Hilfe, mein Hund wird plötzlich aggressiv gegenüber anderen Hunden!

Das Problem:

Hallo WUFF!
Seit den Anfängen von WUFF bin ich stolzer Abo-Inhaber und noch immer bin ich begeistert von Ihrer Zeitschrift! Deshalb wende ich mich jetzt auch mit meinem Problem an Sie und hoffe, dass Sie mir helfen können. Mein Mann und ich haben eine 4jährige Brandlbracke (Hündin) namens „Jessy“. Sie ist bei uns seitdem sie 8 Wochen alt war. Wir hatten eigentlich auch nie Probleme mit ihr, abgesehen davon, dass sie ein sehr stürmischer und lebhafter Hund ist. Ausserdem ist sie sehr familienbezogen und je mehr Familienmitglieder anwesend sind, desto wohler fühlt sie sich. Gegenüber Fremden war sie aber schon immer skeptisch und sehr distanziert. Als junger Hund gab es für sie nichts Schöneres, als beim Spaziergang mit anderen Hunden herumzutollen.

Plötzlich alles anders
Doch das hat sich plötzlich total geändert. Wenn sie jetzt auf einen anderen Hund trifft, egal ob Rüde oder Hündin, ob Welpe oder Senior, dann sträubt sie sofort ihr Fell und fällt den anderen Hund mit gefletschten Zähnen an.
Allerdings hat sie noch nie gebissen, möchte den „anderen“ anscheinend nur „verscheuchen“ und ihre Ruhe haben. Dadurch ist ein Spaziergang mit ihr zu einem Hindernislauf geworden und man muß ständig auf andere Hunde achtgeben.

Als Junghund gebissen worden
Vor Jahren, als unser Hund noch „hundefreundlich“ war, wurde sie einmal grundlos und ohne Vorwarnung von einer weißen Schäferhündin gebissen. Sie hatte damals zwei Löcher in der Seite und mußte genäht werden. Wir befürchteten schon, dass sie ab jetzt Angst vor anderen Hunden haben könnte, doch ihr Verhaltenswandel kam erst einige Zeit danach. Zu den Hunden unserer Bekannten ist sie sehr freundlich, obwohl immer sie die „Dominante“ ist.

Meine Frage an Sie wäre, welche Ursache dieses Fehlverhalten haben könnte und an wen ich mich wenden kann, um dieses Verhalten zu korrigieren. Ich hoffe, dass Sie mir bei der Lösung meines Problems helfen können und freue mich schon auf Ihre Antwort!
Sonja Fohringer, e-mail

A. Univ.-Prof. Dr. Bubna-Littitz, Veterinärmedizinische Universität Wien, antwortet:

Sehr geehrte Frau Fohringer!
Nach Ihrer Schilderung gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten für das Verhalten Ihres Hundes:

Ursache Angst
1) Sie erwähnen, dass Brandlbracke Jessy vor einigen Jahren von einem anderen Hund gebissen und verletzt worden sei. Dies kann durchaus diese Verhaltensänderung bewirkt haben. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, ob Ihr Hund bei der Begegnung mit fremden Hunden auch Angst zeigt, d.h. wie wird beispielsweise die Rute gehalten. In diesem Fall könnte ein Trainingsprogramm beispielsweise so aussehen: Jessy bekommt das Lautzeichen „Sitz“ und ein Helfer nähert sich mit einem fremden Hund. Solange Jessy ruhig bleibt, wird sie belohnt. Wird sie unruhig, so endet das Loben und es wird in die Gegenrichtung weg gegangen und sie wird einige Minuten nicht beachtet. So soll sie lernen, dass Sich-ruhig-verhalten mit Belohnung verbunden ist.

Ursache Rangordnungsproblem
2) Ist das Verhalten von Jessy gegenüber anderen Hunden nicht mit Angst verbunden, so kann es aus der dominanten Stellung von Jessy erklärt werden: Sie beschreiben Jessy als dominante Hündin. Ist dem so, so steht sie vielleicht in der Rangordnung auch über Ihnen und versucht, Sie zu verteidigen. In diesem Fall muss die Rangordnung zum Beispiel durch Unterordnungsübungen wieder ins Lot gebracht werden.
Um die tatsächliche Ursache zu finden, bedürfte es noch genauerer Informationen darüber, wie die Hündin andere Hunde attackiert. Passieren diese Attacken auch wenn jemand anderer, eventuell Fremder, mit ihr spazieren geht? Zeigt sie dieses Verhalten nur gegenüber Schäferhunden, oder nur weissen Hunden oder Hunden jedweder Rasse? Der von Ihnen vorgestellte Fall zeigt schön, dass eine sinnvolle Therapie nur nach exakter Erhebung der Vorgeschichte möglich ist. Ich darf Sie einladen, das Problem mit mir telefonisch unter 01/ 250 77-4504 (16-18 Uhr) näher zu besprechen.

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A. Univ. Prof. Dr. med. vet. H. Bubna-Littitz ist Leiter der
Tierpsychologischen Beratungsstelle der Veterinärmedizinischen Universität.
Vorlesung „Verhalten und Verhaltensstörungen bei Hund und Katze“.

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