Der Meister der Motivation

Von Elisabeth Cech

Gottfried Dildei gilt als der erfolgreichste Schutzhunde-Trainer Amerikas. Der gebürtige Deutsche, mit Verwandschaft im österreichischen Mariazell, entwickelte über Jahre hindurch eine Ganzheits-Methode, die die gesamte Ausbildung eines Schutzhundes umfaßt. Er als Meister der Motivation weiß, wie wichtig triebliches Arbeiten von Beginn an ist. Als Triebmittel setzt Dildei, unter anderem, gekonnt Futter ein. Vor allem in den Bereichen Unterordnung und Fährte hat er damit die Hundesport-Welt in Aufregung versetzt. Als guten Rat gibt er seinen Seminarteilnehmern mit, nur auf jene zu hören, die gescheiter sind als sie selbst und nicht einfach nur lauter.

Der Poet der Hundeausbildung
Wuff
: Herr Dildei, wie kam es dazu, diese Methode zu entwickeln?
Dildei: Alles hat es in der Hundeausbildung schon als Einzelsache gegeben. Ich werde nicht der erste und nicht der letzte sein. Aber es ist eine Methode, die durchgedacht ist und systemfähig geworden ist. Sie beruht auf Beobachtungen, hat mit einzelnen Übungen begonnen, ist dann eine Einheit geworden und somit funktionsfähig.
Wuff: In der Schweiz werden Sie als „Poet in der Hundeausbildung“ bezeichnet … Können Sie sich mit diesem Begriff identifizieren?
Dildei: Das überlasse ich anderen Leuten …
Wuff: Gegner sagen: Mit „Leckerlis und Spielis“ könne man Hunde nicht erziehen und ausbilden.
Dildei: Der Hund ist über die Futterversorgung von Menschen abhängig geworden. Somit ist Futter ein „Dominanz-Mittel“, um eine Übung im „Gehorsam“ zu erreichen. Darüberhinaus sollte man unterscheiden zwischen Ausbildung, also das Erlernen von Aufgaben einerseits und Erziehung andererseits.

Rennen nur dem Futter nach?
Wuff: Vorwurf: Hunde rennen bei der Dildei-Methode nur dem Futter nach. Wo liegt der Fehler?
Dildei: In der Denkungsweise der Leute und daß das System falsch verstanden wurde. Und dort, wo sich niemand die Mühe gemacht hat, das System zu erfassen. Es ist ja so, daß Hunde, sobald sie mit dem System auf richtige Weise bekannt gemacht werden, sofort begreifen und reagieren. Nur verstehen das viele Leute nicht.
Wuff: Es geht eigentlich darum, daß der Hund nicht gelockt wird, sondern der Hund den Hundeführer treibt?
Dildei: … daß der Hund durch seine aktive Handlungsweise den Hundeführer veranlaßt, Futter zu bekommen. Die Kritiker machen sich nie die Mühe, diesen Vorgang zu verstehen. Wobei ich dazu noch sagen muß, daß ich Zwang- oder Korrekturausbildung schon früher besser gemacht habe, als die Leute, die heute meine Motivationsmethode kritisieren. Ich habe früher schon besser, erfolgreicher und verständlicher mit Zwang gearbeitet, als andere. Wenn man es insgesamt beobachtet, sind die Kritiker meiner Methode auch jene, die in anderen Methoden versagen.
Wuff: Am Trainingsplatz, um einen Hund sportlich auszubilden, ist diese Methode okay. Aber wie schaut das im täglichen Leben aus? Einer der Vorwürfe ist ja: Man kann auf einem Stadtspaziergang nicht ewig mit dem Futter in der Hand gehen.
Dildei: Beim Stadtspaziergang kann der Hund angeleint werden. Wobei ich mich mit meinen Hunden nur sehr wenig in Bereiche begebe, wo es monoton zugeht, sondern nur dorthin, wo ich mit meinen Hunden frei spielen kann. Monotonie ist keine Erholung für meine Hunde, keine Erholung für mich selber.
Wuff: Einer der Hauptprobleme jener Hundeführer, die mit Futter beginnen, ist der Futter-Abbau …
Dildei: Es wird meist schon der Futter-Aufbau nicht verstanden. Der Futterabbau ist ein längerer Prozeß, das läßt sich nicht in 1 – 2 Sätzen beantworten.

