Haare, Haare, Haare

Von Anna Hitz

Über die richtige Fellpflege

Oft entscheidet eine Fellart, ob wir einen Hund als schön empfinden oder nicht. ­Afghanen beeindrucken durch ihren seidigen Behang, ­Pudel wirken durch ihre ­Lockenpracht fröhlich und gewitzt, während Boxer mit ihren kurzen, dichten ­Haaren einen sauberen Eindruck hinterlassen. Eines haben alle drei Hunde gemeinsam: Nur richtig ­gepflegt kommt der indi­viduelle Look ­wirklich zur Geltung.

Nicht nur das Verhalten unserer heutigen Hunde hat sich aus den Urwölfen entwickelt, sondern auch ihr Fell. Noch heute ist das Fell von Wölfen und Wildhunden an Schnauze und Beinen kurz und auf dem Körper dicht, aber nicht lang. Zudem wächst den wild lebenden Kaniden in kalten ­Regionen im Herbst eine dicke Unterwolle, die im Frühling komplett abgestoßen wird. Das Deckhaar selbst ist das ganze Jahr über im Wechsel und wird durch das Scheuern an Bäumen und Sträuchern entfernt.

Welches Haar soll es denn bitte sein?

Dass wir heute auch andere Fell­varianten kennen, verdanken wir drei Genvarianten, wie das US-amerikanische National Human Genome Research Institute 2009 feststellte. Das Institut ­untersuchte 1.000 Hunde, die 80 ­verschiedene Rassen repräsentieren. Wobei die Wissenschaftler festhalten:


„Während Forscher davon ausgehen, dass moderne Hunderassen vor etwa 15.000 Jahren sich vom Wolf abgespalten haben, haben die genetischen Wechsel im Hundegenom, welches die verschiedenen Felltypen hervorbringt, unterstützt von Züchtern, erst in den letzten 200 Jahren stattgefunden.“

Die Studie zeigt, dass eine Abänderung des Gens RSPO2 drahtiges Haar hervor­ruft, das mit spezieller Formgebung wächst und den Hunden einen Bart oder einen langen Behang verpasst. Bekannte Bartträger sind der Scottish Terrier, der Irish Terrier oder der Schnauzer. Das Gen FGF5 ist hingegen für die ­Varianten langes, seidiges oder flauschiges Haar zuständig. Typische Vertreter dieses ­Typus sind der Cocker Spaniel, der Pomeranian oder der ­langhaarige ­Chihuahua. Das Gen KRT71 sorgt hingegen für lockiges Fell, wie das des Irish Water Spaniels. Kommen jedoch alle drei Genvarianten zusammen vor, bekommen wir einen Hund mit langem, lockigem Haar und Behang. Zu Vertretern dieser Vielfalt gehören der Pudel oder der Portugiesische Wasserhund.

Was gibt es für Haartypen?

Grundsätzlich unterscheidet man ­zwischen Stockhaar, Glatthaar, Langhaar mit wenig Unterwolle, Langhaar mit viel Unterwolle, krausem Haar, Rauhaar, Filzhaar und keinem Haar.

Stockhaar, wie es der Wolf und Wildhunde haben, ist sozusagen der Klassiker der Fellarten. Bei unseren Haushunden sind typische Vertreter der Mops, Rottweiler, Labrador Retriever, Deutscher Schäferhund, Samojede und Spitz, die sich vor allem in der Länge des Deckhaares unterscheiden. Diesen Hunden sollte man vor allem im Frühling die Unterwolle kräftig ausbürsten. Mit einem Kamm und einer passenden Bürste aus dem Fachhandel sind Sie bestens ausgerüstet. Wenn man sich auch die restliche Zeit des Jahres daran hält und den Hund ein- bis zweimal pro Woche kämmt und bürstet, hat man mit diesem Fell immer einen gepflegten Hund.

Glatthaar besteht vor allem aus kurzem, festem Deckhaar mit wenig bis keiner Unterwolle. Typische Hunde sind der Dobermann, Boxer und Greyhound. Die Deckhaare wechseln das ganze Jahr über, weshalb diese Hunde durchaus haaren und sie großzügig verteilen. Es gibt auch kurzhaarige Hunde, die Unterwolle bilden, was die Dichte und Geschlossenheit des Deckhaares beeinträchtigen kann. Diese Unterwolle kann leicht mit einem engzinkigen Kamm ausgekämmt oder mit den Fingern ausgezupft werden. Ansonsten sollte man auch diese Hunde ein- bis zweimal die Woche mit einer Naturhaarbürste oder einem Striegel bürsten, gerne auch mit kreisenden Bewegungen. Wenn Sie das Kurzhaar auf Hochglanz polieren wollen, können Sie den Hund nach dem Bürsten mit einem Wolllappen abreiben.

