Hundliche Gefühle: – Freude, Spaß und Humor bei Hunden?

Von Karin Joachim MA

Jeder Hundehalter ist sich sicher: der so eifrig mit der Rute wedelnde Hund freut sich, wenn ­Frauchen oder Herrchen nach Hause kommt. Oder wenn er seinen Hundekumpel trifft, mit dem er schon so ­manches Laufspiel gespielt und so manches Abenteuer erlebt hat. Können unsere Hunde aber auch albern und zu Blödsinn aufgelegt sein oder haben sie sogar so etwas wie Humor? Bevor wir uns auf die Spur dieser besonderen Gefühle machen, schauen wir erst einmal nach, was die Wissenschaft zu ­Gefühlen bei Tieren generell sagt.

Bereits 1872 veröffentlichte der britische Naturforscher Charles Darwin „The expression of the emotions in man and animals“ („Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren“). Er sah Parallelen im Ausdrucksverhalten bei Mensch und Tier und war der Überzeugung, dass Emotionen grundsätzlich nicht nur dem Menschen eigen sind, vielmehr Bestandteil seines biologischen Erbes seien. Doch lange Zeit blieb Darwin mit dieser Ansicht alleine. Erst heute billigen (die meisten) Forscher Tieren, vor allem Säugetieren, Emotionen zu.

Belegbar ist, dass viele Tiere – nicht nur Säugetiere – die sogenannten Basisemotionen besitzen wie beispielsweise Angst, Furcht und Freude. Bei komplizierteren Gefühlen wie Eifersucht, Neid, Schuldgefühl oder Stolz, den sog. sekundären Emotionen, weiß man das nicht so genau. Viele dieser Gefühle werden z.T. noch heute als genuin menschlich angesehen. In der Tat ist es nicht leicht zu klären, welche Gefühle Tiere empfinden. Besonders bei jenen, die uns sehr nahe stehen, wie unseren Hundefreunden, besteht durchaus die Gefahr, ihnen in bestimmten Situationen Empfindungen anzudichten, sie zu vermensch­lichen oder Verhaltensäußerungen zu missinterpretieren.

Warum gibt es diese Schwierigkeiten? Gefühle werden subjektiv empfunden und unsere Hunde können uns eben nicht verbal mitteilen, wie es ihnen in diesem oder jenem Moment gerade geht. So müssen wir uns anders behelfen, den tierischen Gefühlen auf den Grund zu gehen: Neben der Verhaltensbeobachtung sind verschiedene körperliche Parameter wie z.B. Blutdruckänderungen oder die An- oder Abwesenheit bestimmter Hormone sowie bild­gebende Verfahren, die die Hirnaktivitäten sichtbar machen, Hinweisgeber. Und da gibt es einige Parallelen zu uns Menschen.

Moderne Emotionsforschung
Besonders die evolutionäre Emotions­forschung argumentiert, dass die menschlichen Gefühle nicht plötzlich vom Himmel gefallen sind. Emotionen unterliegen demnach genauso der Evolution wie Verhaltensweisen. Alle Säugetiere, also auch wir Menschen, besitzen ein ganz ähnlich aufgebautes Gehirn und Nervensystem. Man spricht von anatomischer und funktioneller Homologie. Eine zentrale Schaltstelle im Gehirn liegt im Temporallappen des Großhirns und nennt sich Amygdala (dt. Mandelkern). Sie ist Teil des Limbischen Systems. Hier werden Situationen emotional bewertet, externe Reize verarbeitet sowie vegetative Reaktionen eingeleitet. Die Amygdala hat besonders Einfluss auf die Entstehung von Angst und Aggression. Sie ist auch an dem Erlernen der Verknüpfung von Reiz und Reaktion, wie bei der Konditionierung, beteiligt. Emotionen werden dann bewusst wahrgenommen, wenn bestimme Strukturen im Gehirn, z.B. die Großhirnrinde, mitwirken.

