Hunde sind nicht so standortgebunden wie Katzen, wenn ihr Mensch reist, reisen sie mit, aber wenn ihr Mensch ein Reisender ist und sie immer wieder »sitzen lässt«, dann ist das schon schwieriger, aber trotzdem nicht unmöglich. Das zeigt die Geschichte von Robert und Alia. Denn der Biologe Robert lebt vom Reisen, als Reiseleiter geistert er professionell auf der ganzen Welt herum und Alia bleibt dann bei seiner »Besseren Hälfte« Birte zurück. Ein unglücklicher Hund ist Alia deswegen nicht, wie alle Hunde, ist sie eine begnadete Opportunistin. Robert hat Vorteile, Birte aber auch, findet die Aussie-Hündin. Solange Herrchen immer wieder kommt, ist ihre Welt in Ordnung. Jedenfalls erzählt das Alia auf ihrem persönlichen Blog, denn sie von ihrem Ghostwriter Robert schreiben lässt. Der Blog ist, wie Robert sagt, eher zufällig entstanden. Als Welpe Alia einzog, hat er begonnen, aus Hundesicht erste Texte zu schreiben. Die hat er an Freunde geschickt, die Rückmeldungen waren ausgesprochen positiv. »Mensch, das musst du doch als Buch veröffentlichen«, wurde ihm geraten. Nun, es ist zwar kein Bestseller daraus geworden, aber doch ein ausgesprochen lesenswerter Blog, der die Geschichte des Zusammenlebens von Aussie-Hündin Alia und von ihren Zweibeinern Robert und dessen Lebensgefährtin Birte erzählt.
Ist ein bloggender Hund Vermenschlichung?
Unsere Hunde sind vielseitig begabt, aber dass sie regelmäßig Texte in die Tastatur klopfen, gehört nicht wirklich zu ihrem Repertoire. Das gibt auch »Ghostwriter« Robert zu: »Ich versuche zwar, Alia vor allem als Hund zu sehen und versuche nachzufühlen, wie ein Hund wohl denken könnte – aber das ist schwer … Vermenschlichung ist kaum zu vermeiden«. Robert ist Reiseleiter und Menschen, die in diesem Berufsfeld erfolgreich sind, haben eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Schwamm. Sie nehmen ihre Umgebung sehr bewusst wahr, filtern diese Wahrnehmung durch ein Sieb aus vorhandenem Wissen und machen sie so nutzbar. Aus dem Wahrgenommenen die richtigen Schlüsse zu ziehen und sie für eine spannende Erklärung der Welt zu nutzen ist das A und O in diesem Beruf. Robert ist zudem Biologe und einen Hund zu beobachten ist angewandte Biologie. Jeder Biologe ist mit einem Grundwissen in Verhaltensforschung ausgestattet, das hilft Robert, Alia zu verstehen und zu interpretieren. Er sagt dazu: »Was mich bei Alia enorm fasziniert: Wie weit und tiefgründig die Kommunikation zwischen Mensch und Tier gehen kann, in beiden Richtungen. Wir reden sie meist in ganzen Sätzen an, betonen nur die Signalwörter. Das geht inzwischen so weit, dass sie selbst auf manche Wörter reagiert, wenn sie selber gar nicht angesprochen ist und wir uns untereinander unterhalten. Manchmal umschreiben wir Begriffe oder verwenden Synonyme oder Fremdsprache, nicht dass ihr ungewollt das Adrenalin in die Adern schießt – wie z.B. bei »Katze«, »Schneeball« oder auch »Besuch« (was wir ihr nie bewusst beigebracht haben). Ihr uns bekannter derzeitiger Wortschatz (Gegenstände, Kommandos, Personen): ca. 200 – und dazu kommen sicher noch einige, von denen wir keine Ahnung haben. Auf der anderen Seite kann Alia enorm erfinderisch werden, wenn sie etwas von uns will und wir nicht gleich kapieren, was das ist. Sie hat z.B. von selbst gelernt, an die Terrassentür zu klopfen, wenn sie vom Garten hereinwill – und wenn wir beim ersten zarten Klopfen nicht reagieren, dann hämmert sie voll gegen die Tür«. Es sind solche Beobachtungen, die in die Texte des Blogs einfließen. Gleichzeitig erzählt Alia aber auch über ihre Zweibeiner, zum Beispiel über die Hundeangst Roberts, die ihn lange davon abhielt, einen eigenen Hund zu besitzen. Selbstreflexion spielt also ebenfalls eine Rolle in den witzig und einfühlsam geschriebenen Texten.
