Die intakte Hündin, das unbekannte Wesen?

Von Sophie Strodtbeck

Über die Läufigkeit und andere Zustände von Hündinnen

In Gesprächen und Diskussionen bin ich immer ­wieder überrascht, wie wenig viele Hundehalter über das ­Sexualverhalten ihrer Vierbeiner wissen, und wie viele in Stein gemeißelte Ansichten es dazu gibt. Die physiologisch völlig normalen Veränderungen, die eine Hündin im Laufe der Zyklusphasen durchlebt, und die mit körperlichen und Verhaltensänderungen verbunden sind, sowie das Zusammenleben mit einer gemischten Hundegruppe intakter Hunde beiderlei Geschlechts wird pauschal als „unzumutbarer Stress“ ­bezeichnet. Aber ist das wirklich so?! Was ­passiert überhaupt in der Läufigkeit einer Hündin?

Das erste Mal – Wann eine Hündin das erste Mal läufig wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen spielt die Größe eine Rolle, und zusammen­fassend lässt sich sagen, dass kleine Hunde früher in die erste Hitze kommen als große. Bei Chihuahua und Co sollte man ab dem 6. Lebensmonat damit rechnen, bei deutlich größeren Artgenossen, wie beispielsweise den Herdenschutzhunden, die bekannt für ihre langsamere Entwicklung sind, ist es normal, wenn sich die Läufigkeit das erste Mal mit eineinhalb Jahren ankündigt oder gar zwei Jahre auf sich warten lässt. Wenn sich bis dahin immer noch nichts getan hat, sollte man die Hündin einem Tierarzt vorstellen.

Der Eintritt in die erste Läufigkeit wird häufig auch vom Umfeld mitbestimmt: entweder synchronisieren sich Hündinnen, und die jüngere macht einfach mit, wenn die ältere wieder soweit ist, oder aber die ältere Hündin „deckelt“ die kleine, die dann erst mal gar nicht läufig wird. Auch der Ernährungs­zustand spielt eine Rolle: Nur wenn genug Fettreserven vorhanden sind, lohnt es sich überhaupt, einen so energiezehrenden Vorgang einzuläuten. Denn ohne Energiereserven wäre eine Trächtigkeit sowieso nicht möglich.

Oft brauchen Hündinnen bis zu drei Läufigkeiten, bis sich alles „eingespielt“ hat, sprich, bis die Abstände und die Dauer regelmäßig werden und bis die Hündin selbst mit ihrem plötzlich veränderten Hormonstatus zurechtkommt. In diesem Zeitraum findet auch ein weiterer wichtiger Entwicklungsprozess statt, der auch von den Sexualhormonen beeinflusst wird: die Pubertät. Halter von intakten Hündinnen werden mir zustimmen, dass die Entwicklung, die die Hündin von Läufigkeit zu Läufigkeit in der Pubertät in richtig „erwachsenes Verhalten“ durchmacht, deutlich zu erkennen ist.

Abweichungen von der normalen Läufigkeit
Häufig verläuft gerade die erste Hitze einer Hündin atypisch, da sie zu diesem Zeitpunkt körperlich noch nicht ganz fertig entwickelt ist und sich alles erst richtig einpendeln muss. Dann kann es zur sogenannten „stillen“ oder „weißen Hitze“ kommen, bei der trotz vorhandener hormoneller Vorgänge keine äußerlich sichtbaren Anzeichen auftreten. In einem solchen Fall kann die Hündin läufig werden, ohne dass man es bemerkt. Aber keine Sorge: Rüden werden es bemerken! Auch können vor allem bei jungen Hündinnen manchmal zunächst absolut typische Anzeichen der Läufigkeit auftreten, die dann aber nach wenigen Tagen wieder abklingen, bevor sie nach einem kurzen Intervall (Tage bis Wochen) erneut erscheinen. Diese Unregelmäßigkeit wird als „Split-Östrus“ bezeichnet. Genau genommen handelt es sich um einen doppelten Proöstrus, bei dem der erste nicht in einen Östrus mündet. Auch dieses Phänomen findet man oft bei jungen Hündinnen, die gerade ihre erste Hitze erleben.

Die Intervalle zwischen den Läufig­keiten betragen üblicherweise ungefähr ein halbes Jahr, aber es gibt auch ­Hündinnen, die 3 x im Jahr läufig werden – oder aber nur einmal. Mit dem Alter verlängern sich die Intervalle in der Regel, und sie werden oft milder – in die Wechseljahre wie wir Menschen kommen Hunde aber nicht, die Hündin wird also bis an ihr Lebensende läufig.

