Intelligente Hunde: Gibt es »kluge« und »dumme« Hunderassen?

Von Kristina Ziemer-Falke

Hunderassen gibt es unglaublich viele und jede Rasse hat ihre eigenen Liebhaber. Auch wenn die einzelnen Rassen ihre typischen Eigenschaften mitbringen, so können wir doch Unterschiede auch innerhalb einer Hunderasse erkennen. Schließlich gibt es dort ebenso Charakterköpfe. Hinzu kommen die beeinflussenden Faktoren, die das Individuum Hund zusätzlich formen können. Dazu zählen die Elterntiere selbst, Umwelteinflüsse während der Trächtigkeit, die Aufzucht mit den Haltungsbedingungen und vieles mehr. Diese einzelnen Punkte wirken auf die Mutterhündin, den Welpen und schließlich auf den späteren adulten Hund ein. Doch was bedeutet jetzt Intelligenz bei Hunden und wie wirkt sich das auf das all-tägliche Miteinander zwischen Mensch und Hund aus?

Intelligenz bei Hunden – Immer wieder hört man, wie intelligent manche Hunde im Vergleich zu anderen sind. Meist fallen in diesem Zusammenhang die Namen Border Collie oder auch der Pudel. Natürlich sprechen wir Hundehalter unserem eigenen Hund meist ebenfalls eine besondere Intelligenz zu. Doch was besagt Intelligenz beim Hund und ist sie messbar? Zunächst klären wir, was das Wort Intelligenz überhaupt aussagt. Intelligenz lässt sich aus dem Lateinischen Wort »intellegere« herleiten und bedeutet so viel wie »verstehen« oder »erkennen«. Man spricht dabei eher von der kognitiven Leistungsfähigkeit. Es gibt viele verschiedene Tests, die versuchen diese Intelligenz zu messen und festzuhalten. Am bekanntesten sind wohl die sogenannten IQ-Tests. Diese dienen der Ermittlung des Intelligenzquotienten. Doch natürlich gibt es bezüglich der Definition und Erklärung von Intelligenz viele verschiedene Meinungen und Erklärungen.

Auch bei Hunden ist es nicht so einfach zu beurteilen, wie intelligent ein Hund ist. Legen wir jetzt die kognitiven Fähigkeiten zugrunde, können wir feststellen, dass Hunde diese in ganz vielen Bereichen aufweisen können. Unter kognitiven Fähigkeiten verstehen wir solche Prozesse, die im Zusammenhang mit Wahrnehmen und Erkennen stehen. Es gibt viele Studien und Versuche, bei denen die kognitiven Fähigkeiten der Hunde wie beispielsweise Problemlöseverhalten, Ausschließen von unbekannten Dingen oder auch Kommunikation getestet werden. Hunde haben sich unserem Leben wirklich gut angepasst. Sie können unsere Blicke sehr gut beobachten und auch Gesten wahrnehmen und sind wahre Meister darin Begriffe zu erlernen. Allerdings zeigen dies manche Hunde mehr als andere Rassen. Gerade Hunde, die für eine enge Zusammenarbeit mit dem Menschen gezüchtet wurden, zeigen ein anderes Maß an Aufmerksamkeit gegenüber uns Menschen als selbstständig arbeitende Hunde. Dies hat jedoch nichts mit Klugheit bei der einen Rasse im Vergleich zur anderen Rasse zu tun.

