Hot Spots – Von jetzt auf gleich

Von Annette Dragun

Erkennen und behandeln

Er entsteht quasi über Nacht und treibt den Hund mit Juckreiz oder Schmerzen zur Selbsttraumatisierung. Ein Hot Spot muss deswegen umgehend behandelt werden. Je nach Form eignen sich dafür sanfte Mittel aus der Natur oder tief wirkende Medikamente.
Aber gestern hatte er noch überhaupt nichts!“ – die klassische Aussage des Hundehalters, der aufgrund eines Hot Spots eine Praxis aufsucht. Und das ist auch der typische Verlauf. Hot Spots, übersetzt Heiße Punkte oder Heiße Flecken, entstehen sozusagen in Nullkommanichts, über Nacht, innerhalb weniger Stunden, von jetzt auf nun. Dem Halter fällt auf, dass der Hund sich wie besessen an einer Stelle kratzt oder schleckt. Untersucht er die Haut, findet sich ein rotes, nässendes Ekzem, mehr oder minder deutlich abgegrenzt zum umliegenden gesunden Gewebe. Ein solcher Hot Spot ist zunächst ungefährlich, muss aber umgehend korrekt behandelt werden. Denn der unangenehme Juckreiz und die Schmerzhaftigkeit verleiten den Hund dazu, sich durch Kratzen und Benagen quasi selbst zu verstümmeln.

Je länger er das Problem bearbeitet, desto tiefer wird der Schaden, und damit verschlimmern sich wieder die quälenden Symptome. Unbehandelt besteht zudem die Gefahr einer weiteren Ausbreitung der bakteriellen Besiedlung, sowohl in die Breite als auch in die Tiefe. So kann sich ein tiefer Hot Spot entwickeln, der einher geht mit einer Entzündung der Haarbälge (Follikulitis). In diesem, üblicherweise extrem schmerzhaften Stadium ist die Therapie deutlich aufwändiger und langwieriger als bei der oberflächlichen Form. Zusätzlich zur lokalen Versorgung wird kaum ein Tierarzt auf den Einsatz eines hautgängigen Antibiotikums für einen Zeitraum über mehrere Wochen verzichten. Auch die Behandlung des tiefen Hot Spots mit Mitteln der Komplementärmedizin ist alles andere als ein Spaziergang.

Mögliche Ursachen für die pyotraumatische Dermatitis gibt es viele

Manchmal reicht schon ein kleiner Kratzer, etwa durch einen Dorn, um sie auszulösen. Oder eine leichte Irritation nach dem Scheren. Häufig sind Parasiten im Spiel. Der Hund versucht etwa, eine Zecke loszuwerden, und fügt sich in einer manischen Rastlosigkeit die Hautläsion zu. Ein anderer reagiert allergisch auf Flohbisse, hier finden sich die Hot Spots im hinteren Rückenbereich. Manchmal stört eine Analdrüsenentzündung. In diesem Fall ist der Hot Spot am Hinterschenkel lokalisiert, so nah eben, wie der Hund an den auslösenden Faktor herankommt. Nicht selten entstehen die lokalen Hautentzündungen im Hals- oder Wangenbereich – bei der Untersuchung findet sich dann vermutlich eine Ohrenentzündung. Manche Vierbeiner bekommen immer wieder quälende Hot Spots. Hier kann ein Allergie-Test lohnen, womöglich ist eine Immunreaktion auf Futtermittel- oder Umweltallergene ursächlich für das Hautgeschehen. In einigen Fällen entsteht ein Hot Spot ganz offensichtlich durch eine allergische Kontaktreaktion auf ein Medikament – der Klassiker ist ein Ekzem zwischen den Schulterblättern nach Auftragen eines Spot-ons zur Parasitenprophylaxe.