In der Regel sind die Hündinnen 21 Tage läufig. Die Duldungsphase, in der sie deck- und aufnahmebereit sind, dauert aber meist nur fünf oder sechs Tage, der Beginn dieser sogenannten Stehtage ist aber von Hündin zu Hündin verschieden. Die eine steht bereits am achten, die andere dagegen am siebzehnten Tag. Als Läufigkeit bezeichnet man den Pro­östrus und den Östrus der Hündin.

Wie alles beginnt: Der Proöstrus oder die „Vorbrunst“
Alles beginnt mit der Vorbrunst, dem sogenannten Proöstrus. Diese Phase der Läufigkeit ist für den Hundebesitzer eigentlich leicht zu erkennen, denn die Hündin beginnt vermehrt zu markieren (die Nachbarschaft muss schließlich informiert werden!), die Vulva schwillt an und die Hündin sondert einen blutigen Scheidenausfluss ab und ist für Rüden besonders attraktiv, was dazu führt, dass sie kaum von ihr lassen wollen. Aber auch das Verhalten der Hündin ändert sich, sie prüft potentielle Väter für den eigenen Nachwuchs auf Herz und Nieren. In dieser Zeit ist die Hündin sehr aktiv, was dem zugrundeliegenden Hormon, dem weiblichen Sexualhormon Östrogen, geschuldet ist. Das Östrogen beeinflusst seinerseits weitere Hormone, die das Verhalten steuern: es steigert den Gehalt des Botenstoffs Serotonin, der angstlösend und anti­depressiv wirkt. Außerdem steigert es den Dopamin­spiegel, was wiederum eine euphorisierende Wirkung hat. Auch die Konzentration des Noradrenalins steigt an, und auch das wirkt anregend, aktivierend und hebt die Stimmung. Ein weiterer, vom Östrogen beeinflusster Botenstoff ist das Glutamat, der wichtigste anregende Botenstoff im Gehirn. Glutamat regt das Denken an und verbessert Konzentration und Gedächtnis.

Insgesamt führt dieser Cocktail aus Hormonen und Botenstoffen dazu, dass auch aus einer Couch-Potato plötzlich eine kleine „ADHSlerin auf Speed“ wird, die die nächsten Wochen kaum zu bremsen sein wird. Das merkt auch der potentielle männliche Interessent: wer sich auf die Stelle als Vater bewirbt, wird erst mal platt gespielt, denn eine Hündin weiß, dass Rüden, die spielen, fit, gesund und frei von Stress sind, und dass das Risiko, dass ein solcher Rüde nachher den Nachwuchs tötet, gering ist. Denn für eine Hündin steht viel mehr auf dem Spiel als für den Rüden, weil sie es ist, die die kräftezehrende Trächtigkeit und die Aufzucht der Welpen übernehmen muss. Aber auch der Rüde testet die Hündin durch Spiel auf Gesundheit und Fitness. Oft ist gerade dieses vermehrte Spielverhalten das Erste, was dem Halter Hinweise auf die bevorstehende Läufigkeit gibt.

Anders aber das Verhalten anderen Hündinnen gegenüber: damit, dass potentielle Konkurrentinnen in dieser Zyklusphase nicht unbedingt freundlich behandelt werden, muss man als Halter rechnen. Je länger der Proöstrus dauert, desto mehr synchronisieren Rüde und Hündin ihr Verhalten. Es wird dann nicht nur vermehrt gespielt, sondern auch paargelaufen, die Öhrchen werden liebevoll abgeschleckt etc.

Fruchtbar ist die Hündin in dieser Phase allerdings noch nicht, und das weiß sie. Sie wird den Rüden trotz aller charmanten Versuche nicht aufreiten lassen, sondern bei Deckversuchen ausweichen, „zickig“ reagieren oder ihn ­wegbeißen. Der Ausfluss der Hündin wechselt im Laufe des Proöstrus von blutig zu „fleischwasserfarben“, wird also immer klarer. Oft wird Hündinnen in dieser Phase ein Höschen zum Schutz gegen Blutflecken angezogen, aber meiner Erfahrung nach lernen Hündinnen in der Regel sehr schnell, sich sauber zu halten, wenn man ihnen denn ohne Höschen die Gelegenheit dazu gibt. Der Proöstrus dauert durchschnittlich neun Tage, kann aber auch deutlich länger oder kürzer sein. Zwischen drei und 17 Tagen ist alles möglich.

