »Blähend sind auch Kohlgemüse, wie Brokkoli oder Blumenkohl, und manche Kohlenhydrate wie Topinambur, vor allem, wenn der Hund sie nicht gewohnt ist«, sagt die Tierernährungsexpertin. Diese Nahrungsbestandteile können vom Hund schlichtweg nicht richtig verwertet werden. Der nur unzureichend verdaute Nahrungsbrei muss dann im Enddarm von Bakterien zersetzt werden, wobei die übelriechenden Gase entstehen. Darmgeräusche, Blähbauch und stinkende Furze folgen.
Zudem können auch eiweißreiche Futterquellen Grund für geruchliche Stinkbomben sein. »Besonders durch schlecht verdauliches Protein entstehen ebenfalls übelriechende Blähungen«, so Handl. Dabei erachtet die Tierernährungsexpertin nicht nur die Menge, sondern sehr häufig auch die Qualität des zugeführten Eiweißes als ausschlaggebend. »Selbst teure Trendmarken sind nicht immer so hochwertig, wie die Werbung verspricht. Eiweißquellen von niedriger Qualität wie beispielsweise Schlachtabfälle und getrocknete Tierhaut verursachen oft heftige Blähungen.«
Des Weiteren kann fauliges Fallobst Grund für eine höhere Gasentwicklung sein. Gerade solche Vierbeiner, die im Garten wie Müllschlucker den Boden unter Obstbäumen nach Fallobst absuchen, sorgen oft für »dicke Luft« beim gemeinsamen Kuscheln. Der Grund: In überreifem Obst ist besonders viel Fruchtzucker enthalten. Der wiederum begünstigt die Entwicklung derjenigen Darmbakterien, die für starke Blähungen verantwortlich sind. Ähnlich wirkt laut der Tierernährungsexpertin in größeren Mengen gefressener Milchzucker bei erwachsenen Hunden. »Während vergorene Milchprodukte, wie Käse, Hüttenkäse, Quark oder Joghurt von Natur aus wenig Laktose enthalten und meist gut vertragen werden, sollten größere Mengen Vollmilch vermieden werden. Als Richtwert gilt, 20 ml Milch /kg Körpergewicht nicht zu überschreiten.« Sonst können bei der Verdauung übelriechende Fäulnisgase entstehen. Ein zu hoher Fettgehalt des Futters kann übrigens ebenso zu Verdauungsstörungen mit unangenehmen Blähungen führen.
»Doch selbst bei besonders übelriechenden Fürzen muss man sich erstmal keine Sorgen machen«, gibt Handl Entwarnung. Eine genaue »Gasmenge«, die noch als unproblematisch gilt, kann sie aber leider nicht nennen. Wie beim Menschen gibt es nämlich auch bei Hunden solche, die schneller zu Blähungen neigen als andere. »Problematisch wird es dann, wenn der Hund zusätzlich unter Krämpfen und Schmerzen leidet – oder der Gestank für die Umwelt einfach nicht mehr zu ertragen ist.« Die Tierernährungsexpertin kennt allerdings auch Krankheiten, die mit Pupsen und Aufstoßen einhergehen können. »Häufiges Rülpsen kann bei Erkrankungen des Magens zu beobachten sein und ist oft begleitet von Zeichen des Unwohlseins wie Schmatzen, Schlucken und vermehrter Speichelbildung oder sogar Erbrechen. Blähungen wiederum können zusammen mit anderen Verdauungsbeschwerden wie Durchfall oder Verstopfung, Erbrechen, Übelkeit und Bauchschmerzen Symptome verschiedener Erkrankungen sein.