Langhaar mit wenig Unterwolle
Diese Haarvariante wechselt das Haar in einem Mosaikmuster. Das heißt, das Fell wechselt periodisch über den ganzen Körper verteilt, sodass keine kahlen Stellen entstehen. Zu diesen Fellvarianten gehören der Setter, der Spaniel oder der Deutsch Langhaar. Besonders während des Haarwechsels sollte der Hund täglich gekämmt und gebürstet werden. Ansonsten kann man sich nach dem Hund richten, sollte aber doch einmal pro Woche zu Kamm und Bürste ­greifen. Mit dem Kamm arbeitet man das Fell durch und befreit es von Knötchen, Kletten und Verfilzungen. Anschließend kann man mit einer Draht- oder Unterwollbürste die dicht behaarten Körperregionen ausbürsten. Die Naturhaarbürste brauchen Sie wiederum, um abgestor­bene Haut und Haare aus dem Deckhaar zu entfernen.

Langhaar mit viel Unterwolle verspricht den fleißigen Griff zur Bürste, wenn man dieser Fellpracht irgendwie Herr werden will. Die Unterwolle ist sehr dick und das Fell wechselt permanent. Um Verfilzungen und Knoten zu verhindern, muss man dieses Fell fast täglich kämmen. Wer einen Bobtail, Tibet Terrier oder Shih Tzu zum ­Begleiter gewählt hat, weiß, wovon ich spreche. Die Pflege und die Pflege­utensilien sind dieselben wie beim Langhaar mit wenig Unterwolle. Mit dem Unterschied, wenn der Frühling und vor allem der Sommer kommt, muss man die Unterwolle dieser Hunde mit ganz besonderer Sorgfalt ausbürsten, damit es diese Hunde nicht zu warm haben.

Krauses Haar besteht aus lauter gleichlangen Haaren und setzt sich aus Unterwolle und nur wenig ­Deckhaaren zusammen. Zu den Trägern dieser Haarpracht gehören Pudel, Bedlington Terrier und Soft Coated Wheaten Terrier. Auch diese Hunde wechseln, entgegen kursierender Gerüchte, ihr Fell. Jedoch hat dieses Haar einen sehr langsamen Wechselzyklus, weshalb die Haare sehr lang werden können. Dieses Fell kann problemlos geschoren oder geschnitten werden, ohne dass Strukturveränderungen stattfinden. Wer jedoch zwischen den Haarschnitten hin und wieder für Ordnung sorgen möchte, dem wird ein Kamm empfohlen.

Rauhaar wiederum ist eine Fellart mit Deckhaar und Unterwolle. Besonders ist bei diesen Hunden, dass die Deckhaare gleichzeitig wechseln. Die Deckhaare haben, unabhängig von den Jahres­zeiten, einen Wachstumszyklus von etwa sechs Monaten. Die toten, losen Haare fallen jedoch nicht von selber aus, sondern müssen etwa zweimal im Jahr von Hand gezupft oder ausgebürstet werden. Von dieser Fellpflege profitieren Hunde wie Cairn Terrier, Schnauzer oder Rauhaardackel.

Oft sind Rauhaarhunde-Halter verunsichert, wenn es um das sogenannte Trimmen der Hunde geht, da man das Auszupfen der Haare mit Schmerzen verbindet. Wo das Fell jedoch rau ist, geht das Auszupfen leicht. Die toten Haare sitzen nur noch lose in den Haarfollikeln, was man daran feststellen kann, dass viele dieser Rauhaare nicht mehr am Hund, sondern auf dem Teppich zu finden sind. Wer dieses ­Hundefell scheren lässt, wird erleben, wie sich das Fell verändert. Es wird weicher, verliert an Farbintensität und Wetterfestigkeit, wodurch die natürliche Schutzfunktion verloren geht. Denn wird das Fell geschnitten, bleibt die Haarwurzel des alten Haares im Follikel und wächst erneut heraus. Nur durch das Auszupfen wird für das neue, ­kräftige Haar Platz geschaffen.

In der Alltagspflege kann man mit einem Kamm Schmutz, Kletten und Verfilzungen entfernen, während mit einer Drahthaarbürste lose ­Deckhaare und tote Unterwolle ausgekämmt werden. Überstehendes Haar kann ganz einfach mit den Fingern ausgezupft werden. Zum Abschluss gehört wieder die weiche Naturhaarbürste. Wer seinen Drahthaarhund ein- bis zweimal in der Woche so pflegt, erleichtert sich später auch die Trimmarbeit.

Filzhaar entsteht durch eine dicke und lange Unterwolle, die eine Art ­Schnüre bildet. Diese Zotteln oder Schnüre be­stehen aus ausgefallenen Haaren, die sich an den festsitzenden Haaren entlang schieben und mit ihnen ver­filzen. Bei der Fellpflege werden die Haare auseinandergezogen, um die Bildung einer großen zusammenhängenden Filzmatte zu verhindern. Die Schnüre beginnen erst einige Zentimeter über der Haut, wodurch die Haut gut atmen kann. Zudem schützen sie die Hundehaut überdurchschnittlich gut vor Sonne, Regen, Schnee und ­Verletzungen, was bei den üblichen Trägern dieser Haarpracht (ehemalige Hirtenhunde wie der Komondor und der Puli) auch Sinn macht.

