Herbstzeitlose – Senioren mit Hund

Von Ana Hesse

Alte Menschen – Senioren – haben oft mit Vorurteilen zu kämpfen, wenn sie einen Hund haben. Sei es, dass sie im Hund einen Kindersatz sehen, ihn zu sehr vermenschlichen und ihm häufig nicht gerecht würden. Daher wird alten Menschen die Hundehaltung – oft grundlos – abgesprochen. Doch bei näherem Betrachten halten diese Vorurteile nicht stand. Menschen sind Menschen und zwar in allen Altersbereichen. Vorsorge für den ­geliebten Hund sollte jeder treffen, der ein Tier alleine betreut.

Schnaufend kommt Emma mit Frauchen um die Ecke. Keuchend hängt Inge hinten dran. Emma ist eine sportliche schwarze Labradorhündin und Inge 68 Jahre alt. Vor Kurzem verstarb ihr Mann. Willi war groß und stark und ihn störte es nicht, dass Emma immer zog. Nun ist er gegangen und lässt Inge mit Emma alleine zurück.

Horst und Lina haben zwei Hunde. Eine kleine, liebe Bulldoggendame, die schon älter und friedlich ist, und eine dreijährige Mischlingshündin aus dem rumänischen Tierschutz. Sie haben sie aus der Tötung und sehr viel Mitleid mit ihr. Obwohl Aika schon lange kein Mitleid mehr braucht, sondern klare Grenzen und eine liebevoll-konsequente Hand. Horst ist 78 und arbeitet noch, denn sie haben ein größeres Unternehmen. Gesundheitlich jedoch ist er angeschlagen. Beginnende Demenz und dadurch bedingt depressive Phasen. Dann ist sein Blick leer und seine Gedanken sind weit weg, und Aika nutzt diese Gelegen­heit, um allen anderen Hunden, die ihnen entgegen kommen, die Wacht anzudrohen. Frauchen Lina ist zwei ­Jahre jünger und sehr zierlich, so dass sie Aika oft nicht halten kann. Abgeben ist keine Option, das Mitleid mit dem Hund jedoch grenzenlos, der Umgang mit ihr leider auch.

Sind diese Beispiele aus der Praxis bezeichnend für alte Menschen und ihre Hunde? Nein, sind sie nicht! Oft genug habe ich auch jüngere Kunden im Training, die Knie- und Rückenprobleme haben und ihrem Hund körperlich ebenso wenig gewachsen sind. Ist es der mentale Aspekt, weil Herrchen langsam dement wird und Aika das merkt? Das trägt ganz sicher dazu bei, dass es nicht besser wird. Aber auch das ist kein ­Alleinstellungsmerkmal für alte Menschen und ihre Hunde. Viele, auch junge Menschen leiden inzwischen an psychischen Krankheiten und haben trotzdem Hunde. Dann ist es sicher die Inkonsequenz alter Menschen ihren Hunden gegenüber, dass es hier nicht besonders gut passt? Sicher nicht! ­Inkonsequenz haben wir quer durch alle ­Altersklassen. Angefangen von Kindern bis ins hohe Alter. Und ­vermenschlichen? Ja, ein Problem ist das bestimmt. Aber keines, das nur alte Menschen und ihre Hunde betrifft. Sondern auch das ist eines, was man in allen Lebensstufen wiederfindet. Dann liegt es aber ganz sicher daran, dass sich alte Menschen nichts mehr sagen lassen und deshalb Training ­ohnehin keinen Sinn macht? Nein. Ob sich ein Mensch etwas „sagen lässt“ oder nicht, hängt nicht am Alter, sondern an der Persönlichkeit eines Jeden und auch an seinem Gegenüber. Altersunabhängig.

Was also spricht gegen alte Menschen und Hunde? Nichts! Gar nichts. Außer vielleicht der biologisch etwas lauter tickenden Uhr. Das Lebensende, das ist etwas, dem man nicht entgehen kann. Doch das viel zu frühe Lebensende kann jeden von uns jederzeit treffen, und auch dann bleibt der Hund im schlimmsten Fall alleine zurück. Es gibt also, sachlich betrachtet, keinen wirklichen Grund, alten Menschen den Hund abzusprechen. Doch viele Tierschutz­organisationen, Tierheime oder Züchter geben an Menschen eines bestimmten Alters (60 plus) keinen Hund mehr ab. Obwohl die Lebenserwartung heute deutlich höher ist als noch vor 50 Jahren und es eine ganze Reihe von Möglichkeiten gibt, Vorsorge im Krankheits- oder Todesfall für den Hund zu treffen (siehe Kasten).

