Hundebegegnungen: Tipps für entspannte Begegnungen

Von Kristina Ziemer-Falke

Mit dem Vierbeiner spazieren zu gehen bedeutet für viele Hundehalter Entspannung, Ruhe und Balsam für die Seele: gemeinsam durch die Wälder streifen, auf Wiesen Aufregendes erleben oder locker und entspannt auf Feldwegen daher schlendern, dabei vielleicht sogar auf andere Hundehalter mit ihren Vierbeinern treffen, sich unterhalten und die Hunde miteinander spielen lassen. So sind die Theorie und die Wunschvorstellung der meisten Hundefreunde. In der Praxis zeichnet sich jedoch noch immer und überall solch folgendes Bild: Pöbeleien an der Leine, bellen, knurren, Wut und Zorn anderer Hundehalter – kurzum: jede Menge Stress für Hund und Mensch.

Wie eine Hundebegegnung verläuft, ist von vielen Faktoren abhängig. Leider gibt es für die ideale Begegnung keine Pauschallösung oder Antwort. Die Individualität des Hundes und unsere eigene beeinflussen jegliche Situation – und das immer und überall. Gern möchte ich Ihnen ein paar Tipps verraten, wie Sie eine Hundebegegnung entspannt(er) meistern können.

Faktor Hund und Mensch bei Hundebegegnungen

Betrachten wir zunächst einmal den Hund. Wie ein Hund auf Artgenossen reagiert, hängt zu einem großen Teil von seiner Persönlichkeit und seinen bisher gemachten Erfahrungen und somit von seiner Erwartungshaltung ab. Natürlich spielen auch Alter, Rasse oder Geschlecht und andere Faktoren eine Rolle – eine läufige Hündin könnte eine Konkurrenz gegen andere Hündinnen verspüren, ein Herdenschutzhund möchte evtl. auf große Distanz schon andere Hunde vertreiben. Betrachten Sie Ihren Hund ganz individuell mit den Erfahrungen, die er bei Ihnen bisher gemacht hat oder von den Vorerfahrungen, die er woanders bis dato gesammelt hat. Lassen Sie bisherige Begegnungen mit anderen Hunden Revue passieren. Wie hat sich Ihr Hund gegenüber seinen Artgenossen verhalten? Wie war die Stimmung Ihres Hundes? Wenn er sich eher schüchtern oder zurückhaltend zeigte, ist eine langsame Annäherung zukünftig besser.

War Ihr Hund eher stürmisch und wild, sollten Sie durch Regeln und Struktur positive Hundebegegnungen schaffen. Üben Sie eine langsame Annäherung und lassen Sie erst durch gezieltes Auflösen der Übung den Kontakt zu. Hat Ihr Hund mit Aggressionen reagiert, ist ein gezieltes Training zu empfehlen. Den Kontakt mit anderen Hunden einfach so zulassen, sollte vermieden werden. Sollte Ihr Hund dabei andere verletzt haben, müssen sie ihn absichern. Oft ist dies mit einem gut passenden Maulkorb möglich.

Es ist immer wichtig, seinen eigenen Hund gut lesen zu können, um festzustellen, ob er Kontakt zu Artgenossen möchte oder nicht. Versucht er, diese zu meiden, sollte er nicht dazu gedrängt werden. Eine Hundebegegnung soll schließlich für alle Parteien entspannt und locker verlaufen, außerdem Freude bereiten und ein gutes Gefühl vermitteln. Ist einer der Beteiligten gestresst oder fühlt sich unwohl, sollte die Begegnung vermieden werden.

