Da kam doch glatt ein Ehepaar mit Hunden und wollte eine Hundeschule aufmachen. Fein! Das Miethaus ist somit an diese Leute vergeben, obwohl es „Konkurrenten" gab – ohne Kinder, ohne Hunde. Das mag noch nicht wirklich bemerkenswert sein. Aber der Vermieter ist Gemeinderat in Tattendorf. Auch das mag noch nicht so außergewöhnlich sein. Bis die Frage kam: „Können Sie uns in der Gemeinde unterstützen? Sollen wir eine Hundeverordnung beschließen – und wenn ja, wie?"
Mit Mitbürgern reden
Nun, mittlerweile gibt es nach wie vor keine Hundeverordnung in der Gemeinde, sondern vielmehr einen „privaten" Unterausschuss im Umweltausschuss, der sich „ARGE Mensch-Tier-Beziehung" nennt. Und natürlich geht es dabei vorrangig um Hunde. Bürgermeister Ing. Erich Schneider nennt es schlicht den „Tattendorfer Weg" und beschreibt den so: „Es muß doch möglich sein, mit den Mitbürgern zu reden. Ohne Gesetze und ohne Verordnungen, sondern wie man es selbst sieht. Da gibt es jene, die Hunde haben, und jene, die Angst vor Hunden haben." Um diese Problematik zu überbrücken, bedürfe es aber keiner neuen Gesetze. Das könne man nur intern und im gegenseitigen Verständnis ausmachen.
Umweltgemeinderat Dr. Otto Moog (übrigens Universitätsprofessor) meint ganz logisch: „Wir haben mündige Bürger und benötigen keine Regelwerke, um das Thema Hund positiv anzugehen. Wir denken da liberal." Mündige Bürger, keine „Regelwerke" – da stimmt auch der Bürgermeister ein.
Versuche von NÖ-Landespolitikern, seit mehr als einem Jahr ein sogenanntes Anti-Hundegesetz zu erfinden, dann einen Kompromiss zu beschließen, der bereits Stunden danach vom Innenministerium wegen Undurchführbarkeit abgeschossen wurde (WUFF berichtete) – das interessiert hier kaum wen.
Freilaufende Hunde?
Klar doch! Sind ein Problem! Aber in der kleinen, familiären Weinbau-Gemeinde (ca. 1.200 Einwohner) spricht man doch persönlich mit dem Hundebesitzer. Nein! Nicht vernadern. Reden. Im extremsten Fall gibt es einen Brief von der Gemeinde … Die meisten Hundebesitzer nehmen sich das dann zu Herzen – und damit sei viel mehr erreicht als mit Gesetzen und Strafen.
Hundekot?
Klar doch! Ist ein Problem! Aber statt Strafen gibt es in Zukunft gratis Kot-Sackerln, um die hündischen Hinterlassenschaften wegzuräumen. Nicht genug damit! Es werden auch zusätzliche Mistkübel aufgestellt, damit die Hundebesitzer diese Kot-Sackerln auch entsorgen können.
Strafen?
Nein! Man hofft auf Vorbildwirkung und bezieht hier auch die neue ortsansässige Hundeschule „Dog College" mit ein. Aufklärung im Kindergarten. Beratungsfunktion in der Gemeinde. Hundevorführungen beim weit über die Grenzen hinaus bekannten Tattendorfer Großheurigen Ende Mai/Anfang Juni 2002 …
„Wein"-Gemeinderat Alfred Reinisch: „Wenn im Rahmen unseres Großheurigens am 1. Juni hier u.a. Rettungshunde ihr Können vorführen, dann soll das ein Start sein, um zu zeigen, was ein Hund kann, wenn er erzogen ist."
Es geht generell um die Beispielswirkung. Um Vorbilder. Nicht um Gesetze.
Bürgermeister Schneider hat an Hundebesitzer einen Wunsch: „Man soll sich so verhalten, dass jene, die keinen Hund haben oder wollen, einen anderen Hund nicht bemerken." Also ruhig. Problemlos. Den Kot entsorgend. Nicht störend.
Am meisten freut sich Finanz-Gemeinderat Mag. Peter Honzak (zugleich Vermieter des Hauses und der Halle an die Hundeschule) über den Trend: „Das sind alles wertvolle Aktivitäten, die nichts kosten und zum gegenseitigen Verständnis beitragen."
So einfach kann es also gehen: Miteinander reden. Aufklären. Vorbild sein. Und es kostet nichts. Tattendorf soll somit Vorbild sein. Nicht nur für NÖ-Politiker, sondern auch für alle Gemeinden in Österreich und Deutschland.