Horse and Dog Trail – Teambildung auf 10 Beinen

Von Sylke Schulte

Mit Pferd und Hund einträchtig unterwegs sein – das ist der Traum vieler Tierfreunde. Dabei ist es gar nicht so einfach, die verschiedenen Bedürfnisse der unterschiedlichen Vier- und Zwei­beiner unter einen Hut zu bekommen und allen Beteiligten Spaß und Freude zu ­bereiten. Eine relativ junge, aber an Beliebtheit ge­winnende Ausrichtung des Pferdesports, genauer der Western­reiterei, versucht nun genau diesen Ansprüchen gerecht zu ­werden: Horse and Dog Trail soll Hund, Pferd und Mensch einander näherbringen und spielerisch Teamgeist, Aufmerksamkeit und Bindung in ­diesem spannenden Dreiecksverhältnis ­stärken.

Drei Spezies – ein Ziel
Horse and Dog Trail wurde 2001 erstmals durch die EWU, die Erste Westernreiter Union Deutschland e.V., für alle Reitweisen angeboten und 2008 auch von der FN, der Deutschen ­Reiterlichen Vereinigung, als Geschicklichkeitsprüfung in der Kategorie ­Breitensport anerkannt. Die Ursprünge dieser jungen Domäne finden sich in Deutschland und der Schweiz, sind aber von der Arbeit und dem Umgang mit Hund und Pferd auf der ganzen Welt inspiriert. Mittlerweile findet die Arbeit im HDT (Horse and Dog Trail) nicht nur innerhalb Europas, sondern auch in Kanada immer mehr Anhänger. Die offiziellen Regelwerke für diese spannenden Prüfungen variieren je nach Schwierigkeitsgrad und stellen bedarfsgerechte Anforderungen an Zwei- und Vierbeiner.

Grundsätzlich handelt es sich bei einem solchen Trail um einen Geschicklichkeitsparcours, der Hund, Pferd und Reiter die Bewältigung unterschiedlichster Aufgaben abverlangt. Dabei sind die Anforderungen an einen Geländeausritt zu Dritt angelehnt und somit gilt es, Situationen zu meistern, auf die das Dreiergespann auch im Alltag treffen könnte. Prinzipiell kann jeder Reiter an Prüfungen des Trails teilnehmen. Eine Mitbegründerin und Organisatorin vieler Wettbewerbe und Prüfungen dieser Art, wie zum Beispiel des Horse and Dog Trail-Cups, ist Sabine Lang. Als Horse and Dog Trail Profi der ersten Stunde und Verfasserin der Regelwerke für die offiziellen Organe wie der FN und der EWU, bietet sie Vorführungen, Kurse und Unterricht an. Zu den offiziellen Prüfungen erklärt Lang: „Der Horse and Dog Trail ist für alle Reitweisen und Rassen geeignet und wird auch als Breitensportprüfung für alle Reitweisen innerhalb der verschiedenen Verbände angeboten. Von der FN sowie weiteren verschiedenen Westernreitverbänden, Vereinen und auch bei der EWU wird er als Breitensport- bzw. Sonderprüfung, als reitweisenunabhängige Prüfung und auch für Nichtmitglieder (LK5) bei gewissen Turnieren ausgeschrieben."

Für die Prüfung auf dem Horse and Dog Trail-Cup, dessen ­Organisation Sabine Lang 2012 an die EWU abgab und der seither als Championat bekannt ist, wurde 2014 der Wettbewerb mit Punktewertung und Aufstiegsmöglichkeiten in den Leistungsklassen in deren Regelwerk anerkannt. Dadurch können sich nun leider nur Westernreiter und Mitglieder für das Horse and Dog Trail-Championat qualifizieren und am Bundesfinale ­teilnehmen.

