Hundetrainerin im Rollstuhl: Nicht auf die Beine, sondern auf den Verstand kommt es an – Auf den Hund gekommen …

Von Mag. Sabintheres Grabner

Die Geschichte einer beeindruckenden Frau, die von Geburt an durch eine Fehlbildung der Gelenke auf den Rollstuhl ­angewiesen ist. Aleksandra Markovic fühlt sich immer schon zu Hunden ­hingezogen, doch ihr Traum erfüllt sich erst mit 27 Jahren. Nach zwei Hunden aus dem Tierheim zieht dann ein Behinderten­begleithund bei ihr ein. Doch mit Gianna kommt sie an ihre Grenzen und entdeckt eine neue Berufung. Plötzlich tauscht sie den Schreibtisch gegen den Hundeplatz ein. Seit sieben Jahren betreibt sie eine Hundeschule und kann sich kein anderes Leben mehr vorstellen.

Die aus Serbien stammende und in Deutschland lebende Aleksandra Markovic ist durch eine Fehlbildung der Gelenke vom Bauch abwärts gelähmt und an den elektrischen Rollstuhl gefesselt. Schon früh spürt sie den Wunsch nach einem Tier: Pferde und Hunde haben es ihr immer schon angetan. Doch die Eltern bleiben streng und erlauben kein eigenes Haustier. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch, und so besucht die damals 9-jährige Aleksandra ein ­Tierheim und freundet sich dort mit einem Hund namens Vuk an. Das ­Tierheimpersonal ist dem jungen Mädchen mit Rollstuhl skeptisch gegenüber, aber der Hund selbst macht keine Unterschiede und fühlt sich sofort magisch von dem Mädchen ange­zogen. Sieben Jahre lang kommt ­Aleksandra fast täglich, um Vuk Gesellschaft zu leisten. Der Hund wird öfter vermittelt, leidet aber so unter der fehlenden Aleksandra, dass er schlussendlich im Tierheim als „Bürohund" bleiben darf. Nur, um das ­Mädchen weiterhin sehen zu können.

In Serbien, dem Land, aus dem die junge Frau ursprünglich kommt, gibt es viele Streunerhunde, die als gefährlich angesehen werden. Als ­Aleksandra dort ihre Verwandten besucht, machen sie einen Ausflug, als ihnen plötzlich mehrere Hunde entgegenkommen. Vor lauter Schreck laufen die Kinder weg und lassen Aleksandra im Rollstuhl zurück. Die Hunde kommen neugierig auf sie zu und beschnuppern sie. Das war ein Schlüsselerlebnis, das ihr aufzeigte, dass ihr Platz wohl bei Hunden sein muss.

Die Zeit ist reif – der erste eigene Hund
Nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau mit 27 Jahren beschließt Aleksandra, sich endlich einen Hund zu nehmen. Doch sie trifft auf eine falsche Organisation, die Behinderten-Begleithunde vermittelt und die damals nur an Geld interessiert war, aber keinen Hund in Ausbildung ­hatte. Aleksandra will nicht mehr länger warten und nimmt sich einen 10 ­Jahre alten Deutschen Schäferhund aus dem Tierheim. Bald darauf kommt die dreijährige Quitta dazu. Wieder ein Schäferhund, der ihr bei einem Überfall von rechtsradikalen Jugendlichen sogar das Leben rettet.

Nach langem Suchen zieht dann im Jahr 2003 ein Behindertenbegleithund bei ihr ein. Gianna, eine 14 Monate alte quirlige, zierliche Labradorhündin. Ursprünglich als Blindenführhund ausgebildet, neigt sie dazu, an der Leine ordentlich zu ziehen, was für Aleksandra im Rollstuhl leider sehr hinderlich wird. Doch zurückgeben will sie diesen Herzenshund nicht mehr, und so beginnt sie sich in die Fachliteratur einzulesen und mit dem Clicker zu trainieren. Die ersten Erfolge treten ein und das Hundetraining macht Aleksandra immer mehr Spaß. Als Betroffene wird ihr natürlich schnell klar, was wirklich von einem Servicehund gebraucht wird. Vom Socken-anziehen bis Schlüssel-aufheben, Jacke-ausziehen, Tür-öffnen: alles ist mit liebevoller Erziehung möglich. Sie selbst hält nichts davon, Partnerhunde als reine vierbeinige Sklaven zu sehen und lehnt diese Einstellung bei anderen Menschen mit Handicap strikt ab. Ihre Devise lautet: „Nur zusammen sind wir stark und es braucht jeder seinen Freiraum."