Von der Angst in die Nähe
Robert ist erst relativ spät »auf den Hund gekommen«, das liegt daran, dass er als Kind, er war damals etwa 7 Jahre alt, ein ziemlich schlimmes Erlebnis hatte. Ein Hofhund hatte seinen Papa attackiert. Der »Täter«, ein scharfgemachter Schäferhund, dessen Aufgabe der Schutz des Hofes war. Er erinnert sich: »Ich bin mit meiner Mama stehen geblieben, Papa hatte sich zu uns umgedreht – und als er sich umwendet, sieht er den Hund auf sich zufliegen, konnte ihn gerade noch mit einem Arm abfangen. Der Hund hat dann den zweiten Oberarm erwischt – und Gott sei Dank knapp die Schlagader verfehlt. Ich bin dann gleich heimgerannt zu Oma und hab geheult, Mama kam erst später, musste natürlich Papa zum Nähen bringen«. Es hat gedauert, Robert konnte sich erst als Student Hunden wieder nähern. Geholfen hat ihm dabei Bobby, auch ein Schäferhund, aber ein gut erzogener. Später lernte er Momo kennen, die Hündin von Birtes Bruder. Die gab schließlich den Ausschlag, dass Alia bei Robert und Birte einziehen durfte. Ganz losgelassen hat ihn dieses Erlebnis bis heute nicht, denn Alia erzählt in einen der ersten Blogbeiträgen über Robert und dessen Hundeangst: »Langsam, aber sicher wird es Zeit, dass ich euch mal ein bisschen über den Robert erzähle, schließlich ist das unser Rudelmitglied, mit dem ich mit Abstand die meiste Zeit verbringe – und so ziemlich der Einzige, dem ich nach Herzenslust Ohren, Nase und Glatze abbusseln darf. Das war nicht immer so, ihr werdet es nicht glauben. Ähnlich wie seine Mama hatte der liebe Robert nämlich mal eine Höllenangst vor Wuffikollegen. Naja, ich habe es ja auch schon selber erlebt, dass so manche Fellnasen, die wir unterwegs treffen, gar nicht lieb sind und auch nicht zum Spielen aufgelegt. Da gibt es welche, die knurren und gehen mich voll an. Verstehe ich auch nicht, denke aber, dass das mehr an deren Herrchen als an meinen Kollegen selber liegt. Vor laaanger Zeit, als der Robert noch Welpe war, da musste der Arme miterleben, wie so ein total aggressiver Schäferhund seinen Papa angegriffen und ihm den halben Oberarm zerfleischt hat. Nicht schön das. Der Robert-Welpe hat dann jahrelang einen großen Bogen um die Stelle gemacht, wo das passiert ist – und er hatte eine tiefe Höllenangst vor Hunden allgemein«. Robert lässt hier Alias und seine Erfahrungen ineinanderfließen. Beide mögen keine außer Kontrolle geratenen, aggressiven Vierbeiner. Bei Hundeangst geht es meist um Kontrolle beziehungsweise um deren Abwesenheit. Das ist bei Menschen so und bei Hunden auch. Extrem negative Erfahrungen manifestieren sich, es braucht Zeit, bis solche Traumata überwunden werden, aber es funktioniert. Wenn man heute Robert und Alia gemeinsam sieht, würde man nie vermuten, dass sich einer der beiden je gefürchtet hätte.
Wer ist Alia?
