Ein Herz für Staffies – Staffordshire Hilfe

Von Gerald Pötz

Seit dem Jahr 2000 ist nichts mehr wie es einmal war. Staffordshire Terrier, Pitbull und Co. sind plötzlich keine Hunde mehr wie andere. Sie werden Familien entrissen, weggesperrt und sogar getötet. Für diese extrem menschenbezogenen Hunde ist das Fristen in den ­hintersten Tierheimzwingern ein Martyrium. Ebenso lange, wie es diese Rassenverfolgung gibt, gibt es in Berlin auch einen Verein, der diese verlorenen Seelen wieder mit Leben erfüllt. WUFF holt diesen engagierten Verein vor den Vorhang.

Es war einmal … Es war einmal eine Zeit, in der Menschen und Hunde friedlich zusammen­lebten. Alle Hunde waren gleich und es gab keine Listen. Es war ein anderes Jahrtausend, als Hunde bestimmter Rassen nicht um ihr Leben und ihre Freiheit fürchten mussten. Doch dann kam das Jahr 2000 und alles sollte sich verändern. Nach dem ­tödlichen Beiß­unfall mit einem Jungen in Hamburg wurde – angestachelt von Presse­artikeln – Rassenwahn und Hetzjagd auf bestimmte Rassen plötzlich Alltag. Sie wurden Familien entrissen, weg­gesperrt, getötet. Ein dunkles Zeitalter für viele Hunde war angebrochen.

Es war Nötigung
„Diese Hunde" hatten immer eine Fan-Gemeinde und es gab eine Frau in Berlin, die ihr Leben den ­Staffordshire Terriern verschrieben hatte – ­Christine Prochnow. Sie engagierte sich zu dieser Zeit für einen Verein, der sich ebenfalls um Listenhunde ­kümmerte. Nachdem sie an dem Verein Kritik übte, wurde sie vor die Wahl gestellt, die Hunde zu übernehmen oder sie würde sie nie mehr sehen. Das war der Startschuss für die Staffordshire-Hilfe in Berlin. Doch ­Christine Prochnow wollte nie ein klassisches Tierheim betreiben, in dem Hunde in ­Zwingern sitzen. Ihr Traum sah so aus: Ein Grundstück mit Haus, in dem die Hunde im ­normalen Haushaltsablauf mit­leben und in ­Zimmern wohnen usw. Die Hunde ­sollen sich, wenn sie aus ihren Zimmern kommen, auf dem gesamten Grundstück frei bewegen können. Je nachdem, welcher Hund sich mit ­welchem versteht, sind sie außerhalb ihrer Zimmer zusammen. Es gibt hier kein Halsband oder Anleinen, auch nicht, wenn Besuch kommt.

Ein Traum wird Realität
Im Jahr 2008 sollte dieser Traum wahr werden. Ein Objekt wurde gefunden und der Verein steht nun sogar im Grundbuch. Wenngleich das Haus erst in neun Jahren abbezahlt sein wird, gibt es seither einen sicheren Zufluchtsort für die verstoßenen ­Listenhunde. Dennoch gibt es mehr Hunde als Platz zur Verfügung steht, und so waren immer noch Hunde extern in Hundepensionen unter­gebracht. 2011 war es endlich ­möglich, ein Hundehaus dazuzubauen, und so konnten die in den Pensionen untergebrachten Hunde endlich in der Staffordshire-Hilfe einziehen.

Schon lange schlägt Christine ­Prochnows Herz für die kranken und/oder alten Staffordshires und auch für die, die Verhaltensprobleme haben. Diese Hunde fristen ihr Dasein oft jahrelang in den hintersten Tierheimzwingern. Wenn Ressourcen frei sind, werden solche Hunde herausgeholt. Traurig ist, dass recht wenig Interesse der Öffentlichkeit an dieser Form der Hundehaltung besteht und sich auch die Medien kaum dafür ­interessieren. Helfer und Spender sind im Land Brandenburg und Berlin schon immer rar gewesen, denn es ist eine sehr schwierige Ecke für den Tierschutz und für Listenhunde überhaupt. In der wenigen verbleibenden Freizeit schlägt sich Christine Prochnow mit den Behörden herum und versucht unermüdlich, für die Listenhunde Verbesserungen zu erreichen, denn schließlich machen die vielen ­Gesetze die Vermittlung der Hunde nicht ­gerade einfacher.

Ganze Bücher könnte man füllen
Wenn Christine Prochnow an die ­vergangenen Jahre zurückdenkt, könnte sie vom Erlebten viele Bücher schreiben, sagt sie zu WUFF. So erzählt sie, wie es z.B. Jahre gebraucht hat, um Hunde aus der städtischen Unterbringung aus Bremen herauszubekommen. Ein damaliger Innensenator soll damals sinngemäß gesagt haben „dass man dafür Sorge tragen würde, dass diese Hunde nie wieder öffentlichen Boden betreten werden." Als es dann endlich soweit war, hatte sie 140.000 m2 zu begehen, darauf verteilt 64 Listis zu begutachten und in zwei Stunden zu ­entscheiden, welche zuerst mitgenommen ­werden sollten. Es war der 28. Februar 2005 und es hatte Minusgrade. Vom ­warmen Sofa aus liest sich das alles so locker, aber wenn man selber in dieser Situation vor diesen Hunden steht, die einen allesamt mit ihren Knopfaugen bittend ansehen, geht einem das schon an die Nieren. Es gäbe noch Dutzende solcher Geschichten zu erzählen, aber Christine Prochnow blickt lieber in die Zukunft.

Wünsche und Visionen
Apropos Zukunft – auf die Frage, welche Visionen sie hat, sagt sie: „Ich würde mir wünschen, dass Menschen mehr Verantwortung gegenüber ­Tieren und vor allem den Tieren, ­welche sie sich angeeignet haben, hätten. Nicht das Tier hat entschieden, ein Zuhause bei uns zu beziehen, wir haben es für das Tier entschieden! Und so sollten wir die ­versprochene Obhut ihr Leben lang umsetzen, denn sie sind bis zum Ende auf Hilfe angewiesen!" Ein weiterer Wunsch von ihr wäre, „dass es unsere Rassen (ich spreche jetzt mal für die, welche unser Verein vertritt) wesentlich ­seltener geben würde; nicht so unendlich ­viele von ihnen existierten. Damit sie eine ­Chance haben, ein zuverlässiges Zuhause zu haben." Einer ihrer größten Wünsche wäre, „dass die Bundesländer, welche unsere Hunde völlig verbieten, endlich ein Einsehen hätten und man sie dort unter Auflagen, wie woanders auch, wieder halten darf."

Ziele
Darauf angesprochen, welche ­Ziele sie im Leben hat, sagt sie kurz: „­Überleben! Außerdem: Den Hunden weiterhin die optimale Betreuung zu ermöglichen, mehr Menschen zu finden, welche unser „Tierheim der anderen Art" finanziell für unterstützungswürdig halten. Noch viele Jahre Hunden helfen zu können, denen unser Herz gehört. Und auch immer mal wieder ein passendes Zuhause für sie zu finden, und auch Endpflegestellen werden ja für den einen oder anderen immer wieder gesucht. Hier auf dem Staff-Hof unsere Baupläne umzu­setzen ist auch eines der Ziele. Einen alten Bau abzureißen und einen Hunde­senioren-gerechten Neubau dort hinzustellen. 3 Hundezimmer mit Außenbereich. Ziel ist auch, ­weiteren Hundehaltern zu helfen, welche Probleme mit den Behörden haben. Und dann noch ein ganz großes Ziel: ­Endlich per gerichtlicher Klage ­wieder im gänz­lichen Halteverbot einen Fuß in die Tür zu bekommen und so in ­Brandenburg etwas zu erreichen für die Rassen."

Oberstes Gebot Transparenz
Die Staffordshire-Hilfe bzw. der Staff-Hof finanzieren sich zum großen Teil von Spenden. Christine Prochnow schätzt jeden Spender, egal ob es die nette Rentnerin ist, die nur fünf Euro pro Monat erübrigen kann, oder Menschen, welche wesentlich großzügiger den Hunden helfen können. „Viele begleiten uns schon etliche Jahre und ich denke, dass sie dies tun, weil sie wissen, dass es wirklich den Hunden zugute kommt", sagt sie zu WUFF.

Wenn zum Beispiel etwas geplant wird, wie der Neubau, werden erst die Baugenehmigung beantragt, ­Kostenvoranschläge eingeholt und dann erst wird ein Extrakonto eingerichtet, wofür konkret ­gesammelt wird. Das ganze Vorhaben wird ­länger angekündigt. Dann wird nach dem Bau abgerechnet, jeder Unterstützer erhält eine Abrechnung, die Gesamtauflistung und jede Rechnung in Kopie. Es wird für absolute Transparenz gesorgt und „ich denke, dass dies drin sein muss als Dankeschön und es gehört sich auch so". Es ist doch so, dass die Staff-Hilfe nicht helfen könnte, wenn diese Menschen nicht wären. Jeder Spender kann auf Wunsch die Kassenberichte einsehen und jedes Mitglied erhält sie ohnedies jedes Jahr.

Persönliche Gedanken …
Auf die Frage nach ihren persönlichen Gedanken sagt Christine Prochnow, dass da nicht viel Zeit dafür wäre, aber: „Seit meinem 13. Lebensjahr haben mir diese Hunde/Rassen so viel Schönes gegeben und ich gebe ihnen nun – nach meinen Möglichkeiten – einfach etwas zurück. Es sind so ­einmalige Hunde! Was haben wir Sinnvolles getan in unserem Leben, wenn wir die letzte Reise antreten? Jeder nach seinen Möglichkeiten – meine ist diese. Jeder Hund, den ich begleitet habe, manchmal eine Zeit, ­manchmal bis zur letzten Reise, füllt mein Herz und hinterlässt dann ein Loch in ­diesem. Mein Herz ist relativ groß und so ist noch Platz für viele Löcher!"

Information
Staffordshire-Hilfe e.V.

Wer sich weiter informieren, oder einen Hund adoptieren will, findet auf der Website alle Infos:

www.staffordshire-hilfe.de

Spendenkonto­
IBAN: DE89 1001 0010 0498 3671 02
BIC: PBNKDEFF
Postbank Berlin www.facebook.com/StaffordshireHilfeBerlin

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