Aufgebaut auf einem brandneuen Buch, in dem Erika Trumler – und andere Autoren – sehr persönlich und beeindruckend das Leben und Wirken von Eberhard Trumler vorstellen (siehe Rezension), zeichnete der Zoologe und Hundeexperte Dr. Frank Wörner dieses Leben in seinem Vortrag vor ca. 250 Seminarteilnehmern skizzenhaft nach. Dass Eberhard Trumler ein Fachmann auf dem Gebiet der Hunde war, ist weithin bekannt. Weniger bekannt – zumindest in Kynologenkreisen – sind hingegen seine Pferdeforschungen, die seiner Arbeit mit Hunden vorausgingen. Im Buch „Trumlers Pferde" (Kynos Verlag, 1985) findet man Beispiele von Trumlers genialer Fähigkeit, Verhaltensweisen, die er mit dem Geist des aufmerksamen Wissenschaftlers beobachtete und analysierte, in Form pointierter Zeichnungen, quasi karikaturistisch wiederzugeben.
Ein Vortrag von Prof. Dr. Anton Grauvogel bezog sich auf diese Darstellung charakteristischer Verhaltensweisen von Pferden. In der ihm eigenen humoristischen Art unterhielt der Professor mit seinen Kommentaren zu Trumlers Zeichnungen das Publikum.
Verhaltensentwicklung des Hundes
Einen der zentralen Vorträge der Veranstaltung hielt Dr. Feddersen-Petersen über die Verhaltensontogenese des Hundes. Unter anderem betonte die Wissenschaftlerin die Bedeutung der Sozialisierung der Hunde und der Etablierung sozialer Bindungen zu Artgenossen und zum Menschen. Im Rahmen der sozialen Kommunikation lernt der Welpe relativ rasch beispielsweise die Beißhemmung sowohl gegenüber Wurfgeschwistern (wenn das Spiel zu wild wird, oder der Biss zu kräftig, wird das Spiel vom Anderen sofort beendet), als auch gegenüber Menschen (sofortige Beendigung eines Spiels, wenn ein heftigerer Biss erfolgt). Betont wurde auch die Wichtigkeit der „Schnauzenzärtlichkeit", was sich aus dem Studium eines vorgeführten Videos über die Wolfsentwicklung deutlich erkennen ließ. Auch müssten Rituale der Austragung von Rivalitäten früh erlernt werden.
Angst und Seele
Bei mangelhafter Sozialisierung des Hundes komme es zu Nervosität, Unsicherheit, Angst und Ängstlichkeit. Und je ängstlicher und unsicherer ein Hund sei, desto schneller fühle er sich bedroht, und desto rascher eskaliere eine an sich normale aggressive Interaktion, berichtete Feddersen-Petersen. Im Rahmen der Besprechung dieser Parameter wurde auch erwähnt, dass das Gefühl von Angst auch eine Art Reflexion voraussetze, was impliziere, dass man Hunden somit auch eine Art Seele zusprechen müsse.
Nutztiere und ihr Verhalten
Prof. Dr. Hans Hinrich Sambraus, Tierarzt und Zoologe der Universität München, sprach über das Verhalten der Nutztiere, deren Rassezucht erst in der Mitte des 18. Jhds. begann. Prof. Sambraus vertrat die Meinung, dass sich Haustierformen von den Wildformen im Verhalten nur quantitativ, nicht aber qualitativ unterscheiden. Eine Ethologie der Nutztiere müsse es geben, um 1. den Umgang mit Nutztieren gefahrlos gestalten zu können (z.B. einen Angriff vorzuherzusehen), 2. die Ergebnisse für den wirtschaftlichen Vorteil des Menschen ausnützen zu können (z.B. Deckzeitbestimmung), und 3. um die Tiere vor Missbrauch zu schützen (z.B. verhaltensgerechte Unterbringung).
Hunde, Pferde, Wölfe
Hunde und Pferde war auch das Thema des Hundeausbilders Jan Nijboer, der mit einem Video an vielen praktischen Beispielen vorzeigte, wie man einen Hund an das Pferd (und umgekehrt) gewöhnen kann. Weitere Vortragende waren Joachim Leidhold über Begegnungen unter Hunden, und der Wolfsexperte Günther Bloch über die adaptive Strategie bei unterschiedlichen Umweltbedingungen bei zwei verschiedenen Wolfsrudeln.
Wie jedes Jahr war auch das diesjährige Seminar in Wissen wieder eine gelungene Veranstaltung mit hochkarätigen Referenten und engagierten Mitarbeitern der GfH. Am Sonntag gab es dann noch eine Führung durch die Eberhard Trumler Forschungsstation in Wolfswinkel unter der Leitung von Erika Trumler.