Die Vierbeinerin ist eine waschechte Burgenländerin, eine Aussie-Dame aus dem Hause Arrakis, Arbeitslinie also und damit ein fordernder Hund. Gott sei Dank sind Birte und Robert fit und sportlich sowie mit einem guten Nervenkostüm ausgestattet. Gene sind nicht alles, aber sie spielen eine Rolle. Die Mama, Yshara, ist eine freche, selbstbewusste Dame. Der Papa, Teal’C, der eigentlich Stormy Flash heißt, ist ein ausgesprochen kluger Wirbelwind. Diese Mischung sitzt nun auf dem Kraus‘schen Sofa. Via »Ghostwriter« Robert erklärt Alia die Bedeutung ihres Namens so: »Mein Name ist Alia! Diesen Namen haben Birte und Robert für mich ausgesucht und ich bin stolz darauf: Alia, die Erhabene (arabisch) – Alia, die ins verheißene Land zurückkehrende (hebräisch) – Alia, die edle Beschützerin (niederländisch/russisch). Die spanische Verkleinerungsform Alita, das Flügelchen kann ich gerade noch akzeptieren und dann ist Schluss!« Im Blog ist nachzulesen, wie sehr die Aussie-Dame, ihre Zweibeiner, Birte und Robert, fordert. Gerade als Neu-Hundehalter neigt man ja dazu, die Genetik zu unterschätzen. Oft ist es die Optik oder positive Erfahrungen, zum Beispiel mit einem Vertreter einer Rasse, die zur Kaufentscheidung führen. Die beiden sind allerdings gut in ihre Rolle als aktive Hundehalter hineingewachsen. Robert sagt dazu: »Momo war das Vorbild, ein gut erzogener Hütehund (ein paar andere Gene sind aber auch drin, z.B. Dobermann und Setter) – es sollte von Anfang an ein vergleichbarer Hütehund sein, mit dem man auch »arbeiten« kann. Im Nachhinein: Wir hätten uns nie träumen lassen, wie anspruchsvoll es sein kann, einen Hütehund aus einer Arbeitslinie zu erziehen und vor allem auch geistig und körperlich voll auszulasten«.
Immer wieder weg aber wenn da, dann voll da
Reiseleitung bedeutet Auslandseinsätze, Koffer packen, weg sein. Hunde, Hütehunde wie Alia, vielleicht noch mehr, schätzen das nicht sehr. Trotzdem muss das Hundefutter und was sonst noch so alles für das Wohlbefinden des Vierbeiners nötig ist, auch bezahlt werden. Jeder Hundehalter, der noch im Arbeitsleben steht, ist damit konfrontiert. Im Blog liest man zwischen den Zeilen, dass Robert nicht ganz frei von schlechtem Gewissen ist und auf die Frage, wie er mit diesem Dilemma umgeht, antwortet er: »Naja, so viel bin ich auch wieder nicht weg. Und wenn ich unterwegs bin, ist Birte da – und die kann Alia mitnehmen ins Büro. Und wenn wir beide auf großer Reise sind und Alia nicht mitnehmen können, dann freuen sich Schwiegermama und Schwager – so nach dem Motto: wollt ihr nicht bald wieder mal verreisen, kann Alia nicht wieder mal zu uns kommen?« Und es geht mir so wie meinem Reiseleiterkollegen Enrico mit seinem »Menschenjungen« – der ist ja noch viel mehr unterwegs – und ich habe ihn mal gefragt, wie er als Vater damit umgeht. Er meinte: Ja, er ist oft weg – aber wenn er daheim ist, dann ist er voll und ganz für seinen Sohn da. Wie Alia damit umgeht: Die ist eindeutig nicht sehr glücklich. Ein Hütehund – und die Herde ist nicht komplett – das geht gar nicht! Die »perfekte Hundehaltung«, also die, so ganz ohne schlechtes Gewissen, die gibt es vermutlich nicht. Je mehr man seinen Hund liebt, umso höher sind die Ansprüche, der Wunsch, dem Vierbeiner alles zu geben, was ihn glücklich macht. Gerade jene Hundehalter, die sich häufig die Frage stellen, ob es ihr Hund wirklich guthat, sind oft tolle Hundehalter, sie merken es nur nicht. Von außen betrachtet, Alia kann zufrieden sein. Auch wenn sie in ihrem Blog manchmal jammert, weil Herrchen die Koffer packt. Kollege Enrico hat recht, Quality Time ist besser als 24/365 so nebenbei. Bewusst geteilte Zeit schätzen Hunde sehr.
