Der Beagle – Sympathieträger mit Schlappohren und großem Freiheitsdrang

Von Sophie Strodtbeck

Bis vor ein paar Jahrzehnten fand man ihn vorwiegend in Meuten und Versuchs­laboren, aber inzwischen findet der Beagle einen wachsenden Fanclub als Familienhund. Solange man weiß, worauf man sich einlässt und mit den Beagle-typischen Eigenschaften umgehen kann, ist man mit einem Beagle sicherlich gut bedient. Allerdings gehen unter Attributen wie kinderlieb, familiengeeignet und gut­mütig viele andere, aus der Meute- und Jagdhundevergangenheit erklär­liche Eigenschaften unter.
Der Beagle ist (zum Glück!) nach wie vor ein zäher und ausdauernder Jagdgebrauchshund, der genau weiß, was er will – und das ist selten das, was der Beaglehalter will …

Die Fachwelt ist sich immer noch nicht einig, ob der Name ­Beagle nun vom altfranzö­sischen „begueule", was so viel heißt wie „weit offene Kehle", oder doch vom altenglischen „begle" oder ­keltischen „beag", was beides „klein" bedeutet, abstammt. Aber das ist eigentlich egal, denn wenn man alles in einen Topf wirft, landet man bei einem kleinen Hund mit großer ­Klappe, was einen der Sache schon recht nahe bringt … Aber das sind noch lange nicht die einzigen ­erwähnenswerten Eigenschaften dieses kleinen (33 - 40 cm Stockmaß), vielseitigen, liebenswerten, eigensinnigen, bunten Optimisten unter den Hunden.

Der wohl bekannteste Rassever­treter, neben Herrn Meier, war ­Snoopy, der Hund von Charlie Brown aus der Comicserie Peanuts. Alleine das sagt schon einiges über den Beagle aus. Aber auch Mars-Sonden wurden schon „Beagle" getauft, und ­einige Wissenschaftler wunderten sich dann doch tatsächlich, dass ­Beagle II spurlos irgendwo im Universum ­verschwand. Da war der Name wohl Programm!

Der Beagle als Jagd- und ­Meutehund

Der Beagle bringt als hochspezia­lisierter Meutehund für Hetzjagden einige Eigenschaften mit, die ihn nicht unbedingt leichtführig machen. Da ist zum Einen eine unglaubliche Ausdauer und Beharrlichkeit. Man stelle sich einen Beagle vor, der auf der Fuchsjagd (oder inzwischen, da hierzulande zum Glück verboten, Schleppjagd) nach zehn Minuten sagt: „Ach nee, ich habe keine Lust mehr, ich gehe lieber nach Hause". Der Beagle muss also die Fährte verfolgen, bis er sein Ziel erreicht., darauf wurde er jahrhundertelang selektiert. Und bei einer Schleppjagd können das locker mehrere Stunden sein, die die Meute am Pferd, meist im Jagdgalopp, mitläuft.

Der Beagle gehört eben nicht zu den Hunden, die nach ein paar Minuten wieder da sind, weil er die Beute aus den Augen verloren hat. Dieser Spurwille und die Spurtreue sind auf Jagden unabdingbar. Als ­selbständiger Nasenjäger trifft er seine eigenen Entscheidungen, und dazu gehört auch die, wann man lossprintet und wann man die Fährte wieder verlässt und nach Hause geht. Aber Glück im Unglück: der Beagle wird durch seine Fähigkeiten immer wieder zu dem Ort zurückkommen, an dem er losgerannt ist – es kann nur dauern … Als Nasenspezialist wird er auch gerne für das Stöbern und die Schweißarbeit ein­gesetzt.

Übrigens lässt der Rassestandard verschiedene Farben und Farb­kom­binationen zu (alles bis auf leber­farben), vorgeschrieben ist aber eine weiße Schwanzspitze, die den Vorteil hat, dass man ihn auch im Unterholz recht gut sieht. Dass Beagles sehr lange ausschließlich auf die jagdliche Eignung selektiert wurden, macht sie zu einer relativ gesunden Rasse. Man kann nur hoffen, dass das auch so bleibt.

Unabdingbar für einen Meutehund ist auch eine gewisse Härte. Der ­Beagle wird daher trotz Dornen in den Pfoten oder einem vertretenen Bein in Höchstgeschwindigkeit auf der Spur bleiben und die Schmerzen nicht wirklich wahrnehmen. Allerdings ist er zum Glück nicht der Mutigste. Im Gegensatz zu einem Terrier wird sich der Beagle niemals mit einem Wildschwein anlegen, sondern es besser aus sicherer Entfernung verbellen, das nennt man dann Standlaut. Ich kenne Jäger, die ihn deswegen nur milde belächeln, aber das Stellen von Beute gehört eben nicht zu seinem Job, und ich finde, dass das durchaus für die Intelligenz des Beagles spricht.

