Profis auf vier Pfoten
Die meisten Polizeidiensthunde-Einsätze finden im Bereich der präventiven Sichtbarkeit von Hunden statt (z.B. Überwachung sicherheitspolizeilicher Hotspots, Botschaften, etc.), gefolgt von der Suche nach Menschen, Gegenständen, Suchtmitteln und Sprengstoffen, sowie dem Einsatz im Ordnungsdienst (Fußball, Demos, etc.). Zusätzlich erfolgen bei Bedarf Einsätze im Ausland z.B. im Rahmen der EU Grenzschutzagentur FRONTEX. Polizeidiensthunde sind keine einfachen Begleiter der Polizei sondern professionell ausgebildete Spezialisten auf ihrem jeweiligen Gebiet. WUFF war für Sie in einem Ausbildungszentrum für Polizeidiensthundeführer.
WUFF besucht das Bundesausbildungszentrum für Polizeidiensthundeführer im Norden Wiens und ist beim Training dabei. Auf dem 13 Hektar großen Grundstück bieten sich perfekte Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten in allen Ausbildungssparten. Eine der Voraussetzungen für die Aufnahme eines Polizisten in die Polizeidiensthundeeinheit (PDHE) Wien ist mindestens zwei Jahre Außendiensterfahrung, aber auch die artgerechte Unterbringung des Hundes im Zuhause der DiensthundeführerInnen muss gewährleistet sein. Seit einigen Jahren gibt es auch ein standardisiertes Auswahlverfahren für die HundeführerInnen. Hier werden unter anderem die Leistungsfähigkeit des Hundeführers geprüft, Persönlichkeitsmerkmale erfragt und auch, wie sich die HundeführerInnen die Zukunft mit einem Diensthund vorstellen. Oberstleutnant Rudolf König, B.A., Kommandant der PDHE, der selbst bei den Gesprächen dabei ist, bezeichnet das neue Auswahlverfahren als treffsicher und nachhaltig.
Zusammenfinden
HundeführerInnen mit Erfahrung werden neun Wochen alte Welpen anvertraut, „Neulinge“ bekommen einen 12–24 Monate alten – bereits vorausgebildeten – Hund zugeteilt. Wobei „zugeteilt“ eigentlich das falsche Wort ist. Es wird der Umgang und die Kommunikation zwischen den HundeführerInnen und den möglichen künftigen Diensthunden beobachtet und auf Basis dieser Beobachtungen und Erkenntnisse werden Mensch-Hund-Teams zusammengestellt. In der Regel zeigt sich hier klar, wer zu wem passt – und der Grundstein für eine langjährige Partnerschaft ist gelegt.
Die Hunde
Nicht jede Hunderasse kommt für Polizeidiensthunde in Frage, das hängt ab von der Größe, dem Wesen oder dem Fell. Sie fragen sich jetzt, was bspw. das Fell mit einer Tauglichkeit als Diensthund zu tun hat? Ein zu langes Haarkleid wäre aufgrund des höheren Pflegeaufwandes nicht gut geeignet. Grundsätzlich können einige sog. Gebrauchshunde nach FCI-Klassifizierung als Polizeidiensthunde ausgebildet werden. In der Praxis sind das in der Polizeidiensthundeeinheit (PDHE) Wien aber 63% Belgische und Holländische Schäferhunde, 27% – graue und schwarze – Deutsche Schäferhunde, 8% Rottweiler (als einzige sog. Listenhunde) und aktuell 2% Riesenschnauzer. Dobermänner, wie früher einmal, sind derzeit nicht im Einsatz. Die Hunde leben bei den HundeführerInnen zu Hause in der Familie und im Alter von neun Jahren kommt dann wieder ein neun Wochen alter Welpe dazu, der nach seiner Ausbildung dann den alten Hund ablöst. Dieser geht sozusagen in Rente und wird von den HundeführerInnen privat übernommen.