Wie erkennt man die bessere Methode?
Wuff: Kann man messen, welche Ausbildungsmethode besser ist …
Dildei: Doch, kann man! Wenn man die Sprache des Hundes versteht. Dadurch wird eine richtig gelaufene Ausbildung meßbar. Beobachtet man die Körpersprache eines Hundes beim Training, dann sieht man sofort, ob es richtig läuft.
Wuff: Und bei einer Prüfung?
Dildei: Ich gehe davon aus, daß eine Prüfung ja nur der Nebeneffekt einer Ausbildung ist. Was mich insgesamt stört, ist, daß nur auf Prüfung und nicht auf Ausbildung gearbeitet wird. Wenn die Ausbildung stimmt, gibt es auch mit der Prüfung kein Problem.
Wuff: Also der Weg ist das Ziel…
Dildei: Meist ist es umgekehrt. Es wird versucht, den Hund prüfungsfertig zu bekommen, es wird nicht ausgebildet. Und ich sage: Wenn wir uns auf die Ausbildung konzentrieren, dann kommt die Prüfung automatisch.
Wuff: Sind „Dildei-Hunde“ erfolgreicher?
Dildei: Das ist relativ. Die „Dildei-Hunde“ haben verstanden. Und daran gemessen, kann ich schon sagen, daß die Hunde erfolgreicher sind.

Zwang versus Motivation
Wuff: Auf den sogenannten „klassischen Hundeplätzen“ – und das sind sicher noch so um die 70% -, werden Sie und ihre Methoden belächelt. Argumentieren Sie mit diesen Leuten noch, oder ist Ihnen inzwischen die Kritik gleichgültig?
Dildei: Wenn ich als Hund reden würde, würde ich sagen, das geht jetzt in den Wehrbereich hinein. Es gibt Leute, die sich so darstellen, als wenn sie dümmer als ihre Hunde wären. Meist sind es Leute, die sich niemals die Mühe genommen haben, über Ausbildung nachzudenken, sondern nur Ausbildungslehre imitieren. Ich habe auch gar nichts gegen andere Ausbildungsmethoden – auch Zwang oder Korrektur. Das ist vielfach nötig. Das kann unter Umständen gerechtfertigt sein. Aber eine Ausbildung, die nur aus Zwang besteht, halte ich für sehr dumm und intelligenzlos. Und da sollen sich diese Kritiker selbst an den Kopf fassen. Ich war auch einmal dumm – habe mit Zwang gearbeitet – aber über Nachdenken und Erfahrung habe ich mich da rausgearbeitet. Das einzige, was ich nie entschuldige ist, auf seinem Gehirn sitzen zu bleiben und nicht anzufangen, sich Gedanken zu machen. Außerdem ist die Ausbildung, die auf vielen Hundeplätzen betrieben wird, nicht mehr ansehbar. Wenn sich das nicht ändert, dann wird es diese Aufgabe, die zu den schönsten Dingen der Welt gehört, die Hundeausbildung – vor allem die Ausbildung eines Schutzhundes in allen 3 Phasen – bald nicht mehr geben. Wird verboten. Das einzige was zählt, ist ja Motivation durch Argumente und nicht Motivation durch Angriff. Wenn ich angegriffen werde, dann darf ich mich nicht verleiten lassen, mich in diesem Angriffs-Bereich reinzubringen, sondern nur mit Überzeugung zu arbeiten …
Wuff: Sie werden ja nur in Abwesenheit angegriffen …
Dildei: Das ist es ja. Man sollte ja rausgehen, sich das angucken, was die so fabrizieren. Wenn man die Leute motivieren könnte, sich mit uns zu unterhalten und zu fragen, ob sie schon eine Denkungsweise entwickelt haben, um mich angreifen zu können … Es kommt ja darauf an, daß wir daran arbeiten, eine der schönsten Aufgaben der Welt funktionsfähig zu machen, sodaß man auch dabei zusehen kann – oder ob man sich weiter hinter Hecken verstecken muß. Und dann geht es auch darum, ob man sich gut fühlt, wenn man nach dem Training nach Hause geht. Aber dann werde ich wieder daran erinnert, daß ich genauso war, genauso dumm (vielleicht nicht ganz so dumm) und daran, was beim Training alles passiert – die verzweifelten Hunde, die nicht klar im Kopf sind. Und dann werde ich ärgerlich.

