Die Welpenmaschinerie läuft … – Hundehandel „liebevoll verpackt“

Von Gerald Pötz

Täglich werden Hunderte, teils todkranke und viel zu junge Hundewelpen illegal durch ganz Europa geschleust und an ahnungslose Menschen verkauft. Dass man einen Welpen, der einem auf der Straße, auf einem Parkplatz oder aus einem Kofferraum angeboten wird, nicht kaufen soll, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Aber Welpenhandel kann auch gut getarnt und ganz legal mit Gewerbeschein stattfinden. WUFF hat einen interessanten Fall recherchiert.

Wir befinden uns im beschaulichen Oberösterreich. Die Häuser und Gärten sind proper gepflegt und die Welt scheint hier noch in Ordnung zu sein. Mittendrin stoßen wir auf eine Hundezüchterin, die auf den ersten Blick seriös scheint. Die Hunde sind nicht einfach Hunde, nein, sie werden liebevoll „Engel", „Schmeichelkatze" oder „Löwin" genannt. Alles wirkt ganz lieb und nett – bis wir auf der Homepage der Züchterin auf einen Hinweis stoßen, doch auch ihre Welpenvermittlungs-Seite zu besuchen. Wir denken uns nichts weiter und klicken uns durch. Doch plötzlich stoßen wir neben der Eigenzucht von Ursi Wurstberger (Name v. d. Red. geändert) auf 16 andere ­Rassen, die von ihr vermittelt werden.

Gewerbliche Hundehändlerin?
Unsere weiteren Recherchen ergeben, dass Frau Wurstberger ein Gewerbe, und zwar „Handel mit Heimtieren", angemeldet hat. Sollte hinter dem lieblich kitschigen Internetauftritt ein knallharter Hundehandel ­stecken? Unser Interesse ist geweckt. Ein un­bedarfter Welpeninteressent durchblickt dieses Geflecht vermutlich nur schwer. Einerseits eine offenbar mehr oder weniger seriöse ­Eigenzucht, die Vertrauen suggerieren soll, und andererseits werden Welpen von beliebigen Rassen vermittelt. Doch wo kommen diese Welpen her? Da steht z.B. zu lesen: „Welpen aus ordentlicher Zucht und liebevollen Händen" oder „Welpen aus artgerechter und durch den Hundezucht-Verein überprüfter Haltung".

Schweigen im Wald …
Wir wollen es genau wissen und ­fragen bei Frau Wurstberger schriftlich per Mail nach, wo sie denn ihre Vermittlungswelpen her hat. Auch fragen wir sie, ob man die Zuchtstätten, aus denen ihre Welpen stammen, besichtigen kann bzw. die Mutterhündinnen. Wir bekommen keine Antwort. Da wir der Hundehändlerin unbedingt gerne die Möglichkeit einer Stellungnahme geben möchten, schicken wir unsere Fragen eingeschrieben per Brief. Dieser kommt mit dem Vermerk „Annahme verweigert" zurück.

Wir recherchieren weiter. Da die Handels-Welpen mit dem Hinweis „durch den Hundezucht-Verein überprüfte Haltung" angepriesen werden, sehen wir uns bei diesem Verein um, über den die Hundehändlerin agiert. Dieser Hundezucht-Verein ist einer von vielen – nicht durch den Weltdachverband FCI anerkannten – Hunde­zuchtvereinen, mit dem Sitz Süddeutschland. Jetzt dürfen Sie raten, wer sich in diesem Verein als Obfrau und zuständig für das Hundezuchtwesen im Verein ausgibt. Ganz genau, Ursi Wurstberger. Das heißt konkret, dass ihre Hunde von einem Verein überprüft werden, dem sie selber vorsteht. Und über ihrer Telefonnummer steht in fetten Lettern zu lesen: „Sehr viele verschiedene Rassen je nach Nachfrage". Das Welpenhandelsimperium wäre nicht perfekt, wenn Frau Wurstberger nicht auch noch einen eigenen Zoofachhandel angeschlossen hätte. Ein nach außen hin stimmiges und in sich geschlossenes System, das Kompetenz vermitteln soll.

Nicht schmutzig, sondern rosarot
Welpenhandel ist heute kein schmutziges Geschäft mehr, das auf dunklen Parkplätzen stattfindet. Es ist ganz clean, legal und präsentiert sich durch eine rosarote Brille. So eine Hundestätte ist heute keine graue Zwingeranlage mehr, sondern eine „Residenz", wie Frau Wurstberger ihr Eigenheim nennt. Schmutzig ist nur mehr das, was man nicht sieht. Die Ausbeutung der Zuchthündinnen, die bei jeder Hitze belegt werden, bis sie an Erschöpfung sterben, das Transportieren der Welpen quer durch Europa und noch viel mehr. Ob Frau Wurstbergers Handelsware Hund aus solchen Quellen stammt, oder doch von den von ihrem eigenen Verein überprüften „liebevollen" heimischen Züchtern, wollte sie uns nicht sagen.