Auch für das Leben in einer Meute darf man keine „Memme" sein, denn gerade zimperlich geht es da oft nicht zu. So werden auch hier kleine Zipperlein klaglos weggesteckt.

Ein weiteres Erbe der Meutever­gangenheit ist die fast schon sprichwörtliche Beagleverfressenheit. Wer einmal erlebt hat, wie in einer Meute mindestens 30 Hunde zusammen gefüttert werden oder nach der Jagd gemeinsam an einem Pansen (das sogenannte Curée) hängen und zerren, den wundert nichts mehr. Da heißt es sich ranhalten! Was man hat, hat man. Und wählerisch sollte man besser auch nicht sein. Dazu kommt, dass Meutehunde auf einer Jagd schnell ein paar Tausend Kalorien verbrennen – und wer sich die über Nacht wieder anfressen kann, ist klar im Vorteil.

Der Beagle als Laborhund

Diese Eigenschaften aus der Meute­vergangenheit machen den Beagle leider auch zum optimalen Laborhund: verträglich, anspruchslos und hart im Nehmen. Außerdem erzählte mir erst kürzlich jemand, dass ein weiterer Vorteil des Beagles als Laborhund sei, dass er eben fröhlich und nicht nachtragend ist, sodass es den Betreuern im Labor leichter gemacht wird, Versuche mit ihnen durchzuführen, weil die Hunde ja trotzdem meist noch einen ganz zufriedenen Eindruck machen und so das Gewissen etwas erleichtern.

Eine Diskussion über die Notwendigkeit von Tierversuchen soll an dieser Stelle nicht geführt werden, aber ganz wichtig finde ich den Hinweis, dass viele Labore die Hunde glücklicherweise inzwischen nach den Versuchen freigeben und sie so die Möglichkeit bekommen, die Welt und ihre schönen Seiten kennen zu lernen. Sie haben es verdient! Und in der Regel finden sie sich auch relativ schnell im Leben „draußen" zurecht.

Der Beagle als Familienhund

Was ihn als Jagdhund auszeichnet und für die Labore zum geeigneten Hund macht, sind nicht unbedingt Eigenschaften, die auch ein Familienhund haben sollte. Wenn man sich unter Beaglehaltern umhört und ehrliche Antworten bekommt, so gibt es fast keinen, der nicht schon stundenlang im Wald stand und darauf wartete, dass der flüchtige Beagle wieder auftaucht. Wie oben geschrieben, kann das Stunden der Einsamkeit im Wald bedeuten. Eine gewisse Naturverbundenheit ist also Voraussetzung für die Anschaffung eines Beagles. Aber wie gesagt, irgendwann kommt er wieder. Dass man www.beagle-entlaufen.de im Netz findet, spricht Bände.

Bände sprechen auch ahnungslose Spaziergänger, die den Beagle und seinen Spurlaut hören: „Vermissen Sie einen Hund? Ich glaube, der ist verletzt, der schreit da hinten". Dass es sich dabei um den berühmten Spurlaut handelt (der Beagle „läutet") und der Beagle so glücklich ist wie sonst nie, sollte man in einer solchen ­Situation besser für sich behalten. Spaß beiseite. Da man dem Beagle dieses Vergnügen nicht gönnen darf, weil der Tierschutz eben nicht beim eigenen Hund aufhört, führt das leider dazu, dass viele Beagles ihr Leben an der Leine fristen müssen. Man sollte sich also vor der Anschaffung darüber im Klaren sein, dass der Beagle einiges an Erziehungsaufwand bedeutet – auf einen „will to please" wurde bei der Zucht kein Wert gelegt.

Und man sollte sich auch im Klaren sein, dass bei manchen Rassever­tretern die Jagdleidenschaft so groß ist, dass kein „Antijagdtraining" dagegen ankommt. Und dann ist es umso wichtiger, den Beagle seinen Anlagen gemäß zu fordern und zu fördern, sprich, man sollte ihm trotz Leine ausreichend Bewegung ermöglichen und vor allem seine Nase ansprechen. Dazu eignen sich z.B. Fährtenarbeit oder auch Zielobjektsuche. Außerdem steht natürlich für einen Meutehund der Kontakt zu Artgenossen – oder alternativ zu den menschlichen Familien­mitgliedern – ganz oben auf der Prioritätenliste. Optimalerweise wird der Beagle nicht alleine gehalten und muss auch nicht täglich stundenlang alleine zuhause bleiben.

