Der Galgo Español

Von Mag. Sabintheres Grabner

Couchsurfer oder feuriges Energie­paket: Bei keinem anderen Hund treffen diese zwei Bezeichnungen so passend zu wie bei dem spanischen Windhund. Solange keine Natur unter seinen Pfoten zu spüren ist, schläft der Vierbeiner die meiste Zeit auf – erhöhten – Liegeplätzen und genießt seine Ruhe. Er steht meist nicht mal auf, außer vielleicht, wenn das Fressen in den Napf fällt. Doch wehe, es geht vor die Tür, und dies auch noch ohne Leine – dann entwickelt der Galgo Español sein feuriges Temperament. Bis zu 65 Stundenkilometer schnelle Sprints mit zackigen Wendungen zeigt er energisch und kraftvoll. Ein ungewöhnlicher Hund mit viel Charme, der erst entdeckt werden muss. Hat der Windhund einen dann aber gefangen, lässt sein Wesen einen nicht mehr so schnell los.

Die Geschichte des Galgo ­Español reicht bis in die Antike zurück. Schon im 6. Jahrhundert nahmen die Kelten mittelgroße Windhunde mit zur Jagd. Auf ihren Feldzügen gelangten diese Hunde auch auf die iberische Halbinsel. Nach der Unterwerfung der Kelten durch die Römer wurde in der damaligen römischen Provinz Hispania diese Hunderasse Canis Gallicus ­(keltischer Hund) genannt. Aus dieser Bezeichnung entwickelte sich später das spanische Wort Galgo, das all­gemein für Windhund steht. Doch auch der arabische Sloughi, der während der Maurenherrschaft vom 8. bis 15. Jahrhundert in die südlichen ­Landesteile gebracht wurde, ebenso wie der in Spanien schon lebende Podenco Ibicenco haben den Galgo Español mit beeinflusst.

Während des 16., 17. und 18. Jahrhunderts wurde der spanische ­Windhund in andere Länder wie Irland und England exportiert und gilt daher auch als Vorfahre des englischen Greyhounds, der im Unterschied zum Spanier kräftiger und größer ist.

Der Galgo Español ist eng mit der spanischen Tradition verknüpft und war während der letzten Jahrhunderte ein geschätzter Begleiter des spanischen Adels. Doch der große Unterschied zu Mitteleuropa liegt darin, dass Jagen mit einem Windhund in Spanien nicht nur der Oberschicht vorbehalten war. Im Gegensatz zu anderen ­europäischen Ländern war und ist heute noch die Hasenhetze hauptsächlich der Landbevölkerung zugeschrieben. Ursprünglich zur Nahrungsbeschaffung durchgeführt, bekam die Hasenhetze mit den Galgos schon im römischen Imperium zusätzlich auch einen sportlichen Charakter. Die Wettbewerbe „carreras en campo“ bewerten noch heute Mut, Durchhaltevermögen und Jagdtechnik der Hunde. Das Ziel dieser Geländerennen ist es, den Pokal des Königs „Copa de Su Majestad el Rey“ zu gewinnen.

Graziler Körper mit enormer Widerstandskraft
Spanien ist durch eine steppenartige Landschaft mit Steinen und wenig Wald gekennzeichnet. Um einen Hund hier zur Jagd einzusetzen, musste in der Zucht darauf geachtet werden, wendige, robuste und ausdauernde Vierbeiner zu erhalten. Erst 1972 wurde der Galgo Español als eigenständige Rasse, durch den internationalen Zuchtverband FCI, anerkannt

Laut dem FCI-Rassestandard ist der Galgo Español ein 60–70 cm großer und 20–29 kg schwerer Windhund. Sein Körper ist langgezogen, der Kopf sehr schmal mit kleinen, dunklen, mandelförmigen Augen und ­großen gefalteten Rosenohren, die bei ­manchen Jagdhandlungen aufgestellt werden können. Der spanische Windhund hat einen tiefen Brustkorb und eine sehr lange Rute, die oft bis fast zum Boden reicht. Es gibt glatthaarige und rauhaarige Galgos. Bei der ersten Fellvariante ist das Haar sehr kurz, fein und hat keine Unterwolle. Rauhaarige Vertreter sind sehr selten und die Fellstruktur ist sehr grob und bis zu 5 cm lang. Alle Farben sind erlaubt und kommen auch bei den Hunden vor. Galgos haben fast keine Fettschicht unter der Haut. Deshalb tragen sie bei Kälte und im Winter oft einen Windhundmantel.

Trotz zierlichem Körper sind Galgo Españols in der Regel sehr widerstandsfähige Tiere, die wenig zu ­rassetypischen Krankheiten oder auch Allergien neigen. Allerdings sind diese Hunde speziell anfällig für Myoglobinurie, auch als „Greyhoundsperre“ bekannt. Diese Krankheit ist eine extreme Übersäuerung des Organismus und tritt auf, wenn ein Tier vor z.B. einer Jagd oder Sport bzw. Sprint nicht richtig trainiert wird und unvorbereitet zu Höchstleistungen angespornt wird. Die Muskeln können die benötigte Energie nicht mehr aerob gewinnen. Durch die nun anaerobe Energiegewinnung entsteht Milchsäure in den Muskelzellen, die normalerweise in weiterer Folge vom Blut zu den Nieren transportiert und von diesen ausgeschieden wird. Doch ab einem gewissen Grad der Über­säuerung des Organismus zersetzen sich die Muskelzellen und die Nieren werden zunehmend mit der Ausscheidung der Abfallprodukte überfordert. Der Galgo bekommt dann einen ­steifen Gang, kann sich nicht mehr bewegen, uriniert meist schwarz und auch das Atmen fällt zunehmend schwer. Im weiteren Verlauf schwillt u.a. die Rückenmuskulatur an und der Galgo Español kann sich nur noch unter starken Schmerzen oder kaum mehr bewegen. Ein Besuch des Tierarztes ist bei dieser Krankheit ein Muss, um dem Tier weitere Schmerzen zu ersparen.

