Der Dobermann – Temperamentvoll und sensibel

Von dogodu-Redaktion

Mit seinem kantigen Kopf, der langen Schnauze und – früher – den kupierten spitzen Ohren galt er als ­Inbegriff des „scharfen“ Hundes.  Seinem wahren Wesen wurde dies allerdings nicht gerecht. Auch wenn nach dem Einführen des Kupierverbotes die ­Welpenzahlen seinerzeit sanken , hat der „Dobermann mit Ohren und Rute“ offenbar seinen Imagewandel vollbracht! ­Neben seiner unverändert starken Ausstrahlungskraft und eleganten ­Erscheinung gewinnt nun auch das Wesen der Rasse größere ­Aufmerksamkeit: ­Der Dobermann ist ein guter und vielseitig einsetzbarer, temperamentvoller und doch sensibler Hund.

„Seine Geschichte ist durchaus eigenartig, ebenso wie sein Name“ schreibt der Kynologe und Hundemaler Richard Strebel 1904 über den Dobermann, der damals noch als Dobermannpinscher bezeichnet wurde. Zweifellos gehen Geschichte und Name der Rasse auf Friedrich Louis Dobermann (1834-1894) aus Apolda in Thüringen zurück. Um 1860 war Dobermann städtischer Hundefänger und verfügte daher über eine große Anzahl von herrenlosen Hunden aus der Region. Nach Angaben seines Sohnes soll Dobermann ab 1870 auch als „Hilfssteuerexekutor“ säumige Steuerzahler aufgesucht und Steuerschulden eingetrieben haben. Zudem habe er auch als Nachtwächter gearbeitet. Für beide Tätigkeiten wäre ihm ein „scharfer Hund“ nützlich, heißt es, weshalb Dobermann zusammen mit einem Fluraufseher und einem Turmwärter, die ebenfalls an „scharfen Hunden“ interessiert waren, daran ging, aus seinem Hundebestand eben besonders „scharfe Hunde“ zu verpaaren.

Aus Bauernhunden Thüringens
Die Hundeschläge, aus denen letztlich der Dobermannpinscher entstand, sind sicher primär die örtlichen Bauernhundschläge in Thüringen. Der wichtigste Züchter der Frühzeit des Dobermanns, Hans Otto Göller, ein Mitbürger Louis Dobermanns aus Apolda, erklärt in seiner Schrift „Der Dobermannpinscher in Wort und Bild“, dass „am meisten der deutsche Schäferhund, der kurzhaarige Jagdhund und der deutsche ­kurzhaarige Pinscher bei der Konstituierung der Rasse eine Rolle gespielt hätten. Räber äußert sich dazu so: „Wer alles bei der Geburt des Dobermanns Gevatter gestanden hat und was da alles durcheinandergekreuzt worden ist, konnte nie mit Sicherheit festgestellt werden, vermutlich hatten die Züchter selbst den Überblick verloren.“ Das ist wohl auch der Grund, dass sich in der Literatur die unterschiedlichsten Angaben dazu finden. Häufig werden auch (die damaligen Vorläufer der) Rottweiler, Doggen und Jagdhunde genannt, sowie auch Black-and-tan Terrier und Greyhounds.

Louis Dobermanns Lieblingshündin soll eine mausgraue ­glatthaarige Pinscher­hündin gewesen sein, und da damals fast alle pinscher­artigen ­Hunde in ­Thüringen Schnupp ­gerufen wurden, nannte er die Hündin ­Schnuppe. Solche Hunde gab es in der Region zuhauf, weshalb Strebel meint, dass der Dobermann­pinscher in groben Zügen schon vor Louis Dobermann existiert habe. Doch weil Dobermann – mit seinen ­„scharfen ­Hunden“ unterwegs – stets davon sprach, dass es „seine Hunde“ seien, nannte man sie in Apolda bald die Dobermannhunde.

Es dürfte wohl nicht die primäre Absicht Louis Dobermanns gewesen sein, gezielt eine Hunderasse zu begründen. Vielmehr wollte er einfach „scharfe Hunde“ für seinen persönlichen Gebrauch und auch für den Verkauf heranzüchten (Räber 1993). Absichten, eine konkrete dauerhafte Rasse zu züchten, dürfte eher erst der schon erwähnte Hans Otto Göller gehabt haben, der 1899, 5 Jahre nach dem Tod Dobermanns, den ersten Dobermann-Pinscher-Klub gründete.