Die Gefräßigkeit der Beagles in Verbindung mit „dem Blick", dem viele Halter offenbar nicht widerstehen können, führt dazu, dass viele Beagles nicht nur ein paar Kilo zu viel auf den Rippen haben. Manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass auch das eine Form des „Antijagdtrainings" ist: man füttert den Beagle einfach so dick, dass er dem Hasen nicht mehr hinter­her kommt. Übrigens macht man sich das Fressen der Beagles bei den sogenannten Beagle-Brigades in den USA und Kanada zunutze. Dort werden Beagles (hauptsächlich aus Tier­heimen) darauf trainiert, am Flughafen versteckte und illegal eingeführte Lebensmittel im Gepäck aufzuspüren und anzuzeigen. Die Beaglenase ist ein hochspezialisiertes Organ. ­Während der „geruchsblinde" Mensch mit ca. 6 Millionen Riechzellen auskommen muss, haben z.B. Hütehunderassen um die 200 Millionen davon, die Beaglenase mind. 300 Millionen solcher Zellen. Wen wundert es da noch, dass der Beagle draußen meist Wichtigeres zu tun hat als auf uns zu achten?!

Krankheiten beim Beagle

Wie weiter oben beschrieben, ist der Beagle glücklicherweise alles in allem eine sehr gesunde und robuste Hunderasse. Allerdings muss gesagt werden, dass der Beagle relativ häufig an Bandscheibenproblemen leidet. Eigentlich untypisch für einen quadratischen und kompakten Hund wie den Beagle. Dahingestellt sei, ob das nicht an den vielen Beagles liegt, die keine ausreichende Bewegung haben und gänzlich untrainiert sind. Auch Epilepsie kommt beim Beagle, wie bei fast jeder anderen Rasse, gelegentlich vor, allerdings gibt es keine besondere Häufung. Solche Hunde sollten natürlich umgehend von der Zucht ausgeschlossen werden! Eine Rassedisposition besteht für eine Schild­drüsenunterfunktion.

Durch die Schlappohren kommt es gelegentlich, wie bei allen anderen schlappohrigen Hunden, zu Ohrenentzündungen. Man sollte die Ohren also regelmäßig kontrollieren.

Eine Veranlagung besteht zum sogenannten „Hammelschwanz" (auch Wasserrute oder cold tail genannt). Hunde mit einer vergleichsweise schweren Rute wie Beagle und Labrador leiden mitunter entweder nach einem Bad in kaltem Wasser oder nach ausgiebigem Wedeln auf einer ­Fährte(!) unter einer Minderdurch­blutung der Schwanzwurzel, die zu einer schlaffen Lähmung der Rute führt. Diese verschwindet in der Regel nach ein paar Tagen wieder, in manchen Fällen ist aber der Einsatz von Entzündungshemmern und Schmerzmitteln sinnvoll.

Spezielle „Krankheiten"

Beaglehalter berichten darüber ­hinaus noch von weiteren ­speziellen „Krankheiten" des Beagles. Dazu gehört bspw. der sogenannte „Beagle-Alzheimer", der dazu führt, dass auch schon vergleichsweise junge Beagles über Nacht alles bis dato ­Gelernte wieder vergessen und einen z.B. beim Kommando „Sitz" mit großen fragenden Augen anschauen und man ihnen ansieht, dass sie denken "Sitz? Was war das? Das habe ich ja noch nie gehört." Auch eine plötzlich auftretende selektive und temporäre „Taubheit" ist keine Seltenheit, die nur dann auftritt, wenn der Beagle ge­rade Wichtigeres zu tun hat. Auf der ­anderen Seite ist er aber problemlos in der Lage, das Öffnen der Futtertonne über 2 Stockwerke und 5 geschlossene Türen wahrzunehmen …

Der Beagle in falschen Händen

Auch die fast schon ­sprichwört­liche Gutmütigkeit der Beagles hat ­Grenzen. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Befragung von ­Tausenden von Hundebesitzern in den USA, die James Serpell und seine Kollegen von der School of ­Veterinary Medicine durchgeführt haben. Hier zeigte sich, dass in den USA der ­Beagle den Platz 5 in der Statistik über Angriffe auf Fremde einnimmt und die Statistik zu Angriffen auf den eigenen Besitzer sogar mit Platz 1 anführt. Damit liegt der Beagle übrigens weit vor den Hunden, die sich hier auf ­sinnlosen Rasselisten finden. Eine mögliche Erklärung für dieses Abschneiden des Beagles könnte sein, dass man in den USA noch weniger bereit ist als hier, den Hund wirklich auszulasten, zu beschäftigen und seinen Bedürfnissen gerecht zu werden, auch Freilauf ist nur selten möglich. Und ein unterbeschäftigter und arbeitsloser Beagle muss seinen Frust irgendwo auslassen.