Wie kommt der Hund zum Pferd?
Doch bevor man sich daran macht, zu Pferd Aufgaben und Hindernisse zu bewältigen, während der Hund zwischen den Beinen des Pferdes herumspringt, empfiehlt es sich, die beiden Spezies, die ja recht unterschiedlichen Instinkten und Bedürfnissen folgen, erst einmal miteinander bekannt zu machen. Grundvoraussetzung für die Überwindung des Trails ist zunächst eine solide Grundausbildung von Pferd und Reiter sowie ein Grundgehorsam des Hundes. Mit beiden Tieren muss zunächst einzeln gearbeitet werden, bevor sie im Team arbeiten können. Auch Lang, die im Süden Deutschlands im Rahmen des Zentrums für Pferd, Hund & Mensch Unterricht und Kurse anbietet, betont: „Eine solide zunächst getrennte und dann gemeinsame Ausbildung ist unumgänglich. In der Pferd-Hund-Mensch-Dreiecks­beziehung, egal ob in der Reitbegleithundeausbildung oder im Horse and Dog Trail, verlangt die Zusammenführung der verschiedenen Individuen mit den unterschiedlichen Instinkten und Urbedürfnissen eine besondere Sorgfalt und Achtsamkeit, dies ist nur durch ein gegenseitiges Vertrauens- und Respektverhältnis zu erreichen."

Jede Hundepersönlichkeit ist anders und so eignet sich nicht jeder Hund für die Arbeit am und mit dem Pferd. Anders als in der Reitbegleithunde­ausbildung, bei der Rasse und deren genetisch bedingte Veranlagungen, Lauffreudigkeit und Kondition ausschlaggebend sind, spielen beim Horse and Dog Trail die Rasse und Größe eine eher untergeordnete Rolle – ­wichtiger sind Charaktereigenschaften und Erfahrungen des Hundes, wenn es darum geht, ihn auf ein Pferd „los­zulassen".

„Raubtier" vs. Fluchttier
Die Instinkte des „Raubtiers" Hund stehen dabei zunächst denen des Fluchtiers Pferd entgegen, wobei sich auch Pferde durchaus zu verteidigen wissen und ein gezielter Hufschlag dieser Beziehung zwischen den ­Spezies ein jähes Ende setzen kann. Um das Verletzungsrisiko für alle Beteiligten also möglichst gering zu halten, ist ein langsames Zusammenführen und Beschnuppern unbedingt notwendig. Dem Menschen kommt dabei die überaus wichtige Vermittlerrolle zu: Er muss seine Tiere sehr gut kennen und ihr Verhalten im richtigen Augenblick korrekt interpretieren und darauf reagieren.

Egal ob man nun die Teilnahme an einem Horse and Dog Trail, gemeinsame Ausritte oder nur ein entspanntes Miteinander auf dem heimischen Hof anvisiert: Bei der Zusammenführung von Hund und Pferd ist es wichtig, dass man beiden Tieren sehr viel Zeit lässt und ihre jeweilige Individualdistanz respektiert. Soll heißen: Sowohl Hund als auch Pferd dürfen nicht in für sie unangenehme Situationen mit der anderen Spezies gebracht werden, da gerade die ersten Begegnungen nach Möglichkeit in den Köpfen der Tiere mit positiven Erinnerungen verknüpft werden sollten. Lang rät: „Empfehlenswert ist es, dem Hund mit einer Decke evtl. mit Kauknochen oder ­ähnlichem, gegebenenfalls angebunden, einen sicheren und einsehbaren Platz zuzuweisen. Dieser Platz ist sein Warteplatz und gibt ihm dann Sicherheit und Ruhe, wenn das Frauchen oder ­Herrchen gerade das Pferd putzt oder auf dem Platz bzw. in der Halle reitet.

Wenn nun das Pferd gelassen und erfahren mit Hunden ist, kann der unerfahrene Hund näher ans Pferd genommen werden. Dabei muss der Mensch immer genau beobachten, ob der Hund unsicher wird und flüchten möchte oder eher ans Pferd nach vorne geht oder sogar versucht, das Pferd zu zwicken. Je nach Rasse und gerade bei Hütehunden zeigt sich das genetisch bedingte Kontrollverhalten, welches sich auch schon in Alltags­spaziergängen und im häuslichen Bereich erkennbar macht. Diese Hunde müssen lernen, dass dies beim Besitzer und am Pferd nicht ihre Aufgabe ist."

