Hilfe, mein Hund bellt die ganze Zeit

Von Monica Sterle

Jena (APA/dpa) – Sobald es klingelt oder draußen tapst, schlägt so mancher Hund Alarm – und das aus voller Leibeskraft. Er bellt, als ginge es um Leben oder Tod. Doch der unerwünschte Rabatz ist oft hausgemacht.

Ob am Gartenzaun, hinter der Wohnungstür oder beim Anblick von Artgenossen: Hunde bellen, weil es ihre Art ist, zu kommunizieren und ihre Stimmung auszudrücken. Das ist normal. Teilweise wurden sie sogar gezüchtet, besonders viel und freudig zu bellen wie beispielsweise Jagdhunde. Sie zeigen mit Bellen an, wo ein erlegtes Tier liegt.

Experten wie die Verhaltenswissenschafterin Dorit Feddersen-Petersen vermuten, dass der Hund sich das Bellen im Laufe der Domestizierung angewöhnt hat, weil Menschen auch Laute von sich geben. Denn der Wolf, von dem der Hund ja abstammt, kommuniziert mit Heullauten. „Laute, die Hunde von sich geben, sind wohl die erfolgreicheren Auslöser in der Kommunikation mit dem Menschen. Denn diese übersehen eher die feinen optischen Ausdrücke“, sagt Dorit Feddersen-Petersen.

Allerdings besitzen Hunde im Bellen eine Lautäußerung, die fast durchgängig eine Übersteigerung erfuhr. Problematisch wird es, wenn ein Hund ständig bellt und sich die Nachbarn beschweren. Doch oft liegen die Ursachen für unerwünschtes Dauerkläffen auch beim Besitzer. „Häufiges, unerwünschtes Bellen ist oft unbewusst antrainiert“, sagt die Verhaltensbiologin Juliane Bräuer vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte und Hundestudien. So wird das Bellen zum Beispiel antrainiert, wenn der Besitzer die Leine nimmt, den Mantel anzieht und die Wohnung verlassen will. Für den Hund ist klar – es geht raus zum Spaziergang. „Wenn der Hund vor Freude bellt und der Mensch verlässt mit ihm das Heim, wird der Hund positiv bestärkt. Beim nächsten Mal bellt er vielleicht schon, wenn der Mensch nur zum Schlüssel greift.“

Die Forscherin rät, so lange stehen zu bleiben, bis sich das Tier beruhigt hat und leise ist. „Erst dann sollte man das Haus verlassen.“ Unerwünschtes Bellen würde auch bestärkt, wenn der Hundsein Futter bekommt, obwohl er vorher lauthals gemeldet hat, wie sehr ihn das jetzt freuen würde. Auch hier gilt – Futter gibt“s erst, wenn Schnuffi die Schnauze hält.

Dagegen kann ein Bellen am Gartenzaun bedeuten, dass der Hund, allein gelassen, nach seinen Menschen „ruft“. „Man könnte dieses Bellen als Trennungsbellen bezeichnen. Wölfe, die Mitglieder „rufen“ würden ein Trennungsheulen vokalisieren, so Feddersen-Petersen. Aus Hundesicht scheint dieses Trennungsbellen verständlich. Denn Hunde sind hochsoziale Wesen, die in Familienverbänden leben. Sie verstehen nicht, wenn der Rudelchef sie alleine lässt. „Hunde müssen lernen, dass ihr Mensch sie auch mal alleine lässt, aber immer wieder kommt“, sagt die Tierpsychologin Angela Pruß. Das kann man üben, indem man einige Sekunden aus dem Zimmer geht, die Tür schließt und zurückkehrt. Das wiederholt man mehrmals täglich. Nach und nach kann die Zeit gesteigert werden. Aber Achtung: Man sollte nie zum Hund zurückkehren, wenn er bellt oder winselt. „Mit der Rückkehr würde man sein Verhalten bestärken“, so Pruß.

Aber warum bellen Hunde beispielsweise am Zaun, wenn ihr Besitzer in unmittelbarer Nähe ist? „Dann kann es sein, dass sie ihr Revier verteidigen oder Artgenossen mitteilen, mehr Distanz zu wahren“, erklärt der Hunde-Sachverständige Gerd Fels. Besitzer sollten in diesem Fall die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. „Eine lange Leine kann da hilfreich sein“, so der Schäferhundzüchter. Zeige der Hund am Zaun unerwünschtes Verhalten und reagiert nicht auf ein Unterlassungskommando, könne man ganz sanft über die Leine einen Impuls geben. „Schaut der Hund zum Besitzer und kommt im Idealfall sogar zurück, wird gelobt, gestreichelt und belohnt“, sagt Gerd Fels.

Angela Pruß ergänzt: „Viele Leute haben das Hundekörbchen im Flur stehen, weit weg, wo sich der Besitzer aufhält.“ Doch so überlässt man dem Hund die Verantwortung, allein auf das Rudel aufzupassen. Er wird programmiert, dass er beim kleinsten Geräusch draußen Laut gibt, weil er vielleicht sogar überfordert ist mit der Situation. „Das ist vergleichbar mit einem Chef, der seiner Sekretärin die Schlüssel für die ganze Firma übergibt und sagt, er sei dann mal weg“, zieht Pruß den Vergleich.

 

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