„Harvey“ – Mit dem Hund unterm Arm auf der Flucht vor den Fluten

Von Monica Sterle

Auch viele Tiere sind durch den Tropensturm obdachlos (Von Saskia Fröhlich/dpa)

Houston (Texas) (APA/dpa) – Tropensturm „Harvey“ hat nicht nur Menschen obdachlos gemacht. Auch viele Tiere sind betroffen. Für sie schaffen Tierheime Platz – und transportieren bisherige Bewohner per Flugzeug ab. Gemäß einer nach Hurrikan „Katrina“ erlassenen Verordnung sind bei einer Evakuierung im Katastrophenfall auch Tiere zu berücksichtigen.

Belinda Penn ist bis auf die Haut durchnässt. Haarsträhnen kleben ihr auf der Stirn, das Wasser reicht ihr fast bis an die Knie. Unter die Arme geklemmt trägt sie zwei kleine weiße Hunde. Winston und Baxter, der eine ein West Highland Terrier, der andere Shih Tzu, sind pitschnass, aber wohlauf.

„Es war keine Option für uns, sie zurückzulassen“, sagte die Texanerin der „New York Times“. Penn und ihr Mann sind Betroffene des Tropensturms „Harvey“, der Regenmassen und Überschwemmungen nach Texas gebracht hat. Wie den Penns geht es vielen: Wer kann, versucht neben Hab und Gut auch seine Lieblinge vor den Fluten zu retten.

Es gelingt nicht allen. So stranden in den Tierheimen der betroffenen Regionen immer mehr herrenlose Haustiere. „Bitte helft uns! Wir brauchen dringend Käfige in Handgepäck-Größe“, veröffentlichte ein Tierheim im texanischen San Antonio auf seiner Facebook-Seite einen Hilferuf.

Um Platz zu schaffen, müssen bisherige Heimbewohner weichen. Das Hochwasser in Texas erfordert eine logistische Leistung von Tierschützern in den gesamten USA: Helfer transportieren bisherige Tierheim-Schützlinge per Flugzeug in andere Teile des Landes. Allein aus San Antonio zogen bereits mehrere Hundert Hunde auf dem Luftweg um, unter anderem bis ins mehr als zweitausend Kilometer entfernte New Jersey an der US-Ostküste, wie die Tierschützer auf ihrer Facebook-Seite weiter schrieben.

Nicht abtransportiert würden selbstverständlich diejenigen Tiere, die die Retter erst wegen „Harvey“ aufgegriffen hätten, beruhigen die Verantwortlichen besorgte Facebook-Nutzer: „Dies sind nicht die an der Küste geretteten Tiere.“ Diese sollen „heimatnah“ untergebracht werden, in der Hoffnung, bald zu ihren Besitzern zurückkehren zu können.

In den sozialen Netzwerken machten einige herzzerreißende Bilder die Runde: So war ein Hund zu sehen, der mit einem Futtersackerl im Maul durch den Regen trottete. Ein CNN-Reporter teilte auf Instagram ein Foto, das zwei Golden Retriever in einem Boot im texanischen Dickinson zeigt. Die beiden Hunde seien von ihren Besitzern vor einem überfluteten Haus zurückgelassen worden, schrieb er dazu. Andere Aufnahmen zeigten Freiwillige, die Pferde aus kniehohem Wasser retten.

Nachdem es in der größten Notunterkunft in Houston zunächst Irritationen um abgewiesene Tierbesitzer gab, sind dort mittlerweile Haustiere willkommen. Gemäß einer nach Hurrikan „Katrina“ erlassenen Verordnung sind bei einer Evakuierung im Katastrophenfall auch Tiere zu berücksichtigen. Damals hatten sich viele Menschen geweigert, ihre Häuser zu verlassen, weil Katzen und Hunde in New Orleans bleiben sollten.

Andere ließen ihre Haustiere in dem Glauben zurück, nach wenigen Tagen wieder da zu sein. Tatsächlich dauerte es in einigen Fällen Wochen, bis Bewohner zurückkehren durften. Etwa 250.000 Hunde und Katzen kamen nach Angaben der Tierschutzgesellschaft ASPCA 2005 bei „Katrina“ ums Leben oder wurden herrenlos.

 

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