Der Hund als Sozialpartner des Menschen
Wie der Mensch auf den Hund kam? Diese Frage beschäftigt die Menschheit seit langer Zeit. Wie genau ist es dem Hund gelungen, zu einem so wichtigen Sozialpartner des Menschen zu werden? Und über einen so langen Zeitraum zu bleiben? Was genau macht ihn so besonders?
Die gemeinsame Geschichte von Mensch und Hund ist alt. Sehr alt sogar. Wie alt genau? Darüber herrscht noch nicht wirklich Einigkeit. Archäologische Funde datieren die Entstehung des Haushundes in einen Zeitraum von vor ca. 15.000 bis 40.000 Jahren. Damit ist der Hund das mit Abstand älteste Haustier und hat die Menschheit bereits vor dem Sesshaftwerden (ca. 10.000 v. Chr.) begleitet. Auch darüber, wo genau der Wolf zum Hund wurde, streiten sich die Forscher noch. Derzeit gibt es Hinweise auf den Ursprung des Hundes in Asien, als auch in Europa. Auch eine parallele Entstehung an mehreren Orten, gleichzeitig ist möglich. Was das betrifft, bleibt es also weiterhin spannend. Fakt ist jedoch, dass Hund und Mensch eine ganz besondere Beziehung haben. Doch wie genau ist es dem Hund gelungen, zu einem so wichtigen Sozialpartner des Menschen zu werden? Und über einen so langen Zeitraum zu bleiben? Was genau macht ihn so besonders?
Wie der Mensch auf den Hund kam …
Ist es Zufall, dass sich ausgerechnet der Wolf als erstes Tier dem Menschen anschloss? Wahrscheinlich nicht. Vielmehr begünstigten die sich ähnelnden Strukturen des Lebens von Mensch und Wolf auch ein gemeinsames Zusammenleben. Sowohl Menschen als auch Wölfe leben naturgemäß in Familienverbänden. Dieser soziale Verbund erfordert eine hohe Kommunikationsfähigkeit, sowie Regeln und Strukturen, die ein friedliches Miteinander ermöglichen. Man kann also sagen, dass das Leben in einer menschlichen Familie dem Leben in einem Wolfsrudel recht ähnlich ist und ähnliche soziale Fähigkeiten verlangt. Es gibt verschiedene Theorien, wie die ersten Annäherungen genau abliefen. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sowohl Wolf als auch Mensch in irgendeiner Form Nutzen aus dem Zusammenleben gezogen haben. Vielleicht war der Wolf zunächst nur ein Vernichter für Unrat und Abfälle, wurde dann zum Wächter, der vor Feinden warnte, oder zum Gefährten beim Aufspüren von Wild usw. …
Die Anfänge sind recht schwammig und vom gezähmten »Hauswolf« zum hochspezialisierten Rassehund war es ein langer Weg! Durch die Bevorzugung besonders nützlicher, netter und fähiger Hunde entstanden zunächst verschiedene Schläge: Hunde zum Jagen, Hunde zum Wachen, Hunde zum Schlittenziehen, aber auch Hunde, die einfach zur Gesellschaft da waren usw. Je nach Region und Bedarf entstanden also verschiedene Hundetypen, die jedoch vom äußeren Erscheinungsbild noch recht unterschiedlich aussahen. Erst später wurden Hunde bewusst verpaart und hinsichtlich ihres Aussehens vereinheitlicht: Rassen entstanden.
Wie lebt es sich mit Hund – damals und heute?
Das Leben mit Hund hat sich stark gewandelt. Obwohl die Rolle als Sozialpartner schon immer von Bedeutung war – davon zeugen die vielen alten Gesellschaftshunderassen – so lag die Gewichtung wohl lange Zeit verstärkt auf dem Gebrauchszweck eines Hundes. Er hatte also einen Job, den er regelmäßig ausübte: Hütehund, Wachhund, Zughund usw. Auch heute noch gibt es Hunde, die eine bestimmte Tätigkeit ausüben. So setzen die Polizei und der Zoll Diensthunde ein, Jäger und Förster haben Jagdhunde, Herdenschutzhunde wachen über die Schafe, Rettungshunde spüren vermisste Personen auf. Der weitaus größere Teil der heutigen Hunde hierzulande macht aber den Familienhund aus. Seine Aufgabe ist es, den Menschen ein Sozialpartner zu sein, ihm Gesellschaft zu leisten und mit ihm einen Teil des Lebens zu verbringen. Mit diesem Wandel in den Aufgaben haben sich auch die Haltungsbedingungen gewandelt. Wo es früher normal war, Hunde ganzjährig draußen auf dem Hof, im Stall oder in einem Zwinger zu halten, ist es heute üblich, dass der Hund Heim und (manchmal auch) Bett mit seinen Menschen teilt. Die Rolle des Hundes hat sich also verändert. Doch was bedeutet das für das gemeinsame Zusammenleben?