Mittendrin: Der Östrus oder die „Brunst“
Als Östrus wird die Phase bezeichnet, in der die Hündin tatsächlich fruchtbar und deckbereit ist, das sind also die berühmten Stehtage, in deren Verlauf mehrere Eisprünge stattfinden. Durchschnittlich neun Tage lang zeigt sie sich nun vermehrt interessiert an ihren Verehrern und wird zunehmend zur Bordsteinschwalbe. Nähert sich ein Rüde, zeigt sie den sogenannten Duldungsreflex: sie bleibt stehen, dreht ihre Rute zur Seite, und der Gesichtsausdruck sagt „werde der Vater meiner Kinder, sofort!“. Hier bei uns braucht es dafür nicht mal einen intakten Rüden, zur Not werden dann auch der Kastrat, der Welpe oder andere Hündinnen angebalzt …

Hormonell sinkt mit dem Übergang vom Proöstrus zum Östrus die Produktion von Östrogen, was wiederum einen Anstieg an LH (das luteinisierende Hormon) nach sich zieht, das den Östrus einleitet. In Folge dieses LH-Peaks steigt ein weiteres Hormon in seiner Konzentration an, das Progesteron, das auch als Trächtigkeitshormon bezeichnet wird, und das alles auf eine Trächtigkeit vorbereitet wird. Für Hundebesitzer gilt spätestens jetzt: auf die Hündin aufpassen, Leine dran und Rüden meiden – wenn man nicht 63 Tage später viele kleine hungrige Mäuler stopfen möchte!

Wenn der Spuk vorbei ist: Der ­Diöstrus (= Nachläufigkeit)
Die Läufigkeitssymptome werden nun im Verlauf deutlich schwächer bis nicht mehr wahrnehmbar – das Schlimmste ist geschafft! Trotzdem sorgt eine hormonelle Besonderheit bei den Caniden in den nächsten Wochen noch dafür, dass die Hündin ein besonderes Verhalten zeigt. Willkommen in der Scheinträchtigkeit! Das dafür ­verantwortliche Hormon ist das bereits erwähnte Trächtigkeitshormon Progesteron, das in dieser Phase ansteigt – egal, ob die Hündin tatsächlich gedeckt wurde oder nicht. Die Scheinträchtigkeit dauert, wie auch die echte Trächtigkeit von Hunden, 63 Tage und dient dazu, dass auch Hündinnen, die nicht gedeckt wurden, hormonell auf Nachwuchs eingestellt sind und zur Not die Brutpflege übernehmen können. Hormonell besteht also kein Unterschied zwischen einer gedeckten und einer leeren Hündin.

Progesteron beeinflusst seinerseits die Gamma-Amino-Buttersäure (GABA), indem es an die dafür vorgesehenen ­Rezeptoren bindet, und verstärkt dadurch Dauer und Intensität von GABA. GABA ist wiederum der wichtigste hemmende Botenstoff im Gehirn und wirkt beruhigend, angstlösend und entspannend. Das macht auch Sinn, denn wer meint trächtig zu sein, sollte sich schonen und in dieser Phase nicht unbedingt Interesse am Bungee-Jumping ohne Seil haben… Hündinnen werden also ruhiger und sind oft sehr sanft, anhänglich und wenig risikobereit. Man könnte der Hündin also unterstellen, dass sie das Porzellan, das sie im Proöstrus zerschlagen hat, nur wieder kitten möchte, um danach potentielle Babysitter für den eigenen Nachwuchs zur Verfügung zu haben. Abgesehen davon bekommen wir aber von der Scheinträchtigkeit relativ wenig mit, und wenn Menschen von Problemen mit der Scheinträchtigkeit reden, meinen sie in der Regel die Scheinmutterschaft, also die Phase, die sich an die Scheinträchtigkeit anschließt und in der die Welpen bereits da wären. Die Ausprägungen der Scheinmutterschaft sind sehr unterschiedlich, und während man bei vielen Hündinnen davon kaum etwas bemerkt, schwillt bei anderen das Gesäuge an und sie zeigen ­vollständiges Brutpflegeverhalten. Dieses wird vom Hormon Prolaktin gesteuert, das zum einen für die Milchproduktion zuständig ist, zum anderen aber auch für die Brutpflege, weswegen manche Hündinnen, auch wenn sie nicht gedeckt wurden, beginnen Wurfhöhlen in den Golfrasen zu buddeln, Stofftiere zu bemuttern und Milch zu geben. Da das Prolaktin im Gehirn gebildet wird, kann das auch bei kastrierten Hündinnen bei auslösenden Reizen wie dem Kindchenschema oder dem Duft von Jungtieren der Fall sein.