« So können neben Giardien, Würmern und weiteren Darmparasiten außerdem Magen-Darm-Infektionen, Allergien, aber auch Erkrankungen von Leber und Bauchspeicheldrüse mit starken Blähungen und Bauchschmerzen einhergehen. Halten die Symptome länger an und machen den Hund unruhig, rät Handl dazu, einen Tierarzt aufzusuchen. Dieser wird den Hund genau und je nach Problematik individuell unterschiedlich untersuchen. »Meistens sind eine Kotuntersuchung, ein Blutbild sowie Röntgen- und Ultraschalluntersuchung des Bauches sinnvoll«, gibt Handl Aufschluss über einen möglichen Untersuchungsablauf. »Untersuchung und Therapie sind allerdings sehr individuell, da es ja auf die Ursache ankommt.« Bei Verdauungsbeschwerden sei beispielsweise eine selbst gekochte oder vom Tierarzt verordnete Diät immer der erste Schritt, um Blähungen in den Griff zu bekommen. »Probiotika und Ballaststoffe können zusätzlich die Darmflora stabilisieren. Bei Schmerzen und Krämpfen können Medikamente Erleichterung verschaffen.«
Tipps für geruchsgeplagte Halter
Hundehalter brauchen folglich nicht immer gleich an das Schlimmste denken, wenn der geliebte Vierbeiner die Luft unangenehm »würzt«. Letztlich ist jeder Hund anders: Was dem einen Vierbeiner nichts ausmacht, verträgt ein anderer nicht und kann bei ihm zu heftigen Fehlgärungen, Blähungen oder starken Bauchschmerzen führen. Damit im Hundezuhause nicht so schnell dicke Luft herrscht, hat die Tierernährungsspezialistin ein paar gute Ratschläge. »Zuerst einmal sollte man alle schwer verdaulichen Leckerli vermeiden.« Auch ein Futterwechsel könne helfen. Als ideal erachtet Handl ein gut verdauliches Produkt beziehungsweise eine spezielle Magen-Darm-Diät. »Wer unsicher ist, was die Blähungen verursacht, führt am besten ein Tagebuch.« Oftmals wird nach einiger Zeit der Grund für die Gase deutlich. Ansonsten kann man es später mit zum Tierarzt nehmen. Darüber hinaus empfiehlt Handl, das Futter richtig temperiert anzubieten sowie zu hastiges Fressen und zu hektisches Spielen möglichst zu vermeiden. Durch letzteres kann man gleichzeitig die Entstehungsmöglichkeit von Rülpsern und Schluckauf verringern. Wer seinem Hund Präbiotika wie Pektine verabreicht, sollte besser auf die Dosierung achten. In geringer Dosierung haben Pektine, wie sie zum Beispiel vermehrt in säuerlichen Äpfeln oder Zitrusfrüchten enthalten sind, zahlreiche positive Wirkungen. Zu viel Pektin verursacht allerdings häufig Blähungen, da dann die Mikroflora des Dickdarms besonders stark arbeiten muss.
Das natürlichste Mittel, um Blähungen vorzubeugen, ist allerdings noch immer ausreichende Bewegung. Die regt bekanntlich die Peristaltik, also die natürliche Bewegung des Darms, und somit die Verdauung an. Gerade Couch-Potatoes leiden deshalb häufiger unter Blähungen. Sollte der Darm dennoch rumoren und zwicken, zeigt der Hund dies in der Regel recht deutlich durch eine typische Bewegung: Mit den Vorderpfoten am Boden und durchgestreckten Vorderläufen streckt er seinen Po in die Luft und dehnt sich ausgiebig. Wechselt der Hund zudem häufig seine Liegeposition oder stößt auf, sollten Halter in weiser Voraussicht besser schon mal ein Fenster öffnen.