Der Hund sollte vor der Arbeit am oder mit dem Pferd an derartige Übungen gewöhnt werden, zum Beispiel vom Fahrrad aus. Zudem sollte der Hund mental und körperlich ausgelastet sein, da allzu wildes Herumspringen vom Pferd als Gefahr interpretiert werden könnte. Lang warnt jedoch: „Je nach Rassen und Typ empfehle ich keine extremen Hundesportarten durchzuführen, bei denen die Hunde richtig aufgedreht werden, denn ­gerade die aktiven Hüterassen benötigen viel mehr Zwangsruhepausen, damit sie nicht zum Workaholic tendieren. ­Wissenswert ist dabei, dass das Schlaf- und Dösbedürfnis von erwachsenen Hunden ca. 17 bis 20 Stunden und von Welpen und Seniorenhunden 20 bis 22 Stunden beträgt. Sehr wichtig ist noch zu erwähnen, dass Ballspiele nicht nur wegen der Konditionierung und des Suchtpotenzials, sondern vor allem wegen der Förderung von Beutefangverhalten unterbunden werden sollten. Denn dadurch wird der Reiz auf das Jagd- und Hüteverhalten oftmals erst gelegt bzw. gefördert, je nach Rasse und Persönlichkeit ist der Hund oft zu hochgefahren und schlechter zu kontrollieren, was die Ausbildung am Pferd natürlich erschwert."

Erstes Training
Das Training mit Hund und Pferd sollte in der Regel am Boden, zum Beispiel bei gemeinsamen Spaziergängen, beginnen. Eine weitere Person kann sich bei diesen ersten Ausflügen in brenzligen Situationen als echte Hilfe erweisen. Da im Horse and Dog Trail der Hund auch an der Leine vorgeführt werden muss, ist eine gehorsame und gute Leinenführung des Hundes Grundvoraussetzung. Die ersten Übungen zu Pferd sollten auf dem heimischen Reitplatz ausgeführt werden, um weder Hund, Mensch noch Pferd zu überfordern. Wichtig ist außerdem, dass der Mensch in allen Situationen den Überblick nicht nur über das Geschehen, sondern vor allem auch über die Tiere behält. In seiner Rolle als Vermittler zwischen dem Fluchttier Pferd und dem Nachfahren seines evolutionären Jägers, dem Hund, muss der Mensch besonderes Feingefühl walten lassen.

Konkret empfiehlt Lang: „Wenn ich meine Tiere verstehe und um ihre Psychologie und das Lernverhalten weiß, dann kann ich diesen Tieren ein gutes Leitbild sein. Dabei sollte ich anfangs in der Erziehung und dann in der Ausbildung im richtigen Timing mit positiver Bestärkung liebevoll loben, aber auch, wenn nötig, fair klare Grenzen umsetzen. In der Ausbildung sollte ich zwar meine Vierbeiner viel motivieren, aber daran denken, dass die Konzentrationsfähigkeit gerade für neu Erlerntes sehr kurz ist. Je nach Rasse, Persönlichkeit und Erfahrungen muss ich den Zeitpunkt erkennen, aufzuhören, damit ich sie mental und körperlich nicht überfordere. Dies stellt oftmals eine große Herausforderung für den Mensch bzw. Reiter dar. Dabei gilt immer Schritt für Schritt und Weniger ist mehr, denn der Weg ist das Ziel."

