Der Canis hawaiiensis – Ein Schnüffeljournalist auf den Brettern, die die Welt bedeuten

Ich bin ja schon von Berufs wegen eine neugierige Schnüffel­nase und der Meinung, alles einmal ausprobiert haben zu müssen. ­Wasser ist auch durchaus mein Element – neben Misthaufen, ­Wäldern und Küchen – aber bisher habe ich mich lieber darin als darauf aufgehalten. Das hat sich grundlegend geändert, seit ich zum Surfboy geworden bin … Seither kann ich es kaum mehr erwarten, mich in Schale bzw. mein Hawaiihemdchen zu werfen und an Bord zu gehen.

Wie das kam? Ich hatte Besuch von Da Vinci, einem etwas durchgeknallten Boxermix, nebst menschlichem Anhang, den Meyers. Bei einem solchen Namen natürlich gerne gesehene Gäste bei uns. Da Vinci hat im Urlaub quasi das Hundesurfen erfunden. Und natürlich kam die Sprache auch genau darauf, was ich mit der mir eigenen Gelassenheit zur Kenntnis nahm, denn reden kann man ja viel. Soll Da Vinci mal machen, dachte ich.

Aber nicht nur Da Vinci macht, sondern inzwischen jede Menge Hunde in der Hundeschule der Meyers, und zwar mit großer Begeisterung! Für die Menschen muss das Ganze natürlich wieder irgendeinen Sinn ergeben. Die Rede war von einer Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit, der Schulung des Gleichgewichtssinns, einem Zur-Ruhe-Kommen von hyperaktiven Hunden. Konzentrationsfähigkeit? Habe ich nicht. Gleichgewichtssinn? Zum Jagen braucht Beagle einen Geruchssinn. Hyperaktivität? Wo ist meine Couch? Was soll ich also auf einem Surfboard? „In der Ruhe liegt die Kraft“, hieß es – in der Nase liegt die Kraft, finde ich.

Aber beim Hundesurfen lernt Hund, sich ruhig und konzentriert zu bewegen und Signale des Menschen exakt umzusetzen. Schnelle und unkontrollierte Bewegungen führen nicht zum Erfolg – ein wichtiger Lernprozess gerade für die Jugend oder auch für sog. „Hibbelhunde“, also Artgenossen, die die Ruhe eines ADHS‘lers auf Speed haben. „Erst denken, dann handeln und sich dabei auf seinen Zweibeiner einlassen und diesem vertrauen“ – so beschreiben es Sabine und Dietmar Meyer. Warum können Menschen eigentlich nicht einfach mal etwas „just for fun“ tun? Aber gut, dann ist die Surferei eben nebenbei pädagogisch wertvoll, solange sie trotzdem Spaß macht, ist auch das in Ordnung.

Also warf ich meine pädagogischen Vorurteile über Bo(a)rd und meldete mich zum Surfkurs an. Eine lustige Truppe erwartete mich dort, von klein bis groß und von jung bis alt war alles vertreten. Auch ehemals sehr un­sichere Hunde, die inzwischen zu wahren Surffreaks mutiert sind. Als einziger im stylischen Hawaiihemd kam ich mir dann aber doch ein bisschen albern vor.

Klar, dass nicht jeder so ein Naturtalent ist wie ich, nicht jeder ist schließlich zum Seemann geboren. Darum ­standen erst mal Trockenübungen an Land auf dem Programm. Es gab viel Lob, und auch der Clicker kam zum Einsatz. Danach kam die Königsdisziplin: Signale wie „vor“, „zurück“, „links“, „bleib“ und noch einiges mehr wurden auf dem liegenden Brett umgesetzt. Beim Hundesurfen muss das nämlich ohne Hilfe von Körpersprache funktionieren, denn beim Surfen auf einem See oder auf dem Meer befindet sich der Mensch hinter dem Hund – dementsprechend muss verbal kommuniziert werden und das Team sollte „eingespielt“ sein, um gut zu harmonieren.

O.k., Hund will ja keine Spaßbremse sein, also machte ich auch das mit. Schließlich will ich auch hinaus aufs weite Meer! Und im Alltag kann das ja auch ganz nützlich sein, denn so ein Tierarzttisch hat schon eine ­gewisse Ähnlichkeit mit einem Surfbrett, oder? Aber auf dem schlafe ich eh am ­liebsten ein, im Gegensatz zum Surfbrett, auf dem Spaß angesagt ist.

Die Arbeit hatten dann aber erst mal die Menschen, denn es kam Bewegung in die Sache – immer noch alles an Land, versteht sich. Sicherheit auf dem sogenannten Bodyboard war das Ziel, egal, was um uns ­herum passiert. Auf dem Brett bleiben, bis der Mensch das Kommando zum Runterspringen gibt, war die Devise. Ich hatte dabei allerdings gleich eine ganz andere Assoziation: Entenjagd! Frauchen könnte mich doch auch da bis zu den Enten schieben, und erst im letzten Moment springe ich von Bord und jage hinter den Vögeln her. Das spart Energie – also zumindest ­meine. Außerdem wird ja immer wieder behauptet, dass gemeinsames Jagen die Bindung stärkt.

