Der Unterausschuss des parlamentarischen Verfassungsausschusses beauftragte die österreichischen Bundesministerien für Inneres, für Justiz sowie für Wirtschaft und Arbeit um Erstattung von Vorschlägen zur Vorbeugung und Abwehr von Hundeattacken gegen Menschen und Tiere.

Verbot bestimmter Hunderassen EU-widrig
Das ressortübergreifende Gutachten beschäftigt sich auch mit der Frage, ob ein Verbot des Erwerbs und der Haltung bestimmter Hunderassen mit europarechtlichen Vorgaben überhaupt vereinbar wäre. Die Schlussfolgerungen sind brisant: Ein Verbot bestimmter Hunderassen, wie gegenwärtig in vielen Bundesländern als Patentlösung vorgeschlagen, wäre – als indirektes Handelshemmnis – als Maßnahme gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen im Sinne von Art 28 EG-Vertrag einzustufen. Eine Rechtfertigung dieser Maßnahme wäre nur nach Maßgabe des in Art 30 EG-Vertrag enthaltenen Ausnahmetatbestandes „Gesundheitsschutz“ möglich. Im Hinblick auf statistische Untersuchungen ist schon die Eignung einer solchen Maßnahme zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes fraglich, da auf die betroffenen Hunde nur ein sehr geringer Teil aller Verletzungen durch Hunde insgesamt zurückgeht. Die weitaus überwiegende Zahl von Hundeattacken erfolgt von den sogenannten „gutmütigen“ Hunden. Noch problematischer ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu sehen. Es stellt sich nämlich die Frage, ob nicht Maßnahmen, die den freien Warenverkehr gar nicht oder weniger beeinträchtigen, wie zB Maulkorb- und Leinenzwang oder eine Bewilligung zum Halten von Hunden, zur Erreichung des Schutzzieles ausreichen.

Hundeführerschein als Voraussetzung für Hundehaltung
Bei Einführung eines „Hundeführerscheines“ werde im Regelfall die Haltung aller Arten und Rassen von Hunden ermöglicht, wenn bestimmte Mindestanforderungen an die Persönlichkeit des Halters und die Ausstattung des Lebensraumes des Hundes gegeben sind. Derartige Maßnahmen werden gar nicht als Maßnahmen gleicher Wirkung anzusehen sein; vielmehr können sie als „Abgabemodalitäten“ ähnlich den im Keck-Urteil (Urteil des EuGH vom 24.11.1993, verbundene Rechtssachen C-267/91 und C-268/91) erwähnten Maßnahmen qualifiziert werden. Nicht erlaubt wäre es aber, für die Haltung bestimmter Hunde so strenge Anforderungen zu normieren, dass deren Haltung unmöglich gemacht oder drastisch beschränkt würde. Dies würde einem Abgabeverbot oder einer wesentlichen Abgabebeschränkung auf sehr wenige Tiere gleichkommen.

Verbot der Züchtung aggressiver Hunde
Sofern die Züchtung bestimmter Rassen verboten werde, würde es sich ebenfalls um eine verbotene Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Art. 28 EG-Vertrag handeln. Wird dagegen nur die Selektion aggressiver Tiere unabhängig von der Rasse verboten, ist die Maßnahme EG-rechtlich unbedenklich.

Niedrigere Hundesteuer für artgerechte Haltung
Zur Frage der ebenfalls diskutierten Förderungsmaßnahmen, etwa Steuerbegünstigungen für artgerechte Haltung oder hohe Steuern für bestimmte Hunderassen, nimmt das Gutachten auch Stellung: Steuerliche Maßnahmen sind unproblematisch, sofern sie an die artgerechte Haltung geknüpft sind. Steuerliche Maßnahmen für bestimmte Hunderassen könnten hingegen als handelsbeschränkende Maßnahmen (technische De-facto-Vorschriften im Sinne von §1 Abs 2 Z3 des Notifikationsgesetzes 1999, BGBl I Nr 183/1999) angesehen werden.



>>> WUFF STELLT VOR


Dr. Norbert Schauer leitet den Arbeitskreis „Experten für Tierrechte“, der beim Internationalen Bund der Tierversuchsgegner angesiedelt ist. Dr. Schauer ist Jurist und spricht für die Plattform „Ein Recht für Tiere“ (diese Plattform führte erfolgreich das Tierschutz-Volksbegehren durch) und beschäftigt sich seit 3 Jahren mit „Tierschutz und den Rechten der Tiere“. Auch publiziert er zu Tierschutz-Themen. Zum Thema „Kampfhunde“ war Dr. Schauer als Experte am 15. und 18.9.00 ins Parlament geladen.

Dr. Norbert Schauer, Tierschutz-Jurist des IBT, Tel: 0662/62 77 27
e-mail: dr.schauer@eunet.at
Egger-Lienz-Gasse 5/8a, A-5020 Salzburg

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