Mensch und Hund in der modernen Gesellschaft
Das Leben in unserer heutigen westlichen Gesellschaft stellt Menschen und Hunde vor zahlreiche Herausforderungen. Die wachsende Zahl der Hundehalter führt zu immer mehr Hunden auf relativ engem Raum. Damit rückt der Hund immer mehr ins Auge der Öffentlichkeit. Dies führt einerseits zu mehr Regeln (z. B. Leinenpflicht an vielen Orten, Hundeführerscheine etc.), andererseits aber auch zu neuen Möglichkeiten. So ist die Zahl der Hundetagesstätten und Hundesitter in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen, was es stark vereinfacht hat den Hund bei Abwesenheit unterzubringen. Auch andere Angebote rund um den Hund – Hundeschulen, Hundehotels, Accessoires für den Hund, Tiernahrung usw. – nehmen ständig zu. Das Haustier Hund ist also für viele ein großer Markt, der bedient werden möchte. Für andere ist er ein immer präsenter werdendes Mitglied der Gesellschaft. Die heutigen Anforderungen, die Hunde im Vergleich zu vor 100 Jahren erfüllen sollen, sind teilweise immens: der Hund soll mit zur Arbeit, ins Restaurant, zum Stadtbummel, er soll Auto und Bahn fahren, problemlos längere Zeit alleine bleiben, sich mit allen Menschen und Hunden verstehen und bei allem ganz entspannt und souverän bleiben etc. Genauso wie für uns Menschen ist der Alltag auch für unsere Hunde schneller und stressiger geworden, und nicht wenige Hunde sind mit den vielen Reizen überfordert. Daher gilt auch hier das Gleiche wie für uns Menschen: es sollten genügend Ruhephasen zur Entspannung ermöglicht werden. Doch haben nicht viele Menschen auch dafür einen Hund? Für die ausgedehnten gemeinsamen Spaziergänge in der Natur und das abendliche Kuscheln auf dem Sofa! Mit dem Sozialpartner Hund erfüllen sich viele Halter ihr Bedürfnis nach einem Stückchen mehr Natur und Natürlichkeit in unserer modernen Gesellschaft.
Warum ein Hund?
Der Großteil der Hundehalter hält sich einen Hund, weil in irgendeiner Form eine Affinität zu Hunden besteht. Dabei spielt bei fast allen Haltern der Hund als Sozialpartner eine wichtige Rolle. Sie möchten mit dem Hund Zeit verbringen, Spaß haben, gemeinsame Aktivitäten und auch Ruhephasen gestalten – kurz, das Leben teilen. Sie wissen um die bereichernde Beziehung zu einem Hund, der für sie jemand ist: ein Ansprechpartner, Seelentröster, Sportpartner und noch vieles mehr. Die positiven Effekte der Hundehaltung bzw. des Kontaktes zu Hunden wurden inzwischen in vielen Studien nachgewiesen: Hunde wirken beruhigend, senken den Blutdruck, animieren zur Bewegung, reduzieren Stress und vieles mehr, immer vorausgesetzt natürlich, dass man den Hund mag! Auch für den Hund ist der Mensch ein wichtiger Sozialpartner – sogar der wichtigste! Tatsächlich sind Hunde so sehr an das Leben mit dem Menschen angepasst, dass sie diesen ihren Artgenossen vorziehen. Welche Gewichtung der Hund als Sozialpartner für den Menschen innehat, kann jedoch sehr weit auseinanderfächern. Es lohnt sich, einen genaueren Blick darauf zu werfen.
Zusammenleben – Viele Konzepte
So unterschiedlich Menschen und Hunde sind, so verschieden sind auch die Modelle, wie diese beiden zusammenleben. Für die meisten Hundehalter gehört der Hund wie selbstverständlich dazu. Er wird umsorgt, gepflegt und erzogen. Er darf häufig mit in den Urlaub und ist ein geschätztes Familienmitglied, Freund und Kumpel. Der Hund ist ein geliebter Sozialpartner, der großen Anteil am eigenen Wohlbefinden hat und der selbst wohl gehütet wird. Oft wird auch die Hundeschule regelmäßig besucht, damit der Hund gut gefördert und ausgelastet ist – es soll ihm doch gut gehen! Gemeinsame Ausflüge werden genossen und der Kontakt zu Gleichgesinnten gesucht. Dennoch dreht sich in der Regel nicht das gesamte Leben nur um den Hund. Er bleibt auch mal alleine zu Hause, wenn der Rest der Familie unterwegs ist und menschliche Sozialkontakte pflegt. Der Hund spielt also eine große Rolle im Leben der Menschen, ist aber nicht der Nabel der Welt.