Häufig betroffene Rassen

Eine Prädisposition haben Hunde mit dichtem Haarkleid und/oder viel Unterwolle. Die Liste der am häufigsten betroffenen Rassen wird denn auch angeführt von Neufundländer, Labrador, Golden Retriever, Deutscher Schäferhund, Berner Sennenhund, Bernhardiner, Rottweiler und Bobtail. Hunde mit starkem Speichelfluss entwickeln während der warmen Jahreszeit häufig Hautentzündungen im Bereich neben den Lefzen sowie unter dem Hals. Ohnehin entstehen die meisten lokalen Dermatiden in der warmen Jahreszeit und firmieren gelegentlich unter der Bezeichnung Sommerekzem. Unter der dichten „Wolle“ sind Verletzungen nicht zu erkennen, das warme, schlecht belüftete Areal begünstigt die Entzündungsbildung. Viele Hundehalter berichten, dass ihr Tier vorher in Binnengewässern schwimmen war, und vermuten hier die Erreger. Die Reihenfolge dürfte aber anders sein: Aufgrund der Hautirritation fügt sich der Hund durch Kratzen oder Knabbern eine Verletzung zu, das Wundsekret bildet in der Wärme unter dem dichten, feuchten Fell einen Nährboden für die Bakterien, die sich ubiquitär auf der Haut befinden, und die Hautflora verschiebt sich. Der Juckreiz nimmt zu, der Hund traumatisiert sich weiter, pathologische Bakterien siedeln und vermehren sich …

Ich selbst hatte früher einen Langhaardackel, bei dem genau dies zutraf. Wir lebten am Mittelmeer, er war nicht vom Wasser fernzuhalten und stöberte zu gerne im Dornengebüsch. Um der ständigen Belastung mit immer neuen Hot Spots ein Ende zu bereiten, verpasste ich dem Rüden schließlich einen Kurzhaarschnitt – mit Erfolg, es gab keine neuen Hautentzündungen. Bei manchen Rassen raten Hundefriseure natürlich vom Scheren ab. Dann sollte aber durch konsequente Haarpflege die Unterwolle kontrolliert werden, damit Luft an die Haut kommt. Häufig ist eine Ursache nicht ohne Zweifel auszumachen. Aber warum auch immer sich ein solcher Hot Spot bildet, er muss behandelt werden. Vielfach findet sich der Ratschlag, man solle das betroffene Areal rasieren. Es ist aber keine gute Idee, mit Einwegrasierern oder ähnlichen Werkzeugen dem Fell zuleibe zu rücken, das könnte die Haut zusätzlich irritieren. Von Haaren befreit werden muss das Gebiet aber unbedingt. Gut lassen sich die Haare mit einer Schere entfernen, oder man nimmt einen herkömmlichen elektrischen Langhaarschneider. Es macht nichts, wenn einige Millimeter lange Stoppeln stehen bleiben. Wichtig ist, dass man die entzündete Stelle gut in Augenschein nehmen und behandeln kann. Damit sich nicht Haare aus der unmittelbaren Umgebung mit dem Wundexsudat verkleben, kürzt man auch diese. Beim Haareschneiden ist Vorsicht angebracht. Es gilt nicht nur zu verhindern, dass der Hund zusätzlich verletzt wird. Manche Hot Spots – vor allem die tiefen – sind so schmerzhaft, dass selbst vorsichtige Manipulationen zu Abwehrreaktionen führen können – der Hund beißt zu. Hat man es mit dieser heftigen Form zu tun, wird man sich umgehend in erfahrene Hände begeben. Der Tierarzt muss möglicherweise den Patienten sedieren, um ihn vor den Schmerzen und sich selbst vor Verletzungen zu schützen.

Hot Spot freilegen

Nach dem Freischneiden oder Scheren hat man endlich den Durchblick und kann beurteilen, womit man es zu tun hat. Der oberflächliche Hot Spot präsentiert sich rundlich oder oval, rot, nässend und meist mit einem gelblichen, haarlosen Zentrum. Das entzündete Gewebe ist deutlich abgegrenzt zur benachbarten gesunden Haut. Vom eitrigen Wundsekret geht ein unangenehmer Geruch aus. Das Areal ist flach, der Hund zeigt mehr Juckreiz als Schmerzen.

