Ernährung: Futterallergien bei Hunden

Von Dr. Hans Mosser

Wie neuere wissenschaftliche Arbeiten zeigen, sind rund 12% der Hauterkrankungen von Hunden durch eine Futterallergie verursacht. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber früher! ­Futterallergien können zu dermatologischen und/oder Symptomen des Magen-Darmtrakts führen. Sie beeinträchtigen die Lebens­qualität des Hundes und damit die seines Halters in hohem Maße. Eine verlässliche Diagnose ist nur durch eine sog. Eliminations-Diät mit anschließendem Provokationstest möglich. Die erfolgreiche Therapie besteht in einer Ernährung, bei der diejenige Substanz weggelassen wird, die als Allergieauslöser identifiziert wurde.

Die Nahrung ist für Mensch und Hund der „Treibstoff“, den der Organismus zum Leben und zur Erfüllung seiner Aufgaben braucht. Manchmal aber ist der Organismus mit dem, was wir ihm zuführen bzw. einer bestimmten Substanz darin, nicht einverstanden. Er reagiert in Form einer Allergie, einer Intoleranz (Unverträglichkeit) oder einer Überempfindlichkeit (Johansson 2004). Solche unerwünschten Reaktionen auf Nahrungsbestandteile kommen bei Hunden relativ häufig vor (Chesney 2002, Proverbio 2010). Die Prozent­angaben sind aber sehr unterschiedlich, zum Teil auch wegen der bis 2004 nicht eindeutigen Terminologie. Während manche Studiengruppen echte – immunvermittelte – Allergien mit „nur“ Unverträglichkeiten oder Überempfindlichkeiten in einen Topf werfen, publizieren andere Gruppen Zahlen, die lediglich für echte ­Allergien gelten. Für den Hundebesitzer ist ­diese Unterscheidung praktisch von eher geringerer Bedeutung, denn letztlich geht es um ein Ziel:
Die Identifizierung der Substanz im Futter, die beim Hund unerwünschte Reaktionen hervorruft. 

Diese unerwünschten ­Reaktionen betreffen in 60% der Fälle die Haut, in 12% den Magen-Darmtrakt (­Durchfälle, Erbrechen) und in 28% der Fälle zeigen die Hunde sowohl dermatologische Symptome wie auch solche des Magen-Darmtrakts (Becker 2008).

Besonders bei der Haut ergibt sich ein grundsätzliches diagnostisches Problem dadurch, dass die Haut auf unterschiedliche Krankheitsauslöser immer in ähnlicher Weise, also sehr unspezifisch reagiert: Z.B. mit Haarausfall, verschiedenen Formen von Ausschlägen und natürlich mit der Verursachung eines oft starken Juckreizes. Für eine wirksame Therapie ist es aber wichtig zu wissen, ob nun das Hautproblem eines Hundes bspw. durch eine sog. „atopische Dermatitis“ (vergleichbar etwa der Neurodermitis beim Menschen), durch eine Futterallergie oder durch Flohbefall verursacht ist. Während Letzteres rasch und einfach diagnostizierbar ist, lässt sich eine Futterallergie von einer atopischen Dermatitis  schon sehr viel schwieriger unterscheiden, was aber für die Therapie sehr wichtig ist.

Federica Picco, eine Wissenschaftlerin der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich, nahm sich dieses Problems in einer Studie an und untersuchte 259 Hunde, die von ihren Besitzern in verschiedenen Schweizer Tierarztpraxen wegen einer „Hautallergie“ vorgestellt wurden. Das Ergebnis ihrer Studie: 25,1% der Hunde mit allergischen (nicht saisonal auftretenden) Haut­reaktionen hatten eine futtermittel­induzierte Dermatitis, 70,7% der ­Hunde wiesen hingegen eine atopische Dermatitis auf (Picco 2008).  Diese Zahlen korrelieren sehr gut mit dem Ergebnis einer Studie der ­Universität Mailand im Vorjahr, wonach Futterallergien für 26% aller allergischen Hautveränderungen bei Hunden verantwortlich sind. ­(Proverbio 2010)

Futterallergien im Zunehmen
Rechnet man sämtliche Hauterkrankungen von Hunden, also auch die nicht allergisch bedingten, zusammen, dann beträgt die generelle Häufigkeit der Futterallergie 12% . D.h. rund jeder achte Hund, der mit einem Hautproblem dem Tierarzt vorgestellt wird, hat eine Futterallergie (Proverbio 2010).  Spannend wird es nun, wenn man sich ältere Arbeiten zu diesem Thema anschaut. Denn da sind die angegebenen Prozentsätze deutlich geringer. So gibt etwa eine heute noch immer sehr häufig zitierte Arbeit aus dem Jahr 1967 eine Häufigkeit von 1% Futterallergien als Ursache von Haut­erkrankungen an  (Walton 1967).
1994 spricht die Wissenschaft schon von einer Häufigkeit von 4% (Denis 1994) und 2002 von 7,6% (Chesney 2002). Dies bedeutet eine kontinuierliche Steigerung der Futter­allergien von 1% von vor rund 45 Jahren auf heute 12% (Proverbio 2010). Betrachtet man nun auch die Zu­nahme von Allergien beim ­Menschen im Verlauf der letzten Jahrzehnte, fällt ein doch sehr deut­licher Zusammenhang auf.

