Ein Hundeleben: Die Lebenserwartung von Hunden

Von Sylke Schulte

Hunde bereichern unser Leben nicht nur – laut einer 2017 vorgestellten schwedischen Studie verlängern sie es auch. Doch gilt dies auch anders herum? Die Antwort auf diese Frage ist nicht eindeutig und doch bringt die Hundehaltung eine Verantwortung mit sich, welche große Auswirkungen auf die Qualität und auch die Länge eines Hundelebens hat. Doch was ist eigentlich ein »stattliches Hundealter« und welche Maßnahmen lassen sich treffen, um die gemeinsame Zeit von Mensch und Hund so lang wie möglich zu halten?

Sieben Menschenjahre sind ein Hundejahr – das weiß doch jedes Kind. Oder doch nicht? Tatsächlich besagen Forschungen heute, dass sich das erste Jahr im Leben eines Hundes mehr mit 15 Jahren eines Menschenlebens vergleichen lässt, das zweite mit neun und danach jedes Jahr mit fünf Menschenjahren. Die Sieben-Jahre Faustregel ist also heute überholt. Doch welche Faktoren beeinflussen die Lebenserwartung unserer Vierbeiner und in welcher Weise? Eine »Hundedemografie« gibt Aufschluss und bietet neue Erkenntnisse, die uns dabei helfen können, den Fellnasen ein möglichst langes und gesundes Leben zu ermöglichen.

Der Gedanke, den geliebten Hund zu verlieren, ist für viele Hundefreunde unerträglich und so ist es nur natürlich, das Alter seines vierbeinigen Partners möglichst korrekt einschätzen und in Relation setzen zu wollen und dafür die menschliche Lebenserwartung zum Vergleich heranzuziehen. Doch bei der Rechnerei muss vieles mit einkalkuliert werden. So ist bekannt, dass größere Hunde schneller altern. Dieser Prozess beginnt circa mit dem Erreichen des sechsten Lebensjahres und die Differenz erhöht sich mit dem achten Lebensjahr. Dies ist in der Biologie allgemein eher ungewöhnlich und stellt auch Forscher vor ein Rätsel, denn grundsätzlich ist die Lebenserwartung von größeren Säugetieren wie Elefanten höher als die von kleineren wie beispielsweise Mäusen. Doch innerhalb einer Spezies neigen kleinere Individuen dazu, ihre größeren Artgenossen zu überleben. Dementsprechend, so die Forscher, reduziert sich auch die Lebenserwartung von Hunden pro zwei Kilogramm Körpergewicht um circa einen Monat. Die Theorien über das Warum und Wie sind vielfältig. So wird zum Beispiel argumentiert, dass altersbedingte Krankheiten größere Hunde früher betreffen, was zu einer höheren Wahrscheinlichkeit von abnormalem Zellwachstum und damit zu Krebs führt.

Einflussfaktoren
Der domestizierte Hund ist eine der mannigfaltigsten Säugetierspezies. Je nach Rasse zeigen sich eine Vielzahl von Unterschieden in Bezug auf die Morphologie, das Verhalten und auch spezifische Erkrankungen. Auch die Sterblichkeit beziehungsweise die Lebensdauer der Vierbeiner variiert stark, abhängig von unterschiedlichsten Faktoren wie Rasse, Geschlecht und Größe. Ein wichtiger Faktor, wenn es um die Lebenserwartung von Hunden geht, ist, wie auch beim Menschen, die gesundheitliche Rundumversorgung wie Fütterungsgewohnheiten, ausreichend Bewegung und tierärztliche Check-ups. Es ist schon länger bekannt, dass bestimmte Hunderassen eher zu spezifischen Krankheitsbildern neigen als andere, was natürlich auch einen direkten Einfluss auf ihre Lebenserwartung hat. Eine englische Studie aus dem Jahr 2018 mit dem Titel »Longevity and mortality in Kennel Club registered dog breeds in the UK in 2014« identifizierte einige dieser ursächlichen Krankheiten und deren Zusammenhang mit der Lebensspanne bestimmter Rassen. Die Forscher sehen in ihren Ergebnissen allerdings nicht nur eine verbesserte Klärung der Zusammenhänge zwischen Erkrankungen und Lebenserwartung, sondern auch eine Chance zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens bestimmter Rassen etwa durch Vorbeugung.

