Wenn man mit einem Italienischen Windspiel die Straße hinabläuft, ist einem die Aufmerksamkeit aller Passanten gewiss. Kinder bleiben stehen und schauen mit großen Augen. Frauen geben einem ungebeten Fütterungsratschläge. Und die Männer sind hin- und hergerissen zwischen Faszination und Unverständnis. Somit wären wir bei der ersten Eigenschaft, die Sie besitzen müssen, um sich eines Italieners für würdig zu erweisen. Ertragen Sie nämlich keine Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, sind Sie mit einem Windspiel schlecht beraten. Wollen Sie jedoch durch geschicktes Teamplay alle Blicke auf Ihrer Seite haben, könnte es der richtige Begleiter sein.
Historischer Exkurs
Das Italienische Windspiel ist originell. Das wusste nicht nur Etienne Aigner, als er es 2013 für seine Werbekampagne nutzte und auch gleich Kleidungsstücke damit bedruckte. Die Großen und Mächtigen lassen sich schon lange durch die Geschichte der Menschheit vom Italiener begleiten. Ludwig XIII., Katharina die Große und Lobengula, der letzte Matabelekönig, schätzten seine Gesellschaft. Letzterer soll in Johannesburg auf das Windspiel aufmerksam geworden sein und dem Besitzer dafür 200 Stück Vieh bezahlt haben. Ob das Windspiel tatsächlich schon bei Kleopatra im alten Ägypten gezüchtet wurde, ist Spekulation. Die genetische Aufstellung von Heidi Parkers (Genetikerin) Team lässt vermuten, dass das Windspiel ein okzidentaler Typ (europäischer Windhund) ist, der sich aus alten Hunderassen etwa zeitgleich wie die anderen großen europäischen Windhunde entwickelt hat. Italien wird als Heimat des Windspiels genannt und durch die italienischen Maler kam es zu seinem Namen.
Spannend ist, dass das Windspiel auf älteren Abbildungen gefleckt ist, was laut Rüdiger Daub, Kynologe und Buchautor, bis ins 20. Jahrhundert auch in Europa normal war. Erst durch Baron Houtart, der das Windspiel als Kleinzüchtung des Sloughis betrachtete, wurde der FCI-Standard so angepasst, dass nur noch einfarbige Windspiele zur Zucht zugelassen werden. In den USA und in Großbritannien gibt es bis heute zweifarbige Windspiele, die auch langsam in Europa wieder Fuß fassen.
Bis in alle Ewigkeit verknüpft mit den kapriziösen Jägern ist Friedrich der Große (1712–1786). Er hatte stets mehrere Windspiele um sich. Sein Liebling durfte bei ihm im Bett schlafen und wurde von seiner Hand gefüttert. Die anderen waren Gespielen des Favoriten. Der Alte Fritz war auch ein begeisterter Züchter, der im „Jägerhof" bei Potsdam nie weniger als 40, manchmal aber auch 70 bis 80 Windspiele hatte. Die berühmtesten seiner Hunde waren Biche und Alcmene, die ihm angeblich bei Staatsentscheiden halfen, politische Unruhen verursachten und den König in den Krieg begleiteten. Den Favoriten wurde die Ehre zuteil, in seiner persönlichen Gruft in Sanssouci zur letzten Ruhe gebettet zu werden.
Das Windspiel war aber auch ein Jagdhund, der zur Hasen- und Beizjagd, der Jagd mit dem Falken, verwendet wurde, wie Daub zu berichten weiß. Dabei wurden die größeren jagdlich eingesetzt und die kleineren den Damen übergeben. Als jedoch im 19. Jahrhundert die englischen Arbeiter den Whippet aus Greyhound, Windspiel und Terrier erschufen, bekam der Italiener Konkurrenz. Der Whippet gewann rasch an Beliebtheit und das Windspiel wurde zum Schoßhund degradiert. Diese neue Mode hätte die Rasse fast zerstört, denn die Züchter schreckten vor nichts zurück, um möglichst kleine Hunde zu bekommen. Laut dem Schweizer Kynologen und Buchautor Räber waren die Windspiele vor dem Ersten Weltkrieg vom Nanoismus (Verzwergung) stark gezeichnet. In den 1920er-Jahren wurden Whippets eingezüchtet, um die Rasse vor dem Niedergang zu bewahren. Schließlich gelang es den Züchtern wieder, eine körperlich robuste Rasse zu etablieren.