Der eigene Vierbeiner schärft das Auge für andere Hunde
Hunde sind eine Universalie, es gibt sie weltweit, rund um den Globus leben Mensch und Hund zusammen. Die Unterschiede liegen aber in der Art des Zusammenlebens. Vierbeiner in Europa haben einen ganz anderen Stellenwert als ihre klapperdürren Kollegen in Namibia zum Beispiel. In manchen Ländern transformiert sich die Mensch-Hund-Beziehung gerade. In Vietnam etwa, wo man Hunde früher »zum Fressen gerne« hatte, erobern sie gerade die Couch. Robert lässt Alia in ihrem Blog immer wieder darüber referieren, wie das Leben ihrer Kollegen in anderen so Ländern ist. Er lässt die Hundedame sagen: »Meinen Wuffikollegen dort im heißen Asien, denen geht es richtig gut, dürfen sogar im Tempel schlafen, brauchen keine Leinen, pennen den ganzen Tag, spielen und toben in den frühen Morgenstunden. Bei den Zweibeinern, da gibt es »Wissenschaftler« und die »Genetiker« unter denen, die haben herausgefunden, dass es vermutlich irgendwo dort unten in Südchina oder Südostasien war, wo sich vor mindestens 30.000 Jahren asiatische Wölfe an den Menschen gewöhnt haben und unser gemeinsamer Weg durch die Geschichte begann. Das sind aber viele Wuffigenerationen«. Die Frage, ob er, seit Alia eingezogen ist, genauer hinschaut, wie Hunde in anderen Kulturen leben, beantwortet er positiv. Das war erwartbar, denn wenn man mit Hunden lebt, dann muss man sie beobachten, um sie zu verstehen. Aufgrund der Sprachbarriere wird man sensibel für die nonverbale Kommunikation. Der österreichische Philosoph, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat einmal gesagt: »Man kann nicht nicht kommunizieren«. Das ist eben auch zwischen Menschen und Hunden so. Aus der Kommunikation entsteht Interesse, bei Reiseleitern kann das dazu führen, dass sie sich fragen, wie Hunde in anderen Kulturen eingebettet sind. Robert bereist oft Süd-und Mittelamerika, auf die Frage, wie er Hunde dort erlebt, antwortet er: »Es geht ja schon damit los, dass es Hundeschulen nicht gibt. Der Gedanke, was ein Familienhund wirklich braucht, um glücklich zu sein, der existiert praktisch nicht. Eine Freundin in Chile (auch Biologin) meinte mal, sie hätte eigentlich gerne einen Hund – aber sie weiß einfach zu wenig, hat keine Ahnung, wie sie ihn erziehen soll – und keine Möglichkeit, das irgendwo zu lernen. Also lieber verzichten. Es gibt natürlich die Arbeitshunde – verhätschelte Kuschelhunde – »Straßenköter« – und sonst? Mit einem Arbeitshund hatte ich eine Begegnung, an die ich mich gerne erinnere: Bei einer Dschungelwanderung mit Reisegruppe in Guatemala knallte plötzlich ein Schuss – und wir sind ziemlich erschrocken. Zuerst kam der Hund aus dem undurchdringlich erscheinenden Blätterwald auf den Dschungelpfad – und danach der indianische Jäger – er hatte sich gerade einen Papagei zum Abendessen geschossen. Ich habe nie zuvor in Südamerika einen so gepflegten Hund gesehen – und so ein perfekt eingespieltes Team. Während wir uns unterhielten, hatte man fast den Eindruck, der Jäger stünde in telepathischer Beziehung mit seinem Gehilfen. Ich glaube, er hat ihn mit kaum merklichen Handbewegungen kontrolliert. Die Straßenhunde – das sind meist traurige Anblicke, extrem mager, oft räudig – Hunde, die sich selbst durchschlagen müssen – und dann in groß angelegten Aktionen wieder reihenweise vergiftet werden … Einmal in Mexiko hat so ein armes Wesen anscheinend gemerkt, dass ich nach Hund rieche und Sicherheit biete. Ich habe die Hündin natürlich nicht gefüttert, habe versucht sie zu ignorieren – aber sie war schon alleine damit »glücklich« mir zu Füßen an einem »sicheren« Platz zu liegen (auch diese Situation habe ich einmal in einem Blogartikel etwas ausführlicher beschrieben). Oder Santiago de Chile – dort hatten wir eine Begegnung mit einem Rudel vollkommen gesunder Straßenhunde mitten in der Innenstadt. Eine Reiseteilnehmerin beging den Fehler, einen von ihnen zu füttern – und wir wurden das Rudel nicht mehr los, sie waren uns während des gesamten Stadtrundganges auf den Fersen. Wir haben versucht, uns in ein Café zu verzupfen, aber sie haben vor der Tür auf uns gewartet. Diese Hunde beherrschen das übrigens perfekt, an der roten Ampel stehenzubleiben und bei Grün – noch vor den Menschen – loszugehen«.
Alia lebt den mitteleuropäischen Traum
Auch wenn Alia auf ihrem Blog einiges über Hunde anderer Länder erzählt, sie selbst lebt den mitteleuropäischen Traum. Sie ist ein Hund, der zwei besondere und viele nette Menschen rund um sich hat. Sie besitzt ihre eigene Couch, macht regelmäßig Sport und geht brav in die Hundeschule. Wie sie satt wird, darüber muss sie sich keine Gedanken machen. Ihr Leben ist kuschelig und sicher. Mit ihren Zweibeinern hat sie eine intensive Beziehung. Alia hat ein gutes Leben, das bedeutet aber nicht, dass es allen Hunden Europas so gut geht. Selbst in Mitteleuropa sind nicht alle Menschen nett zu ihren Vierbeinern, umgekehrt gibt es in allen Ecken der Welt, auch dort, wo es Hunden generell nicht so toll geht, gute Hundehalter. Auf die Frage, welche Funktion Alia für ihn hat, antwortet Robert: »Nun, da hat sicher jeder Hundehalter bei uns unterschiedliche Ansprüche. Bei manchen ist der Hund in erster Linie Kuscheltier, andere nehmen an diversen Wettbewerben teil, … Für mich im Speziellen: Wie auf Reisen, ich beobachte, lerne von Alia, versuche die Welt mit den Augen des Hundes zu sehen, versuche, die Bedürfnisse des Hundes in den Vordergrund zu stellen. Ich fürchte, dieser Typ Hundehalter, der ist eher selten. Kuscheln nur, wenn Alia das selbst will – und das ist ziemlich selten. Das ist dann meistens »Kontaktschlafen« auf unserem Liegestuhl – seltener auch in der Hängematte. Manchmal fordere ich sie dazu auf, akzeptiere aber auch wenn sie nicht will – manchmal fordert sie das auch selbst ein. Psychotherapeut ist Alia natürlich auch ganz ohne sich dessen bewusst zu sein: Wenn es mal Ärger gibt, man kommt mies gelaunt heim, Alia kommt schwanzwedelnd auf dich zu, frei nach dem Motto »Hurra, die Welt ist schön« – und jede Belastung fällt in Sekundenbruchteilen von dir ab. Natürlich darf Alia auch mal »nur Hund« sein! Das ist uns extrem wichtig – und ich hoffe, das gelingt uns auch. Es gibt bei uns oft Schnüffelrunden, wo Alia ohne Leine draußen stöbern darf und größeren Abstand von uns nehmen kann. Ich glaube, was da ebenfalls dazugehört, das sind längere Runden mit dem Fahrrad. Da darf Alia auch das Tempo machen, das ist wie Laufen im Rudel, da ist sie ziemlich eindeutig »Hund«. Bei dieser Frage kommt dann auch wieder der Beobachter durch: Ein Einschub zum Thema Laufen, das ist auch spannend: Beim normalen Spazierengehen läuft Alia meistens Pass – das entspricht unserem Schritttempo – und sie ist eh, auch ohne medizinische Ursachen, eine notorische Passgängerin wie ihre Oma. Am Fahrrad trabt sie wie ein Uhrwerk – oder fällt auch mal in Galopp. Wenn sie aus dem Galopp zurückfällt, dann kommen manchmal ein paar Schritte Rennpass dazwischen, schaut lustig aus – wie ein Kamel. Und auf Eis, da töltet sie sicher wie ein isländisches Pferd«.
