Nur Geparden sind schneller als sie. Dennoch hatten tausende gesunde Windhunde in Großbritannien keine Chance, der Bolzenpistole des Abdeckers zu entkommen. Ihnen wurden die Schädeldecken zertrümmert, weil sie für Wettrennen nicht mehr schnell genug waren. Ein Skandal, sagen Tierschützer – ausgerechnet in einem Land, das für seine Hundevernarrtheit berühmt ist. Auf einem heimlich gedrehten Video, das in Großbritannien einen Sturm der Entrüstung auslöste, sieht der grau melierte Brillenträger David Smith nicht wie ein Killer aus. Auch nicht, als er zwei springlebendige Greyhounds hinter eine Ecke führt. Dann ist zwei Mal ein dumpfer Knall zu hören. Kurz darauf bringt Smith die toten Windhunde auf einer Schubkarre weg. Mit einem Bagger schiebt er sie in eine Grube und deckt sie mit Erde zu.
Tausendfach hat sich diese Szene auf dem Hof des Amateur-Abdeckers in der nordostenglischen Grafschaft Durham abgespielt, wie die „Sunday Times" enthüllte. Sein Garten ist ein Windhund-Massengrab. Pro Hund nimmt er 10 Pfund (rund 15 Euro). Innerhalb von 15 Jahren soll er dort mindestens 10.000 Greyhounds verscharrt haben. „Das ist eine Schande", sagt Eric Martlew. Er ist der Vorsitzende der Parlamentskommission für Tierfürsorge. „In unserer Windhunderennen-Industrie muss es hunderte Leute geben, die von dieser Tötungspraxis Kenntnis hatten." Schlimmer noch: Die „Killing Fields" von Abdecker Smith seien „wohl längst nicht die einzige Hunde-Vernichtungsstätte" im Vereinigten Königreich.
Greyhounds werden in Großbritannien zu den englischen Ikonen gerechnet. Schon die Kelten sollen sie im vierten Jahrhundert vor Christus auf die Insel gebracht haben. In Hobby-Magazinen tauschen sich Besitzer über Charaktereigenschaften ihrer Greyhounds aus. Die Entschlossenheit zum Beispiel, mit der sie selbst falschen Hasen hinterherjagen. Zudem seien sie „liebevolle Hausgenossen mit Familiensinn und anspruchslos in der Pflege". Nicht anspruchslos genug offenbar für etliche, die in den Tieren nur Instrumente zum Gelderwerb sehen. Bei Rennen auf den 30 Hundebahnen Großbritanniens werden pro Jahr umgerechnet etwa 3,65 Milliarden Euro für Wetten ausgegeben. Profitabel sind die Greyhounds nur auf dem Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr. „Dennoch lehnen wir Euthanasie-Fabriken ab", versichert Alistair McLean, Chef des Verbandes für Windhunderennen. „Wir helfen vielmehr pro Jahr, bis zu 10.000 Hunde, die mit dem Rennen aufhören müssen, an Tierfreunde zu vermitteln." Eine Kontrolle darüber gibt es freilich nicht. Tierliebende Briten könnten nun vielmehr durch die Entdeckung weiterer Greyhound-Massengräber geschockt werden. Abdecker Smith hat seine „Killing Fields" inzwischen geschlossen. Verdient habe er daran sowieso nie etwas, schwört er. „Das Geld habe ich immer für die Kinderwohlfahrt gespendet."