Würmer, Durchfall und Giardien
Jeder durch Frau Wurstberger vermittelte Welpe soll laut ihren Angaben auf der Homepage „tadellos gepflegt, wohlgenährt, gut sozialisiert, geimpft und entwurmt" sein. Ob das wirklich so zutrifft, lassen wir einmal dahingestellt. Jedenfalls liegen uns Befunde vor, die bei einem ihrer Welpen starken Wurmbefall, Durchfall und Giardien attestieren. Solche Darm­parasiten verbreiten sich in der Regel auf die gesamte Zuchtstätte, lassen uns Tierärzte wissen.

Keine Fragen, viele Antworten
Jedenfalls präsentiert sich diese Dame in der Öffentlichkeit sehr professio­nell und glaubwürdig. Es scheint, als gäbe es keine Frage zum Thema Hund, die sie nicht beantworten könnte. Jedes noch so kleine Fragezeichen, das in den Gedanken eines Welpeninteressenten auftauchen könnte, wird beantwortet, bevor man überhaupt danach fragt. Z.B., dass es sich bei den Welpen-Fotos auf der Homepage und in Inseraten um Symbolfotos handelt. Ist eigentlich klar, denn die Welpen werden ja erst auf Nach­frage beschafft. Oder wenn man sich gedanklich fragt, warum die ganzen „liebevollen und seriösen" Züchter denn ihre Welpen nicht ­selber an­bieten und abgeben, sondern von Frau Wurstberger vermitteln lassen. Auch hier steht die passende Antwort parat. Die Züchter ihres Vereins ­hätten keine eigene Homepage und daher wäre es ihnen nur schwer möglich, die Hunde selber anzubieten. Dass ein seriöser Züchter die neuen Besitzer seiner Welpen nicht persönlich kennen lernen möchte und die Hunde stattdessen über eine Vermittlerin abgibt, ist ein anderes – mir unverständliches – Thema …

Alles aus einer Hand rund um den Hund wird geboten. Der umfassende Rundum-glücklich-Service bietet auch eine Welpen-Zustellung an. Alles ganz seriös. Der Redaktion WUFF ist vor längerer Zeit einmal eine Welpen-Preisliste von einem Großhändler aus Rumänien in die Hände gefallen. Die begann bei rund 50 Euro für gängige Rassen und endete bei ca. 150 Euro für anspruchsvolle Rassen und Hunde mit kleinen Würfen. Frau Wurstberger bietet ihre Vermittlungswelpen für rund 1.000 Euro an. Mir sind wenige Handelsgüter bekannt, bei denen eine so große Spanne möglich ist. Kein Wunder also, dass das Geschäft mit der Ware Hund so boomt.

Irina Fronescu von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten zum ­Thema Welpenhandel: „Für die Zukunft hoffe ich, dass sich immer mehr Menschen bewusst werden, dass ein Hund keine Ware ist, die man spontan im Geschäft kauft oder im Internet bestellen kann. Tiere sind fühlende Wesen und Lebensbegleiter, die viel Verantwortung bedeuten. Wenn man sich entschließt, ein neues ­vierbeiniges ­Familienmitglied aufzunehmen, sollte man sich zuerst in Tierheimen umsehen oder sich gut informieren und einen seriösen Züchter be­suchen. Die Nachfrage bestimmt das Angebot, und das ist der einzige Weg, lang­fristig den illegalen Welpenhandel und das damit verbundene Tierleid zu beenden."

Daher Finger weg von Welpen, deren Mutter nicht bei ihnen ist, oder von Hundehändlern, die mehrere Rassen anbieten. Hier steckt in der Regel immer großes Tierleid dahinter, denn kein seriöser Züchter gibt seine ­Welpen über einen Vermittler oder dgl. ab.

Buchtipp
Die Welpenmafia – Wenn Hunde nur noch Ware sind
von Christopher Posch, Gerda Melchior und Volker Schütz

Täglich werden in ganz Europa ­Hunderte mit teils gefährlichen Krankheiten infizierte Hundewelpen an ahnungslose Menschen verkauft. Bei den skrupellosen Vermehrern gilt ein Hundeleben nicht viel, die Welpenmütter sind bloße Gebärmaschinen und leben unter den unglaublichsten Bedingungen. Die Welpen werden mit vier Wochen ihren Müttern entrissen, Verluste beim Transport durch ganz Europa sind einkalkuliert. Denn der illegale Welpenhandel ist ein Millionengeschäft. Die Welpen aus Vermehrerstationen sind häufig ein ganzes Hundeleben lang gesundheitlich und psychisch geschädigt, wenn sie die ersten Tage bei ihren neuen Haltern überhaupt überleben.

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