Eine andere Studie aus dem Jahr 2013, durchgeführt vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung mit dem Titel »The size-life span trade-off decomposed: why large dogs die young« kam zu dem Schluss, dass größere Hunde vor allem früher sterben, weil sie schneller altern. Während der Alterungsprozess bei größeren Hunderassen wie Bernhardinern nur unwesentlich früher einsetzt als beispielsweise bei Pekingesen, schreitet er sehr viel schneller voran. Die genauen Gründe für den rapiden Alterungsprozess bei größeren Hunden sind noch ungeklärt und müssen noch erforscht werden. Die Biologie legt nahe, dass metabolisch kostspielige Aktivitäten wie Wachstum oder Fortpflanzung austauschbar sind und ihren Tribut zollen. Schnelles Wachstum und eine stattliche Größe kommen also zu einem Preis, der am Ende des Lebens eingefordert wird.

Gesundheitsspanne
Auch Dr. Lisa Wallis, Forscherin des Senior Family Dog Project an der Eötvös Loránd Universität in Budapest, sieht vielfältige Faktoren, welche die Lebenserwartung von Hunden beeinflussen: »Größe, Rasse, Geschlecht, Gesundheitszustand, Kastrationsstatus aber auch halterrelevante Daten wie Geographie, Lifestyle und Fütterung beeinflussen die Lebensspanne von Hunden. So gibt das Alter eines Hundes beispielsweise Aufschluss darüber, welchen spezifischen gesundheitlichen Risiken ein Hund ausgesetzt ist. Jüngere Hunde sind eher anfällig für traumatische Verletzungen, während ältere Hunde vermehrt an altersbedingten Krankheiten leiden.« In einer Studie untersuchten Wallis und ihre Kollegen, welche Verbindungen es zwischen dem Alter und der Gesundheit eines Hundes gibt. Dabei ging es weniger um die Lebenserwartung, sondern vielmehr um die sogenannte »Gesundheitsspanne«, also den Zeitraum, in dem Hunde gesund und ohne ernsthafte oder chronische Krankheiten leben. Wallis: »Einige Ergebnisse waren überraschend. So fanden wir heraus, dass traumatische Ereignisse wie Tierheimaufenthalte, wechselnde Halter oder andere traumatische Erlebnisse negative Langzeitauswirkungen auf die Gesundheit von Hunden haben.«

Erstmals zeigt eine Studie damit, dass traumatische Ereignisse auch bei Hunden dauerhafte Konsequenzen nach sich ziehen können. So berichten die Forscher, dass diese Hunde öfter an gesundheitlichen Problemen litten als ihre traumafreien Artgenossen. Waren die Hunde mehrfach solch belastenden Situationen ausgesetzt, führte dies zu einem gestörten Immunsystem und vorzeitigem Einsetzen des Alterungsprozesses. Neben den bisher bekannten Faktoren scheint also auch Stress ein Umstand zu sein, der bei der Kalkulation der Lebensdauer unseres besten Freundes mit einkalkuliert werden muss.

Ewige Jugend?
Doch egal wie man nun rechnet und welche Variablen man berücksichtigt: Fakt ist, dass der beste Freund des Menschen immer eine weitaus geringere Lebensspanne haben wird als wir Zweibeiner. Dabei beschäftigt sich auch die Forschung bereits seit längerem mit Versuchen, die gemeinsame Zeit von Hund und Mensch zu verlängern. So arbeiten Wissenschaftler der Universität von Washington an einer Studie mit dem Titel »Dog Aging Project«, welche sich der Verlängerung des Hundelebens widmet. Die Forscher untersuchen die Auswirkungen eines Medikaments mit dem Namen Rapamycin, welches normalerweise in der Humanmedizin zur Anwendung kommt, um die Abstoßung von Organtransplantaten zu bekämpfen. Frühere Studien haben allerdings gezeigt, dass dieses Medikament in kleinen Dosen die Lebensdauer von Labormäusen erhöhen konnte. Halter der Hunde, die im Rahmen der Studie das Medikament verabreicht bekamen, berichteten von positiven Veränderungen im Verhalten der Hunde. Das Forscherteam glaubt, mithilfe des Medikaments die Lebenserwartung von Hunden um bis zu vier Jahre verlängern zu können.