Die Ausbildung
Die Diensthundeausbildung umfasst 844 Ausbildungsstunden. Nach einer rund einmonatigen Phase der Aneinandergewöhnung (Vertrauensbildung) beginnt die sechsmonatige Grundausbildung. Diese beinhaltet neben Theorie und natürlich ganz viel Praxis auch Fächer wie Kynologie oder Erste Hilfe beim Hund. Die Ausbildung zu Schutz- und Stöberhunden ist hierzulande für jeden Polizeidiensthund obligatorisch. Diese Ausbildung ist die Basis für eine etwaige spätere Spezialausbildung, z.B. zum Suchtgift-, Brandmittel- oder Sprengstoffspürhund. Vor dem Kauf eines Hundes wird von einem Fachtierarzt eine Eignungsuntersuchung vorgenommen. Die körperliche Verfassung des Hundes wird überprüft, denn nur völlig gesunde Hunde werden für den Polizeidienst zugelassen.
Jeder Polizeihund muss einen Angriff auf den Hundeführer mit und ohne Maulkorb abwehren und eine flüchtende Person stoppen können. Bei einer sogenannten Maulkorbattacke springt der Hund die Zielperson mit einer derartigen Wucht an, dass dies von der Intensität mit einem Stockschlag vergleichbar ist.
Schutzdienst und so weiter
„Beim Einsatz ohne Maulkorb ist der Hund als waffenähnliches Mittel zu bewerten, zu dem die Polizei nach Pfefferspray und Schlagstock und vor der Schusswaffe greift,“ schreibt Rosemarie Pexa im „Magazin der Landespolizeidirektion Wien“. Weiter führt sie aus: „An den ‚scharfen‘ Einsatz wird der Hund in kurzen Sequenzen spielerisch herangeführt: Zuerst lernt er, auf Beißkissen oder -block anzubeißen und den Griff auf Kommando zu lösen, dann sind der über der Kleidung getragene Schutzärmel und das Beinbeißkissen an der Reihe und schließlich der gesamte Schutzanzug, dessen Träger der Hund überall am Körper fassen darf. Am Ende der Ausbildung steht das sogenannte Zivilbeißen: Die Protektoren des Figuranten, der den Angreifer mimt, sind unter Zivilkleidung verborgen und von außen nicht erkennbar.“
Diese Form der Schutzhundeausbildung ist im Privatbereich verboten und ausschließlich dem Diensthundewesen vorbehalten. Der wesentliche Unterschied zum Sport-Schutzdienst ist, dass dort der Hund nur an vorgegebener Stelle (z.B. beim Schutzarm) beißen darf und der Figurant für den Hund nicht als Zivilperson erkennbar ist, sondern im weitesten Sinn als Spielpartner und Träger seines Spielzeuges, des Schutzarmes, dient. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig! Wenn der Figurant dann den Schutzarm wegwirft, läuft der Sport-Schutzhund zum Schutzarm und nicht zum Figuranten. Ganz anders beim ausgebildeten Polizeidiensthund – da ist tatsächlich die Person das Ziel. Dies nur als kurzer Hinweis auf die wichtige Unterscheidung zwischen der ausschließlich der Polizei und dem Militär vorbehaltenen sog. Zivilschutzarbeit und dem Sport-Schutzdienst. Häufig werden beide Formen verwechselt bzw. fälschlicherweise gleichgesetzt.