Vom Baden und Bürsten

Heute wird, was früher verpönt war, oft das häufige Fellwaschen des Hundes empfohlen. Das hängt damit zusammen, dass es heute spezielle Shampoos und Pflegespülungen für Hunde gibt, die auf den pH-Wert ihrer Haut angepasst sind. Trotzdem gilt es, den Hund so wenig wie möglich und wenn, dann nur mit Hundeshampoo zu waschen. Denn die Hundehaut sondert durch kleine Talgdrüsen Fett ab. Dadurch erhalten Haut und Haare den schützenden Säureschutzmantel. Dieser weist Feuchtigkeit und Schmutz ab und sorgt für den natürlichen Glanz des Haares.

Baden wir unseren Hund, löst das Shampoo diese Schutzschicht ab. Nach einem einmaligen Bad pegelt sich das natürliche Gleichgewicht der Haut nach wenigen Tagen wieder ein. Bei zu ­häufigem Shampoobad jedoch kurbelt die Haut die Fettproduktion zusätzlich an, um die normale Schutzfunktion wieder herzustellen. Dieses Fett jedoch macht das Fell nicht nur schön ­glänzend, sondern bindet auch Schmutz und Gerüche. Durch häufiges Baden und die über­mäßige Fettproduktion wird der Schmutz stärker gebunden, was ­wiederum den Hundegeruch intensiviert. Wer seinen Hund zu oft badet, erreicht also eher, dass der eigene Hund vermehrt riecht und leichter verschmutzt. Wöchentliches Bürsten und Kämmen ist dem häufigen Baden vorzuziehen, da man die selbstpflegenden Eigenschaften des Fells und der Haut unterstützt. Übrigens, gegen das Abspülen mit klarem Wasser ist nichts einzuwenden.

Sommerschur?

Im Sommer wird von vielen Haltern das Fell ihres Vierbeiners geschoren, ungeachtet dessen, ob es ein Pudel oder ein Schäferhund ist. Die wohl­gemeinte ­Erleichterung ist für die Hunde jedoch nur bedingt ein Segen. Denn das Hundefell ist ein wahrer Alleskönner. Es schützt seinen Träger vor Kälte, UV-Strahlung und somit Sonnenbrand, Parasiten und Zecken und ist ein wunderbarer Aufprallschutz bei Spiel, Sport und Arbeit gegen Verletzungen durch Stürze, dorniges Gestrüpp und niederes Raubwild. Die Sommerschur vermindert jedoch oft das Wachstum des Deckhaares und vermehrt stattdessen die Unterwolle. Das mindert die Schutzfunktion des Fells insgesamt, da die Unterwolle keine schützende, sondern eine wärmende Funktion hat. Zudem liegt die Unterwolle direkt an der Haut, wo sie den Hund besonders gut wärmt. Wird nun der Hund geschoren, wird mehr Unterwolle nachproduziert. Zudem bleibt die tote Unterwolle im Fell, wo sie die natürliche Durchlüftung bis auf die Haut verhindert. Eine Schur wirkt also nur kurzfristig kühlend, wird aber im Endeffekt den Hund zusätzlich aufheizen.

Es sollte also unbedingt, besonders im Sommer, dem ordentlichen Ausbürsten der Unterwolle der Vorzug gegeben werden. Ist Ihnen das häufige Ausbürsten zu umständlich? Besprechen Sie sich mit einem Hundefriseur in Ihrer Nähe. Wenn Sie den Hund regelmäßig zur Pflege vorbeibringen, kann er den Hund für Sie ordentlich ausbürsten.

Ran an die Bürste

Die Vorzüge des Bürstens sind nicht von der Hand zu weisen. Kämmen und Bürsten massieren die Haut, was deren Durchblutung fördert, den Kreislauf anregt, das Wohlbefinden des Hundes steigert und einen schöneren Haarwuchs nach sich zieht. Zusätzlich werden Schmutz und kleine Hautschuppen entfernt und die Haare in eine ordentliche Form gebracht. Zusätzlich löst sich das Problem des Haarens bei ­regelmäßiger Fellpflege mit der Zeit von selbst, da das tote Haar immer gleich entfernt und ­weniger Unterwolle produziert wird. Übrig bleibt glänzendes, gesundes Haar. Und wenn Hund und Mensch die regelmäßige Pflege erst einmal gewöhnt sind, ist es ein nettes Entspannungsritual für beide Seiten, das die Beziehung zum Hund zusätzlich fördert.

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