Was ist Krebs
Wahrscheinlich stammt dieser Ausdruck daher, daß sich gewisse Krebse (Krabben) sehr fest an ihre Unterlage klammern und ihre Füße das invasive (eindringende) Wachstum bösartiger Tumore bildlich darstellen. Seit dieser vergleichenden Beobachtung sind besonders in den letzten zwei Jahrzehnten auf dem Gebiet der onkologie (Tumorlehre und Forschung) sehr große Fortschritte zu verzeichnen. Dennoch ist bis heute die genaue oder eigentliche Entstehungsursache von Krebs unbekannt.
Unumstritten kennt man unzählige tumorauslösende Faktoren und deren Wirkungsmechanismen. Die wichtigsten Risikofaktoren sind, neben den Erbfaktoren, eine schon horrende Zahl an Umwelteinflüssen (chemische Karzinogene, UV-strahlen, ionisierende Strahlen, onkogene Viren usw.). Diese Risikofaktoren können eine Transformation (Umformung) der Genstrukturen (Erbanlagen) in Körperzellen in Gang bringen. Es findet eine sozusagen negative Mutation statt. Die Mehrzahl der Tumore entsteht aus einer einzigen genmanipulierten Zelle. Der Metabolismus (Stoffwechsel) und das biologische Verhalten sind derart abgeändert, daß abnormes Wachstum, Ausbreitung und Verbreitung im Körper möglich ist.
Könnte es Krebs sein?
Erfahrungsgemäß sind die Symptome, deretwegen Tumorpatienten, nicht nur im Frühstadium sondern oft auch im fortgeschrittenem Stadium, zur Untersuchung gebracht werden, recht vage und unspezifisch. Die häufigsten Anzeichen für eine Krebserkrankung können sein:
– Abnormale persistierende (bleibende) oder wachsende Schwellungen
– Mattigkeit, Müdigkeit
– Krampfanfälle
– Kreislaufkollaps
– Appetitlosigkeit
– Freß- und Schluckbeschwerden
– Gewichtsverlust
– Atem-, Harnabsatz-, Kotabsatzbeschwerden
– Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerz
– Blutungen
– Ausfluß, übler Geruch aus Körperöffnungen
Alter, Geschlecht und Rasse der Tumorpatienten
Neben den eben angeführten anamnestisch (vorberichtsmäßigen) beobachteten Symptomen gebühren dem Alter, dem Geschlecht und der Rasse des Patienten ebenso eine verstärkte Aufmerksamkeit. In der Regel ist der Hund ab dem mittleren Lebensalter zunehmend krebsgefährdet. Ab dem 10. Lebensjahr liegt bei Hunden die Sterblichkeitsrate an Krebs bei ca 45 %!
Eine Neoplasie (Tumor) oder Krebs kann aber auch bei jugendlichen oder jungen Tieren auftreten. Es kann daher niemals eine Krebsdiagnose ausgeschlossen werden, nur weil es sich um einen jungen Patienten handelt.
Es gibt auch Tumorentwicklungen mit stark ausgeprägter Geschlechtsabhängigkeit. Man findet z.B. Gesäugetumore fast ausschließlich bei Hündinnen und Perianaldrüsentumore hauptsächlich bei Rüden. Bei vielen anderen Tumorarten lassen sich statistisch gesehen geschlechtsabhängige Unterschiede erkennen, sind aber für die Praxis weniger bedeutend.
Der Einfluß der Rasse (genetische Disposition bzw. Neigung) für bestimmte Tumorarten ist allgemein bekannt. Es können auch regionale Unterschiede hierbei beobachtet werden. Leider existiert keine sozusagen tumorresistente Rasse.
Tumordiagnostik
Die eigentliche Untersuchung eines Tumorpatienten oder bei tumorverdächtigen Krankheitsfällen konzentriert sich auf eine sorgfältige klinische Untersuchung. Weiterführende Laboruntersuchungen (hämatologische, blutchemische Untersuchungen) spiegeln oft mit ihren Befunden das paraneoplastische Syndrom (Tumorbegleiterscheinungen) wieder. Das paraneoplastische Syndrom ist das Resultat von indirekten Auswirkungen bösartiger Tumore auf den Körper. Es entsteht durch die tumoreigene Produktion biologisch aktiver Substanzen, von denen viele noch nicht identifiziert sind. Die deutlichsten Tumorauswirkungen auf den übrigen Organismus sind:
– Kachexie (Abmagerung)
– Anämie (Blutarmut)
– Thrombozytopenie (Blutblättchenmangel)
– Koagulopathien (Blutgerinnungsstörungen)
– Hyperkalzämie (erhöhter Kalziumspiegel)
– Hypoglykämie (erniedrigter Blutzuckerspiegel)
Mittels bildgebender Diagnostik (Röntgen, Ultraschall, Computertomographie, Endoskopie) gelingt es oftmals, die tumorösen Veränderungen morphologisch darzustellen. Diese erwähnten Techniken spielen auch bei der Metastasensuche und der Tumorklassifizierung (Krebsstadium) eine bedeutende Rolle.
Eigentliche Tumordiagnostik
Bei jedem Tumorpatienten ist für die Behandlung und die Prognose (Aussichten) eine Identifizierung des Gewächses zwingend notwendig. Man sollte wissen, was man behandelt. Die eigentliche Tumordiagnostik stützt sich zum Teil auf die Zytologie (mikroskopische Untersuchung von Zellproben) und hauptsächlich auf die Biopsie (mikroskopische Untersuchung von Tumorgewebsproben).
Therapie von Tumoren
Die Therapieformen in der onkologie bestehen aus Chirurgie, Radio-und Chemotherapie. Während Chemotherapeutika (i.d.R. starke Zellgifte) eingesetzt werden, um Metastasen, hämolymphatische (Tumore des Blut und Lymphsystems) Tumore oder sehr maligne (bösartige ) Einzeltumore zu bekämpfen, sind die Chirurgie und die Strahlentherapie lokale, allenfalls regionäre, Behandlungsmethoden. Die chirurgischen Interventionen werden noch für viele Jahre die Hauptpfeiler in der Krebsbehandlung bei Tieren bleiben.
In der Therapie von Geschwülsten spielt die ganzheitliche Beurteilung des Patienten eine hervorragende Rolle. Abgesehen vom Primärtumor selbst, müssen das Alter, der Zustand des Patienten und die Prognose in Hinblick auf Rezidive (Rückfälle) und Metastasen berücksichtigt werden. Es ist für jeden Tumorfall ein individuelles, abwägendes Gespräch und eine einfühlsame Beratung unter Berücksichtigung des gesamten Patienten, seiner Umgebung und seiner Lebensweise notwendig.
Entscheidungskrisis
Trotz erheblicher Unterschiede in der Beurteilung einer Tumorsituation sollte immer im Sinn des Patienten die manchmal bestehende Entscheidungskrisis von Tierbesitzer und Tierarzt gemeinsam überwunden werden.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Alternativmedizin (Homöopathie, Bachblütentherapie, Misteltherapie usw.) als mögliche Behandlungsform eines Tumorpatienten. Wer als Tierarzt Tumore komplementärmedizinisch behandelt, ist zwischen zwei ethischen Prinzipien hin und her gerissen. Einerseits ist es tröstlich, daß diese Heilmethoden für den Patienten unschädlich sind. Andererseits muß befürchtet werden, den Zeitpunkt für eine wirksamere, aggressivere Therapie zu verpassen. In diesem Dilemma, das stellvertretend die mögliche Ambivalenz (Zwiespältigkeit) der Ethik beim Tumorpatient wiederspiegelt, möchte ich schließen.
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