Des Wildhüters Schutzhund
Der Hintergrund dieser Situation ist aus der Zeit der beginnenden Industrialisierung und der damit einher gegangenen Verelendung großer Teile der Bevölkerung verständlich. Im Kampf ums nackte Überleben, nahm die Wilddieberei einen ungeahnten Aufschwung. Drastische Bestrafung war die Reaktion und wurde ein Wilddieb erwischt, bedeutete dies zumeist die Gefährdung der Existenz seiner Familie. Daher tat ein Wilddieb alles, um einer Festnahme zu entgehen und viele schreckten auch nicht vor einem Mord am Forst- und Wildhüter zurück.
Anforderungen bestimmen Zucht
So benötigten die Wildaufseher einen Hund zum Schutz vor den Wilddieben und auch, um bei der Festnahme dieser zu helfen. Die Anforderungen an einen solchen vierbeinigen Schutz waren entsprechende Größe, Kraft, Ausdauer und Wetterfestigkeit. Um das Versteck seines Herrn nicht etwa durch vorzeitiges Bellen zu verraten, musste der Hund auch nervenstark und gehorsam sein. Zugleich aber benötigte man eine beachtliche Grundaggressivität, damit der Hund auf Lautzeichen seines Herrn ohne zu zögern das meist bewaffnete Gegenüber angriff. Der Wilddieb sollte dadurch schon beim ersten Ansprung niedergeworfen und festgehalten werden.
Um den erwähnten Anforderungen zu entsprechen, schien die Kreuzung von English Mastiff und English Bulldog vielversprechend. Daraus leitete sich auch die alte Schreibweise für diese Rasse mit zwei eigenständigen Wörtern (Bull Mastiff) ab. Der damalige Mastiff war wohl ein großer und kräftiger Hund, hatte aber mit den heutigen „Giganten“ der Hundewelt ebensowenig Ähnlichkeit, wie der frühere Bulldog mit der aktuellen Form.
Wenn wir heute diese Rasse halten und züchten, dann sollen wir uns stets bewußt sein, für welchen Zweck sie entstanden ist. Denn auch heute noch trägt der typische Bullmastiff viele der damals erwünschten Eigenschaften in sich. Mit dem Wissen um die ganz spezielle Geschichte dieser Hunderasse können wir ihr bei der Aufzucht, der Haltung und in der Ausbildung besser gerecht werden.
Kraftvoller Athlet
Die allgemeine Erscheinung des Bullmastiffs sollte die eines kraftvollen Athleten ohne jegliche Schwerfälligkeit sein. Die im Rassestandard geforderten 50 – 59 kg Gewicht bei einer Schulterhöhe von 63 – 69 cm (Rüde) und 41 – 50 kg bei 61 – 66 cm (Hündin) werden sehr oft deutlich übertroffen, woran nicht immer der zu gute Ernährungszustand schuld ist. Die gesundheitliche Situation unserer Rasse ist sehr erfreulich, die Lebenserwartung beträgt etwa 8 – 12 Jahre. Wenn es der Interessensgemeinschaft dieser Rasse (kritische Käufer und Besitzer, engagierte Züchter) weiterhin gelingt, Gigantismus, Ertrinken in zu viel Haut, Kurznasigkeit, Schwerfälligkeit und andere Verstöße gegen den Rassestandard hintanzuhalten, könnte der Bullmastiff bei einfühlsamer Haltung eine erfreuliche Alternative zu populäreren Hunderassen sein.
Charakter und Haltung
Ruhe ist die bezeichnendste Eigenschaft, die einen guten Bullmastiff auszeichnet. Dies ist nicht gleichzusetzen mit Inaktivität oder einem übermäßigen Streben nach Bequemlichkeit. Wer seinen Bullmastiff in eine Kombination von Bewegungsmangel und Überernährung zwingt und dabei den am Leinenende aus Liebe Ausharrenden glücklich wähnt, hat sich in der Rasse vergriffen. „Substanz“ bezeichnet Knochenstärke und gute Bemuskelung, nicht jedoch Fettleibigkeit! Ein gutes Fahrgestell und ein starker Motor sind die besten Grundlagen für eine freudvolle Mobilität.
Auch wenn ein Bullmastiff stundenlang geduldig unter dem Schreibtisch seines Besitzers liegt, zeigt sich seine Bewegungsfreude beim anschliessenden Spaziergang, wo er im Spiel mit anderen, im gestreckten Galopp mehr breit als hoch an die menschlichen Muskelpakete auf der Hundertmeterbahn erinnert. Seine Ruhe und Gelassenheit und seine gute soziale Integrierbarkeit ermöglichen bei entsprechender Motivation jede Spielart der Hundeausbildung. Übermäßiger Zwang und Unbeherrschtheit des Ausbildners führen allerdings mit Sicherheit nicht zum gewünschten Ergebnis.
