Dr. Frank Wörner, Zoologe und Hundefachmann, beantwortet in seinem Einleitungsreferat die Frage nach Sinn und Bedeutung eines Seminars über Wild- und Haushunde: „Der Hund als der älteste Begleiter des Menschen und sein einziger echter Freund aus dem Tierreich ist lange Zeit von der Forschung sträflich vernachlässigt worden. Wenn man einmal von der Domestikationsforschung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzte, absieht, wird die Erforschung des Hundeverhaltens ernsthaft vielleicht erst seit rund fünf Jahrzehnten betrieben. Ausgerechnet der Hund ist somit eines derjenigen Säugetiere, wo noch mit vielen Überraschungen zu rechnen ist.
Warum Hundeforschung?
Stellen wir uns einmal die ketzerischen Fragen: Warum eigentlich Hundeforschung? Der Hund lebt doch seit Jahrtausenden an unserer Seite, und wir alle wissen: Hinten wedelt er, und vorne bellt und manchmal beißt er. Und warum dann auch noch Wildhundforschung? Schon als Kinder lernten wir, dass der „Fuchs die Gans gestohlen“ hat, und dass der Wolf eine Mörderbestie ist, der sich in seiner Nahrung auf kleine Mädchen mit roter Kopfbedeckung spezialisiert hat. – Und dann hat er auch noch die Großmutter in ihrem eigenen Bett gefressen.
Studium ursprünglicher Verhaltensweisen
Unsere heutigen Haushunde stammen fast ausnahmslos aus Hochzuchten. Aufgrund der Domestikation und gezielten Zucht auf bestimmte Merkmale zeigen sie – neben gravierenden Veränderungen im Aussehen – nicht mehr die ursprünglichen Verhaltensweisen der Wildhunde. Viele Verhaltensweisen treten bei ihnen verändert oder in abgeschwächter Form auf oder sind überhaupt nicht mehr zu beobachten, da sie im Verlauf der Domestikations- und Zuchtgeschichte verloren gegangen sind. Hieraus ergibt sich, dass man nur durch Untersuchungen an ursprünglichen und wildhundblütigen Tieren das eigentliche und komplette hundliche Verhalten beobachten kann. ‘Unsere Rassehunde und deren Bastarde können so lange keine Forschungsobjekte sein, so lange wir nicht alles über ihre Ahnen wissen’, kommentierte Eberhard Trumler dieses Problem.
Es ist zumeist das Verhalten unserer Hunde, das Probleme verursacht. Dabei hat ein gesunder Hund eigentlich kein Verhaltensproblem, denn er reagiert nur hundegemäß auf für ihn gestörte Umweltbedingungen. Die Kenntnis um das Verhalten des Hundes ist auch bei großen Teilen der Hundehalter äußerst lückenhaft, und viele Probleme, die der Hund für uns Menschen aufwirft, sind keine kynologischen Probleme, sondern soziologische – der Hund als Spiegel der Gesellschaft“.
Seit 11 Jahren Seminar mit Tradition!
Seit nun bereits 11 Jahren wird das Seminar der Gesellschaft für Haustierforschung jedes Jahr im September in Wissen durchgeführt, immer mit einem anderen Schwerpunktthema. Auch diesmal präsentierten wieder Experten ihre Forschungsergebnisse zum Thema Wildhunde und Hundeartige. Dr. Feddersen-Petersen von der Universität Kiel zeigte spannende Vergleiche des Verhaltens von Goldschakalen mit dem von Wölfen und Haushunden. Dipl. Biologin Ursula Feulner berichtete über ihre Beobachtungen an einem Rudel Persischer Straßenhunde auf der Trumlerstation und Frau Rita Moritz über Dingos, die sie mit Wölfen und mit ihren Haushunden zusammenbrachte. Dr. Dmoch vom Zoologischen Garten Frankfurt berichtete über den südamerikanischen Waldhund und Dipl. Biol. Maisch von der Universität Schwerin über das Sozialverhalten von asiatischen Rothunden. Und Dipl. Biologe Joachim Leidhold präsentierte seine „Notizen zum Äthiopischen Wolf und den Hunden der Balé-Mountains in Äthiopien“. Allesamt spannende und interessante Vorträge mit tollem Bild- und teilweise Videomaterial, charakteristisch für die hohe Qualität dieses stets gut besuchten Seminars.
Wolfswinkeler Hundetage 2004
Der Termin für die nächsten Wolfswinkeler Hundetage 2004 steht bereits fest: 10. – 12.9.2004, wieder in Wissen im Siegerland. WUFF wird über das genaue Thema und die Referenten, sobald festgelegt, informieren. Soviel sei aber schon verraten: Das Thema im nächsten Jahr wird spannend und aufregend, es wird um die Kommunikation und die Beziehung Mensch/Hund gehen.
>>> WUFF – INFORMATION
Gesellschaft für Haustierforschung:
Forschung und Bildung rund um den Hund
Die „Gesellschaft für Haustierforschung (GfH) e.V.” wurde 1969 von Nobelpreisträger Konrad Lorenz, Otto König, Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Eberhard Trumler u.a. gegründet. Ihr Ziel ist es, der sich schon damals erkennbaren Zersplitterung der Bemühungen im Gesamtbereich der Haustierforschung durch Abhalten von Symposien und Schaffung von Diskussionsmöglichkeiten entgegenzuwirken, als Forum der Begegnung und des Austausches von Erfahrungen zwischen Wissenschaft und Praxis.
Für Hundeleute wichtigster Mitbegründer der „Gesellschaft für Haustierforschung” war der in Wien geborene Nestor der Kynologie im deutschsprachigen Raum, Eberhard Trumler (1923 – 1991). Er gilt wohl unbestritten als einer der besten Hundekenner. Seine zahlreichen Fachbücher haben ihn international bekannt gemacht. 1979 baute er im nördlichen Westerwald die „Haustierbiologische Station Wolfswinkel” auf. Nach seinem frühen Tod wurde diese einzigartige Forschungsstation nach ihm benannt. Eine der wichtigsten Aufgaben der „EBERHARD TRUMLER-STATION” ist die Erforschung des Sozialverhaltens von Hunden. Die von Eberhard Trumler begonnenen Arbeiten werden dort von seiner Frau Erika Trumler als 1. Vorsitzende der GfH fortgeführt. Zum 2. Vorsitzenden wurde 2002, nach dem Tod des Verlegers Dr. Dieter Fleig, WUFF-Herausgeber Dr. Hans Mosser gewählt. Die wissenschaftliche Beratung obliegt Dr. Dorit Feddersen-Petersen.
Mitgliedschaft
Mit einer Mitgliedschaft in der Gesellschaft unterstützen Sie ihre so wichtigen Ziele und haben darüber hinaus verschiedene Vorteile, wie bspw. günstigere Seminarkosten etc.. Informationen über die Mitgliedschaft in der GfH erhalten Sie in der Redaktion des Hundemagazins WUFF, die diese Mitgliedschaft Ihren Lesern ans Herz legt, oder direkt bei der Gesellschaft.
– Gesellschaft für Haustierforschung e.V., Wolfswinkel 1,
57587 Birken-Honigsessen, Tel. +49 (0)2742/ 6746
– www.gfh-wolfswinkel.de