Hat der SchH-Sport Zukunft?
Wuff:
Hat der Hundesport, speziell die Schutz-Ausbildung, noch Zukunft oder kommen „Fun-Sportarten“ in den Vordergrund?
Dildei: Der Schutzhundesport kann nicht als Sport für die Breite angesehen werden. Für SchH braucht man hochangelegte Tiere. Der Ausbildungsaufwand ist sehr groß. Dadurch wird SchH-Sport immer beschränkt sein und nie die Breite anderer Sportarten erreichen. Aber wenn wir den SchH-Sport nicht auch als Wesensüberprüfung hätten, dann gäbe es keinen Wesenstest für Gebrauchshunde und somit würden die Gebrauchshunde langsam aussterben. Und das können wir uns nicht erlauben. Wenn man sich die Kombination des idealen Gebrauchshunds vorstellt, dann weiß man auch, daß sich Wesen und Charakteristiken für jeden anderen „Service-Hund“ und für alle anderen Bereiche eignen. Alle anderen Sportarten – oder Beschäftigungen mit dem Hund – halte ich für ganz wichtig. Einen Hund zu halten, der keinen Aufgabenbereich hat, ist gefährlich – der Hund verkümmert oder wird aggressiv. Und daher halte ich alle Aufgaben, die Spaß machen, für sehr sehr wichtig. Hunde brauchen einen Aufgabenbereich.

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Hundeausbildung: Besser geht’s nicht?

Gottfried Dildei entwickelt seine Ausbildungsmethode immer weiter. Kann er sich vorstellen, daß er zu dem Punkt kommt: Aus! Besser geht es nicht?

Dildei: „Ich glaube, wenn ich in meiner Denkungsweise diesen Punkt erreicht habe, würde ich aufhören. Es geht immer um Beobachtungen. Darum, den Blickwinkel zu erweitern. Ich glaube, es gibt immer etwas zu erweitern, zu verbessern. Jeder Trainer sollte durch Beobachtungen seinen Blickwinkel erweitern. Man sieht dann am Hund, was verstanden und nicht verstanden wird. Und aus dieser Beobachtung lassen sich immer wieder Änderungen entwickeln. Nur so kann man zu einem höheren Ausbildungsniveau kommen. Es ist immer mein Streben gewesen, ein Ausbildungsprogramm zu finden, daß nicht nur in Einzelübungen für bestimmte Hunde oder bestimmte Hundeführer funktionsfähig ist, sondern ein Ausbildungsprogramm, das zu einem hohen Prozentsatz anwendbar ist. Und da gibt es meiner Meinung nach keine Ausbildung, die sich vergleichen läßt, um diesen hohen Prozentsatz zu erreichen, wie die Motivationsmethode."

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Vorgestellt: Gottfried Dildei

Gottfried Dildei bekam im Alter von 12 Jahren seinen ersten Hund. Fünf Jahre später trainierte er bereits zwei Hunde bis zur SchH3. Von 1974 bis 1978 gewann er viermal hintereinander die DVG LV-Meisterschaft. Er wurde DVG-Richter und Trainingsdirektor für fünf verschiedene Clubs. Bei einer großen Sicherheitsgesellschaft bestand seine Aufgabe jahrelang darin, Hunde zu prüfen, zu erwerben und Hundeführer und Hunde auszubilden. 1984 ging er nach Amerika, wo er seine professionelle Trainer-Karriere startete und seine Trainingsmethode – basierend auf Motivation – verbesserte. Viele der Top-Hundeführer in den USA werden von ihm trainiert, ebenso verschiedene „Polizei K9“-Einheiten. Studenten von Tiermedizin-Unis, Tierärzte und Hundeausbilder aus USA, Kanada, Deutschland schätzen seine Unterstützung. Mittlerweile hält er weltweit Seminare, beschäftigt sich mit allen Sparten des Hundetrainings, verfaßte ein Buch sowie acht Lehr-Videos über die Schutzhundeausbildung.

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