Hunde und Menschen hatten schon in der Altsteinzeit eine enge Beziehung, berichtet ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung. Schon damals gab es eine große Vielfalt der Vierbeiner, und sie machten seither viele Bevölkerungs-Veränderungen der Zweibeiner mit. Wölfe mischten sich nach der Domestikation kaum mehr in das Hundeerbe ein, dafür Hunde umso mehr in die Wolfslinien, erklären die Forscher im Fachjournal „Science“.
Ein Team um Pontus Skoglund vom Francis Crick Institute in London, Greger Larson von der Universität Oxford und Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien sequenzierte das alte Erbgut (DNA) von 27 Hunden, die vor bis zu
11.000 Jahren in Europa und Asien lebten. Die DNA gewannen sie aus dem „Felsenbein“ (Pars petrosa ossis temporalis) der Tiere, erklärte Pinhasi der APA. Das ist ein besonders erbguthältiger, gut geschützter Knochen im Innenohr, der auch bei menschlichen Skeletten die bevorzugte Quelle für alte DNA ist. „Schon damals, also tief in der Steinzeit und lange bevor die Landwirtschaft entstand, gab es eine große Vielfalt an Hunden in Europa, dem Nahen Osten, den beiden Amerikas, in Südasien und Sibirien“, erklärte Skoglund in einem Video zur wissenschaftlichen Publikation. Die Forscher identifizierten anhand der Stammbäume fünf urtümliche Linien, nämlich zwei aus der mittleren Steinzeit von der historischen Landschaft „Karelien“ in Nordosteuropa (heute Teile Finnlands und Russlands) und beim Baikalsee in Sibirien, eine jungsteinzeitliche aus der Levante, eine alt-amerikanische und eine aus Neuguinea.
Erbgut aus den Felsenbeinen von Wölfen verriet den Forschern, dass sie sich immer wieder mit den domestizierten Verwandten verpaarten und Teile des dabei eingeflossenen Hundeerbes in den Wolfspopulationen erhalten blieb. Umgekehrt hinterließen die wilden Vettern seit mindestens 11.000 Jahren nur mehr selten neue Spuren in den Genomen der Hunde. Nachdem die Hunde also irgendwann vor 40.000 bis 25.000 aus den Wölfen entstanden, entwickelten sie sich ohne ihren Einfluss weiter. „Die ersten europäischen Hunde sind offensichtlich eine Mischung aus zwei unterschiedlichen Populationen“, sagte Anders Bergstrom vom Crick Institute: Eine davon stammte aus dem Nahen Osten, die andere aus Sibirien. In Europa kamen sie zusammen und bildeten die erste europäische Hundepopulation.
Die Entwicklung der Hunde läuft sehr oft parallel zu den Entwicklungen bei den Menschen, berichten die Forscher. Ihre Wanderungsbewegungen in Eurasien und Amerika machten sie demnach gemeinsam. Zum Beispiel, als die ersten Jungsteinzeit-Bauern aus dem Nahen Osten nach Europa kamen, waren sie wohl in Begleitung ihrer „besten Freunde“. Genau so wie sich die menschlichen Ankömmlinge teils mit den Einheimischen mischten, passierte dies auch bei den Vierbeinern. Als gegen Ende der Jungsteinzeit jedoch eine Einwanderungswelle bäuerlicher Nomaden aus der eurasischen Steppe nach Europa kam, änderte sich bei den Hunden kaum etwas. Diese „Steppen-Leute“ waren demnach wohl ohne Vierbeiner hierher gezogen.
Es gab auch ein einschneidendes Ereignis bei den europäischen Hunden, von dem im Erbgut der Menschen nichts zu sehen ist, berichten die Forscher: Vor rund 5.000 Jahren gab es ein paar wenige Hunde im Südwesten von Schweden, deren Gene sich auf dem ganzen Kontinent verbreiteten und die genetische Vielfalt, die es in Europa davor gab, quasi auslöschten. In jüngster Zeit verteilten sich die Hunde europäischen Ursprungs auf die ganze Welt, und ihr Erbgut hat den Hauptanteil bei den meisten Hundepopulationen weltweit. Altes, „vorkoloniales“ Erbe trügen bloß nur mehr paar Rassen wie die Chihuahua aus Mexiko und der Rhodesian Ridgeback aus Südafrika. (Quelle: APA / Science)