Gesundheit
Das Windspiel erfreut sich guter Hüften, gesunder Lungen und eines starken Herzens. Es wird im Schnitt 12 bis 15 Jahre alt und bleibt auch fast so lange jung. Ganz verschont von Krankheiten blieb auch diese Rasse nicht. So müssen die Zähne immer kontrolliert werden, denn wie viele kleine Hunderassen neigt das Windspiel zu Zahnausfall. Bei guter Pflege kann dieser jedoch verhindert werden. Bekannt sind ferner Epilepsie, Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), Color Dilution Alopecia (Hauterkrankung), Kryptorchismus (Hodenhochstand), Progressive Retina-Atrophie (Augenerkrankung), Juveniler Katarakt (Grauer Star beim jungen Hund), Patella-Luxation (Verlagerung der Kniescheibe) sowie autoimmune und immune Erkrankungen. Achtgeben muss man in der Welpen- und Junghundezeit auf die Beine. Windspielwelpen sind tollkühn und glauben offenbar, dass sie fliegen können, wohl wegen der mangelnden Erdanziehungskraft … Bis sie den Umgang mit ihrem Körper gelernt haben, brechen sie sich leicht die Läufe. Wenn der Italiener der richtige Hund für Sie ist, kaufen Sie ihn daher nur von einem Züchter, der die verschiedenen Probleme kennt und seine Zucht entsprechend umsichtig führt.
Aussehen
Der Italiener ist vielleicht nicht groß, aber trotzdem spektakulär. Windschnittig, leistungsstark und mit einem unökonomischen Verbrauch drängt sich der Vergleich mit einem Sportwagen geradezu auf. Er ist leicht und auf Geschwindigkeit ausgelegt. Für den Besitzer bietet er wenig Luxus, stellt aber höchste Ansprüche an die Pflege. Auch braucht man das nötige Kleingeld, um sein Bedürfnis nach Komfort zu stillen. Mit seinem dünnen Fell, den langen Beinen, der dünnen Haut und den empfindlichen Pfoten ist er ein Kandidat für wärmere Temperaturen. Nichtsdestotrotz gibt es auch in den nördlichsten Breitengraden glückliche Windspiele. Es ist eben alles Gewohnheitssache.
Das Windspiel wird etwa bis 5 Kilogramm schwer und hat eine Schulterhöhe von 32–38 Zentimetern. Abweichungen nach oben werden zwar weder im Ausstellungsring noch im Rassestandard toleriert, sind aber der Robustheit des Windspiels durchaus zuträglich. In den USA und Großbritannien trifft man auf kräftigere Exemplare wie auch auf zweifarbige. Hierzulande sind die Windspiele uni: schwarz, grau, schiefergrau oder isabelle. Erlaubt sind weiße Abzeichen an Brust und Pfoten.
Hobbys
Der Italiener lässt sich leicht für neue Hobbys begeistern: Hauptsache, sie haben mit Bewegung zu tun. Sie machen ihm eine Freude, wenn Sie ihn in einem der verschiedenen Rennvereine starten lassen. Und wer das Windspiel von der Rennbahn oder dem Coursing kennt, weiß, dass es sich dabei um einen passionierten Jäger handelt. Als typischer Sichtjäger ist das Windspiel reizorientiert und kann einem vorbeifliegenden Vogel oder einer springenden Katze schwer bis gar nicht widerstehen. Es liebt das offene Feld und hat kein Interesse daran, sich durch das Dickicht oder den Wald zu schlagen. Windspiele sind auch keine Landschaftsgärtner, die Ihnen im Handumdrehen den Garten umgraben. Trotzdem sind sie geschickte Mäusejäger, die die Nager mit ihrem feinen Gehör orten und dank ihrer Sprungkraft erlegen. Das sind vielleicht keine Eigenschaften, die Jägerherzen höher schlagen lassen, aber für den normalen Hundebesitzer hat das schon seine Vorteile. Rehe und Füchse interessieren den Italiener rein größentechnisch nicht und umgekehrt genauso wenig.
Nicht nur deshalb ist er für Reiter eine interessante Rasse. Auch weil er spielend auf dreistündige Reittouren mitkommt und sich darüber freut, im Pferd einen ebenbürtigen Partner gefunden zu haben. Denn gut trainierte Windspiele erreichen eine Geschwindigkeit von 42 Kilometern pro Stunde und mehr.
Oder sind Sie eine sportliche Person und wünschen sich einen Sparringpartner? Diese Leichtgewichte sind beim richtigen Training absolute Ausdauersportler, die Sie zum Langlaufen, Joggen oder Wandern begleiten. Aber auch gegen die Hundeschule hat der Italiener nichts einzuwenden. Er kann Agility, Obidience und Longieren durchaus etwas abgewinnen. Vorausgesetzt, er darf mitdenken. Wollen Sie ihn hingegen zwingen, wird er sich schlicht und ergreifend verweigern.
Zuhause
Obwohl er ein luxusorientierter Hund ist, wird das Windspiel bei viel Bewegung sowohl in der städtischen Zweizimmerwohnung wie auch im Landhaus glücklich. Für ihn zählen nicht die Quadratmeter, sondern die Anzahl weicher Kissen. Direkte Sonneneinstrahlung und Bodenheizung sind äußerst willkommen. Doch eigentlich will er sich an Sie oder einen anderen Hund schmiegen. Ach ja, es stimmt, Windspiele wollen im Bett unter der Bettdecke liegen. Wieso sie dort nicht ersticken? Keine Ahnung …
Sollten Sie auf der Suche nach einem Wachhund sein, werden Sie beim Windspiel allerdings nicht fündig. Bei unbekanntem Besuch steht es gar nicht erst auf. Sind es jedoch gute Freunde, wird die Begrüßung umso enthusiastischer ausfallen.