Für einige Menschen ist der Hund jedoch noch mehr. Er dient als sozialer Katalysator, über welchen leichter Kontakt zu anderen Menschen hergestellt werden kann. Dabei kann er gleichzeitig als Gesprächsanlass, als auch als Gesprächsthema nützlich sein. Denn mal ehrlich: Wer redet nicht gerne über seinen Hund?! So kann ein Hund besonders für sozial isoliertere Menschen einer der wichtigsten Sozialpartner sein. Er bietet soziale Unterstützung, wo Menschen eventuell fehlen oder versagt haben.
Er kann auch ein teilweiser Ersatz für Partner, Kinder oder Freunde sein. Achtung: Hier schrillen bei Ihnen vielleicht die Alarmglocken. Aber: Solange der Mensch sich bewusst darüber ist, dass sein Hund ein Hund ist und bleibt, mit hundlichen Bedürfnissen, Fähigkeiten und auch Einschränkungen, kann das tatsächlich sehr unproblematisch sein – solange weder Mensch noch Hund unter dieser Rollenverteilung leiden, d. h. der Hund weiterhin als Hund wahrgenommen und seinen Bedürfnissen entsprechend gehalten wird. Problematisch wird es dann, wenn der Hund durch den Menschen derart vermenschlicht wird, dass er in eine Rolle gepresst wird, die er nicht erfüllen kann und die ihm schadet! Ebenso fatal kann es sein, wenn der Mensch alle seine sozialen Bedürfnisse auf seinen Hund projiziert. Es ist nie gut alles auf eine Karte zu setzen. Denn sehr wahrscheinlich wird der Hund vor dem Menschen gehen. Dieser Verlust wiegt Untersuchungen zufolge genauso schwer wie der Verlust eines geliebten Menschen. Um dies zu verwinden und nicht komplett in ein Loch zu fallen, ist wiederum soziale Unterstützung nötig.
Ich und Du, Du und ich – Wer sind wir füreinander?
Wahrscheinlich ist auch Ihr Hund ein wichtiger Sozialpartner für Sie. Aber haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, wer genau Ihr Hund für Sie ist? Sicher haben Sie ein bestimmtes Gefühl, wenn Sie an Ihren Hund denken. Und es gibt wahrscheinlich Charakterzüge, die Sie ganz entzückend finden, und andere, die das ein oder andere Mal an Ihren Nerven kratzen. Aber haben Sie schon einmal versucht, Ihren Hund mit zwei Worten treffsicher zu beschreiben? Im Hundetraining wird diese Aufgabe oft Haltern gestellt, um ein wenig mehr Klarheit in die Rollenverteilung und das Verhältnis zueinander zu bringen. Aber unabhängig davon macht es auch einfach Spaß. Versuchen Sie doch einmal Ihrem Hund einen Namen zu geben. Wählen Sie dazu ein Adjektiv, das beschreibt, wie Ihr Hund ist, z. B. süß, flink, frech, schlau usw. Als Zweites verwenden Sie ein Substantiv, das aussagt, was Ihr Hund ist, z. B. eine Prinzessin, ein Schlitzohr, ein Charmeur, ein Mäuschen usw. Na, wer ist Ihr Hund? Eine kleine Prinzessin oder eher ein schlauer Rabauke? Oft gibt dieses Spiel ein wenig Aufschluss darüber, ob das, wie wir unseren Hund sehen, mit dem zusammenpasst, was wir von ihm erwarten. Als Beispiel: hundertprozentigen Kadavergehorsam von einer frechen Prinzessin zu erwarten passt nicht wirklich. Noch spannender wird es, wenn Sie einmal überlegen, wer Sie für Ihren Hund sind. Welchen Namen würde er Ihnen wohl geben, wenn er könnte? Sind Sie aus Sicht Ihres Hundes ein zuverlässiger Dosenöffner, ein großer Beschützer oder der tollste Freund …? Viel Spaß beim Ausprobieren!
Stammvater des Hundes?
Übrigens war unser heutiges selbstverständliches Wissen, dass der Wolf der Urahne des Hundes ist, lange Zeit gar nicht so selbstverständlich. Auch der Goldschakal und der Kojote standen zur Diskussion, ebenso wie ein eigenständiger Urhund, aus dem sich dann die unterschiedlichsten Hunde entwickelt haben sollen. Erst die Möglichkeit der DNA-Analyse brachte schlussendlich Gewissheit und deklarierte den Wolf als alleinigen Stammvater des Hundes.
Sozialpartner Hund
Die vielen positiven Effekte von Hunden werden seit einiger Zeit auch bewusst genutzt. So gibt es Besuchshundprogramme für Senioren, Kindergärten und Wohnheime für Menschen mit Beeinträchtigungen. Auch Therapeuten nutzen Hunde, um den Kontakt und die Kommunikation mit ihren Klienten zu begünstigen. Wussten Sie, dass ein Mensch mit einem Hund an der Seite vertrauenswürdiger erscheint? Auch der Schulhund ist im Kommen und sorgt in der Klasse für eine ruhigere Grundstimmung, animiert zu Interaktionen und Kommunikation und fördert das Sozialverhalten.
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