Mag Ihr Hund hingegen den Kontakt zu Artgenossen, ist es dennoch wichtig, ein paar Spielregeln aufzustellen. Kommunizieren Sie mit dem anderen Hundehalter, ob ein direkter Kontakt mit dem anderen Hund überhaupt erwünscht ist. Ist dies der Fall, muss geklärt werden, ob ein gemeinsames Spiel möglich ist.
Wir Hundehalter spielen eine ebenso wichtige Rolle bei einer Hundebegegnung. Wie bereits erwähnt, sollen Mensch und Hund gleichermaßen daran Freude haben. Sind Sie gestresst, genervt oder gar unsicher, strahlen Sie diese Haltung aus. Anspannung und Stress werden in diesem Moment von Ihrem Hund wahrgenommen. Er wird sich in seinem Verhalten verändern und sich Ihrer Stimmung anpassen. Stress ist da leider vorprogrammiert und die Begegnung verläuft schnell so, wie Sie es nicht wollen. Unser Tipp: Bemerken Sie solch einen Stresspegel bei sich selbst, meiden Sie eine Hundebegegnung an diesem Tag. Am nächsten Tag sieht es vielleicht ganz anders aus. Ihr Hund wird sich freuen, wenn Sie gut gelaunt in eine Begegnung gehen.

Wir können Hunde in verschiedenen Stimmungen erleben: entspannt und neutral, ängstlich, defensiv oder offensiv aggressiv oder sich unterwerfend. Der Hundekörper kann uns diesbezüglich sehr viel erzählen, sowohl der Kopf als auch der ganze Körper. Hunde kommunizieren auf vielfältige Weise und permanent, nur eben nicht in unserer »Sprache«. Mehr darüber zu wissen, kann Ihnen im Alltag sehr nützlich sein. Nicht nur, dass Sie Ihren Hund besser verstehen können. Vielmehr können Sie auch lernen, die verschiedenen Stimmungen anderer Hunde zu erkennen, was insbesondere bei Begegnungen oder in Spieleinheiten nützlich ist. Sie werden schneller wahrnehmen, wenn sich die Stimmung verändert und Sie ggf. sogar eingreifen müssen. Das kann Druck nehmen und Stress minimieren. Zusätzlich können Sie das Bewusstsein für Ihre eigene Körpersprache schärfen. Oft genug nehmen wir Menschen unbewusst Positionen oder Haltungen ein, die auf Hunde beispielsweise bedrohlich wirken können.

Tipp! Nicht zu vergessen sind das aktuelle Wohlbefinden und der Gesundheitszustand des Hundes. Hat Ihr Hund körperliche Beschwerden, wie zum Beispiel Erkrankungen am Bewegungsapparat, Allergien oder Probleme mit dem Verdauungssystem oder andere Erkrankungen, können diese auch das Verhalten gegenüber Artgenossen beeinflussen. Wenn sich Ihr Hund unwohl fühlt oder gar Schmerzen hat, wird er an dem einen oder anderen Tag vielleicht gar keinen Kontakt zu Artgenossen haben wollen. An anderen Tagen wiederum, an denen es ihm besser geht, kann es ganz anders aussehen. Berücksichtigen Sie dies bei Ihrem Spaziergang und wählen Sie alternativ eine ruhigere Route mit weniger möglichen Kontakten aus.

Die richtige Stimmung des Hundehalters

Egal welche Situation bei einer Hundebegegnung auch eintritt, Ihre eigene Stimmung ist mitentscheidend. Wir haben schon erwähnt, dass Sie sich selbst auch gut fühlen sollten. Dies können wir nicht oft genug erwähnen, denn die Macht der Stimmungsübertragung ist nicht jedem Hundehalter wirklich bewusst. Vor allen Dingen nicht, wenn es zu einer stressigen und unangenehmen Situation kommt. Ihre Stimmung ist also ein wichtiges ­Barometer für den Verlauf einer Hundebegegnung.

Hierzu ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Ihrem angeleinten Hund im Wald spazieren und auf einmal kommt ein nicht angeleinter Hund auf Sie beide zu. Der Besitzer dieses Hundes ist weit und breit nicht zu sehen – eine Horrorvorstellung für fast alle Hundehalter. Was nun? Wie fühlen Sie sich? Zuerst einmal sollten Sie tief durchatmen. Denken Sie daran, Ihr Hund merkt Ihre Unsicherheit, Angst und Anspannung.