Einmal ein Galgo immer ein Galgo …
Die Galgos sind im Allgemeinen sehr ruhig und zurückhaltend, nie aufdringlich oder distanzlos. Sie zeigen auch kaum Bellverhalten. Bei fremden Personen sind sie eher schüchtern und brauchen länger, bis sie Vertrauen fassen. Innerhalb ihrer Familie gelten sie als sehr anhänglich, haben meist eine Bezugsperson, suchen ­ständig Körperkontakt und mögen auch ­gerne Kinder. Im Kontakt mit anderen Hunden ist es ähnlich, sie sind auch im großen Rudel sehr verträglich und allen Vierbeinern sehr zugetan. Natürlich ist das Spielverhalten bei verschiedenen Hundetypen unterschiedlich, und so hat ein Sprinter mit einem anderen Läufer mehr Spaß als mit einer Bulldogge, die lieber körperbetont spielt.

Grundsätzlich sind dem Galgo Español Aggressionen fremd, bei ­Bedrohungen reagiert er eher mit Flucht. Im Haus fallen Galgos kaum auf, weil sie oft stundenlang nur schlummern und sich kaum bewegen. Sie bevorzugen höhere Liegeflächen, um immer den Überblick zu haben. Ein Windhund braucht unbedingt Familienanschluss und die Nähe seiner Menschen. Für die Zwinger- oder Hofhaltung sind diese Hunde nicht geeignet. Der Galgo Español ist sehr intelligent, sehr neugierig, für einen Windhund recht gut erziehbar und pflegeleicht. Er reagiert sehr gut auf positive, bestärkende Erziehungsmethoden, welche auch die Bindung zum Besitzer steigern. Mit Druck und Strenge erreicht man bei ihm allerdings nichts. Da er aber vom Wesen her zur Vorsicht und Zurückhaltung neigt, sollten mit den Welpen von klein auf alle Lebenssituationen durchgespielt werden, damit er sich daran gewönt und seine Vorsicht nicht in Furcht umschlägt.

Der Galgo Español wurde ursprünglich und heute noch in Spanien für die Hasenjagd gezüchtet, daher ist im Freien bei diesen Hunden auch ein wenig Vorsicht geboten. So ruhig die Galgos innerhalb der vier Wände sind, so feurig sind sie beim Spaziergang. Wie alle Windhunde jagen sie auf Sicht und fangen die Beute durch aus­dauernde Schnelligkeit (60 bis zu 65 km/h) und blitzschnelle Wendungen. Daher sollte rechtzeitig mit einem guten Rückruftraining begonnen werden, damit der Hund lernt, sich auf den Besitzer zu ­konzentrieren. Generell gilt aber, sich vor dem Ab­leinen zu vergewissern, dass kein Wild oder eine Gefahr in der Nähe ist, denn der Galgo ist und bleibt tief in seinem Herzen ein Jagdhund.

Das Bewegungsbedürfnis des Galgo Español wird allerdings oft überschätzt. Windhunde sind Sprinter, jedoch keine ausdauernden Traber. Sie lieben ausgedehnte Spaziergänge, begleiten ihre Menschen gerne bei Wanderungen, Jogging- oder Rad­touren. Sie sind aber durchaus auch in einer Stadtwohnung glücklich. Trotzdem muss der Freilauf für schnelle Sprints möglich sein. Für die eigene Sicherheit des Hundes sollte dies aber entweder in Auto- und Wild-freien Gebieten oder in eingezäunten Freilaufzonen erfolgen. Ein Windhund, der sein Leben lang an der Leine ver­bringen muss, ist kein glücklicher Hund. Wer aber gezielt Aktivität mit diesen Hunden treiben möchte, ist auch gut mit dem Windhundesport Coursing beraten. Hier wird die Jagd auf eine Hasenattrappe in freiem Gelände nachgeahmt, wo sie ihr Laufbedürfnis stillen können. Grundvoraussetzungen sind dann aber auch ein Gesundheitscheck, ein regelmäßiges Training und Spaß bei der Sache für alle Beteiligten.

Windhunde sorgen immer noch beim täglichen Spaziergang für große Augen bei anderen. Sie wirken oft elitär oder auch dünn bzw. mager, was nicht jeden Hundefreund anspricht. Doch im Grunde ist gerade der Galgo Español ein liebenswerter Vierbeiner mit viel Sensibilität. Er besticht durch seine Unkompliziertheit, kann sich leicht einfügen, ist gerne überall dabei und kuschelt für sein Leben gerne. Ob auf der Hundewiese oder im Lokal – der Galgo tanzt nicht in der ersten Reihe und wird erst beim zweiten Blick so richtig wahrgenommen. Ein zierliches Wesen mit feurigem ­Temperament zur rechten Zeit.

HINTERGRUND

Klubs

  • Österreichischer Klub für Windhunde und Rennsport
    www.windhund.at/de/

 

  • Deutscher Windhundezucht und Rennverband e.V.
    www.dwzrv.com/

Alle Fotos (falls nicht anders ange­geben): Little Lobito – www.galgo.de

Das könnte Sie auch interessieren: