Kaum ein Thema beschäftigt uns Hundehalter so wie das der richtigen Ernährung unserer Vierbeiner.
Was bekamen eigentlich die Hunde in früheren Zeiten zu fressen? Ein aufschlussreicher Blick in die Geschichte.
Herauszufinden wie aus dem Canis lupus der Canis lupus f. familiaris wurde, steht gerade wieder ganz oben auf der Agenda zahlreicher Forschungsprojekte. Es gibt dazu verschiedene Theorien. Hat der Wolf sich von sich aus den Menschen der Vorzeit angenähert, weil er in deren Nähe Fressbares vorfand? Oder wurden Wolfswelpen von Menschenhand aufgezogen und so bewusst in die menschliche Gemeinschaft integriert? Wurden Hunde dann auf die Jagd mitgenommen, hatten sie Schutzfunktion oder waren sie Spielgefährten der Kinder? Vieles ist noch Spekulation.
Was fraßen diese frühen Hunde? Ernährten sie sich von Abfällen und Exkrementen wie heute noch sogenannte Paria-Hunde oder wurden sie bereits liebevoll versorgt? Hochaktuelle Forschungsergebnisse können Licht ins Dunkel der Geschichte bringen: Erik Axelsson von der schwedischen Universität Uppsala untersuchte erst kürzlich die Gene von 12 Wölfen und 60 Hunden. Dabei fand er 36 Genregionen, die sich vermutlich im Laufe der Domestikation verändert haben. Einige dieser Genregionen sind am Stoffwechsel und dem Abbau von Stärke beteiligt. Man kann daraus schließen, dass Hunde Stärke besser verwerten können, weil sie schon sehr früh in ihrer Geschichte stärkehaltige Nahrungsmittel wie z.B. Getreide fraßen (siehe auch Hans Mosser, „Parallel-Evolution von Mensch & Hund: Die Domestikation ging durch den Magen", in WUFF 6/2013). Das wäre in der Nähe oder sogar inmitten von Menschengesellschaften der Fall. In Mitteleuropa ging in der Jungsteinzeit vor ca. 7.500 Jahren die Wirtschaftsweise nach und nach in den Ackerbau und die Viehzucht über. Hatten die frühen Hunde also schon damals Zugang zu getreidehaltigen Nahrungsmitteln
Ernährung in der Antike
In der Antike jedenfalls empfahlen die Autoren von kynologischen Schriften durchgehend, Hunde mit Brot oder Produkten aus Getreide zu versorgen. Arrian (um 85 – um 145 n. Chr.) formulierte es deutlich: „Gut sind alle, die keine schlechten Fresser, vielmehr bei Weizen- und Gerstenbrot vergnügt sind: das ist nämlich für einen Hund das beste Futter …". Auch machte man sich Gedanken, wie in verschiedenen Lebensphasen sowie bei körperlicher Belastung zu füttern sei. Während die Hunde reicher Leute schon einmal von deren Speisen naschen durften, war die Kost der meisten Hunde doch eher einfach: Es gab Dinkel, Weizen- oder Gerstenbrot, teilweise eingeweicht in Wasser, Milch oder Molke. Fütterte man den Hunden Speiseabfälle, so glaubte man, sie näher an die Menschen zu binden. Jägern empfahl man, die Jagdhunde selbst zu füttern, um eine engere Bindung zu erreichen. Sollte der Hund Kraft bekommen, setzte man ihm eine Knochensuppe vor. Jagdhunde bekamen hingegen eher selten Fleisch, denn die Menschen der Antike glaubten, die Fleischfütterung beeinflusse den Geruchssinn. Hirtenhunden Fleisch zu füttern stelle eine Gefahr für die Schafe dar, die sie eigentlich bewachen sollten. Schon vor rund 2.000 Jahren erkannte man, dass Junghunde moderat zu füttern seien, vor allem um Gelenk- und Knochendeformationen zu vermeiden. Die durchschnittliche Lebenserwartung von 10-12 Jahren, manche Hunde wurden sogar wesentlich älter, unterschied sich kaum von der moderner Hunde. Insgesamt wurden in der griechischen und römischen Antike die meisten Hunde recht wertschätzend behandelt und waren oftmals Begleithunde im heutigen Sinn.