Schneidigkeit und Schärfe
Bald schon wurden die Dobermannhunde aufgrund des – durchaus erwünschten – Rufes ihrer „Schärfe“ als Polizeihunde verwendet, was ihnen damals auch den Namen „Gendarmenhunde“ eintrug. Durch ihre Jagdleidenschaft ließ sich die Rasse auch gut gegen Raubwild einsetzen, und in den beiden Weltkriegen sah man Dobermann­hunde auch als Kriegshunde, sowohl im deutschen Heer wie auch in der US-Army. Heute gehört der Dobermann zu den Schutz- und Gebrauchshunden, wobei man ihn aber in diesem Bereich im Vergleich zu Deutschen Schäfer­hunden, Malinois und Rottweilern bislang deutlich seltener sieht.

Der Eindruck von Schneidigkeit und Schärfe begleitet den Dobermann von Anbeginn seiner Rasseentwicklung, und auch der heutige FCI-Standard verlangt für die Rasse „ein mittleres Temperament und eine mittlere Schärfe“, was immer „Schärfe“ nun auch bedeuten mag. Das seinerzeitige Kupieren von ­Ohren und Rute unterstützte auch tatsächlich dieses schneidige ­Aussehen, und mit dem Kupierverbot sanken in vielen EU-Ländern die ­Zuchtzahlen recht eindrucksvoll, während die ­Importe aus Ostländern, in denen Kupieren noch erlaubt war, anstiegen.

Der heutige Dobermann
Der heutige Dobi, wie er von Liebhabern der Rasse gerne genannt wird, ist ein Begleit-, Schutz- und Gebrauchshund. Sein Wesen wird im FCI-Standard folgendermaßen beschrieben: „Die Grundstimmung des Dobermanns ist freundlich-friedlich, in der Familie sehr anhänglich und kinderliebend … Bei einer guten Führigkeit und ­Arbeitsfreude des Dobermanns ist auf Leistungsfähigkeit, Mut und Härte zu achten. Bei ­angepasster Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt ist auf Selbstsicherheit und Unerschrockenheit besonders Wert zu legen.“.

Spricht man Dobermannhalter auf ihre Rasse an, dann betonen alle sofort die Ästhetik und die edle Ausstrahlung der Hunde. Eine Faszination, die viele zu begeisterten Anhängern dieser Rasse macht. Doch dürfe das adelige ­Aussehen der Hunde bei der Entscheidung für die Rasse nicht im Vordergrund stehen, meint Hans Wiblishauser, Präsident des deutschen Dobermann-Vereins eV., welcher auf den 1899 von Hans Otto Göller in Apolda gegründeten Klub zurückgeht. „Es ist die Vielfalt dieser Rasse, die Begeisterung auslöst“, so ­Wiblishauser, der auch gleich mit dem Vorurteil aufräumt, dass der Dobermann der Inbegriff des „Ein-Mann-Hundes“ und eines unbestechlichen Wachsoldaten sei. „Ein gut sozialisierter Dobermann aus verantwortungsvoller und liebevoller Züchterhand ist ein einfühlsames und gut erziehbares Familienmitglied, das mit seinem zweibeinigen Rudel durch Dick und Dünn geht“, betont der Präsident des Dobermann-Vereins. Was die Rasse auszeichnet, seien Eigenschaften wie Temperament, ständige Aufmerksamkeit für sein Umfeld, Lernbegierde, sowie Bewegungsdrang und Anhänglichkeit, erklärt Wiblishauser. Und auch Inge Eberstaller, Präsidentin des Österreichischen Dobermannklubs (ÖDK), selbst begeisterte Agilitysportlerin, bezeichnet die Rasse als lernbegierig und gelehrig, temperamentvoll und aktiv, leicht zu pflegen und als Familien­mitglied oder Bewacher gut geeignet.

In einer Rassebeschreibung findet sich – ganz im Gegensatz zum früheren Image der Rasse – der Hinweis, dass der Dobermann ein sehr anhänglicher, liebes- und anlehnungsbedürftiger Hund ist. Für den Hundepsychologen Thomas Riepe ist die Rasse ein wundervoller Begleiter, „wenn ein Dobermann bei und mit Menschen aufwächst, denen er vertrauen kann und die ihn fair behandeln“.