Pflege
Da das Fell kurz ist, muss man es kaum bürsten. Trotzdem kann der Italiener auf Spaziergängen schmutzig werden. Am besten rubbelt man ihn mit einem Handtuch sauber oder duscht ihn rasch ab. Die Krallen müssen regelmäßig geschnitten werden. Die Zähne putzt man im Idealfall täglich. Windspiele können bei der Ernährung sowohl Vielfraße wie Suppenkasperl sein. Wie auch immer, es gilt zu bedenken, dass sie kleine Mägen haben und einen großen Energiebedarf. Es bietet sich an, hochwertiges Futter zu geben, von dem bereits kleine Rationen ausreichen. Zudem sollte man das Windspiel zwei, eventuell dreimal am Tag füttern. Kausachen sind wie bei allen Hunden sehr wichtig. Neben dem positiven Effekt auf die Nerven (Kauen beruhigt) wird der ohnehin dürftige Speichelfluss des Windspiels angeregt, was gut für die Zahnhygiene ist.
Bewegung ist ein Grundbedürfnis und täglich ausgedehnte Spaziergänge bei jeder Witterung sind ein Muss. Bei empfindlichen Exemplaren gehören funktionale Hundemäntel zur Grundausstattung. Das Windspiel baut rasch Muskeln auf, verliert sie bei mangelnder Bewegung aber noch viel schneller. Übergewicht schadet der Gesundheit des Italieners und ist äußerst unschön. Er ist ein Athlet und will es auch zeigen.
Besondere Eigenschaften
Windspiele sind bereits durch ihre Anatomie sehr sensible Hunde. Man muss sie von Kindesbeinen an gut und sorgfältig sozialisieren, ansonsten neigen sie gegenüber Fremden/Fremdem zu neurotisch anmutenden Bellattacken und können auf ihren langen Beinen die Flucht ergreifen. Machen Sie Ihre Arbeit hingegen gut, werden Sie einen munteren Begleiter auf dem Land wie in der Stadt haben, der sein Nickerchen auch in einer größeren Handtasche macht.
Sie sind sehr angenehme Hausgenossen mit einem ausgeprägten Sinn für Humor, die viel schlafen und ihren Spieltrieb lange behalten. Ach ja, Windspiele können heulen. Sie können mit Ihnen heulen, wenn Sie ein Lied zum Besten geben, oder über Sie, wenn Sie zu lange außer Haus sind.
Auch die Stubenreinheit erfordert Ihrerseits eine besondere Beobachtungsgabe, Sportlichkeit und Sturheit. Gerade in der Welpenzeit scheinen diese Hunde nur aus Wasser zu bestehen und man lebt in ständiger Unruhe, einen der vielen Momente zu verpassen.
Erziehung
Wie alle Hunde profitiert auch das Windspiel von einer guten Erziehung. Ist es folgsam, werden Sie ihm eine Menge Freiheiten schenken können. Eigentlich ein Kinderspiel, denn sie sind wirklich gelehrig. Sie brauchen aber einen ebenso konsequenten wie auch liebevollen Erzieher. Positive Konditionierung wirkt wahre Wunder auf diese zum Teil etwas unsicheren Vierbeiner. Trotzdem gehört auch ein strenges Nein mit ins Repertoire, ansonsten tanzen sie Ihnen mit ihren langen Beinen ganz schön auf der Nase herum. Dann ist da noch die Sache mit dem Vertrauen, denn erst, wenn Sie das gewinnen, wird der Italiener alles, aber wirklich alles für Sie tun.
Wenn Sie diese Gratwanderung zwischen Vertrauen, Erziehung und Sozialisierung gut gemeistert haben, werden Sie verstehen, wieso Liebhaber dieser Rasse alles mit einem Lächeln auf sich nehmen. Sie bekommen einen Hund der besonderen Art: Einen, der Sie mit seinem sportlichen Herzen mehr liebt, als Sie es je für möglich gehalten hätten; Einen, der sich in allen Situationen für Sie überwindet; Einen, der Sie durch alle Lebenssituationen leichten Fußes begleitet. Vielleicht hat Friedrich der Große deshalb gesagt: „Hunde haben alle guten Eigenschaften des Menschen, ohne gleichzeitig deren Fehler zu besitzen."
Info
Steckbrief Italienisches Windspiel
– Schulterhöhe: 32–38 cm
– Gewicht: max. 5 Kilogramm
– Farbe: uni schwarz, grau, schiefergrau, isabell, weiße Abzeichen an Brust und Pfoten zulässig
– FCI Gruppe: 10 (Windhunde)
– Lebenserwartung: oft mehr als 15 Jahre