Bequem – mit fatalen Folgen

Das ist aber bei Weitem nicht nur das Schicksal, das Beagles in den USA erleiden. Auch bei uns sieht man nur zu oft (dicke) Beagles, die ihr Leben an der Flexileine und ohne Abwechslung fristen. Einen ziemlich extremen Fall habe ich kürzlich selber erleben müssen. Der Beagle kam von einem „seriösen" VDH-Züchter und wurde mit 8 Wochen an ein älteres Ehepaar verkauft. Das Ehepaar sagte schon bei der ersten Besichtigung, dass es gesundheitlich eingeschränkt sei, woraufhin der Züchter sagte, dass das überhaupt kein Problem sei, weil der Beagle nicht viel Bewegung brauche und man ihn bequem mit dem Laserpointer von der Couch aus beschäftigen könne. So wurde es dann auch gemacht, täglich 15 Minuten an der Leine um den Block, ansonsten war Laserpointer-Jagen im Wohnzimmer angesagt. Bequem und fatal! Als ich den Beagle mit einem Jahr kennen lernte, zeigte er massive Stereotypien, jagte Schatten und Lichtreflexe und war überhaupt nicht mehr ansprechbar. Er hatte sich die Krallen blutig gewetzt beim Versuch Schatten auf der Terrasse auszubuddeln und war bis dato 2x durch die geschlossene Terrassentüre gesprungen, weil er wusste, dass es Lichtreflexe gibt, wenn die Türe sich bewegt. Zur Ruhe kam er nur nachts, wenn es dunkel war. Wenn ich solche Geschichten mitbekomme, blutet mir das Herz! Ein völlig missverstandener und unterforderter Gebrauchshund, dem nichts anderes übrig blieb, als sich selbst Beschäftigung zu suchen. Der Züchter sieht übrigens bis heute ­keine Schuld bei sich. Der Hund kam, weil er dann ja anstrengend wurde, auf eine ­Pflegestelle, die ihm mit viel Mühe beigebracht hat, dass er auch eine Nase hat (und das bei einem Beagle!), und ihn mit viel Geduld auf ­Futtersuchspiele und Fährten um­gelenkt hat.

Fazit

Der Beagle ist ein toller Hund für aktive Leute, die sich gerne mit ihm beschäftigen. Er hat einen eigenen Kopf, mit dem man umgehen ­können muss. Man sollte vorher wissen, worauf man sich einlässt, aber das ist ja bei jedem Hund so. Sein unerschütterlicher Optimismus und seine Fröhlichkeit machen ihn jedenfalls zu einem tollen Begleiter, mit dem einem sicherlich nie langweilig wird.

Auf Kadavergehorsam sollte man aber keinen Wert legen. Nichtsdestotrotz eignet sich der Beagle auch für diverse Hundesportarten und kann entgegen anderslautenden Meinungen sehr wohl zur Mitarbeit motiviert werden, man muss nur wissen wie …

Ich hoffe inständig, dass diverse Beagle­zuchtvereine es nicht schaffen, aus dem Beagle einen Familienhund mit „will to please" zu machen, denn für mich machen den Beagle nicht die standardmäßig verankerte weiße Schwanzspitze und die Schlappohren aus, sondern eben genau das, was er ist: ein robuster und zäher Jagd­gebrauchshund mit eigenem Kopf, der genau weiß, was er will. Denn das, was ihn so anstrengend macht, macht ihn in meinen Augen auch so liebenswert! Und von sehr vielen Beaglehaltern habe ich schon gehört: einmal Beagle, immer Beagle – dem schließe ich mich uneingeschränkt an!

Service -Rasseklubs
Die zuständigen Rasseklubs finden Sie im Internet unter:

  • Deutschland: www.vdh.de
  • Österreich: www.oekv.at
  • Schweiz: www.skg.ch

Information

  • Untersuchung zur Aggression verschiedener Hunderassen von James Serpell: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,564686,00.html
  • www.laborbeaglehilfe.de
  • www.beagle-entlaufen.de (auch hier gibt es Beagles zur Vermittlung)

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