Da Vinci war ja wohl schon mal auf hoher See zum Surfen. Er schwärmte von einer hervorragenden Sicht auf Wasservögel, Fische und natürlich die vierbeinigen Badenixen, die ihm bewundernd nachgeschaut haben – solche Aussichten motivieren ungemein! Und darum wartete ich nicht lange, sondern ging die nächste Trainingsstufe an: die offene See, die in diesem Fall zugegebenermaßen „nur“ ein Schwimmbad für Hunde war. Denn wer aufs Meer möchte, muss erst mal in bzw. auf den Pool. Trainingspool für Hunde – echt cool und extra für Typen wie mich gemacht. Die ­Treppe zum Pool hinauf und die Rampe ins Wasser hinab nahm ich mit links, aber für manch einen eher unsicheren Typen war das auch schon wieder eine Herausforderung, die es zu meistern galt. Aber wie jeder selbst ­verschaffte Erfolg lässt die Überwindung das Dopamin im Hundehirn nur so ­sprudeln, und Dopamin ist ein Botenstoff, der ein gutes Gefühl macht und das Selbstbewusstsein stärkt. Und Surfen ist Dopamin pur!

Endlich im Wasser, war für Hundenasen auch ein ganz anderer Botenstoff wahrzunehmen: Testosteron, das „Hormon des sozialen Erfolges“. Übrigens auch bei den Damen. Surfen scheint also für unsichere oder gar ängstliche Kandidaten ein wahres Feuerwerk der Sicherheit gebenden Botenstoffe zu sein, kein Wunder, hat manch ein Kursteilnehmer sein Ver­halten nach dem Surfkurs grundlegend und nachhaltig geändert. Ins Positive, versteht sich.

Aber nicht nur das verändert die ­Haltung, sondern auch Muskeln tun es. Und davon bekommt man beim Surfen jede Menge, wenn man sich durch den Muskelkater beißt (ich ­beiße ja normal keine Katzen!). ­Ständig muss man sich ­ausbalancieren, das gibt wahre Sixpacks an den Oberschenkeln. Und sich daran zu erinnern, dass man ja auch noch Hinterglied­maßen hat und auch diese ganz gezielt und koordiniert ­einsetzen kann, ist sicherlich irgendwann mal nützlich.

Dann wurden die Zweibeiner zu Zweiflossern, weil es ohne diese ­Dinger an den Füßen zu langsam wird und keinen Spaß macht, mir zumindest. Und schließlich standen alle ­Teilnehmer auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Vom Dobermann auf dem großen schwarzen Brett bis zum Chihuahua auf dem kleinen ­schwarzen.

Surfen scheint also für alle Hunde geeignet zu sein. Die jungen ­Wilden werden ruhiger, die Ängstlichen ­werden selbstbewusster, die Hibbeligen fahren runter, die Grobmotorischen werden feiner in ihren Bewegungen. Hundesurfen lastet den Vierbeiner ganzheitlich aus, körperlich und mental. Da es sich um eine kontinuierliche Beanspruchung handelt, können auch – anders als z.B. beim Agility – ältere Hunde oder Vierbeiner mit leichten gesundheitlichen Einschränkungen surfen. Durch die langsamen Balancebewegungen wird Muskulatur aufgebaut, ohne das Herz zu belasten. Das Vertrauen in den Halter wird gestärkt – und andersrum. Denn beim Surfen geht es nur miteinander. Eine feine Sache. Aber in allererster Linie macht es einfach einen Riesenspaß!

Was jetzt noch fehlt, ist eine kleine, aber feine Cocktailbar, ein Drink auf dem Brett und dass Hawaiihemden endlich wieder in Mode kommen!
Ich freue mich jedenfalls auf die Fortsetzung auf weiter See.

Und wer mir nicht glaubt, kann es ja selber ausprobieren. Die Meyers ­helfen gerne und bieten ganz individuell auch für Mensch-Hund-Teams, die von weiter her kommen, Kurse an.

Meier-Prädikat: sehr empfehlenswert!

VORGESTELLT:

Hundesurfen ist Teil eines Gesamtkonzeptes „Wasser und Hund“, ­welches vom HundeCentrum Fürth ins Leben gerufen wurde.
Sabine und Dietmar Meyer arbeiten seit vielen Jahren mit Hunden, gründeten 2002 die Hundeschule Fürth und leiten seit 2013 das HundeCentrum Fürth mit den Schwerpunkten individuelle Mensch-Hund-Beziehungen, Junghundentwicklung und Sozialverhalten unter Hunden.
Angegliedert ist eine Tagesbetreuung mit Gruppenhaltung. ­Teilnehmer/innen von Surfkursen werden ­während der Kurszeiten Bodyboards und Schwimmwesten zur Verfügung gestellt.

www.hundecentrum-fuerth.de
www.wasser-und-hund.de
+49 911 763046
info@hundeschule-fuerth.de

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