Individuelle Auslastung
Den Hund artgerecht und seinen Fähigkeiten entsprechend auszulasten ist für ein harmonisches Miteinander sehr wichtig. Denn jedes Individuum Hund braucht eine auf ihn abgestimmte Mischung aus körperlicher Beschäftigung und kognitiver Förderung. Dabei zählen natürlich auch die Rassezugehörigkeit sowie die Vorlieben Ihres Hundes und natürlich Ihre Wünsche als Hundehalter mit dazu. Denn nur, wenn Sie und Ihr Hund auch Spaß dabei haben, werden Sie diese Beschäftigung gerne und regelmäßig ausüben.
In den Hundeschulen gibt es viele Angebote für jede Art von Mensch-Hund Team. Nehmen wir zum Beispiel die Hütehunde. Diese sind aufgeweckte und sehr lernbegierige Fellnasen. Sie wollen arbeiten und können dies mit dem Menschen auch wirklich sehr gut zusammen. Wenn wir jedoch die Ursprünge des Hüteverhaltens betrachten, müssen wir wissen, dass es dem Funktionskreis der Nahrungsbeschaffung zuzuordnen ist und sich aus Elementen des Jagdverhaltens zusammensetzt. Das bedeutet für Sie als Hundehalter, dass Hütehunde unheimlich schnell und sehr fein auf sich bewegende Reize reagieren. Betreiben wir mit ihnen jetzt also ein Spiel wie beispielsweise Ballspielen, sind sie nicht nur mit Fleiß dabei, vielmehr fördern wir auch das Hinterherjagen von sich bewegenden Objekten. Hütehunde benötigen daher eine Möglichkeit der Auslastung, die körperlich nicht nur der ursprünglichen Bewegungsfreude nachgeht. Sondern gerade für diese sehr arbeitsfreudigen Hunde eignen sich Beschäftigungsmöglichkeiten, bei denen sie sich konzentrieren und fokussieren müssen. Natürlich gehören Entspannung und Ruhe erlernen als Gegenpol genauso in das tägliche Training. Die richtige Dosis macht bekanntlich das Gift. Viele Hundeschulen bieten speziell für die Hütehunde dynamische und konzentrationsfördernde Sportarten an. Dazu zählen zum Beispiel Treibball, Agility oder auch Longieren. Diese erwähnten Möglichkeiten der Auslastung verbinden Sie mit Ihrem Hund auf eine ganz wundervolle Weise. Die Impulskontrolle Ihres Hundes wird genauso gestärkt wie die Konzentration gefördert wird. Die Kunst liegt in der Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Hund. Mittels Körpersprache und verbalen Signalen lenken und führen Sie Ihren Hund auf größere Distanz. Dies erfordert nicht nur klare und eindeutige Signale Ihrerseits, sondern auch Arbeitseinsatz und höchste Konzentration von Ihrem Hund. Dies beeinflusst auch positiv Ihre Bindung zueinander. Alternativ können Sie natürlich ebenso solche Beschäftigungen suchen, bei denen Ihr Hund seine Nase einsetzen muss. Sportarten wie Mantrailing, Fährtenarbeit oder auch das Unterscheidenlernen von diversen Gerüchen kann Ihnen beiden ebenfalls sehr viel Spaß bereiten.

Dies sind jetzt nur Beispiele für Hütehunde bzw. auch Treibhunde. Für Jagdhunde, kleinere Hunderassen wie die umgangssprachlichen Schoßhunde, Windhunde, Schlittenhunde oder auch für Hofhunde gibt es eine Vielfalt an Beschäftigungsoptionen.

Alle Hunde möchten auf ihre ganz individuelle Art beschäftigt werden. Für bestimmte Gebrauchszwecke gezüchtete Hunde benötigen Alternativen, wenn sie nicht ihre ursprünglichen Aufgaben erledigen brauchen. Schauen Sie also, was Sie und Ihr Hund ganz individuell brauchen und auch umsetzen können:

• Wurde Ihr Hund zu einem bestimmten Gebrauchszweck gezüchtet? Können Sie ihm die vorgesehenen Aufgaben geben oder Alternativen anbieten?
• Braucht er mehr körperliche Auslastung, wie beispielsweise ein Husky?
• Können Sie eine regelmäßige Auslastung zeitlich mit in Ihren Alltag integrieren?
• Ist es auch finanziell möglich die Beschäftigung in der Hundeschule regelmäßig auszuüben? Andernfalls sprechen Sie mit Ihrer Hundeschule, welche Optionen es gibt.