Brot und Getreide im Hundenapf
Vom Mittelalter bis in die Neuzeit blieben Getreideprodukte weiterhin Hauptbestandteil der Hundenahrung. Ein Brot auf der Basis von Mehl nannte man sogar „Hundsbrot". Die meisten der Autoren, die sich mit der Jagd und Aufzucht von Hunden befassten, empfahlen durchschnittlich 2 Pfund (= 1 kg) des Hundebrotes täglich zu verfüttern. Bis ins 18. Jahrhundert wurde Roggen oder Roggenschrot verbacken, danach auch Hafer. Häufig kam auch Getreidebrei in den Napf, bestehend aus Brot, Molke, Milch, Fleischbrühe, Innereien. Gerade die Angehörigen der oberen Gesellschaftsschichten waren besorgt um eine gute Qualität. So wurden mit bestimmten Bäckern sogenannte Brotlieferungskontrakte geschlossen, die, wenn die Qualität nicht stimmte, gekündigt wurden.
Um die Jagdhunde des adligen Herren kümmerten sich Jagdburschen. Sie sorgten für frisches Wasser und generell für das Wohlergehen der ihnen anvertrauten Hunde. Sie lebten bei den Tieren, um mögliche gesundheitliche Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Die Hunde der edlen Leute erhielten keineswegs täglich frisches Fleisch, sondern ebenfalls viel Getreide, manchmal war die Ernährung rein vegetarisch. Der französische Graf Gaston Phoebus (1331-1391) stellte sogar einen Zusammenhang zwischen der Fütterung und dem Verhalten der Tiere fest. So sei Brot in größeren Mengen gegen die Trägheit gut. Phoebus hatte außerdem beobachtet, dass kranke Hunde Gras fraßen, weshalb er empfahl, diese morgens auf die Wiese zu führen, damit sie sich durch das Fressen von Gräsern und Kräutern Erleichterung verschaffen konnten.
Vor allem die Hunde der ärmeren Bevölkerung, sofern dieser überhaupt die Hundehaltung erlaubt war, bekamen vorwiegend Getreideprodukte zu fressen. Tierisches Eiweiß war Luxus, dagegen pflanzliches Eiweiß Hauptbestandteil der Ernährung von Mensch und Tier. Nachdem sich im 18. Jahrhundert der Kartoffelanbau durchgesetzt hatte, kam auch die Knolle in den Hundenapf.
Man wusste bereits um die Schädlichkeit gewisser Lebensmittel. Wein und Bier, saure Milch, Bohnen hielt man für ungesund, in der frühen Neuzeit zusätzlich Schokolade und Kaffee, aber auch Tee. Zunehmende Nahrungskonkurrenz reduzierte dann weiter den Fleisch- und sogar Knochenanteil der Hundenahrung, denn viele Kriege und Hungersnöte ließen die Bevölkerung leiden.
Ernährung für besondere Lebenslagen
Besonderes Augenmerk richteten die Menschen früherer Zeiten bereits auf die Ernährung trächtiger und säugender Hündinnen sowie der Welpen. Albertus Magnus (um 1200 – 1280) empfahl, tragenden und laktierenden Hündinnen etwas Fleisch unter das Getreide zu mischen und säugenden Hündinnen zusätzlich Kuh- oder Ziegenmilch zur Anregung des Milchflusses zu geben. So sahen es auch spätere Autoren. Fleischbrühe galt als besonders nahrhaft. An dieser Empfehlung sieht man, dass eine Zugabe von Fleisch in allen anderen Lebenslagen nicht die Regel war. Man riet zudem, die Nahrung nicht zu trocken zu reichen, denn sonst würde die „innere Hitze" zu groß. Molke sei gut geeignet, das Blut zu kühlen. Das Futter solle nach der Geburt aber auch „mager", gleichbleibend und sauber sein, damit die Welpen nicht krank würden.
Sorgfalt ließ man auch der Welpenernährung zukommen. Das Säugen bei der eigenen Mutter und nicht bei einer Hundeamme sei in jedem Fall die bessere Wahl, denn nicht nur die mütterliche Milch sondern auch deren „gemüthsart" vermehre „sowohl das Wachsthum des Genies als auch des Körpers". Nach dem Absetzen von der Mutter (die Autoren nennen zumeist die 5.-6. Woche) sollten die Welpen Kuh- oder Ziegenmilch erhalten, der nach und nach andere Nahrungsmittel beigefügt wurden. Erst ab dem 6. Monat könne Fleisch (roh oder gekocht) verfüttert werden. Keinesfalls dürften die Welpen zu reichhaltig gefüttert werden, um Knochen- und Gelenkdeformationen bzw. –schwächen zu vermeiden. Kleine Rationen, dafür mehrfach am Tag, waren wie heute auch üblich.