Übrigens wird laut Oberstleutnant Rudolf König seit 2013 nicht mehr mit dem sogenannten Stachelhalsband gearbeitet und auch die üblichen Kettenhalsbänder sind seit letztem Jahr mit einem Zugstopp ausgestattet. Vor zehn Jahren noch belächelt, gehört z.B. ein Klicker heute zum Standardrepertoire der HundeführerInnen, der das Lernen auch für Diensthunde erleichtert. Im Rahmen eines Projekts mit dem Titel „Lob versus Strafe“ vom Österreichischen Förderungsprogramm für Sicherheitsforschung KIRAS gemeinsam mit der Universität Salzburg wurde das unterschiedliche Lernverhalten bei Lob im Vergleich zu Strafe untersucht. Wenig überraschend erscheint die Erkenntnis, dass die Lernergebnisse bei positiver Verstärkung ohne Bestrafung sogar besser sind als früher mit Strafreizen. Oberstleutnant Rudolf König freut sich, dass die „Jungen“ mit dem Motto „Lob statt Strafe“ vertraut sind und so eine neue Generation heranwächst, die die modernen und hundegerechten Ausbildungsmethoden auch im Diensthundewesen sichert.
Spezialhunde
Nach der Grundausbildung können Spezialausbildungen in folgenden Sparten erworben werden: Fährten- und Spezialfährtenhunde, Leichen- und Blutspurenspürhunde, Suchtmittelspürhunde, Waffen-, Munitions- und Sprengstoffspürhunde, Brandmittelspürhunde, Bargeld- und Dokumentenspürhunde, sowie Lawinenverschüttetensuchhunde.
Fährten- und Spezialfährtenhunde
werden zur Personensuche, aber auch zum Aufspüren von Gegenständen eingesetzt. Sie orientieren sich im Prinzip an Bodenveränderungen bzw. Bodenverletzungen durch Fußabdrücke.
Leichen- und Blutspurenspürhunde
sind darauf ausgebildet, Leichen, Leichenteile und Blut zu erkennen und anzuzeigen. Diese Hunde können auch Gewässer nach Leichen oder Leichenteilen absuchen, wobei die Suche von einem Boot aus erfolgt.
Suchtmittelspürhunde
sind selbstverständlich nicht süchtig, wie oft fälschlicherweise vermutet wird, da sie mit der Substanz nie direkt in Kontakt kommen. Sie werden auf verschiedenste gängige Suchtmittel ausgebildet und zeigen den Fund in der Regel „passiv“ an – z.B. durch Verharren. In dieser Sparte ist ein überdurchschnittlicher Spiel- und Beutetrieb von Vorteil.
Waffen-, Munitions- und Sprengstoffspürhunde
suchen nach militärischen Sprengmitteln, Waffen und Munition. Sprengstoffspürhunde werden auch bei der Durchsuchung von Gebäuden, Fahrzeugen und nach Bombendrohungen und bei Großveranstaltungen eingesetzt. Sie zeigen ebenfalls „passiv“ – durch Verharren – an, da bereits durch geringste Erschütterungen Zündmechanismen aktiviert und Bomben ausgelöst werden können.
Brandmittelspürhunde
werden bei unklaren Brandursachen und Verdacht auf Brandstiftung eingesetzt. Diese Hunde können kleinste Mengen an Brandbeschleunigern aufspüren. Sogar Mischungen aus Stoffen können diese Hunde erkennen und anzeigen.
Bargeld- und Dokumentenspürhunde
sind weniger bekannt. Sie sind auf das Erschnüffeln des Geruchs von Papier und von Druckerfarben von Geldscheinen ausgebildet. Sogar Reisepässe und vor allem Fälschungen davon können diese Hunde erschnüffeln.
Lawinenverschüttetensuchhunde
werden hauptsächlich in den bergigen Bundesländern eingesetzt.
Polizeidienst-HundeführerInnen sitzen übrigens nicht den ganzen Tag im Ausbildungszentrum und warten mit ihrem Hund auf einen Einsatz, sondern verrichten einen ganz normalen Streifendienst (wie Polizisten ohne Hund auch), nur dass sie eben ihren Diensthund dabei haben. Und wenn es einen Spezialeinsatz gibt, bei dem ein Diensthund notwendig ist, werden Polizeidienst-HundeführerInnen angefordert.
Pdf zu diesem Artikel: hundeberufe_polizeidiensthunde