Könnte es also tatsächlich sein, dass die Hunde das korrekte Gefäß nicht aufgrund des menschlichen Signals wählten, sondern ganz einfach nur ihrem Geruchssinn folgten? Das waren die Fragen der ersten Kritiker unserer Arbeit. Doch ist diese Erklärung wenig wahrscheinlich, sonst hätten die Hunde ja immer das richtige Gefäß wählen müssen, was aber nicht der Fall war. Sie haben manchmal sehr wohl auch das falsche (leere) Gefäß ausgewählt, obwohl ihnen der Untersucher das richtige mit dem Futter angezeigt hat. Dennoch kann man grundsätzlich nicht ausschließen, dass der Futtergeruch die überwiegend richtige Wahl des Gefäßes bei den im letzten WUFF vorgestellten Experimenten beeinflusst hat. In einem weiteren Versuch wollten wir daher eine Antwort auf diese Fragen suchen.
Mit Speck fängt man Mäuse, mit Salami Hunde …
So haben wir die Hunde in fünf verschiedene Versuchsgruppen eingeteilt, und jeder Hund wurde zehnmal in der selben Situation nacheinander getestet. Im Großen und Ganzen war die Versuchsanordnung wie im letzten WUFF beschrieben, nur achteten wir diesmal darauf, dass ein Gefäß immer „sauber“ war, also niemals Kontakt mit Futter hatte, und auch stets nur mit der „sauberen“ Hand der Untersucherin angefasst wurde.
Die Aufgabe für die erste Gruppe war einfach. Die Hunde mussten herausfinden, in welchem Gefäß das Futter (eine verlockend riechende ungarische Salami) versteckt war. Die beiden Gefäße standen in einer Entfernung von drei Metern zum Hund, dazwischen befand sich die Untersucherin mit dem Rücken zum Hund, ohne ihm ein Signal zu geben, wo sich das korrekte Gefäß (also das mit der Salami) befand. Es ist interessant, dass die Leistung der Hunde nicht sehr gut war. Sie wählten zwar öfters das richtige Gefäß, jedoch war die Zahl der „Fehltreffer“ recht groß. Und das Ergebnis der Hunde in der nächsten Gruppe war noch schlechter. Die einzige Änderung zur ersten Versuchsanordnung war, dass sich die Untersucherin nun zwischen die beiden Gefäße stellte, weiterhin aber ohne dem Hund ein Zeichen zu geben. In dieser Versuchsanordnung gab es keinen statistisch verwertbaren Unterschied zwischen der Wahl des Salami-haltigen und des leeren Gefäßes, die Wahl hatte Zufälligkeitscharakter. Wir nehmen an, dass es die Hunde sehr gestört hat, dass die Untersucherin neutral zwischen den Gefäßen stand.
Reingefallen?
Für die dritte Gruppe der Hunde zeigte die Untersucherin auf das leere Gefäß, und zu unserer Überraschung wählte die Mehrheit der Hunde auch dieses leere Gefäß und nicht das mit der stark duftenden Salami. Dieses Ergebnis erhielten wir bei jedem Hund in allen 10 Versuchen. D.h. dass auch beim 10. Mal der Hund das leere Gefäß wählte, wenn die Untersucherin darauf zeigte, obwohl er bereits 9 mal davor „leer“ ausgegangen war. Es sieht für uns so aus, als ob die Hunde gar nicht auf den Gedanken kommen, dass die Untersucherin „lügen“ könnte, sie folgen offensichtlich „blind“ dem Signal des Menschen.
Gute Beobachtungsgabe
In einer weiteren Gruppe verglichen wir den Einfluss von Beobachtung und Geruch. So wie in allen Versuchsanordnungen wurde das Futter vor Versuchsbeginn im Gefäß versteckt. Nur diesmal ließen wir die Hunde zusehen, das heißt die Untersucherin legte vor den Augen der Hunde ein schönes Stück Salami in ein Gefäß. In Wahrheit aber blieb die Salami nicht im Gefäß, denn sie versteckte sie in ihrer Hand und zog diese wieder heraus. Für den Hund bestand aber nun der Eindruck, dass sich die Salami im Gefäß befand. Und im folgenden Versuch zeigten die Hunde auch eine starke Präferenz für dieses Gefäß, in dem sie die Salami vermuteten. D.h. die Hunde verließen sich auf ihre Augen, auf ihre visuelle Beobachtung (siehe dazu auch den Artikel „Wie denken Hunde? Über Wahrnehmung und Erkenntnisvermögen von Hunden“ von Dr. Sylvain Fiset in WUFF 7/2003).
Individuelles Verhalten
Vielleicht sind die Ergebnisse der fünften Gruppe die interessantesten: Hier konnten die Hunde wieder beobachten, wie die Untersucherin ein Stück Salami versteckte, im Versuch dann aber auf das falsche, also leere Gefäß zeigte. Betrachtet man das Gesamtergebnis dieser Gruppe, so entsteht der Eindruck, dass es keine Präferenz der Hunde für eines der beiden Gefäße gab. Tatsächlich gab es Hunde, die mal dieses und mal jenes Gefäß wählten. Der andere Teil der Gruppe aber war sehr konsequent in seinem Verhalten. Da gab es Hunde, die immer der Untersucherin „glaubten“ und das leere Gefäß auswählten, obwohl sie vorher gesehen hatten, dass die Salami ins andere Gefäß gegeben worden war, oder aber sie trauten immer nur ihren Augen und wählten – entgegen der Geste der Untersucherin – das Salami-Gefäß aus. Wir wissen derzeit noch nicht, wovon es nun abhängt, wie sich ein bestimmter Hund verhält.
Hunde vertrauen Menschen
Die Ergebnisse zeigen jedenfalls, dass Hunde sehr leicht von menschlichen Signalen beeinflusst werden können, und dass sie solche Information auch „sehr ernst“ nehmen, selbst wenn es ihrer eigenen Erfahrung widerspricht. Ähnliche Beobachtungen haben Psychologen auch bei kleinen Kindern gemacht, was ein weiterer Anhaltspunkt dafür ist, dass Hunde in einer ähnlichen sozialen Beziehung zu ihren Besitzern stehen wie Kinder zu ihren Eltern.
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