Hundeberufe: Militärdiensthunde

Von Gerald Pötz

Was sie können, wie sie lernen, wie sie leben

Die WUFF-Redaktion war zu Besuch bei der 1964 gegründeten Militärhundestaffel (heute Militärhundezentrum) in Kaisersteinbruch in Österreichs östlichstem Bundesland, dem Burgenland. Rund 180 Militärdiensthunde gibt es österreichweit, 65 davon befinden sich in Kaisersteinbruch in Ausbildung oder sind Zuchthunde. Rund 2/3 der Hunde sind Rottweiler, 1/3 Deutsche und Belgische ­Schäferhunde und neuerdings auch Labradore.

Militärdiensthunde begleiten ihre Hundeführer bei Übungen, im Auslandseinsatz, bei der Bewachung von militärischen Arealen und bei vielen anderen militärischen Einsätzen. Die Ausbildung unterscheidet sich deutlich von der von Polizeihunden, da diese eher als Allrounder in allen Disziplinen ausgebildet werden, während Militärdiensthunde deutlich spezialisierter sind. So werden z.B. die Rottweiler bei den Militärdiensthunden fast ausschließlich für Schutz- und Wachaufgaben ausgebildet und nicht jedoch für Suchaufgaben. Für diese wiederum werden die Schäferhunde – ­allen voran Malinois – verwendet und neuerdings auch Labradore, aber dazu später mehr. Der Grund dafür ist, dass ein leichter Malinois bei sehr fordernden Einsätzen – z.B. in Syrien bei 40 Grad – ausdauernder ist als ein schwerer Rottweiler mit dichtem Fell.

Die Ausbildung
Da die Militärdiensthundestaffel Kaisersteinbruch eine eigene Zuchtstätte für Rottweiler betreibt, müssen keine Hunde dieser Rasse zugekauft werden. Alle anderen Rassen werden allerdings von extern gekauft. Die Ausbildung dauert rund ein Jahr und in dieser Zeit werden alle Hunde von allen Hundeführern und Ausbildern betreut. Die Hunde haben in dieser Zeit also keine fixe Bezugsperson und sie wohnen auch in der Militärdiensthunde­staffel, wo sie in einer Zwingeranlage untergebracht sind. Diese wurde vor ein paar Jahren auf Basis des damals neuen österreichischen Tierschutzgesetzes neu errichtet und entspricht den Anforderungen für Zwingerhaltung. Die Hunde haben sogar eine Fußbodenheizung in ihrem Schlafraum, der mit frischer Holzwolle ausgelegt ist. Nachdem mit den auszubildenden Hunden den ganzen Tag über – mit vielen Pausen – gearbeitet wird, sind sie danach müde und ausgepowert.

Im Alter von einem Jahr werden die Hunde einer umfangreichen Prüfung unterzogen und dann einem Hundeführer (es gibt auch Hundeführerinnen beim Militär) zugewiesen. Nur in sehr seltenen Fällen werden Hunde nach dieser Prüfung ausgemustert. Wenn doch, dann kommen diese Hunde zu privaten Familien. In der Regel deshalb, weil sie vom Wesen her „zu gemütlich“ oder zu träge für den Dienst sind.

Das Thema Tierschutz gilt natürlich auch für Diensthunde und daher werden Hilfsmittel wie bspw. Stachelhalsband und Elektroreizgerät kategorisch abgelehnt. Man arbeite schon seit sehr langer Zeit mit Motivation und scheue sich auch nicht, einen Klicker in die Hand zu nehmen, versichert mir Oberst Otto Koppitsch, der Kommandant des Militärhundezentrums. Sogar Kettenhalsbänder werden nicht mehr auf Zug angelegt, sondern so gesichert, dass sie fixiert sind und sich, wenn der Hund an der Leine zieht, nicht enger zusammenziehen.

Fertig ausgebildete und geprüfte Hunde, die dann mit einem Hundeführer ein Team bilden, kommen in der Regel auf einen sog. Außenposten. Dort werden sie meist zur Bewachung von sensiblen militärischen Arealen eingesetzt, wie z.B. Funkstationen, Fliegerhorste (Abfangjäger) etc. Im Unterschied zu Polizei­­diensthunden, die nur im Inland agieren, kommen Militärdiensthunde auch oft im Ausland zum Einsatz. Beispielsweise bei UNO-Einsätzen im Nahen Osten für Checkpoint-Kontrollen. Auch das Aufspüren von Drogen in Gepäckstücken gehört zu den Aufgaben eines Militärdiensthundes.