Explizite Fütterungsempfehlungen sind außerdem für die sogenannten Leithunde überliefert, jene Hunde, die die Hundemeute anführten und meist ganzjährig bei ihrem Besitzer lebten. Fette Nahrungsmittel, Gewürze, Blut und Schlachtabfälle seien nicht für sie geeignet. Auch ihnen verfütterte man überwiegend Getreide.
Generell wurde auf saubere Behältnisse Wert gelegt, und das bei allen Hunden. Das, was vom Vortag im Napf übriggeblieben war, sollte nicht mehr gefüttert werden. Einen Grund dafür sah man noch im 19. Jahrhundert in dem Geifer (Speichel), der an der Luft eine „Verartung erlitten hat". Für erwachsene Hunde waren im Allgemeinen 2, oft sogar 3 tägliche Fütterungen vorgesehen. Vor der Jagd sollte nicht und danach erst nach einer Stunde gefüttert werden. Frisches Wasser sollte jederzeit und in ausreichender Menge verfügbar sein.
Neuzeitliche Hundeernährung
Viel änderte sich nicht, die Ratschläge und Gewohnheiten früherer Jahrhunderte blieben noch lange gültig. Vor dem Hintergrund der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse war die Hundenahrung früherer Zeiten nicht optimal vor allem hinsichtlich des Eiweißgehalts sowie des Kalzium-Phosphor-Verhältnisses je Ration. Noch bis in die 1950er Jahre allerdings ist z.B. für England und Schottland die Versorgung von Schäferhunden mit einem Brei aus Haferschrot und Wasser belegt und schien üblich zu sein. Oft fiel auch für hart arbeitende Hunde, z.B. für Karrenhunde, gerade einmal ein Butterbrot oder Stückchen Leberwurst ab. Wenn vom menschlichen Mittagstisch nichts übriggeblieben war, mussten die Hunde auch schon einmal hungern. In gehobenen Gesellschaftskreisen dagegen herrschte ein gewisser Luxus vor. Weihnachten gab es dann spezielle Hundeweihnachtsbäume mit allerlei Leckereien. In den großstädtischen Hundespitälern gehörten Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) zu den häufigsten Diagnosen im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Das erste Trockenfutter für Hunde kam in Großbritannien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die Läden: Der gebürtige Amerikaner James Spratt brachte dort um 1855 seinen „Meat Fibrine Dog Cake" auf den Markt. Im Ersten Weltkrieg wurden britische Armeehunde mit insgesamt rund 1,3 Milliarden Hundekeksen versorgt. In Amerika kam nach dem 1. Weltkrieg Dosenfutter in den Handel, darin befand sich Pferdefleisch. Ein weiterer Hersteller spezieller Hundenahrung war Forrest Mars, der in den 1930er Jahren ebenfalls in Großbritannien erkannte, dass Hundebesitzer ihren Lieblingen etwas anderes als Essensreste in den Napf füllen wollten. Weitere Hersteller folgten.
Hierzulande begann in den 1950er-Jahren die Produktion von Trockenvollnahrung bestehend aus Getreideflocken und Trockenfleisch. Noch gar nicht so lange ist es her, dass es selbstverständlich war, für den Hund (mit) zu kochen oder ihm eine Kost aus Getreideflocken und frischem Fleisch im Wechsel mit Speiseresten aus der menschlichen Küche zu servieren. Die auf rohem Fleisch basierende sogenannte Barf-Fütterung gibt es erst seit rund 20 Jahren.
QUELLEN
■ Erik Axelsson et al., „The genomic signature of dog domestication reveals adaptation to a starch-rich diet" Nature (2013).
■ Nicole Hoefs, Petra Führmann, Auf Hundepfoten durch die Jahrhunderte. Kulturgeschichten rund um den Hund. Franck-Kosmos Verlag, Stuttgart 2009.
■ Dr. Ádám Miklósi, Hunde. Evolution, Kognition und Verhalten. Franck-Kosmos Verlag, Stuttgart 2011.
■ Sabine Müller, Haltung und Fütterung von Jagdhunden im 17. bis 19. Jahrhundert. Dissertation Hannover 1992.