Lust auf mehr!
Vom Ehrgeiz gepackt fängt ­Aleksandra ein Fernstudium als Hundetrainerin an und bildet sich jedes Jahr mit vielen Seminaren und Workshops weiter. 2006 gründet sie die Hunde­schule mit Herz und Verstand „PFOTE & HAND". 98 Prozent ihrer Kunden sind Nichtbehinderte und haben kein Problem damit, dass Aleksandra im Rollstuhl sitzt. Sie selbst findet auch, dass viel mit Stimme und wenig mit Bewegung erreicht werden kann. Die meisten Hunde sind ihr gegenüber neugierig und vergessen bald, dass die Trainerin nicht auf ihren Beinen steht. Als Hundetrainerin beobachtet sie viel und bemerkt, dass sich die Menschen mit ihrem Körper auch manchmal im Weg stehen. Natürlich gibt es auch Skeptiker, die dann beim Erstgespräch fragen: „Was machen Sie, wenn der Hund Ihnen wegläuft?" Da kontert die taffe Aleksandra: „Ja, und was machen Sie?" Auch mit Beinen kann man einen weglaufenden Hund nicht so leicht einfangen.

Als die deutsche Schäferhündin mit 13 Jahren stirbt, nimmt Aleksandra zu Gianna noch einen zweiten Hund dazu: „Socke", ein Collie - Gos d’ Atura Mix aus dem Tierheim. Jetzt fühlt sie sich so weit und übernimmt die gesamte Ausbildung von Socke zum Behinderten-Begleithund. Der Hund lernt 40 Signale. Angefangen von Waschmaschine-ausräumen, Münze-aufheben bis hin zu Wurst-von-der-Supermarkttheke-nehmen. In Deutschland dürfen nur Blindenführhunde in Kaufhäuser, dabei wäre diese Legalisierung für alle Behinderten eine große Errungenschaft. Doch auch dafür kämpft die 42-Jährige unermüdlich und fragt in ihren Läden persönlich nach, ob Socke als Begleitung mitgehen darf. Der folgende Satz eines Geschäftsführers bleibt Aleksandra ewig in Erinnerung: „Mancher Mensch, der hier reinkommt, ist dreckiger als Ihr Hund. Also keine Frage, Ihr Hund darf mit." Nun ist das Einkaufen auch eine große Erleichterung, wenn Socke die Ware aus den Regalen holen kann. Natürlich können Hunde nicht alles übernehmen und die Frau braucht auch noch zusätzliche Pflege für die tägliche Hygiene, aber das Leben hat sich mit den Servicehunden um 180 Grad gedreht. Wenn Aleksandra unterwegs ist, geben ihr Socke und Gianna mehr Freiheit als sie je zuvor hatte. Nun hilft sie anderen Behinderten, ihre Hunde besser auszubilden, und das mit Spaß und Motivation.

Großer Wunsch: ein Bus für mehr Mobilität
Doch eine kleine dunkle Wolke schwebt über Aleksandras so sonnigem Gemüt. Sie möchte mobiler sein als sie es ist und ihre Hundekunden vor Ort betreuen. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind leider nicht sehr barrierefrei. Ihr Wunsch ist daher ein kleiner Bus mit Rampe und Schiene, in den sie leicht mit dem Rollstuhl reinfahren kann mit Rückhaltesystem für den Rollstuhl. Dadurch könnte sie überall hinfahren und noch mehr Freiheit erlangen. Diese Anschaffung übersteigt allerdings weit ihr Budget.

Ihr großes Ziel ist es weiterhin, ­vielen Menschen mit Hunden helfen zu können und auch die Vorträge in Schulen für behinderte Kinder weiter auszubauen. Kinder müssen lernen, was Hunde für ein Geschenk sind. Wie wichtig es ist, die Hunde mit all ihren Eigenschaften zu respektieren. Aleksandra hat noch viel vor und ist noch lange nicht müde. Im Moment bastelt sie an einer Hotline, um akute Beratung auch am Telefon anzubieten. Socke und Gianna sind ihre ständigen Begleiter. Ohne Hund geht nichts, so die Devise der bemerkenswerten Kämpferin!


WUFF-INFORMATION


Kontakt Aleksandra Markovic

Wer Aleksandra als Spender oder Sponsor kontaktieren möchte, um ihr den Traum eines Handicap-tauglichen Fahrzeuges zu ermöglichen, kann sie hier kontaktieren:

PFOTE & HAND – Hundeschule mit Herz und Verstand

Aleksandra Markovic
Schwimmbadstraße 2
D-69151 Neckargemünd-Kl.gmd.

Tel.: +49 6223 9255717
Mobil: +49 162 7227814

E-Mail: pfote-und-hand@gmx.de

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