Nicht jedes Tier geeignet
Es sei noch anzumerken, dass nicht jeder Hund oder jedes Pferd für eine solche Zusammenarbeit zu haben ist. Zu großes Misstrauen oder sogar Angst auf der einen oder anderen Seite können im Gelände zu gefährlichen Situationen führen. Auch an der Teambildung kann es unter Umständen hapern: Wie auch unter Menschen, kann es in Teams mit allzu unterschiedlichen (oder auch allzu ähnlichen) Charakteren zu Schwierigkeiten kommen. So können sich sehr temperamentvolle Pferde und ­Hunde gegenseitig mit ihrer Aufregung anstecken – anders herum mag ein eher behäbiger Hund im fortgeschrittenen Alter auf einen jungen Hüpfer unterm Sattel leicht genervt reagieren und den Spaß an der Mitarbeit ver­lieren.

Einsatz der vier Pfoten
Um an offiziellen Wettbewerben teilnehmen zu dürfen, muss der Hund mindestens 24 Monate alt sein. Rasse, Geschlecht oder Größe spielen dabei keine Rolle. Die Aufgaben des Hundes im Parcours variieren je nach Prüfungsniveau. Im Trail ist der Hund die meiste Zeit über abgeleint und wird allein durch die Stimme von Herrchen oder Frauchen gesteuert. Hunde­besitzer wissen, dass schon die Wettbewerbssituation an sich, mit all ihren Ablenkungen, für viele Hunde eine Herausforderung darstellt, die neben Grundgehorsam auch eine solide Konzentrationsfähigkeit der Pelznase voraussetzt.

Im weiteren Trail muss der Hund nicht nur bei Fuß – oder vielmehr Huf – bleiben, in verschiedenen Aufgaben werden auch seine Geduld und Geschicklichkeit auf die Probe gestellt. Mal gilt es, folgsam abgelegt auf den richtigen Einsatz zu warten, in anderen Teilen werden die Vierbeiner einzeln oder zusammen durch Slaloms, über Brücken oder über, unter und durch verschiedene Hindernisse geführt. Dabei wird der Hund oftmals vorausgeschickt – was bedeutet, dass er auch in der Lage sein muss, Aufgaben eigenständig zu bewältigen. Neben in der Reiterei schon bekannten ­Elementen wie Toren, Brücken, ­Planen oder Stangenarbeit werden also auch ­spezielle Aufgaben für den Hund gestellt. Bewertet wird das harmonische Teamplay des Dreiergespanns, die Ausführung der verschiedenen Aufgaben sowie der Gehorsam von Hund und Pferd. Die Vorteile für reitende Hundeliebhaber liegen dabei auf der Hand: Neben dem Spaßfaktor bietet diese Disziplin auch eine umfassende Vorbereitung auf gemeinsame Ausritte und stärkt nebenbei die Beziehung der drei Spezies untereinander.

Für Einsteiger werden sogenannte Schnupperprüfungen angeboten, bei denen dem Hund neben dem verbalen Lob auch das ein oder andere ­Leckerli gereicht werden darf. Bei diesen ­Prüfungen dürfen die Hunde bereits ab dem zwanzigsten Lebensmonat mit an den Start gehen und dem Dreier­gespann darf im Parcours auch ein Helfer zur Unterstützung zur Seite stehen.

Grundvoraussetzung
Ob nun im offiziellen Wettbewerb oder aus reinem Vergnügen im heimischen Wald, die Grundvoraussetzung für diese wie andere Disziplinen liegt natürlich darin, dass Mensch und Tier den Aufgaben geistig und körperlich gewachsen sind und der Mensch ­seine Tiere und ihr Verhalten gut kennt und beurteilen kann. Die besondere ­Freude, die dabei im Zusammenwirken von drei Spezies entstehen kann, beruht auf respektvollem und vertraulichem Umgang miteinander, so dass der gemeinsame Ausritt oder auch der bunte Parcours für alle Drei eine Freude ist.

BUCHTIPP

Der Weg zum Reitbegleithund
von Sabine Lang
ISBN 978-3-86127-565-7
Cadmos Verlagwww.sabinelang.de
www.horse-dog-trail.com

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