Eine Familie kämpft um ihren Hund

Von dogodu-Redaktion

Familie Stück aus Wehretal in Hessen ist aufmerksamen WUFF-Lesern nicht unbekannt. In dem Artikel „Der Retter verfolgter Hunde“ (WUFF 11/2000) schrieb WUFF-Herausgeber Dr. Mosser über den erfolgreichen Kampf von Rechtsanwalt Volker Stück gegen die damalige hessische Hundeverordnung. Und der engagierte Jurist, der sich auch für viele Hundehalter und ihre Hunde einsetzte, erreichte mit einem Normenkontrollantrag tatsächlich auch ihre vorläufige Außerkraftsetzung in wichtigen Teilen. Mittlerweile gibt es bereits die 4. hessische Hundeverordnung, und auch gegen diese klagt Stück in einem Normenkontrollverfahren (VGH Kassel 11 N 520/03). Das ist natürlich in seiner Heimatgemeinde Wehretal und ihrem Bürgermeister Horst Dietzel nicht unbekannt.

Keine Stellungnahme
Wie immer auch die Einstellung des Bürgermeisters gegenüber Hunden und Hundehaltern sein mag, eine Aussage des Gemeindechefs über die Familie Stück könnte durchaus Einblick in eben diese Einstellung geben. So meinte der Bürgermeister, die ganze Familie kämpfe in einem völlig unverhältnismäßigen Maß gegen die Hundeverordnung und habe Verhaltensweisen entwickelt, nach denen sie sämtlich in eine Anstalt müsste (siehe Kasten). WUFF konfrontierte den Bürgermeister mit seiner doch sehr bemerkenswerten Aussage, bat um Beantwortung einiger Fragen und bot Gelegenheit zur Stellungnahme. Zunächst erfolgte zwei Wochen lang keinerlei Reaktion. Erst nach dringender Rückfrage teilte Bürgermeister Dietzel dann am 30.12.2003 WUFF mit, dass er nicht beabsichtige, eine Stellungnahme abzugeben, da ein verwaltungsgerichtliches Verfahren schwebe. Um welches verwaltungsgerichtliche Verfahren geht es?

Verwaltungsgerichtliche Klage wegen Halteerlaubnis
Chico ist der Hund der Familie Stück, ein gutmütiger Staffordshire Bullterrier. Er verfügt über einen 2001 bestandenen Wesenstest und seine Familie über eine von Bürgermeister Horst Dietzel bis 30.6.2005 befristete Halteerlaubnis. Nun flatterte Familie Stück vor Weihnachten 2003 ein Schreiben des Bürgermeisters ins Haus, in dem er auf der Vorlage eines erneuten Wesenstestes bis Jahresende bestand, andernfalls drohe die Rücknahme der Halteerlaubnis mit den bekannten Folgen, u.a. auch der Sicherstellung des Hundes. Nun existieren aber eine – im Juristendeutsch „bestandskräftige“ – Halteerlaubnis für Chico bis Juni 2005 und eine Bescheinigung der Tierklinik Göttingen, dass Chico, nach einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Jahre 2001, keinem Stress mehr ausgesetzt werden darf. Eine Wesensprüfung unter den gegebenen Bedingungen würde jedoch zweifellos starken Stress darstellen. Familie Stück reichte daraufhin beim Verwaltungsgericht (VG) Kassel Klage ein. Weihnachtsstress der unüblichen Art …

Entspannte Silvesterfeier
Am 30.12.2003 erhielt Familie Stück zwei Faxe. Eines vom VG Kassel, in dem mitgeteilt wurde, dass man noch das Eintreffen der „Behördenakte“ abwarte, „um so die Sach- und Rechtslage umfassend würdigen zu können“, und eines vom Bürgermeister Dietzel, dass derzeit „keine Vollstreckung“ drohe. So konnte Familie Stück mit Chico zumindest beruhigt Silvester feiern …



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Bürgermeister: „Die ganze Familie müsste in eine Anstalt“

Der Bürgermeister der Gemeinde Wehretal, Horst Dietzel, hatte am 19.2.2001, belegt durch eine telefonische Gesprächsnotiz, gegenüber einem Beamten des Hessischen Ministeriums für Inneres zum Kampf der Familie Stück gegen die Hundeverordnung gemeint, dass die ganze Familie in einem völlig unverhältnismäßigen Maß gegen die Hundeverordnung kämpfe und Verhaltensweisen entwickelt habe, nach denen sie sämtlich in eine Anstalt müsste. Ein Mitglied der Familie, der ehemalige Richter Günther Stück, zu WUFF: „Sind wir schon wieder soweit, dass missliebige Personen in ‘Anstalten’ verfrachtet werden?“

„Behördeninterne Kommunikation“
Natürlich konnte die Familie sich eine derartige Aussage Dritten gegenüber nicht gefallen lassen. Das eingeleitete Strafverfahren wegen Beleidigung wurde von der Staatsanwaltschaft jedoch eingestellt mit der Begründung, es habe sich um eine rein behördeninterne Kommunikation gehandelt! Was bleibt, ist ein sehr unangenehmer Nachgeschmack, wenn ein Bürgermeister meint, dass gleich eine ganze Familie seiner Gemeinde, die mit legitimen Mitteln gegen ungerechte Hundeverordnungen kämpft, in eine Anstalt müsse.




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