Emotionen entstehen als Reaktion auf äußere Reize und sind auch zur Kommunikation geeignet. Das Verhalten, die Körpersprache, Lautäußerungen können ausdrücken, was gleich passieren könnte: Beim Hund signalisiert beispielsweise ein zwischen den Beinen eingeklemmter Schwanz: Ich bin unsicher bzw. ängstlich und ziehe mich jetzt erst mal zurück. Auch das Gegenüber versteht das. Emotionen sind also biologisch durchaus sinnvoll, garantieren dem Individuum den adäquaten Umgang mit der Umwelt. Bereits gemachte Erfahrungen können mit einbezogen werden. Das heißt, dass Emotionen veränderbar sind, sich also durchaus auch abschwächen oder steigern können. Sie haben einen deutlichen Handlungsbezug und fungieren als Frühwarnsysteme. Und sie sind im sozialen Miteinander äußerst wichtig.

Freude, Spaß und mehr?
Während wir uns über negative Gefühle und Verhaltensauffälligkeiten unserer Hunde reichlich Gedanken machen, haben wir die guten ­Gefühle gar nicht so sehr auf dem Schirm: Dabei sind sie es, die uns das Leben lebenswert machen. Ja, wenn man etwas mit Freude tut, dann gelingt es meist leichter. Arbeiten, bei denen wir Freude empfinden, gehen uns gleich viel besser von der Hand. Wie ist das bei unseren Hunden? Dass sie sich in bestimmten Situationen wie verrückt freuen, das ist klar. Aber haben Sie einmal darüber nachgedacht, dass sie viel schneller lernen, wenn sie Spaß beim Ausführen von Aufgaben haben? Das gute Gefühl, das sie in jenem Moment haben, ist nämlich ein wirksamer Handlungsverstärker. Denn wenn wir etwas erleben, das uns Freude bereitet, dann wollen wir doch dieses Gefühl auch immer wieder erleben. Warum sollte das bei unseren Hunden anders sein?

Vor einigen Jahren fand der Forscher Michael Mendl heraus, dass es optimistische und pessimistische Hunde gibt. Mit Trennungssituationen kamen jene Vierbeiner besser zurecht, die auch sonst eher positiver gestimmt waren. Sie waren sicher, dass ihre Bezugsperson zurückkehren ­würde. So sind gute Gefühle eine Art Kitt, der die Mitglieder einer ­Gruppe zusammen­schweißt. Gemeinsam erlebter Spaß und geteilte Freude lassen Lebewesen enger zusammenrücken. Man weiß, dass man sich aufeinander verlassen kann.

Können Hunde lachen?
Lachen tut gut, Lachen heilt, es lindert Schmerzen und kann das Immun­system stärken, es befreit. So ist es bei uns Menschen. Nach einem richtigen Lachanfall geht es uns extrem gut. Das liegt an körpereigenen Botenstoffen, die dabei ausgeschüttet werden. Menschenkinder beginnen ab ca. 4 Monaten zu lachen, nicht selten, wenn sie von ihren Eltern gekitzelt werden. Die Nervenbahnen für das Lachen sind in einer sehr alten Gehirnregion angelegt, daher könnten diese auch Tiere besitzen. Und in der Tat: Ratten sind kitzelig und stoßen dabei zirpende Laute aus. Wissenschaftler vermuten, dass diese Laute mit unserem Lachen vergleichbar sind. Ratten, die viel lachten, waren sogar mutiger und liebten ­Überraschungsmomente. Kennen Sie nicht auch bestimmte ­Laute, die Ihr Hund von sich gibt, während er mit Ihnen auf dem Rasen herumtollt? Könnte das Lachen sein? Diese Laute spiegeln mit Sicherheit Freude wider und sie wirken auch als Signal an die Mitspieler: Hier wird gespielt und alles ist entspannt.

Haben Hunde Humor?
Charles Darwin gestand dem in Erwartung des geworfenen Stöckchens voranlaufenden Hund Humor zu. Ob Tiere wirklich Humor haben, ist nicht leicht zu ergründen. Sprachwitz kann man von ihnen jedenfalls nicht erwarten. Manches aber spricht zumindest für eine „komische Ader“: Bei Primaten kann man Foppen, Täuschen und Sichlustigmachen über andere beobachten. Selbst Rabenvögel treiben Schabernack, sogar mit anderen Tierarten oder dem Menschen. Und unsere Hunde? Tun sie nicht manchmal auch etwas, was wir so gar nicht von ihnen erwarten? Überraschen sie uns nicht auch des Öfteren mit komischen Einfällen? Tun sie das dann bewusst oder nur, weil es ihnen in der Vergangenheit unsere Aufmerksamkeit gebracht hat, sie also gelernt haben, wie sie uns aus der Reserve locken können? Die Überraschung ist zumindest ein Element der Komik. Belassen wir es vorerst dabei. Zu bedenken gilt aber etwas anderes: Wann können sich unsere Hunde heute überhaupt noch so frei bewegen und ihre Freude wirklich ausdrücken?