Rassedispositionen
Bei den Rassedispositionen für Futter­mittelunverträglichkeiten, also der Neigung bestimmter Hunderassen, eine Futterallergie zu entwickeln, finden sich in der wissenschaftlichen Literatur äußerst heterogene Aussagen. Vor allem ältere Arbeiten kommen zum Ergebnis, dass es bei der Häufigkeit des Auftretens einer Futterallergie keine Bevorzugung bestimmter Rassen gibt, die ­neuere Literatur hingegen weist einen solchen Zusammenhang sehr viel häufiger nach. Zumeist werden dabei folgende Rassen genannt: West Highland White Terrier, Dt. Boxer, Labrador Retriever, Deutscher Schäferhund, Mops, u.a.

Die Allergie-Auslöser
Futter-Allergene, also die Stoffe, die eine Futterallergie auslösen, sind überwiegend große Eiweißmoleküle (Glyko-/Proteine) mit einem hohen Molekulargewicht. Weil sie gegen Hitze, Säuren und Proteasen (das sind Eiweiß abbauende Enzyme) resistent sind, können sie durch Kochen oder durch andere Behandlungen nicht ­zerstört werden (Verlinden 2006).

Grundsätzlich kann jeder Nahrungsbestandteil eine Allergie auslösen, wie Rindfleisch, Kuhmilch, Soja, Mais, Weizen, Lammfleisch, Hühnerfleisch und Eier. Am häufigsten sind es jedoch Proteine vom Rindfleisch, die in immerhin bis zu 73% der Futter­allergien ursächlich sein sollen
(Jeffers 1996; Martin 2004;
Ohmori 2007; Becker 2008).

Diagnose durch Eliminationsdiät
Eine sog. Eliminationsdiät, bei der die als Auslöser der Allergie bzw. Unverträglichkeit vermutete Substanz weggelassen wird, ist für die Diagnose heute noch immer von zentraler Bedeutung. „Noch immer“ deswegen, weil es zwar modernste Haut- und Bluttests gibt, die aber nicht so verlässlich sind wie eine Eliminationsdiät. Verschwinden die Symptome des Hundes im Verlauf dieser Diät, wird anschließend eine Gegenprobe durchgeführt. Man verabreicht dem Hund wieder die vorher eliminierte Substanz (sog. Provokationstest). Treten dann die Symptome neuerlich auf, ist diese Substanz als Auslöser bzw. Ursache der Allergie/Unverträglichkeit bewiesen. In diesem Fall zeigen sich beim Provokationstest die Symptome sehr rasch: Solche des Magen-Darmtrakts innerhalb von 24 Stunden, solche der Haut innerhalb von 48 Stunden (Chesney 2002; Verlinden 2006; Becker 2009; Proverbio 2010). Ist es durch die Eliminationsdiät hingegen zu keiner Verbesserung der Symptome gekommen, beginnt alles wieder von vorne, diesmal mit Weglassen einer anderen Substanz.

Wie lange muss man nun eine ­solche Diät durchführen, bis man ein Ergebnis erwarten darf? Das hängt davon ab, ob der Hund vorwiegend an den Symp­tomen der Haut oder des Magen-Darmtrakts leidet. In letzterem Fall kann man – vorausgesetzt es handelt sich bei der weggelassenen Substanz um die „richtige“ – bei der Hälfte der Hunde schon nach wenigen Tagen eine Verbesserung der Symp­tome sehen. Bei dermatologischen Symptomen ist hingegen die Ausdauer von Frauchen und Herrchen gefragt: Hier sind Verbesserungen in der Mehrzahl der Fälle erst nach zwei bis drei Monaten deutlich nachweisbar. (Becker 2009)

Beim Tierarzt sind fertige  Eliminationsdiäten erhältlich, die nur jeweils eine Eiweiß- und eine Kohlenhydratquelle enthalten. Unter Anleitung des Tierarztes kann man sich dann mit ­diesen Spezialdiäten auf die Suche nach dem auslösenden Futterbestandteil machen. Nochmals sei aber in diesem Zusammenhang die große Bedeutung der Mitarbeit des Hunde­halters betont. Natürlich müssen dann auch die Leckerlis dieser Diät angepasst werden, bei einer Eliminationsdiät ­sollte man diese überhaupt weglassen, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.

Therapie & Fütterungsregime
Das Prinzip der Therapie einer Futter­mittelunverträglichkeit ist ganz einfach: Man füttert den Hund mit einer Nahrung, in der die ­Substanz, welche die Allergie auslöst, nicht mehr enthalten ist. Auch wenn grundsätzlich ­Allergien gegen ­mehrere Substanzen möglich sind, ist es für den Hund zumeist eine einzige, die von ent­scheidender Bedeutung ist. So ­langwierig also mitunter die ­Diagnose bis zum Herausfinden des Allergie­auslösers sein kann, so rasch ergibt sich dann daraus die jeweilige ­Therapie.

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