Ruhige Sicherheit
Die Ruhe des Bullmastiffs gibt uns die Sicherheit, keinen lästigen Kläffer, kein schäumendes Monstrum, sondern einen gelassenen, aufnahmefähigen, aber auch wehrbereiten Begleiter vieler unserer Aktivitäten an der Seite zu haben.
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Seriöse Bullmastiff-Zucht
Gewissenhafte Züchter haben – unter Berücksichtigung von Funktionalität (psychisch und physisch) und Typ – durch gezielte Importe von Zuchttieren und Sperma eine Basis geschaffen, die es ermöglicht, typbezogene Zuchtüberlegungen nicht auf Kosten von Gesundheit und Wesen treffen zu müssen.
Der Bullmastiff wird aufgrund seines geringen Bekanntheitsgrades und der damit verbundenen bescheidenen Nachfrage nur von wenigen, dafür aber umso engagierteren Züchtern gehegt. Für sie gehören weite Fahrten zu Deckrüden, Sperma- und Welpenimport mit den damit verbundenen Reisen nach England und in die USA untrennbar zu einer hochwertigen Zucht.
1998 wurden z.B. in Ungarn ca. 1000 Welpen ins Zuchtbuch eingetragen. Dagegen nehmen sich die 28 im Jahre 1997 (und das war ein starkes Jahr!) eingetragenen in Österreich gezüchteten Bullmastiffwelpen sehr bescheiden aus. Rechnet man auch die Zuchtergebnisse von Deutschland und der Schweiz dazu, wird noch immer nicht einmal ein Drittel Ungarns erreicht.
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Der richtige Bullmastiffwelpe soll es sein
Um für mehrere Jahre den Hund zu haben, den man sich vorstellt, darf die Auswahl nicht erst an der Wurfkiste beginnen. Im Alter von 8-10 Wochen ist es auch für den versierten Züchter nicht wirklich möglich, aus einem homogenen Wurf den Besten auszuwählen. Vergleichen Sie die Hunde aus unterschiedlichen Zuchtstätten, entweder im Rahmen von Hundeausstellungen – oder Sie investieren ein bis zwei Wochenende und besuchen mehrere Züchter. Sagt Ihnen die zu belegende Hündin zu, optisch und wesensmäßig? Verlassen Sie sich nicht darauf, daß die Hündin unerwünschte Eigenschaften, die sie selbst zeigt, angeblich nicht weitergibt. In den meisten Fällen wird der Deckrüde näher oder weiter entfernt leben, aber der engagierte Züchter wird Sie mit Fotos, Ausstellungsergebnissen, Gesundheitsbescheinigungen und sonstigen Information überhäufen. Damit will er Ihnen seine Überlegungen, sich gerade für diese Verpaarung zu entscheiden, verständlich machen.
Fragen Sie danach!
Abstammungsnachweis, Zuchttauglichkeitsbescheinigung, HD-Befundung und Ausstellungsergebnisse der Elterntiere wird Ihnen der seriöse Züchter ungefragt vorlegen, ansonsten fragen Sie ohne Scheu danach!
Sind die Welpen bereits vom Zuchtwart begutachtet, also „abgenommen“ worden, was etwa um die 8. Woche erfolgt, dann liegt auch ein sog. Wurfabnahmeprotokoll vor, in welchem eventuelle Mängel eingetragen sind. Ein mit einem zuchtausschließendem Fehler behafteter Welpe sollte maximal zum halben Preis abgegeben werden.
Versehen mit einer Übergangsration Futter für Ihren neuen Kleinen, mit einer Menge an Ratschlägen, die Sie beherzigen sollten (denn wenn diese Ihnen dumm erscheinen, dann haben Sie sowieso beim falschen Züchter gekauft), steht Ihnen nun ein glücklicher Abschnitt Ihres Lebens mit einem neuen Begleiter bevor.
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Der Autor
Wolfgang Bruckner ist engagierter Bullmastiffzüchter.
Als Rassevertreter der Sektion Bullmastiff betreut er diese Rasse im Molosserclub Austria.
Waxriegelgasse 35, A-2700 Wr. Neustadt.
Tel.: 02622/ 25421 oder 0699/ 100 73 593