Hundefreude im Alltag
Seien wir einmal ehrlich: viele Gelegenheiten, ihre Lebenslust zu zeigen oder ihrer Freude Ausdruck zu verleihen, haben unsere Hunde heute meist nicht mehr: Das alberne Anspringen während eines ausgelassenen Spiels mit uns unterbinden wir nicht ­selten, Spielknurren erachten wir als gefährlich und freundliches Anstupsen unserer Hand während eines Spaziergangs empfinden wir als lästig. Dabei gehören diese Verhaltensweisen zum hundlichen Verhaltensrepertoire einfach dazu. Leider sind wir besonders durch gesellschaftliche Zwänge, die in bestimmten Situationen und im Hinblick auf gegenseitige Rücksichtnahme ja durchaus sinnvoll sind, veranlasst, unsere Hunde in ein Korsett zu zwängen. Bestimmte Verhaltensweisen sind unerwünscht. Hunde müssen „funktionieren“ und jederzeit eine gute Figur machen. Angesichts dessen sollten wir unbedingt gewisse Freiräume für sie schaffen, innerhalb derer sie ganz Hund sein dürfen, zum Beispiel während eines gemeinsamen Spiels (s. hierzu auch WUFF 3/2013). Freude macht schließlich gute Gefühle.

Wer immer wieder Gelegenheit hat, sich zu freuen, kommt mit Stress ­besser zurecht und ist nicht so an­fällig für Krankheiten. Hund-Mensch-Teams, die gemeinsam Spaß haben, erleben eine viel innigere Beziehung, weil sie miteinander harmonieren, und haben es auch oft im Alltag leichter. Außerdem: Vielleicht finden wir im freudigen Miteinander mit unserem Vierbeiner auch ein Stück unserer kindlichen Urfreude wieder?

LITERATUR

■  Jonathan Balcombe, Tierisch vergnügt. Ein Verhaltensforscher entdeckt den Spaß im Tierreich. Kosmos Verlag 2007.

■  Marc Bekoff, Das Gefühlsleben der Tiere, animal learn Verlag, Bernau 2008.

■  Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen, Ausdrucksverhalten beim Hund. Franck-Kosmos Verlag, Stuttgart, 2008.

■  Michael Mendl, et al. „Dogs ­showing separation-related behaviour exhibit a ‘pessimistic’cognitive bias.“ Current Biology 20.19 (2010): R839-R840.

■  Jaak Panksepp, Jeff ­Burgdorf: „‘Laughing‘ rats and the ­evolutionary antecedents of human joy?“, Physiology & ­Behavior, Vol. 79, issue 3, August 2003, pages 533-547.

■  Jaak Panksepp, „Beyond a Joke: From Animal Laughter to Human Joy?“, Science 1 April 2005, Vol. 308 no. 5718 pp. 62-63.

HUNDEFREUDE

Ein Erfahrungsbericht
Mein Airedale-Mädchen hat Spaß am Leben. Wenn wir ausgelassen spielen, knurr-brummelt sie vor sich hin. Für mich ist das wie Kinder­lachen. Auch freudige Erwartung und ­Enttäuschung kann ich an ihr ablesen: Mehrmals in der Woche spazieren wir zu einem Hundekumpel, der meistens in seinem Garten ­anzutreffen ist. Kommen wir um die Ecke, so hebt sich die Rute ­meines Hunde-Mädchens, ihre Schritte werden schneller und dann steht sie da am Zaun, aber weit und breit ist kein Hundefreund zu sehen. Ihre Rute senkt sich, ja, manchmal schaut sie mich sogar fragend an. Sie ist enttäuscht, da bin ich mir sicher. Und dann: ein Rascheln unter den ­Bäumen: Er ist doch da! Gleich hebt sich ihre Rute wieder, sie beginnt leise zu ­quieken, während ihr Kumpel vor Freude am ganzen Körper wackelt und aufgeregt quietscht.

Das könnte Sie auch interessieren: