Schon bei den Recherchen zu diesem Thema zeigte sich, dass unter „Dog-Sharing“ eigentlich jeder etwas anderes versteht, und das ist auch logisch, finden sich doch keine zwei gleich gelagerten Fälle. Während beispielsweise der eine Vierbeiner eine absolut gefestigte Rangordnung in seinem Rudel benötigt, ist der andere ein Opportunist und freut sich über Abwechslung. Und während z.B. ein Single vielleicht eine unzertrennliche Bindung mit seinem Hund lebt, finden sich auch heute noch so genannte „Großfamilien“, wo der geliebte Familienhund „Everybody's Darling“ ist und das auch weidlich ausnutzt und für sich von jedem profitiert und nimmt, was immer er bekommen kann – wie das Enkelkind bei der Oma!
Eines ist klar: Kein verantwortungsvoller Hundehalter wird ohne Not, nur aus „Jux und Dollerei“, seinen geliebten Hund, für den er sich entschieden hat und für den er auch einmal Opfer bringt und auf persönliche Bequemlichkeiten verzichtet, leichten Herzens mit jemand „teilen“, mag derjenige auch noch so zuverlässig und „hundelieb“ sein. Leider jedoch kommt es immer wieder vor, dass plötzlich auftretende Notfälle eine zeitweise Betreuung oder gar Unterbringung des Hundes bei einer oder mehreren Personen erforderlich machen. Und ehe man sich – z.B. bei einer Scheidung – ganz von seinem Hund trennt und ihn eventuell sogar ins Tierheim abgibt, ist sicher eine den persönlichen Umständen angepasste Variante des „Dog-Sharings“ die bessere Alternative.
Wichtig ist, dass das Wohl des Hundes im Vordergrund steht und die Bindung an seine Haupt-Bezugsperson nicht gefährdet wird durch eine zu lange Trennung.
Lassen Sie sich anregen von den unterschiedlichen Ideen und Meinungen und überlegen Sie einmal, ob nicht vielleicht der Vorschlag des Tierschutzexperten Willy Sandvoss etwas für Sie sein könnte! (siehe Kasten).
>>> PRO
Hund bei Tagesmutter
Mag. Ebner aus Villach kam durch Zufall zu Luna, einer Dalmatiner-Mischlingshündin, die ihre letzte Halterin durch einen Schlaganfall verloren hatte. Aufgrund seiner ganztägigen Berufstätigkeit musste er für Luna eine Lösung suchen – und fand sie bei einer Hunde-Tagesmutter: „Ich bringe Luna am Morgen hin und hole sie nach der Arbeit wieder ab. Sie freut sich in beiden Fällen ganz tierisch. Bei der Tagesmutter ist sie mit deren eigenen beiden Hunden (Cairn-Terrier) zusammen in der Wohnung oder im Garten, hat sehr viel Freilauf beim Spazierengehen, beim Schlittenfahren usf.. Luna ist jetzt seit 4 Monaten bei mir und geht seit sechs Wochen zur Tagesmutter. Ich hoffe, dass diese Lösung noch lange hält, weil ich den Eindruck habe, dass es ihr gut geht und sie es geradezu genießt."
Mag. Wolfgang Ebner, A-9500 Villach
Hund soll „mitentscheiden“
Maria-Karin Homolka aus Wien hält „Dog-Sharing“ für eine gute Lösung: „Ein Hund, der generell eine gute Beziehung zu Menschen hat, ist durchaus in der Lage, seinen zwei Familien viel Spaß zu bringen und eine Bereicherung zu sein. Denn eigentlich sollte man davon ausgehen, dass die „Zweitfamilie“ gute Freunde, Bekannte, bzw. Menschen mit Hundeverstand sind (vorher vom Besitzer „gecheckt“), die der Hund möglicherweise schon kennt und wo er sich gerne aufhält. So sollte dieses auch immer das Tier „mit entscheiden“ dürfen. Denn eines ist sicher „Hunde sind auch nur Menschen“!"
Maria-Karin Homolka, A-1230 Wien
>>>CONTRA
Verantwortung abschieben?
„Es ist ja eine schlaue Idee, nicht allein für einen Hund verantwortlich zu sein. Aber ein Hund ist kein Auto, und selbst das teilt keiner gerne mit anderen. Meine sämtlichen Hunde, die ich hatte, sind immer schrecklich gerne bei jemandem zu Besuch gewesen. Aber wenn ich nur die geringsten Anstalten machte zu gehen, standen sie immer vor mir an der Tür, um mir zu sagen, dass sie auch gehen wollten."
H. Dobmeier, D-85737 Ismaning
>>> CONTRA
Egoismus zu Lasten des Hundes
Marion Sondermeier stört bereits der Ausdruck „Sharing“. Die Hundefreundin aus Gelsenkirchen meint: „Ein Hund ist doch kein Job, Gegenstand oder Auto. Wenn es die Lebensumstände erfordern und jemand nach Anschaffung seines Hundes in eine Lage kommt, die eine Betreuung erfordern, dann ist es eine gute Lösung, wenn man eine Vertrauensperson findet, die sich um den Hund kümmern kann: Dog-Sitting.“ Marion Sondermeier betont, dass der Hund beständige Strukturen in einem festen Rudel braucht. Daher: „Man kann keinen Hund teilen. Und auch der Hund sollte nicht hin und her gerissen werden. Das kann unter Umständen zu argen Verhaltensstörungen führen, nur damit jemand, der beides will – seine Voll-Berufstätigkeit und einen Hund – , dann beides miteinander verbinden kann. Ich halte das für Egoismus zu Lasten des Hundes. Hundehaltung ist viel mehr, als sich einen Traum zu erfüllen, weil man schon immer einen Hund haben wollte. Hundehaltung heißt für mich – MIT Hunden leben, und das immer."
Marion Sondermeier, D-45881 Gelsenkirchen,
www.greatness-of-soul-bearded-collies.de
Züchterin: Umstände vorher überlegen
Bärbel Korn züchtet seit über 20 Jahren Old English Sheepdogs (Bobtails), eine sehr pflegeaufwändige Rasse. Der Züchterin sind die Umstände, unter denen ihre Hunde nach der Abgabe leben, sehr wichtig: „Schon vor der Übergabe wird geklärt, wie die Betreuung bei Berufstätigkeit aussehen wird, ob da jemand – z.B. aus der Familie – einspringen kann. Ein echtes „Dog-Sharing“, bei dem sich von vornherein zwei oder mehrere Personen einen Hund „teilen“ möchten, lehne ich dagegen ab.“ In einem akuten Notfall, wie beispielsweise einer familiären Trennung, hält sie allerdings – vor allem bei ganztägiger Berufstätigkeit – eine „liebevolle Zweit-Betreuung“ doch für angebracht. Aber: „So ideale „Dog-Sharing“-Verhältnisse wie bei Archie (WUFF 3/03, S. 12f. u. S. 61) oder auch bei den beiden Schwestern (Leserbrief von Marion Part, Wuff 4/03, S. 60) sind sicher sehr selten."
Bärbel Korn, VDH-Bobtail-Zwinger „Kö-Pi's 599“, D-23816 Groß Niendorf,
www.bobtails-599.de
>>>DISKUSSION
Die Lösung für übervolle Tierheime?
Könnte „Dog-Sharing“ nicht die Lösung für das Problem der übervollen Tierheime sein? Willy Sandvoss, Tierschutzexperte in Flensburg, meint dazu: „Auf den ersten Blick scheint Dog-Sharing eine sehr gute Idee zu sein, die uns helfen könnte, mehr Tierheimhunde zu vermitteln. Aber die Erfahrung hat uns gelehrt, dass sehr oft die anfängliche Begeisterung erlahmt, wenn man nicht der eigentliche Halter ist, sondern nur die „Zweitperson“. Da ja die Verantwortung bei dem liegt, dem wir den Hund vermitteln, sitzt der dann vielleicht doch bald alleine da und weiß nicht, wohin mit dem Hund, so dass der dann bald wieder bei uns ‘landet’“. Der Tierschutzinspektor hat aber einen guten Vorschlag parat, der sich auf das Angebot einer WUFF-Leserin bezieht, sich zeitweise um einen anderen Hund aus ihrer Stadt zu kümmern (siehe WUFF 3/03, S.l2/13): „Wer Interesse daran hat, sich um einen Hund zu kümmern, sollte sich beim nächsten Tierschutzverein melden. Wenn dann ein echter Notruf kommt, dass jemand seinen Hund abgeben muss, weil ihm eine stundenweise Betreuung fehlt, dann könnte das Tierheim hier vermitteln und dem Tier vielleicht eine Heimunterbringung ersparen und so neben dem Hund auch noch zwei Menschen glücklich machen. Wichtig allerdings ist das Wohl des Hundes, und so sollte der Kontakt zu seiner eigentlichen Bezugsperson, dem Rudelführer, nicht zu lange unterbrochen sein.“
– Willy Sandvoss, Leiter des Tierheimes Flensburg und Tierschutzinspektor und -referent im Landestierschutzverband Schleswig-Holstein, D 24939 Flensburg,
Internet: www.tierheim-flensburg.de