Er ist verspielt, kuschelig – und er wäre eine gute Unterhaltung, denn der Partner hat einen gerade verlassen. Mit dem Hund an der Seite wäre man immerhin nicht mehr allein. Was im ersten Moment abwegig klingt, ist tatsächlich der Gedanke von einigen Menschen, die sich einsam fühlen. Und ganz so weit hergeholt ist er gar nicht, sagt Forscher Frank Nestmann. „Es ist ohne Zweifel so, dass Menschen, die Haustiere haben, weniger einsam sind.“
Haustiere strukturieren den Alltag
Haustiere würden Gesellschaft bieten, Freude machen und: „Sie strukturieren den Alltag.“ Denn sie müssten gefüttert und gepflegt werden. „Dadurch erlebt der Mensch eine Wirksamkeit. Und das bedeutet wiederum eine Erhöhung des eigenen Selbstwertgefühls“, so Nestmann. Auch für Annette Rost vom Tierschutzverein kann es eine große Bereicherung sein, wenn ein einsamer Mensch ein Haustier bei sich wohnen lässt.
Ein Gedanke, der gerade in der Corona-Krise häufig aufkommt. Rost weiß von vielen, vor allem kleineren Tierheimen, die bereits Anfang der Krise kaum mehr Tiere in der Vermittlung hatten. „Bei den Katzen ist die Nachfrage am meisten gestiegen“, sagt Tierheimleiterin Eva-Maria Stollberg. Das könne daran liegen, dass in vielen Köpfen die Meinung vorherrscht, dass Katzen genügsamer sind als Hunde, nimmt Petra Karolewicz von der Katzenverhaltensberatung „Catissimio“ an. „Das stimmt aber – gerade bei reiner Wohnungshaltung überhaupt nicht“, sagt sie.
Das Tier brauche mehr als Futter, Wasser und regelmäßige Besuche beim Tierarzt. „Wir Menschen müssen dafür sorgen, dass auch Bedürfnisse nach Bewegung, Spiel, Abenteuer und Abwechslung erfüllt werden“, so Karolewicz. Ansonsten könne es zu Verhaltensauffälligkeiten, Krankheit oder sogar Depression kommen. Dem stimmt auch Rost zu. Der Tierhalter müsse auch anfallende Tierarztkosten bedenken und sich Gedanken darum machen, wer beispielsweise das Katzenstreu hochträgt, wenn er selbst zu schwach dafür wird, etwa im Falle älterer Menschen.
Ausschüttung von Bindungshormon
Auch wenn Nestmann die Mensch-Tier-Verbindung nur ungern mit der zwischen zwei Menschen vergleichen möchte, sieht er ein Phänomen, das bei der Verbindung von Mensch zu Tier ähnlich ist wie etwa bei der von Mutter zu Kind: Es wird ebenfalls ein Bindungshormon ausgeschüttet, wenn sich ein Mensch um ein Tier kümmert. Zudem sei es gesundheitsfördernd, wenn beispielsweise ein älterer Mensch, der ansonsten keine Nähe und Zuwendung erleben würde, ein Tier streichelt und sich mit ihm beschäftigt. Aber ist das ein Ersatz für die Nähe eines anderen Menschen? „Jein!“, sagt Karolewicz. „Sicherlich gibt es Menschen, die dies so empfinden und solange es Mensch und Tier damit gut geht, ist das auch in Ordnung.“
Tier nicht wie Mensch behandeln
Jedoch sei es wichtig, auf die Bedürfnisse des Tieres einzugehen. Es müsse eben auch wie ein Tier und nicht wie ein Mensch behandelt werden, bekräftigt Rost. Denn eine Katze bleibt nun mal eine Katze und ein Hund ein Hund. „Und es wäre doch traurig, wenn jemand sich so zurückziehen würde, dass das Haustier sein einziger Kontakt ist.“
Dabei könne ausgerechnet der tierische Begleiter die Kommunikation zwischen Menschen fördern, erinnert Rost. Beim Gassigehen mit dem Hund komme man beispielsweise trotz Abstand viel schneller mit anderen Menschen in Kontakt, als wenn man allein spaziergehen würde. (Quelle: APA)