Auch Alia ist eine Reisende
Wenn Robert und Birte privat unterwegs sind, dann darf Alia natürlich mit. Für einen Hund hat sie schon viel von der Welt gesehen. Robert und Birte finden Reisen mit Hund genial. Die beiden reisen, um zu lernen, um Neues zu erleben – und der Erlebniswert wird für sie durch den zusätzlichen Faktor Hund immens gesteigert. Ein besonderes Plus ist für sie, dass man behundet viel leichter mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt und ins Gespräch kommt. Auf die Frage, ob Alia diese gemeinsamen Reisen genießt, antwortet Robert so: »Genießen – schwer zu sagen, das ist schon ein sehr menschlicher Begriff. Sie hat während der Reisen Birte und mich 24 Stunden am Tag zur Verfügung und ist allein damit schon glücklich. Wir waren mit ihr in Istrien, Dalmatien, auf Korsika, in der Provence, im Massif Central, im Baltikum, auch in Schottland. Sie ist es gewöhnt, steckt innerhalb kürzester Zeit ihre Reviergrenzen auf dem Zeltplatz oder rund um die Ferienwohnung ab. Wir gehen viel Wandern, sie hat also im Urlaub wesentlich mehr Bewegung und Action als daheim, ist viel mehr im Freien – allein das wird sie sicher genießen. Schlaf nachholen kann sie im Auto – wenn sie nicht auf langsameren Pisten zum Fenster rausschaut und beobachtet. Was letztens in Dalmatien spannend war: Wir waren verhältnismäßig viel am Meer, Schwimmen und Schnorcheln. Warum auch immer: Alia schläft da nicht irgendwo im Schatten. Sie sitzt da und schaut ununterbrochen auf das Meer. Was sie dabei wohl denkt und fühlt? »Genießt« sie das?«
Reisen und Hund funktioniert
Wie die Geschichte von Alia, Robert und Birte zeigt, Reisen und Hund funktioniert als Lebenskonzept. Jedenfalls dann, wenn der Reisende ein sesshaftes Hauptquartier hat. Hunde passen in viele Leben. Sie sind ein wahres Wunder der Anpassung. Gibt man ihnen ausreichend Grund zu vertrauen, dann können sie auch mit ausgefalleneren Lebensmodellen gut leben. Sie werden dann sogar selbst zu begeisterten Reisenden. Robert und Alia sind ein glückliches Mensch-Hund-Team. Ohne Birte würde das nicht funktionieren, aber die ist ja da, als Anker für den einen und als Balance für die andere. Als Reiseleiter ist man in der ganzen Welt zu Hause, aber das bedeutet nicht, dass man keine Sehnsucht braucht, die einen immer wieder an einen bestimmten Ort zurückführt. Naja, und wenn man dann da ist, dann ist man zu 100% da und das ist für einen Hund oft besser als 365 Tage nebenbei mitlaufen.