Wach- und Schutzaufgaben
In dieser Disziplin kommen die Rottweiler zum Einsatz. Es ist jedoch nicht erwünscht, dass die Hunde zubeißen. Vielmehr sollen sie verdächtige oder flüchtige Personen stellen und verbellen. Bei Übergriffen dürfen die Hunde natürlich auch beißen, aber das ist eher die Ausnahme und die Hunde können Situationen auch sehr gut unterscheiden, heißt es.

Labrador-Projekt
Durch die zunehmende Anzahl an Terroranschlägen und die dabei zum Einsatz kommenden Kampfmittel (Sprengstoff, chemische Waffen, selbst gebaute Bomben etc.) sind auch Spürhunde gefragt, die solche Stoffe verläss­­lich identifizieren und anzeigen können. Oft gibt es Situationen, in denen die Annäherung an ein verdächtiges Objekt mit großer Gefahr verbunden ist. Das Einweisen auf gewisse Such- bzw Referenzpunkte auf eine große Entfernung funktioniert mit Labradoren aus Leistungslinien mit genetischem Fundament einfach besser als mit Schäferhunden. Daher werden für diese Einsatzzwecke Labradore verwendet.

Noch vor ein paar Jahren belächelt, ist heute einigen das Lachen vergangen. Die „Militär-Labradore“ sind mittlerweile gefragte Einsatzhunde, die den „üblichen“ Diensthunden zeigen, wie’s geht. Aber sie sind Spezialisten nur für dieses Einsatzgebiet und werden nicht im Schutzbereich ausgebildet. Man hat sich die natürlich veranlagten Sucheigenschaften des Labradors zunutze gemacht und lässt ihn anstatt Federwild Kampfmittel suchen und anzeigen. Natürlich sind das Labradore aus echten Leistungszuchten, die eher nichts zu tun haben mit denen, die man zumeist von Hundeausstellungen kennt. Die Idee, Labradore für diesen Einsatz-Zweck einzusetzen, stammt aus Großbritannien. Von dort hat sich die Militärdiensthundestaffel Kaisersteinbruch auch das Know-how und die Hunde mit Unterstützung des ÖRC (Österr. Retriever Clubs) geholt. Mittlerweile hat auch die deutsche Bundeswehr nachgezogen und setzt auch Labradore für diese Sparte ein.

Das große Fressen – Barfen und Trockenfutter
Bei der Militärdiensthundestaffel Kaisersteinbruch müssen täglich mindestens 65 Hunde gefüttert werden. Oft sind zudem noch Hunde von externen Dienststellen anwesend. Um die vielen Hunde satt zu bekommen, gibt es für sie eine eigene Futterküche, die aussieht wie eine Großküche. Die Philosophie für die Fütterung lautet „so vielfältig und abwechslungsreich wie möglich“. Während Haushunde häufig immer dasselbe Futter erhalten, müssen Militärhunde an wechselnde Futterbedingungen gewöhnt sein, weil sie bspw. bei Auslandseinsätzen in der Regel nicht ihr gewohntes Futter bekommen. Das soll dann natürlich nicht zum Problem werden.

Die Hunde werden morgens mit Fleisch und Zusatzprodukten – in der zivilen Welt heute Barfen genannt – gefüttert und abends mit Trockenfutter. Aber auch hier wird nicht irgendeine Futtermarke verwendet. Vielmehr wird das Trocken­­futter vor dem ersten Einsatz vom ­Institut für Ernährung der Veterinärmed. Universität Wien analysiert und nur die beste Qualität schafft es in die Hundenäpfe. Oberst Otto Koppitsch erklärt, dass die abwechslungsreiche Ernährung auch eine höhere Widerstandsfähigkeit bei den Hunden bewirkt, was bei der Haltung von fast 70 Hunden wichtig ist. Ein kranker Hund würde sehr rasch zur Ansteckungsgefahr für die anderen Hunde werden.

Während, wie erwähnt, im ersten Jahr der Ausbildung der Hund keine ständige Bezugsperson hat, lebt er als fertig ausgebildeter Militärdiensthund hingegen beim Hundeführer zu Hause in der Familie. Rechtlich steht er jedoch im Eigentum des Militärs. Mit rund zehn Jahren gehen die Hunde in Pension und bleiben so gut wie immer bei ihren Hundeführern. Sie scheiden aus dem Dienst aus und werden privat übernommen.