Scheinträchtigkeit ist keine ­Krankheit!
Nicht oft genug kann betont werden, dass die Scheinträchtigkeit und -mutterschaft der Hündin physiologisch völlig normale Vorgänge sind und keineswegs krankhaft sind! Verändertes Verhalten, Milchproduktion und Brutpflege gehören zum Hund wie die Nase zum Beagle. Bedenklich wird es erst dann, wenn die Hündin nicht nur inaktiv, sondern nahezu depressiv ist, und wenn das Gesäuge nicht nur anschwillt, sondern heiß, knotig verändert und entzündet ist. In diesem Fall sollte man die Hündin auf jeden Fall einem Tierarzt vorstellen, der in solchen Fällen einen Prolaktinhemmer verabreichen kann.

Klar ist aber auch, dass einer Hündin, die wirklich regelmäßig Probleme im Diöstrus bekommt, mit einer Kastration geholfen werden kann. Aber das sollte eine Einzelfallentscheidung sein und auf keinen Fall vor der 3. Läufigkeit passieren, weil es, wie oben geschrieben, oft so lange dauert, bis die Läufigkeiten sich „einpendeln“ und eine Hündin erst in diesem Alter weitgehend erwachsen ist. Ansonsten hilft es oft, die Hündin abzulenken und „zwangszubespaßen“, damit sie auf andere Gedanken kommt.
Und alle, die bereits bei geringsten Anzeichen einer Scheinträchtigkeit/-mutterschaft sofort zum Skalpell greifen und die Hündin kastrieren wollen, sollten sich mal Gedanken darüber machen, dass auch wir Frauen abhängig von der Zyklusphase unterschiedliches Verhalten zeigen, weil Hormone nun mal auch unser Verhalten steuern …

Zeit zum Durchatmen: der Anöstrus
Der Anöstrus ist die hormonelle ­Ruhepause im Zyklusgeschehen einer ­Hündin. Jetzt fahren alle Hormone wieder auf ein sehr niedriges Level runter (sie sind aber auch im Anöstrus noch höher als bei einer kastrierten Hündin!), die Hündin ist für Rüden wieder unattraktiv, und auch als Halter kann man die Monate bis zum Beginn des nächsten Proöstrus erst mal wieder runterfahren …

Wehret den Anfängen!?
Bedauerlicherweise wird der Gang mit einer läufigen Hündin schnell zum Spießrutenlauf, und auch die Halter von Rüden haben oft mit den Auswirkungen der Hormone zu kämpfen. Kein Wunder, sind doch nach Aussagen vieler ­meiner Kollegen rund 70% der Hündinnen im Kundenstamm kastriert. Ist man mit einer läufigen Hündin unterwegs, muss man sich oft von den Haltern des männlichen Geschlechts fragen ­lassen, wie man es wagen kann, sich mit einer läufigen Hündin am helllichten Tag draußen aufzuhalten. Auch wenn die „Gegenseite“ hundert Meter vom eigenen Rüden entfernt und nicht in der Lage ist, Einfluss zu nehmen oder gar den Hund abzurufen, während die eigene Hündin bei einem ist. Ich gelobe also, in Zukunft mit der Hündin nachts um Drei in den Wald zu fahren… Eine andere Option wäre es aber, den Umgang mit dem anderen Geschlecht zu lernen und auch den Umgang mit dem eigenen Hund. Denn oft ist das große Problem, dass Hund und Mensch überfordert sind, wenn sie das erste Mal in freier Wildbahn dem anderen Geschlecht begegnen. Und tatsächlich: in den AGB der Großzahl aller Hundeschulen steht, dass läufige Hündinnen vom Unterricht ausgeschlossen sind. Warum? Das ist das wahre Leben, und das muss geübt werden – und wo ginge das besser als unter den kontrollierten Bedingungen einer Hundeschule? Dass eine Hündin in den Stehtagen nicht als erste den Agi-Parcours laufen muss, ist klar. Aber was ist mit Spielstunden und Erziehungskursen? Was ist mit Training unter Ablenkung? Der Lerneffekt wäre für alle gegeben: Die Halter von Rüden können lernen, wie sie ihren Hund auch von einer läufigen Hündin abrufen können, die Halter von Hündinnen können lernen, wie sie ihre Hündin schützen und sich dem Rüden zur Not in den Weg stellen, Hündinnen lernen, wie man sich lästige Verehrer vom Hals hält bzw. dass der Mensch sich kümmert, und die Rüden, dass nicht alles, was weiblich ist, zur freien Verfügung steht. Stichwort „eine Armlänge Abstand“… Oft reicht dafür bei jungen Rüden in der Sturm- und Drangzeit eine einprägende Erfahrung mit einer souveränen Hündin, die genau weiß, was sie will bzw. nicht will – gerade beim noch leicht zu beein­druckenden Junghund.