Schluckauf
Schluckauf, im Fachjargon auch »Singultus« genannt, wird durch eine Nervenirritation verursacht, welche zwei Dinge gleichzeitig auslöst: »Das Zwerchfell zieht sich abrupt zusammen. Gleichzeitig prallt durch Verschluss der Stimmritzen die Luft dagegen, und es entsteht das typische Geräusch«, erläutert Tierernährungsexpertin Handl wie Schluckauf zustande kommt. Ungleich anderer Reflexe wie Niesen oder Husten, ist bislang allerdings ungeklärt, was die im Schluckauf resultierende Nervenreizung überhaupt erzeugt. Seit mehr als hundert Jahren kursieren verschiedene Theorien um Entstehung und Sinn des Schluckaufs. Vom Notfallmediziner Daniel Howes stammt die Aktuelle: Nach Ansicht des Kanadiers wird Schluckauf von Luft im Magen ausgelöst. Er begründet dies damit, dass Säuglinge statistische 2,5 Prozent ihrer Zeit einen Schluckauf haben und durch das Ausstoßen der Luft für Milch mehr Platz im Magen sei. Mit zunehmendem Alter würde der Schluckauf seltener. Letztlich träte er nur noch beim Herunterschlingen von Nahrung auf. Gut möglich, dass diese Theorie auch für andere von Schluckauf geplagte Säugetiere wie Hunde zutrifft. Denn: »Schluckauf ist bei Welpen häufiger und bei erwachsenen Hunden selten«, sagt Handl. Wird der Vierbeiner älter, steht der Schluckauf dann auch bei ihm mit der Nahrungsaufnahme in Verbindung. »Man vermutet, dass die Nerven, die das Zwerchfell steuern, durch Aufregung, Angst, hastiges Fressen, kaltes oder heißes Futter gereizt werden.« So wird beispielsweise beim gierigen Fressen Luft geschluckt. Die verschluckte Luft reizt das Zwerchfell, es kann zu Schluckauf kommen.
In der Regel hält ein Schluckauf laut Handl zum Glück höchstens wenige Minuten an. Hundehalter sollten dabei jedoch niemals versuchen dem Hund mit dubiosen, doch leider noch immer populären Hausmittelchen wie Erschrecken, Zucker verabreichen oder Luft anhalten zu helfen, indem man dem Vierbeiner Nase und Schnauze zuhält. Dennoch müssen Hundehalter nicht tatenlos dabei zusehen, wie der Hund hickst. »Am besten bietet man dem Hund etwas Futter oder Wasser an, beruhigt ihn und krault ihn etwas«, rät Handl. Grund zur Sorge sei ein Schluckauf nur selten. Schluckauf ist so gut wie immer harmlos. Nur in seltenen Fällen kann eine ernste Krankheit dahinterstecken. Sollte der Hund jedoch unablässig würgen, vergeblich versuchen, einen Fremdkörper hoch zu bekommen, nach mehreren Stunden noch immer Schluckauf haben oder relativ häufig an Schluckauf leiden, kann auch ein Ruktus womöglich ein Krankheitssymptom sein. Am besten sollte man den Allgemeinzustand des Hundes im Auge behalten und das Problem von einem Veterinärmediziner abklären lassen. Dasselbe gilt fürs Rülpsen: Nur selten liegt dem Aufstoßen ein gesundheitliches Problem wie eine Entzündung der Magenschleimhaut zu Grunde. Bei Vierbeinern, die öfters unter Schluckauf leiden, empfiehlt die Tierernährungsspezialistin vorbeugende Maßnahmen. So könnten über den Tag verteilte, kleinere Futterportionen, die richtig temperiert sind, Schluckauf in den meisten Fällen von vorneherein verhindern. »Zudem sollte zu hastiges Fressen und zu hektisches Spielen vermieden werden.« Hält der Schluckauf lange an oder tritt trotz allem häufig auf, rät Handl den Schluckauf von einem Tierarzt abklären zu lassen. Der Grund: »In seltenen Fällen kann häufiger, lang andauernder Schluckauf auch ein Hinweis auf eine Erkrankung des Zwerchfells, des Magens oder der Nerven sein, oder auch auf einen krankhaften Prozess in der Region hindeuten.«
Die Expertin
Dr. Stefanie Handl
Fachtierärztin für Ernährung und Diätetik, Diplomate ECVCN
www.futterambulanz.at