Eigene Rottweiler-Zucht
Die Rottweilerzucht der Militärdiensthundestaffel Kaisersteinbruch ist übrigens kein in sich geschlossenes System, sondern eine offizielle FCI/ÖKV-Zuchtstätte, deren Hunde auch an den externen Zuchttauglichkeitsprüfungen des Rottweiler-Klubs teilnehmen. Auch andere Züchter kommen mit ihren Hündinnen zur Militärdiensthundestaffel Kaisersteinbruch zum Decken. Man verfügt über wertvolle Aufzeichnungen über sämtliche Rottweiler, die jemals dort gezüchtet und ausgebildet wurden. Aufzeichnungen über das Wesen, die Gesundheit sowie die Todesursache. Ein wahrer Fundus an wertvollen Informationen für jeden Züchter.

Das Militärhundezentrum
Die Militärdiensthundestaffel Kaisersteinbruch wurde 1964 mit einfachen ­Baracken und Lagern gegründet. Heute, nach fast 55 Jahren, entspricht die Anlage den höchsten Ansprüchen der modernen Hundehaltung und umfasst mittlerweile eine Fläche von fast acht Hektar. Bei der großen österreichischen Heeresreform im Jahr 2007, bei der sämtliche Bundesheereinrichtungen ­landesweit auf Nützlichkeit überprüft – und viele Kasernen geschlossen – ­wurden, hat man die große Bedeutung des Militärhundezentrums erkannt. Hier wurde glücklicherweise nicht eingespart, sondern sogar ausgebaut. So versehen diese Hunde und ihre Hundeführer weiterhin im In- und Ausland auf höchstem Niveau ihren Dienst für das Militär.

Militärdiensthunde werden in verschiedenen Bereichen eingesetzt:

Einsatzbereiche für Schutzhunde
• Wach- und Sicherungsdienst
• Personenschutz
• Patrouillendienst
• Ordnungsdienst (Kontrolle von Menschenansammlungen und Demonstrationen)
• Zugriff, offensiver Schutz (z.B. Geiselbefreiung)

Schutzhunde dienen dem persönlichen Schutz des Hundeführers, melden herankommende oder versteckte Personen, stellen und verbellen unbefugt in den Sicherungsbereich eingedrungene ruhig stehende Personen, wehren plötzliche Angriffe auf den Hundeführer auch ohne gesonderten Befehl ab, unterstützen den Hundeführer bei der Eskortierung, Bewachung und Sicherung und stellen auf Befehl flüchtende Personen. Spezialhunde werden vor allem durch Sondereinheiten bei besonders schwierigen Einsätzen zur Erhöhung der Erfolgsaussicht und zur Schonung von Menschenleben eingesetzt (Geiselbefreiungen, Terrorbedrohung etc.).

Militärische Spürhundeinsätze
Drogensuche
Suchtmittelspürhunde dienen dem Aufspüren und Auffinden sowie dem Bestätigen auch noch so geringer Mengen Suchtgift.
Sprengstoffsuche
Sprengstoffspürhunde können Sprengstoffe jeder Art, offen oder verschlossen, auffinden und ihre Existenz anzeigen.
Kampfmittelabwehr
Kampfmittelspürhunde sind speziell ausgebildete Sprengstoffspürhunde, die im Verbund mit den Pionieren zur Kampfmittelbeseitigung agieren.
Fährtenarbeit
Fährtenhunde erbringen durch Verfolgung der von einem Menschen verursachten Bodenverwundungen Hinweise auf diese Person und sind aufgrund der Spuren in der Lage, weite Strecken – unter günstigen Umständen – auch noch nach 24 Stunden zu verfolgen.
Stöberarbeit
Stöberhunde werden eingesetzt, wenn verborgene Menschen oder Gegenstände aufgefunden werden sollen, ohne dass eine Fährte ausgearbeitet werden kann.
Katastrophen-, Rettungseinsätze
Lawinensuchhunde sind zum Anzeigen von verschütteten Personen in Kegeln abgegangener Lawinen einzusetzen. Rettungs- und Trümmersuchhunde ebenfalls, jedoch vorwiegend in durch Natur- oder Kriegseinwirkung zerstörten Gebäuden oder Schuttkegeln.

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