Aber warum ist dieses Thema der artgerechten und individuellen Auslastung so wichtig? Inwieweit beeinflusst die Auslastung das Zusammenleben mit einem Hund? Nehmen wir als Beispiel hierfür unseren ganz normalen Alltag. Damit wir Menschen keinerlei Langeweile verspüren, üben wir diverse Hobbys aus. Die einen powern sich beim Sport aus, andere wiederum lesen zur Entspannung und wieder andere kochen gerne gemeinsam. So alltäglich und normal für uns und doch so entscheidend für ein ausgeglichenes Selbst. Auch Ihr Hund möchte beschäftigt werden. Ein Hütehund arbeitet an Nutztierherden und hilft den Menschen bei der Arbeit. Ein Herdenschutzhund bewacht und schützt die Herde vor Wildtieren. Die verschiedenen Jagdhunde hatten verschiedene Aufgabenbereiche bei einer Jagd. Die Liste können wir immer weiterführen. Sie alle haben also ihre Ursprünge in meist arbeitsreichen Aufgaben. Brauchen sie diese jetzt nicht ausüben, benötigen sie entsprechende Alternativen. Werden solchen Hunden keine Alternativen geboten, können sich diese Hunde schnell unterfordert fühlen. Was jeder einzelne Hund bei Unterforderung und Langeweile an Verhaltensweisen zeigen wird, ist von der Persönlichkeit, der Rasse und auch der Situation abhängig. Manche Hunde versuchen sehr konsequent die Aufmerksamkeit des Halters einzufordern. Dies kann sich darin äußern, dass sie Spielzeug bringen, mit der Nase das Bein anstupsen, den Kopf auf das Bein legen oder auch sehr stark vokalisieren. Andere Hunde hingegen kratzen an den Möbeln oder zerbeißen Spielzeug bzw. andere kleinere Objekte. Reagiert der Hundehalter nicht, kann sich dieses ­Verhalten natürlich auch steigern. Durch eine gesunde Mischung aus kognitiver und körperlicher Beschäftigung lassen sich Unterforderung und Langeweile vermeiden. Wenn Sie unsicher sind, wie die richtige Beschäftigung für Ihren Hund und für Sie aussehen könnte, fragen Sie einen Hundetrainer um Rat. Dieser kann Sie unterstützen, die ideale Auslastung für Sie beide zu finden.

Das alltägliche Miteinander
Sie können Ihren Hund auf ganz unterschiedliche Weise beschäftigen. Das Auslasten durch diverse Sportarten in der Hundeschule oder auch im Alltag ist eine mögliche Option. Jedoch können Sie Ihren Hund auch durch viele kleine andere Ideen in seinen kognitiven Fähigkeiten auslasten und fördern, um so der Langeweile entgegen zu wirken. Dazu zählen gerade solche Aufgaben, bei denen Ihr Hund selbstständig ein Problem lösen soll. Die typischen Intelligenzspielchen, bei denen Leckerchen so versteckt sind, so dass Ihr Hund kreativ werden muss, um an das Futter zu gelangen, sind nur eine Möglichkeit. Das bekannte Hütchenspiel gehört ebenso in diese Kategorie. Dafür nehmen Sie drei Hütchen, Becher oder Ähnliches und verstecken unter einem ein Leckerchen. Verschieben Sie die Hütchen nun in eine andere Reihenfolge und lassen Ihren Hund nach dem Leckerchen suchen.

Der Faktor Hundehalter
Eine gute Mensch-Hund-Beziehung erfordert – aus Menschensicht – einiges an Arbeit. Dazu zählt eben auch, sich vor der Anschaffung eines neuen Familienmitglieds ausführlich mit der gewünschten Hunderasse auseinander zu setzen. Befassen Sie sich nämlich mit den Eigenschaften und der genetischen Veranlagung, können Sie für sich besser einordnen, ob diese Rasse auch wirklich zu Ihnen und in Ihren Alltag passt. Darunter fällt auch der persönliche Arbeitseinsatz. Arbeitsintensive Rassen möchten körperlich und kognitiv ausgelastet werden. Können Sie als Hundehalter dies zeitlich in Ihren Alltag mit einbauen? Sind Sie körperlich fit, sodass Sie auch eventuelle sportliche Aktivitäten mit Ihrem Hund ausüben können? Können Sie körpersprachlich klar und eindeutig agieren?