Im Gegensatz zu der eben beschriebenen klaren Abgrenzung zeigen sich beim ­tiefen Hot Spot sogenannte Satelliteneffloreszenzen. Außerhalb des eigentlichen Geschehens findet man weitere Bereiche mit Pusteln, Krusten oder nässenden ­Ekzemen. Auffallend ist zudem das ­verdickte Gewebe und die dramatische Schmerzhaftigkeit. Manche Tiere sind ­dadurch im Allgemeinbefinden deutlich reduziert, sie geben es sogar auf, die ­betroffene Stelle weiter zu kratzen oder zu lecken. So ein armer Tropf gehört auf jeden Fall in professionelle Behandlung.

Behandlung

Für den oberflächlichen Hot Spot gibt es verschiedene Heilmittel aus der Natur. Im ersten Schritt muss das Areal nach dem Freischneiden gesäubert werden. In der Apotheke gibt es dreiprozentiges Wasserstoffperoxyd, mit dem man tägliche Waschungen durchführen kann. Andere geeignete Hausmittel für die sanfte Reinigung der lädierten Haut sind Kaisernatron oder einfache Kernseife. Bei der Reinigung werden mit dem Wundexsudat verklebte Haare, Krusten, Schmutz und eventuelle Medikamentenreste entfernt. Danach lässt man das Gebiet trocknen, bevor bakterizide Wirkstoffe zum Einsatz kommen. Auch hier bietet die Natur diverse Möglichkeiten. Ich selbst arbeite mit verdünnter Calendulatinktur (1 Teelöffel auf 100 ml Wasser), die ich mehrmals täglich mit einem sterilen, fusselfreien Tupfer auf die Läsion auftrage. Gut funktionieren auch Aloe-Vera-Gel oder alkoholfreie Propolistinktur. Andere Tierheilpraktiker empfehlen Kolloidales Silber oder Lösungen mit Effektiven Mikroorganismen. Grundsätzlich abzuraten ist von Cremes, Pasten oder Puder. All dies verschließt die Oberfläche des Hot Spots und begünstigt damit weiteres Bakterienwachstum. Aus diesem Grund verzichtet man auch auf das Anlegen von Verbänden oder Pflastern.

Heilung und Vorbeugung

Natürlich muss der Hund von weiterem Belecken und Kratzen abgehalten werden. Unter der richtigen Therapie nimmt der Juckreiz schnell ab, aber solange dieser den Hund noch belästigt, sollte man ihn je nach Lokalisation mit Halskragen, dicken Socken und ähnlichen Mitteln vor seinem selbstzerstörerischen Tun schützen. Normalerweise trocknet der oberflächliche Hot Spot unter diesen Maßnahmen innerhalb von zwei bis fünf Tagen ab, die Heilung setzt ein. Bei Wundheilungsstörungen kann eine Laserbehandlung hilfreich sein. Zeigt der Hund eine Veranlagung zu wiederkehrenden Hautentzündungen, ist die schon erwähnte Fellpflege eine unerlässliche und unersetzliche Vorsorgemaßnahme. Um die Hautflora zu stabilisieren und die Immunabwehr zu unterstützen, könnte sich eine homöopathische Konstitutionstherapie eignen.

Unbedingt sollte auch die Ernährung überprüft werden. Besonders der Mangel an essentiellen, ungesättigten Fettsäuren begünstigt die Entstehung von Hauterkrankungen wie dem Hot Spot. Es kann durch die Mangelversorgung zu einer Störung der Lipidschicht der Haut kommen, was eine Veränderung der Hautflora nach sich zieht und Sekundärinfektionen unterstützt. Vor allem bei der Fütterung von fettarmem Trockenfutter besteht dieses Risiko. Dass andere vermeidbare Ursachen wie etwa Floh- oder Milbenbefall eliminiert werden, versteht sich von selbst. Ergibt die Krankheitsgeschichte Hinweise auf einen allergischen Hintergrund, sind die entsprechende Diagnostik und Therapiemaßnahmen einzuleiten. Und bei Kontaktallergien wird man zukünftig auf die Anwendung des Auslösers konsequent verzichten.

Mehr zu diesem Thema lesen Sie auch in ihrem neuen Buch „Tierischer Juckreiz: Allergien bei Hunden verstehen und behandeln“ 

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