Es ist jetzt wichtig, eine Entscheidung zu treffen. Wie verhalten Sie sich? Sie können zum Beispiel weitergehen. Ihr eigener Hund muss also von Ihnen das Gefühl bekommen, wir haben ein Ziel und gehen weiter. Ihre Haltung und Einstellung sollte das entsprechend ausstrahlen.
Die zweite Möglichkeit ist, den anderen Hund abzufangen. Sie können Ihren Hund in eine sichere Position hinter sich bringen, sodass Ihr Hund sich sicher fühlen kann und nicht in die Konfrontation muss. Je nach Hund kann sich das jedoch als herausfordernd gestalten. Denn ist das Gegenüber größer und kommt womöglich bellend auf Sie zu, ist es nicht einfach, selbstsicher und souverän zu sein. Schaffen Sie es aber ruhig zu bleiben, wird Ihr Hund nicht annehmen, es selbst regeln zu müssen. Schließlich strahlen Sie Sicherheit und Stärke in diesem Moment aus. Ihr Hund wird das Gefühl haben, dass Sie einen Plan haben, und kann sich gut an Ihnen orientieren.

Ableinen?

Je nach Situation und vor allen Dingen je Typ Hund kann auch ein Ableinen sinnvoll sein. Das kann die Situation deeskalieren, da sich beide Hunde frei bewegen und ohne Begrenzung der Leine kommunizieren können.

Sie merken, genau DIE richtige Lösung ist nicht pauschal greifbar. Es kann jedes Mal anders verlaufen. Entscheidend ist jedoch bei allen Lösungsvarianten: Sie als Hundehalter können mit Ihrer Stimmung sehr viel bewirken und Einfluss auf die Situation nehmen. Reagieren Sie bei allen drei Möglichkeiten selbstsicher, souverän und gelassen, kann sich Ihr Hund an Ihnen orientieren. Sie strahlen Sicherheit und Führungsqualität aus.

Signale festigen

Wir Hundehalter stehen stets in der Pflicht. Wir haben die Verantwortung für unseren Hund und müssen gewährleisten, dass kein anderer Mensch oder ein Tier zu Schaden kommen können. Wir sollten daher die Situation jederzeit unter Kontrolle haben. Dazu zählt, unseren Hund lenken zu können. Grundsignale wie der Abruf, Sitz, das Laufen an lockerer Leine können helfen, Alltagssituationen zu meistern und den Hund sicherer zu lenken und zu leiten.

Wir empfehlen daher, den Abruf konsequent und regelmäßig zu üben. Denn ein gut funktionierender Abruf kann in Notsituationen eine gute Absicherung sein, so zum Beispiel wenn Ihr Hund freiläuft, aber ein angeleinter Hund Ihnen entgegenkommt, aber auch, wenn beide Hunde freilaufen dürfen und plötzlich ein weiterer Hund auftaucht oder auch ein Fahrradfahrer. Die Leinenführigkeit kann Ihnen ebenso nützlich sein, denn Leinenführigkeit bedeutet nicht nur an lockerer Leine nebenherlaufen. Vielmehr lernt Ihr Hund, sich an Ihnen zu orientieren, aufmerksam und ansprechbar zu sein. Die Stimmung ist entspannter.

Kommunikation ist alles

Kommunikation ist so wichtig und gleichzeitig auch so schwer. Kommt es zu einer Begegnung mit einem anderen Mensch-Hund-Team, ist die Kommunikation mit dem anderen Hundehalter immer wichtig. Kommt Ihnen ein Hund ohne Leine entgegen und Ihrer ist angeleint, können Sie dem Hundehalter freundlich und ruhig mitteilen, ob Sie Kontakt wünschen oder nicht. Schließlich kann Ihr Hund zum Beispiel unverträglich sein, Sie trainieren vielleicht gerade für die Hundeschule oder es liegen gesundheitliche Aspekte vor, weshalb Ihr Hund an der Leine geht.
Das Gleiche gilt jedoch auch für die umgekehrte Situation. Befindet sich Ihr Hund im Freilauf und ein angeleinter Hund kommt Ihnen entgegen, leinen Sie netterweise Ihren Hund an oder bringen Sie ihn ins Fuß. Erst wenn Sie mit dem anderen Hundehalter kommuniziert haben, ob ein näheres Zusammentreffen oder gar ein Spiel erwünscht ist, können Sie Ihren Hund ableinen. Besprechen Sie dafür die genaue Vorgehensweise mit Ihrem Gegenüber. Treffen Sie sich auf einem schmalen Weg, kann das Freilaufen und Spielen beider Hunde andere entgegenkommende Menschen und Hunde vielleicht bedrängen. Befinden Sie sich im Wald, denken Sie an die Jahreszeit. Ist gerade Brut- und Setzzeit, dürfen die Hunde nicht unkontrolliert ohne Leine laufen. Je nach Region und Ort kann auch eine generelle Leinenpflicht bestehen.