Auch unter Hunden gibt es eine freie Partnerwahl (wenn der Mensch sich nicht einmischt), und nicht jede intakte Hündin ist für jeden intakten Rüden interessant. Das hat unter anderem mit unterschiedlich aufgestellten Immunsystemen zu tun, und weil das Ziel ist, möglichst gesunden Nachwuchs zu bekommen, sucht man sich den Partner, dessen Immunsystem möglichst konträr zum eigenen ist. Außerdem müssen die Jungspunde lernen, wann sich der kräfte­zehrende Deckakt lohnt, und wann er verschwendete Energie ist. ­Intakte Rüden lernen das in der Regel sehr schnell, wenn sie denn die Gelegenheit dazu haben. Während mein Kastrat Piccolo hier im Hause vom ersten bis zum letzten Tag der Läufigkeit (und auch danach) Interesse bekundet und auch decken würde – denn dass er kastriert ist, hat ihm keiner ­verraten – hält sich der intakte Meier bis auf die wenigen Stehtage diskret zurück. Das ist auch eine Erfahrung, die viele Züchter und Halter von gemischt­geschlechtlichen, intakten Hundegruppen bestätigen. Stress hat hier während der Läufigkeit also in erster Linie der kleine Kastrat, und ich mit ihm. Wie soll er auch verstehen, dass die Hündin seines Herzens, mit der er außerhalb der Läufigkeiten eine Paarbindung pflegt, in dieser Zeit plötzlich nur noch Augen für „Johann Wolfgang von Klöten“ hat?

Klar muss ich in den Läufigkeiten mehr regeln als sonst, bei Piccolo 2–3 ­Wochen lang, bei Meier 2–3 Stehtage lang, aber das ist gut machbar. Den Fehler sie zu trennen habe ich nur einmal in der ­ersten Läufigkeit gemacht – was dann tatsächlich die vielbeschworenen nächtlichen Heulkonzerte zur Folge hatte. Aber auch ich bin lernfähig, und inzwischen lasse ich sie zusammen und packe die Hündin nur in die Box – die dann allerdings im selben Raum steht – wenn ich nicht da bin. Damit fahre ich am besten, aber das muss sicherlich jeder für sich selbst und seine Hunde entscheiden. Trotzdem denke ich, dass man aufgrund des oben Geschilderten, Hunden wenigstens die Chance geben sollte, sich im Umgang mit dem anderen Geschlecht zu bewähren und wichtige Lernerfahrungen zu sammeln. Und wenn der Versuch dann scheitert, kann man immer noch zum Skalpell greifen, aber dann eben bitte erst, wenn die Hunde erwachsen und durch die Pubertät durch sind.

Fazit
Ja, ich teile mein Zuhause unter anderem mit einem intakten Rüden und einer intakten Hündin. Und auch der gerade eingezogene Welpe wird – solange weder Verhaltensgründe noch medizinische Indikationen dagegen sprechen – intakt bleiben. Und nochmal ja: es gibt diese Tage, an denen ich mir schwöre, das Kastrationsbuch vom Markt zu nehmen und sofort hier auf dem Küchentisch das Skalpell anzusetzen. Meist reicht aber die Androhung …

Aber mal ehrlich, die Tage, an denen Piranha steht, sind insgesamt maximal eine Woche pro Jahr, und da müssen wir nun mal durch! Zu groß ist der Nutzen der Sexualhormone, die einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung, das Immunsystem, den Stoffwechsel und das Verhalten haben und das Risiko für viele Erkrankungen minimieren können. Und die nun mal zum Hund gehören, denn im Gegensatz zu Handyherstellern baut die Natur keine unnötigen Apps ein …

Pdf zu diesem Artikel: intakte_huendin

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