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist die eigene Bereitschaft dazuzulernen. Je mehr Sie über Körpersprache, Lernverhalten von Hunden und Kommunikation wissen und lernen, umso klarer sind Sie für Ihren Hund. Wie oft stellen wir als Hundetrainer fest, dass der Körper und die verbalen Signale der Hundehalter nicht übereinstimmen. Hunde können dadurch schnell in einen inneren Konflikt kommen und somit nicht das erhoffte Verhalten zeigen. Vielen Hundehaltern ist dieses Missverständnis in der Kommunikation allerdings nicht wirklich bewusst. Ein Hundetrainer kann Ihnen da helfen, mögliche Missverständnisse aufzudecken. So können Sie die Körpersprache und Kommunikation Ihres Hundes ganz anders einordnen und lernen zu erkennen, wann Ihr Hund vielleicht unterfordert oder auch überfordert ist.

Gibt es „kluge“ und „dumme“ Hunderassen?

Die kognitiven Fähigkeiten einzelner Hunderassen lassen sich nur schwerlich miteinander vergleichen. So können sich manche Hunde beispielsweise bei bestimmten Aufgaben länger damit auseinandersetzen und befassen als andere Hunde. Dies lässt jedoch nicht auf die kognitiven Fähigkeiten der einzelnen Tiere schließen. Für die einen Hunde ist die Motivation vielleicht bei der Aufgabe höher als für die desinteressierten Hunde. Das bedeutet, die Motivation und Ausdauer beim Lösen von Aufgaben kann Einfluss auf das Verhalten nehmen. Hinzu kommt die Fähigkeit Probleme selbstständig zu lösen. Hunderassen, die eng mit den Menschen zusammenarbeiten und mit ihnen kommunizieren, schenken diesen auch mehr Aufmerksamkeit. Sie reagieren gerade auf körpersprachliche Gesten deutlich schneller als selbstständig arbeitende Hunde. Für letztere lag die starke Kommunikation mit dem Menschen nicht in deren ursprünglicher Funktion. Herdenschutzhunde beispielsweise leben sonst mit der zu beschützenden Herde zusammen. Sie dienen dazu, die Nutztiere vor Wildtieren oder auch Dieben zu bewahren. Sie stehen also nicht im stetigen Miteinander mit dem Menschen. Dies ­bedeutet aber ebenso wenig, dass sie weniger intelligent sind.

Ein weiterer Gesichtspunkt bezüglich der kognitiven Fähigkeiten eines Hundes ist dessen Ausbildung und seine gemachten Erfahrungen. Wird ein Hund von Welpe an in seinen Fähigkeiten gefördert und lernt selbstständig Aufgaben zu lösen und mit dem Menschen zu kommunizieren, kann es ihm später leichter fallen zu agieren. Denn auch Lernen will erst gelernt sein. Aber dadurch ist der Welpe einer Rasse am Anfang seines Lebens auch nicht weniger klug als Welpen anderer Rassen.

Der Hundehalter selbst spielt natürlich ebenso eine gewisse Rolle und nimmt Einfluss auf die Fähigkeiten des Hundes. Besitzer von Arbeitsrassen, die selbst einen sehr hohen Anspruch an sich selbst und an ihre Hunde haben, legen vielleicht besonderen Wert auf ein sauberes Ausführen des Grundgehorsams. Hundehalter anderer Rassen haben vielleicht einen anderen Schwerpunkt bei der Erziehung des eigenen Hundes. Dies bedeutet allerdings auch nicht, dass Arbeitsrassen deswegen intelligenter sind als andere Hunde.


 

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