Fazit: Pauschal lässt sich kein richtiger Weg bei Hundebegegnungen festlegen. Die richtige Stimmung und Kommunikation, das Akzeptieren des eigenen Hundes, nützliche Signale fürs Handling beibringen sind Tipps, um entspannter mit solchen Momenten umzugehen. Entscheiden Sie für sich und für Ihren Hund, ob Sie überhaupt Kontakt zulassen möchten. Vielleicht möchten Sie beide einfach die Ruhe der Natur sowie das Miteinander genießen. Das ist auch vollkommen in Ordnung.

Information

Bei Hundebegegnungen kann es mitunter stressig für den eigenen Hund werden, ob angeleint oder nicht. Schließlich laufen zwei fremde Hunde aufeinander zu, die sich nicht kennen. Ein gegenseitiges Abschätzen, ob der Artgenosse ein Spielgefährte ist oder womöglich eine Gefahr, sorgen für Stress. Ein Hund kann dann auf vier verschiedene Weisen auf diese Situation reagieren, und zwar mit

• Angriff
• Flucht
• Erstarren
• Übersprungshandlung

Der Kontext, die gemachten Erfahrungen und auch Ihre Reaktion spielen dabei eine beeinflussende Rolle.

Der Angriff ist für viele Hundehalter angsteinflößend und beunruhigend. Er kann im Freilauf deutlich gesehen werden und dient dazu, das Gegenüber zu vertreiben. Aggressionen an der Leine sind für den Halter schwer händelbar und wirken für das Gegenüber unkontrollierbar. Sie sollten immer individuell und kontextabhängig betrachtet und eingeordnet werden. Denn ein Hund, der an der Leine nach vorne geht, kann vor dem Angriff schon andere Strategien versucht haben, um den Konflikt zu lösen. So kann er zum Beispiel mit dem Versuch der Flucht reagiert haben. Angeleint ist dies jedoch kaum möglich, sodass der Hund eine andere Strategie für die sinnvollere wählt. Möglich wäre hier dann der Angriff nach vorne.

Die Flucht wird vom Hund dann angetreten, wenn er dem Artgenossen signalisieren möchte keine Angriffstendenzen zu haben. Es kann jedoch nur funktionieren, wenn der Hund auch die Möglichkeit hat zu fliehen. Im Freilauf stellt dies kein Problem dar. Befindet sich der Hund wie oben beschrieben allerdings an der Leine, ist eine Flucht in Sicherheit nicht möglich. Er wird sich dann für eine Alternative entscheiden.

Beim Erstarren/Gefrieren erstarren die Hunde sprichwörtlich zur Salzsäule. Auslösende Reize können zum Beispiel Geräusche, Gerüche oder eben ein entgegenkommender Hund sein. Da nicht vorhersehbar ist, was danach passiert, kann es ratsam sein, den Hund vorsichtig anzuleinen.

Eine Übersprungshandlung wird bei Konflikten oder auch frustrierenden Situationen gezeigt. Der Hund zeigt dann Verhaltensweisen, die in der jeweiligen Situation unangemessen erscheinen, zum Beispiel bellt oder knurrt er, setzt sich hin, schnüffelt an einer Stelle ganz intensive oder, oder… Es sind Elemente, die aus dem Verhaltensrepertoire des Hundes bekannt sind. Nur werden sie in einer anderen Situation gezeigt.

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