Der Dobermann ist ein „souveräner Hund“, wenn er richtig gehalten und in Sportarten geführt wird, die ihn nicht „übermäßig aufpushen“, ­berichtet WUFF-Autorin und Hundetrainerin Liane Rauch aus ihrer Erfahrung und hält aufgrund seines „überschäumenden Temperaments und der großen Bewegungsfreude“ Obedience für die bestgeeignete Sportart. Andererseits führt die Präsidentin des österreichischen Dobermannklubs ihre Dobermänner sehr erfolgreich in Agility. In diesem Hundesport, der von Border Collies & Co. dominiert wird, sind Dobermänner eher die Ausnahme. Jedenfalls zeigt auch dieses Beispiel die Vielseitigkeit der Rasse, eines ihrer wesentlichen Merkmale.

Gesundheit und Pflege
Ein Dobermann wird durchschnittlich 10 Jahre alt, berichtet Hans ­Wiblishauser. „Rassetypische“ Erkrankungen würde es nicht geben, betonen sowohl er als auch Inge Eberstaller. Wobei diese Aussagen natürlich nur für Hunde aus seriöser ­kontrollierter Zucht gelten können. Wie man aus Tierarztkreisen hört, würden hingegen bei Dobermännern aus osteuropäischen Massen­zuchten vermehrt Hüftdysplasie und Herzkrankheiten auftreten, und diese Tiere seien durch die zu frühe Trennung von der Mutter, schlechte Aufzuchtbedingungen und fehlende ­Sozialisation meist hypernervös und ängstlich. Auch wenn man für Lebewesen keine Garantie auf Gesundheit abgeben kann, so haben potenzielle Dobermann-Interessenten doch beim seriösen ­heimischen Züchter, der unter einem anerkannten Verein züchtet, die besten Voraussetzungen, einen „guten“ und gesunden Hund zu erhalten.

Körperlich und geistig gefordert
„Der Dobermann muss konsequent erzogen und körperlich wie geistig gefordert werden“, sagt Hans Wiblishauser. Die Rasse brauche die Nähe zum „Rudelführer“, zur Familie, weshalb sie auch nicht für Zwingerhaltung geeignet sei. Seine Familienbezogenheit betont auch Inge Eberstaller, die auch darauf hinweist, dass der Dobermann kein Hund für jemanden sei, dessen Bewegungsfreude sich gerade mal auf eine Runde ums Haus beschränkt. Allerdings sei der Dobermann nicht unbedingt als Ersthund für einen Hundeneuling zu empfehlen, warnt Wiblishauser. Dies deswegen, weil die Rasse sehr schnell groß wird und sehr kraftvoll ist. Sein überschäumendes Temperament, seine Lauffreude und Schnelligkeit ­könnten einen hundeunerfahrenen Halter leicht überfordern, so Wiblishauser. Daher sollte ein zukünftiger Dobermannhalter „Hundeerfahrung und ein hohes Maß an Ausbildungsbereitschaft mitbringen“.

Das Kupierverbot hat unter den Haltern und Liebhabern der Rasse die Spreu vom Weizen getrennt. Dass der Dobermann mit kupierten spitzen Ohren schneidiger und schärfer, für manche auch edler wirkt, ist unbestritten. Doch sollte dies nicht das Hauptkriterium für die Wahl dieser Rasse sein, die so vielseitige positive körperliche und wesensmäßige Eigenschaften in sich vereint, wie der Dobermann.

Hintergrund
Always Faithful – ewige Treue

Als am 1. November 1943 die United States Marines mit ihren Dober­männern in Bougainville im Südpazifik anlegten, bedeutete dies die erstmalige Verwendung von Hunden durch eine US-Einheit zu Kriegs­zwecken. Der Dobermann war der offizielle „Kriegshund“ des U.S. Marine Corps und ­wurde auf ­Wachgängen im feuchten Dschungelgebiet mitgenommen, um rechtzeitig vor dem versteckten Feind zu warnen. Nachts beschützten die Hunde die in Erdhöhlen schlafenden erschöpften Soldaten. Zahlreiche U.S. Marines verdankten damals diesen Hunden ihr Leben. Nach dem 2. Weltkrieg kehrten viele Dobis wieder nach Hause zurück, jedoch 25 mussten ihr Leben geben und wurden von den Soldaten auf dem Kriegshunde­friedhof auf der Insel von Guam begraben. 1994 wurde auf diesem Friedhof als Dank an diese Vier­beiner eine Bronzestatue aufgestellt mit der Inschrift „Always Faithful“.

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