Hundekrallen und ihre Pflege

Von Anna Hitz

Sporthunde- und Polizeihundeführer wissen es schon längst, wer gut zu Fuß sein möchte, muss sich um die Pflege der ­Krallen kümmern. Denn es gehört in die Schublade der Mythen, dass sich die Hundekrallen von selbst ­ablaufen. Ausnahmen kommen bei Stadthunden vor und ­Hunden, die täglich mehrere Stunden ­unterwegs sind.

Anatomisch betrachtet gleicht die Hundepfote der menschlichen Hand. Sie kann zum Halten von Objekten eingesetzt werden, doch ist eine ihrer Hauptaufgaben die Vorwärtsbewegung. Die Pfoten nehmen die Beschleunigung auf und sind die „Bremsklötze“, wobei der Hund, im ­Gegensatz zum Menschen, nur mit seinen Zehen Bodenberührung hat. Das macht ihn zum typischen Zehengänger.

Die vier Hauptzehen sind durch Hautlappen miteinander verbunden. Der fünfte Zeh sitzt erhöht am Vorderlauf, bei wenigen Hunderassen zusätzlich am Hinterlauf. Die Fußballen selbst sind bedeckt mit einer Haut, die etwa 1.8 Millimeter dick ist, was sie 50-mal dicker macht als die restliche Hundehaut. Trotzdem reagiert sie sehr sensibel auf Temperaturen und verschiedene Oberflächen. Gleichzeitig ist sie bei jeder Geschwindigkeit ein ausgezeichneter Stoßdämpfer, wobei die Vorderpfoten im Durchschnitt sechzig Prozent des Körper­gewichts auf sich nehmen. Deshalb fallen sie auch etwas größer aus als die Pfoten der Hinterbeine.

Aus den Zehen selbst wachsen die ­Krallen. Die Krallen bestehen aus Horn, genaugenommen aus dem Struktur­protein Keratin. Die knöcherne Grund­lage der Kralle ist das distale Zehenglied, wobei die Kralle zu den Hautanhangsgebilden gehört. Sie liegt an der Grenze zur normalen Haut am Krallenrücken im Nagelfalz. In dieser Vertiefung besitzt die Lederhaut feine Zotten, deren Epidermisüberzug den Hauptteil der Hornwand bildet. Im Wandbereich der Lederhaut sind feine Blättchen zu finden, die für die ­Verankerung des Krallenschuhs sorgen und weiches Horn bilden. In der Kralle selbst befindet sich eine gut durch­blutete Nervenbahn. Sie ernährt die Kralle und baut sie laufend auf. Das ist nötig, da die Kralle ein Verschleißteil ist.

Zu lang bringt alles durcheinander
Wenn nun die Krallen sich nicht selbst abnutzen oder künstlich gekürzt ­werden, werden sie immer länger. ­Abgesehen davon, dass zu lange Hunde­krallen ästhetisch nicht ansprechend sind, haben sie für den Hund Risiken und Nebenwirkungen. Denn zu lange Krallen verursachen ein ­unangenehmes Gefühl oder sogar Schmerzen. Das kommt dadurch, dass sich der Winkel der einzelnen Ballen zum Boden durch die langen Krallen verändert. Der Hund verlagert sein Gewicht nach hinten, ­wodurch die Ballen nicht mehr gleichmäßig belastet werden. Das bedeutet: Veränderung der Stellung der Knochen, Sehnen und Muskeln in den Pfoten. Das wiederum hat einen direkten Einfluss auf das Stand- und Bewegungsbild. Der Hund ist nicht mehr in der Lage, gerade auf seinen Beinen zu stehen. Diese ­permanente Kompensations­haltung führt erst zu muskulären Verspannungen und kann schließlich zu Fehl­stellungen oder Arthrose im Alter führen. Neben diesen schleichenden Gefahren reißen zu lange Krallen eher ein, brechen ab oder können hängen bleiben und so ausgerissen werden.

Was ist zu lang?
Grundsätzlich gibt es eine sehr ein­fache Regel. Wenn der Hund auf geraden Beinen vor einem steht, darf keine der Krallen den Boden berühren. Weiter sollte man darauf achten, dass die Kralle nicht länger ist als der dazugehörige Zeh. Die After- oder Wolfskralle ist ein besonderer Fall und muss regelmäßig gekürzt werden, da sie sich nicht abnutzt und der Hund leicht mit ihr hängen bleibt oder sie einwachsen kann.

Wie oft schneiden?
Keine Hundepfote ist gleich. Sie ­unterscheiden sich stark in der Form. Windhunde haben langgezogene Hasenpfoten, während Hunde aus kalten Klimazonen breitere Rund­pfoten haben. Es gibt aktivere Hunde und zudem bewegen sich die Vierbeiner auf unterschiedlichen Untergründen. Die Bewegungsmuster sind bei jedem Hund einzigartig, also auch, wie er mit der Pfote auftritt. Hinzu kommt, dass jeder Hundekörper eine eigene Vor­stellung davon hat, wie schnell eine Kralle nachwächst.

Grundsätzlich sollte man zu Beginn der Krallenpflege einmal in der Woche die Krallen in die Zange nehmen. So wird man bald merken, ob der eigene Hund wöchentlich oder monatlich geschnitten werden muss. Häufig sind Windhunde aus dem Tierschutz „Krallennotfälle“, hier darf die Krallenpflege zu Beginn auch alle paar Tage eingeplant werden. Es empfiehlt sich, lieber öfter, dafür weniger von der Kralle zu entfernen. So kann sich der Nerv in der Kralle langsam zurückbilden. Mit etwas Geduld können so auch annähernde Plattfüße, wie auch schlechte Standmuster, verbessert oder sogar korrigiert werden.

Wie viel ist zu viel?
Die größte Gefahr beim Krallen­schneiden besteht darin, die empfind­liche Nervenbahn zu treffen. Um dieses Szenario zu vermeiden, sollte man bei gutem Licht arbeiten. Bei hellen Krallen sieht man die durchschimmernde Nervenbahn so besonders gut und kann direkt an diese heran schneiden. Bei dunklen Krallen gibt es einen Trick. Immer in millimeterdünnen Scheibchen vorwärts arbeiten, bis man einen kleinen grauen, weißen oder rosa Punkt sieht. An diesem Punkt beginnt die Nervenbahn, und da endet Ihre Arbeit. Sollten Sie doch einmal zu weit schneiden, bewahren Sie Ruhe. Der Hund mag es zwar schrecklich finden, aber der Schmerz ist schnell vorbei, bluten kann es noch etwas länger, und Ihr Hund wird Ihnen schnell verzeihen.

Für das Krallenschneiden selbst braucht man eine scharfe Krallenzange oder Krallenguillotine. Man kann auch zusätzlich mit einem Krallenschleifer arbeiten. Welches die optimale Haltung von Hund und Besitzer ist, findet man am besten selbst heraus. Eine ­bewährte Position (bei Hunden, die es erlauben) ist das Sich-über-den-Hunderücken-stellen, und zwar mit dem eigenen Rücken Richtung Hundekopf. In dieser Position kann man den Hund mit den Beinen seitlich ­stabilisieren und die Pfote so halten, dass man die Krallen gut sieht. Bei kleinen Hunden oder Welpen empfiehlt es sich, diese auf einen Tisch zu stellen oder im Schoß zu halten. Auch sollte man bei den ersten Malen viel in Lob und Belohnungen investieren, um dem Hund trotz einer eher unangenehmen Situation ein ­richtig tolles Gefühl zu vermitteln.

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