Vier zusätzliche Jahre mit seinem besten Freund klingen natürlich wie ein Traum, und genau das wird diese Extrazeit wohl auch noch eine ganze Zeit lang bleiben. Letztendlich gibt es auch für Hunde keinen Jungbrunnen, und schon bei der Anschaffung eines Hundes sollte man sich mit Fragen der Lebenserwartung und des Alterungsprozesses auseinandersetzen. Trotzdem gibt es Mittel und Wege die Fellnase auch unabhängig von Faktoren wie Rasse, Größe etc. bis ins hohe Alter fit zu halten und somit seine individuelle Lebenserwartung zu erhöhen. So rät Dr. Wallis: »Um seinen Hund möglichst lange fit und gesund zu halten, kann man einige einfache Tipps befolgen: Überprüfen Sie das Gewicht Ihres Hundes regelmäßig und optimieren Sie die Fütterung. Bringen Sie Ihren Hund regelmäßig für Check-ups zum Tierarzt. Kümmern Sie sich auch um die Zahnhygiene Ihres Hundes! Leidet Ihr Hund bereits unter eingeschränkter Mobilität oder unter Schmerzen durch Arthritis, ziehen Sie eine Physiotherapie in Betracht. Verbringen Sie mehr »Quality Time« mit Ihrem Hund und kontrollieren Sie ihn regelmäßig auf Knoten oder empfindliche Stellen.« Nicht zuletzt rät Wallis auch eindringlich dazu, das Risiko traumatischer Erlebnisse für den Hund möglichst zu minimieren. »Mehr als vierzig Prozent der Hunde in unserer Studie hatten traumatische Erfahrungen durchlebt. Aus diesem Grund ist es wichtig, Hundehalter über die Risiken und Folgen derartiger Ereignisse aufzuklären. So sollten Halter dafür sorgen, dass ältere Hunde, die aufgrund von Taubheit oder Blindheit dazu neigen orientierungslos zu sein, sich nicht verirren. Außerdem sollten die Bedürfnisse des Hundes bei Veränderungen in der Struktur des Haushaltes, zum Beispiel durch ein neues Baby, immer schon frühzeitig berücksichtigt werden.«

In Menschenhand
Letztendlich sind also die Halter gefordert, wenn es darum geht das Leben des besten Freundes des Menschen möglichst lang und lebenswert zu gestalten. Unabhängig von Rasse und anderen Faktoren, welche biologisch die Lebenserwartung eines Hundes einschränken können, ist der Mensch in dieser Hinsicht vor allem beim Thema Haltung gefragt. Die sogenannten Wohlstandskrankheiten haben längst auch unsere Vierbeiner erreicht. So warnen viele Tierärzte und Forscher, dass beispielsweise Übergewicht unter Hunden zu einem der größten gesundheitlichen Risiken hierzulande geworden ist. Überfütterung – auch aus falsch verstandener Tierliebe – führt immer häufiger zu chronischen Krankheiten, welche nicht nur die Lebensqualität der Hunde enorm einschränken, sondern auch zu ihrem vorzeitigen Ableben beitragen. Ausreichend Bewegung, Beschäftigung, artgerechte Fütterung und die Vermeidung von unnötigem Stress verlängern dementsprechend nicht nur Menschen- sondern auch Hundeleben. Die Verantwortung zur Umsetzung dieser doch relativ einfachen Grundregeln und demnach für das Wohlbefinden unserer Hunde liegt – egal wie man es nun dreht und wendet – immer beim Menschen.

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