Als Eltern haben wir uns Gedanken darüber gemacht, was mit unserem Kind geschieht, wenn wir beide gleichzeitig aus dem Leben scheiden sollten, was zum Beispiel durch einen Verkehrs­unfall geschehen könnte. Gleiches gilt auch für die Hunde, denn sie sollen nicht im Tierheim landen, sondern in mir wohl vertraute Hände kommen.

Wenn die Rente nicht reicht und der Hund krank ist
Finanzielle Aspekte werden in einem Zug mit alten Menschen und Hunden gerne angesprochen. Manche Renten sind sehr klein und das Leben teuer. Meistens klappt es im Alltag, doch wenn eine schlimmere Krankheit oder eine Operation des Hundes ansteht, können sich viele eine Behandlung nicht leisten. Manche Tierärzte, vor allem wenn sie ­einen schon lange kennen, lassen mit sich reden und eine ­Ratenzahlung vereinbaren. Ansonsten kann ein Gespräch mit dem Sozialamt hilfreich sein. Manchmal helfen im Einzelfall auch Tierschutzorganisationen. ­Traurige Tatsache aber ist, dass auch das kein alleiniges Problem des Alters ist, sondern quer durch alle Altersstufen. Ob Alleinverdiener mit Familie, Allein­erziehende mit Kindern, Alleinstehende oder Sozialhilfeempfänger – wenn es eng ist, merkt man es dann ganz besonders. Eine Hundekrankenversicherung könnte eine Alternative sein, falls sie ins monatliche Budget passt.

Senioren mit Hund im Training – die 60 plus Generation
Oft werden ältere Menschen mit Hund belächelt, dabei ist für eine Trainingsgruppe gerade die Mischung von Jung und Alt eine schöne Bereicherung. Man kann sich gegenseitig – auch über die Hundeschule hinaus – helfen. Reine ­Seniorengruppen scheinen hingegen nicht angenommen zu werden, obwohl das Training hier auf die Bedürfnisse, wie zum Beispiel mobile Beeinträchtigungen, zugeschnitten werden könnte. Es gibt ja auch Gruppen für Seniorenhunde, so gestaltet, dass sie in ihrer Mobilität nicht überfordert werden und dennoch Spaß am Training haben. Für die Senioren selbst gilt das offenbar nicht. Entweder sind sie in gemischten Altersgruppen zu finden oder gar nicht.

Mehr Zeit für den Hund im Alter
Der Vorteil im Alter liegt klar auf der Hand! Mehr Zeit für den Hund! Ausgedehnte Beschäftigung, Spaziergänge, Aktivitäten. Ein Hund schaut nicht auf die Uhr, und Hunde sind nachsichtiger mit uns Menschen als umgekehrt. Sie passen sich Situationen schneller an, als wir denken. So auch bei Roger und ­Doggen-Labradormixrüde Carlos. Als Roger an den Hüften operiert wurde, sollte eigentlich alles besser werden. Aber das tat es nicht, und so wurde seine Beweglichkeit deutlich eingeschränkt. Mit Ende 60 für einen sonst sportlich-agilen Menschen eine große Strafe. Carlos war drei, als Herrchen plötzlich nicht mehr gut zu Fuß war. Es dauerte nicht lange, da fuhr Roger mit einem Elektromobil vor und Carlos trottete brav nebenher. So drehen die beiden seit Jahren täglich ihre Runden, mit regelmäßigen Zwischenstopps zum Plaudern für Hund und Herrchen.

WUFF-Tipp
Vorsorge treffen
Vorsorge treffen kann man bei:
– Krankheit, auch einer längeren, oder bei einem Unfall, wie zum Beispiel bei einem Oberschenkelhalsbruch, der langsam verheilt. Nachbarn, Schüler, Gassigänger, Gassigeh­service. Es gibt viele Möglichkeiten, sich Entlastung und Hilfe zu suchen. Auch Pflegedienstmitarbeiter kann man fragen, ob sie jemanden kennen oder den Hund wenigstens für zwei Minuten vor die Tür schicken können.
– Für den Todesfall jemanden benennen, der dem Hund einen Endplatz bietet oder ihn, im eigenen Sinne, gut vermittelt. Das können Nachbarn, Freunde, Familienangehörige oder Mitarbeiter aus Tierschutz­organisationen sein oder Menschen, die man vom Gassigehen her kennt und schätzt.
– Inzwischen bieten immer mehr Hundeschulen für ihre Kunden – und darüber hinaus – Notfallkärtchen an mit dem Hinweis „Mein Hund ist alleine zu Hause“. Auf dem Kärtchen, die Scheckkartenformat haben, kann man einen Namen und eine Adresse mit Telefonnummer eintragen, damit im Falle eines Falles sich jemand um das Tier kümmert.

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